GewcrhrchaftUcbe*).Berlin und llmgegcnd.Ter Streik der Isolierer Berlinsist. wie beschlossen, in vollem Umfange durchgeführt. Seit Montagruht die Arbeit bei allen den Firmen, die die Forderungen nicht be-willigt haben. Im Streik stehen ungefähr ISO Mann. Bewilligthaben 4 Firmen, die zurzeit über 50 Mann beschästigen. Ueberdiese Firmen ist, wie uns mitgeteilt wird, vom Arbeitgeberverbanddie Materialsperre verhängt worden, aber ohne den gewünschten Er-folg. Es haben sich sofort andere Lieferanten bereit gefunden, denFirmen soviel Material zur Verfügung zu stellen, wie sie habenwollen. Die Unternehmer sind vergeblich bemüht, von auswärtsStreikbrecher heranzuholen. Es ist selbstverständlich notwendig, daßdie Isolierer ihre Kollegenschaft überall darauf aufmerksammachen, dast in Berlin gestreikt wird. Merkwürdig sinddie Entlassungsscheine, die streikenden oder ausgesperrten Isoliererngegeben worden sind. Es heistt darin, dast der betreffende„wegenAblehnung der Arbeitsbedingungen entlassen wordenist." Diese Eintragung gehört offenbar zu jenen, die den Arbeiterin seinem Erlverbsleben schädigen wollen, und deshalb unzulässigund strafbar find.Zu unserem Bericht über die Jsolierer-Versammlung vom Sonn-tag in Nr. 256 des„Vorwärts" sendet uns der Arbeitgeberverbaudfür das Jsoliergewerbe zu Berlin folgende Berichtigung:Es ist unwahr:1. daß die Laudznlage der Isolierer 2.50 M. beträgt;2. dasz die den Isolierern am 30. Oktober vorgelegten Ar-beitsbedingungen von dem abweichen, was in den Verhandlungenmit der Lohnkommission der Isolierer von den Arbeitgebern an-geboten wurde.L�ahr ist:1. daß die Laudzulage der Isolierer schon seit Oktober 1S062,75 M. beträgt;2. dah den älterem Isolierern bei den Verhandlungen 70 Pf.Stundenlohn bewilligt worden sind, und das; die Arbeits-bedingungcu in jeder Beziehung den gemachten Zusagen eist-sprechen.HochachtungsvollArbeitgeberverbaud für das Jsoliergewerbe zu Berlin.I. A.: Fritz Steinbrück.Von dem ersten Punkt der Berichtigung nehmen wir ohneweiteres Notiz. Er beruht lediglich auf einen Schreib- oder Druck-fehler, das; die bisherige Landzulage auf 2,50 M. statt 2,75 M. an-gegeben wurde. Was die Isolierer in dieser Hinsicht an Zulagezum Ausgleich für die ungeheure Verteuerung der Lebenshaltungfordern, beträgt also nicht einmal 50 Pf., sondern nur 25 Pf. Wasden zweiten Punkt anbetrifft, wird uns von den Vertretern derArbeitnehmer versichert, das; die Arbeitgeber bei den Verhandlungenkeineswegs die feste Zusage gemacht haben, den älteren Isolierern70 Pf. zahlen zu wollen. Wohl hätten sie Andeutungen dieser Artgemacht, auch von 67>/z und 68 Pf. gesprochen, aber kein bestimmtesAngebot gemacht. Auch in anderer Hinsicht wird bestritten, dast diein den Werkstätten vorgelegten„Bedingungen" dem Angebot derArbeitgeber vom 30. Oktober gleichkommen, wobei allerdings bemerktwerden muß, daß einzelne Punkte der„Bedingungen" recht vieldeutig sind.Zum Beispiel der Satz:„Bei Akkord werden nach Wunsch Vorschüssein bisheriger Weise bezahlt"? Bisher wurden Vorschüsse oder Ab-schlagszahlungen bei Akkord in der Höhe des Stundenlohnes gegeben.Nach dem letzten Angebot der Arbeitgeber bei den Verhandlungensollte jedoch— und das hat der Arbeitgeberverband nicht berichtigt— bei Akkordarbeit ein Stundenlohn von nur 50 Pf. garantiertwerden. Sollte das durchgeführt werden— wozu keine Aussichtvorhanden ist— so würden sich die Arbeitgeber wohl kaum ver-pflichtet fühlen, die Abschlagszahlung aus Akkordarbeit höher als50 Pf. die Stunde zu berechnen. Oder wollte der Arbeitgeber-verband unter„Vorschüsse" vielleicht Neisevorschüsse verstandenwissen? Dann bleibt eS immer noch unverständlich, warum in den„Bedingungen", die den einzelnen Arbeitern bei Strafe der Ent-lassung aufgezwungen werden sollten, nichts von dem bei Akkordarbeitzu garantierenden 50 Pf. Stundenlohn zu finden ist. Von zioeifelhaster Bedeutung ist auch derSatz:„Die bei der Firma bisherbesteheudenArbeitSbedinguugen bleiben bis auf weiteres in Kraft." Also manführt die Akkordarbeit für normalliegende Arbeiten von 20 Quadratmetern an ein, behauptet andererseits, den Forderungen der Arbeit-nehmer durch Bewilligung des 70 Pf.- Stundenlohns für ältereIsolierer entgegengekommen zu sein, und dennoch bleiben die bis-herigen Arbeitsbedingungen in Kraft. Da finde sich einer zurccht lWenn die Unternehmer nicht mißverstanden sein wollten, hätten sieihre„Bedingungen" etwas deutlicher abfassen müssen.Achtung? Buchbinder und Bnchbindereiarbeiterinnen! Bei derFirma„Union", Deutsche Verlagsgesellschaft, Filiale Berlin, Lern-mittelableilung. sind wegen Nichtanerkennung des Tarifvertragesund Weigerung eines Werkstuben-Akkordtarifes für die Arbeiten,welche nicht im Buchbinder-Akkordtarif enthalten sind. Differenzenausgebrochen, die zur Arbeitseinstellung geführt haben. Der B e-trieb ist gesperrt!Alle Lernmittel, die in dieser Firma hergestellt werden, sind alsStreikarbeit zu betrachten und zu verweigern. Desgleichen folgendeZeitungen:„Gummi-Zeitung",„Farben-Zeitung",„Strohhut-Zeitung",„Steinbruch-Zeitung",„Erzbergbau-Zeitung" und„Photo-graphische Industrie"._ Die OrtSverwalmng.Arbeitermangel?In der letzten Nummer des„Confectionair" wird noch einemBericht über den flotten Geschäftsgang in der Berliner Herren-konfektion über angeblichen Arbeitermangel sehr geklagt. DerMangel an Arbeitskräften soll sogar schon eine Steigerung derLöhne herbeigeführt haben. Es ist richtig, daß gegenwärtig in derKonfektion die Arbeitsgelegenheit gut ist, aber von einer Steigerungder Löhne ist außer bei zwei oder drei Firmen, wo dieselben durchden Verband der Schneider erzielt wurden, nicht zu reden. Invielen Fällen hat aber der Verband die Interessen seiner Mitgliederbei versuchten Lohnkürzungen zu verteidigen gehabt. Die Firmen,wo die Konsektionsschneider nicht organisiert sind, haben viel-fach die Verschlechterung der Löhne durchgesetzt. Als der Tarifin Stettin ablief, haben die dortigen Unternehmer einen neuenTarif mit ganz beträchtlichen Verschlechterungen unterbreitet. Zur-zeit wird in Stettin ohne Tarif gearbeitet. Wie man da voneiner Steigerung der Löhne infolge Arbeitermangels reden kann,ist uns unbegreiflich. Man braucht sich bei solchem Gebaren derUnternehmer nicht mehr zu wundern, wenn wirklich Arbeiter-Mangel eintritt. Da nützt auch keine Propaganda für das Schneider-gewerbe. Wenn heute ein Lehrling sieht, wie der neben ihm sitzendeGeselle für niedrigen Lohn eine Mindestarbeitszeit von täglich12 Stunden zu leisten hat, so wird die schönste Propaganda diesenschlechten Eindruck nicht verwischen. Kommt er aber mit Lehr-lingen anderer Berufe zusammen und hört von geregelter Arbeits-zeit und einer Bezahlung der Lehrlinge, wofür Wohnung undBeköstigung beim Arbeitgeber wegfallen, so wird es ihm nichtschwer, einen anderen Beruf zu wählen. Wir wollen keineswegsbestreiten, daß dem Schneidergewerbe zurzeit der genügende Nach-wuchs fehlt. Das liegt aber nicht daran, daß man die vom„Confectionair" empfohlenen Mittel zur Abhilfe bisher nicht an-gewandt hat, sondern an der Abneigung gegen die in der Schneidereibestehende Betriebsform. Der Umstand, daß der ausgelernte jungeMann nicht selbst in einem Geschäft auf Werkstätte Arbeit erhält,vielmehr auf die Ausbeutung durch den Zwischenmeister angewiesenist, hält ihn von der Schneiderei fern. Wer die Unternehmerin der Konfektion kennt, der muß es allerdings für vollständigausgeschlossen halten, daß sie freiwillig zu der unbedingt crforder-lichen Aenderung der Produktionsform übergehen. Eine sehr be-liebte Art„Nachwuchs" heranzuziehen, besteht darin, daß manGelegenheitsarbeiter oder Arbeitslose zu Büglern und Steppern„ausbildet". Diese Leute haben eine sehr schwere Arbeit zu ver-richten. Dafür erhalten sie einen recht niedrigen Lohn. 25 M.gilt schon als gut bezahlt. Durch diese ungelernten Arbeiterivird der Lohn der gelernten Arbeiter ganz erheblich gedruckt.Macht nun jemand, der auf diese Art in die Konfektion geratenist, eine Zwischenmeisterwerkstätte auf, so gibt der Konfektionärdiesem„Meister" Arbeit so viel er haben will. Dann werdenGesellen eingestellt und ein tüchtiger Scbneidermeister mehr be-treibt das„lohnende Gewerbe" der Schneiderei. 5tomint aber derGeselle, der auf dem Umwege über solchen Zwischenmeister füreine Firma arbeitet, zu dieser und verlangt Arbeit, so kann ersolche mangels eigener Wohnung nicht erhalten. Es ist völligausgeschlossen, daß die Arbeiterschaft sich unter diesen Umständeneinreden läßt, daß die Schneiderei ein„lohnendes Gewerbe" sei.Deswegen bleibt diesem Beruf der„Nachwuchs" fern.Die Tarifbewegung der Nieter, Zuschneider und Arbeiterinnen inder Postkartlmbranche ist noch nicht vollständig zum Abschluß gelangt.Folgende Firmen haben den Tarif und das Protokoll der Verhand-lungen als für sich bindend unterschriftlich anerkannt: Max Tietz,G. Grawe u. C o., P. F. G e i ß l e r, Fedor K a r f u n k e l st e i n.WilH. Otte. Gutmann u. Meyer, M. K r ü g e r, M. B e cku. Co., Th. Nathan. H. K a tz u. Co.. Union. R o s e n h e i mu. Kaufmann, Th. Möglich, L. Hahndorf und Baumu. Scholz.Die Kolleginnen und Kollegen bei vorstehend nicht genanntenFirmen werden ersucht, umgehend wegen Anerkennung des Tarifsan ihre Arbeitgeber heranzutreten und dem Bevollmächtigten derZahlstelle Mitteilung über den Ausgang der Verhandlung zumachen.Die Firma Elsner U. Co, G. m. b. H., Georgenkirchstr. 31, hatden Tarif nicht anerkannt und das organisierte Personal ausgesperrt.Die Firma ist bis auf weiteres gesperrt IDeutscher Buchbinderverband.Zahlstelle Berlin.Achtung, Textilarbeiter und-Arbeiterinnen. Bei der FinnaElsbach. Berlin, Görlitzer Str. 52(Inhaber Martin Hirschfeld undMoritz Nagel) ist wegen Maßregelung organisierter Arbeiterinnenein Konflikt ausgebrochen. Sämtliche dort Beschäftigte haben dieArbeit eingestellt. Die Polizei ist schon in der bekannten Weisewirksam. Strengste Solidarität wird erwartet.DeutfcKes Reich.Dem Zentralverband der Töpfer ist es gelungen, wieder fürOranienburg und Umgegend einen Lohntarif einzuführen, undzwar ist derselbe abgeschlossen mit den Unternehmern von Oranien-bürg(Jnnungsmeistern und Nichtinnungsmeistern), Hohen-Neuen-dorf, Birkenwerder, Schmachtenhagen und Germendorf. VonHermsdorf ab tritt der Berliner Tarif in Kraft. Abgeschlossenist der Tarif auf zwei Jahre, bis 30. September 1911. Die Ein-führung des Tarifes bedeutet für die Oranienburger Töpfer eineLohnaufbesserung von 15 Proz., speziell für Oranienburg. DieArbeitszeit beträgt auf Bauten acht Stunden, auf Privat neunStunden. Des Sonnabends ist eine Stunde früher Feierabend.Der Erfolg ist dem festen Zusammenhalten der Töpfer zu ver-danken, welche jetzt alle dem Verbände der Töpfer angehören.Die Oranienburger Unternehmer hauptsächlich sträubten sich, denTarif anzuerkennen; sie glaubten nämlich, daß die bei ihnen ausgelernten jüngeren Töpfer weiter arbeiten würden, wenn es zumStreik käme. Und da sie auch eine ziemliche Anzahl Lehrlingehaben, würde es ihnen doch möglich sein, ihre Arbeiten fertig-zustellen. Sie hatten sich aber getäuscht, denn die jüngeren Kollogenhatten die Arbeit schon eher eingestellt, als die Arbeitsniederlegungbeschloffen war, und dadurch wurden auch die OranienburgerMeister gezwungen, den Tarif anzuerkennen.Eine christliche Seele.In Nr. 287 deS.Bocholter Volksblatts" vom 23. Oktober er.findet man folgende Anzeige, die als Kuriosum weitere Verbreitungverdient:Meiner werten Kundschaft von Barlo, Stenern und Um-gegend teile ich hierdurch mit, daß ich mit dem heutigen Tageden Tagelohn für mich und meine Gesellen um 10 Prozentermäßigt habe für Winter sowie für Sommer.Barlo, den 23. Oktober 1909.Gerhard Kampshoff,Schreiner- und Zimmermeister.Sonderbar! In ganz Deutschland klagt und schimpft man überdie ungeheuere Teuerung, und hier setzt ein Handwerksmeister denLohn für sich(?) und feine Gesellen gleich um 10 Prozent herab.Das merkwürdigste bei dieser Lohnherabsetzung ist wohl, daß beidiesem Meister Mitglieder des christlichen Holzarbeiterverbandesarbeiten. Man darf nun gespannt darauf sein, ob und wie diesemit den um 10 Prozent für Mnter und Sommer herabgesetztenLöhnen auskommen werden. Fast könnte man annehmen, es handlesich um eine Illustration zu der„segensreichen" Wirkung der neuenSteuergesetze._Achtung, Glasschleifer!In Eßlingen in Württemberg ist es bei der Firma Maser zumStreik gekommen. Da die Firma versuchen wird, Unorganisiertevon andere» Orten herbeizuholen, so wird ersucht, den Zuzug strengfern zu halten.Das gleiche gilt von der Firma Vonhof(vorm. Aug. Meieru. Sohn), Dresden.Bei der Firma Dähne, Leipzig-Lindenau, haben die Glasschleifergemeinschaftlich mit den organisierten Holzarbeitern Forderungeneingereicht. Es besteht auch hier die Aussichl, daß es zum Kaiiipfekommen wird. Genannte Firmen sind deshalb für Glasschleifer undMessingglaser gesperrt._Kulturdokumente vom Kampfe der KielerGemeindearbeiter.Drastische Beweisstücke von der Sonderstellung der Streikbrecherin unserem Rechtsstaate bat der Lohnkamps der Kieler Gemeinde-arbeiter geliefert. Während der zehnwöchemlichcn Dauer desselbenbildeten die unseren Machthaber» so nützlich erscheinenden Elemente,ausgerüstet mit den gefährlichsten Schlag- und Mordwerkzeugen, einestete Gefahr für das Publikum. Ihre Attacken brachten ihnen jedochöfter eine Einbuße ihrer Waffen. Diese wurden von Interessentengesammelt, übersichtlich zusammengelegt und jetzt im KielerGewerkschaftshause ausgestellt. Das Verbandöorgander Gemeindearbeiter„Die Gewerkschaft" bringt nun darüber einebildliche Darstellung. Neben fünf Revolvern und scharfenPatronen prangen die neun Gummischläuche, eineeiserne Kugel mit Handgriff, ein von beiden Seiten ge-schliffeneS und dolchartig zugespitztes Schlächter-messer sowie die vom Magistrat gestifteten Extravaganzen. DieRevolver sind in verschiedenen Kalibern vertreten, ebenso die Gummi-schläuche; letztere schwanken in der Länge zwischen 24.5 und 44 Zenti-metern, in der Stärke zwischen 1,6 und 4,5 Zentimetern. Boll-gummiknüttel find nicht dabei, es sind vielmehr hohle Schläuchemit Holzpfropfen, Sand, Blei, Kabel- oder Schraubenbolzenausgesiillt. Die neu hinzugekommene eiserne Kugel ist ein halbesPfund schwer, niehrfach'durchlocht, mit Draht umsponnen, miteinem Handgriff versehen. Die so ausgestatteten Schlagwerkzengegelten jedenfalls genau so wie Revolver als Mordwaffen. Auf einenHieb kann damit ein Mensch hingestreckt werden. Verschiedene dieserlebensgefährlichen Schlaginstrumente sind in städtischen Betriebenund von städtischem Material verfertigt. Es war auch bekannt,daß die Arbeitswilligen von ihren Waffen nach Herzens-lust Gebrauch machten, von einer Aenderung der Zustände war je-doch nichts zu verspüren. Ungehindert durften die Lieblinge desKieler Magistrats tun was ihnen beliebte. Einen am Streik voll-ständig unbeteiligt gewesenen Tischler haben sie zum Krüppelgeschossen und der wegen LandfriedenSbruchS mit einem Jahr Zucht«haus bestrafte Arbeiter Z i e g l e r hat die Schießerei der Arbeits«willigen gleichfalls mit längerer Kur im Krankenhause bezahlenmüssen; richtig hergestellt ist er heute noch nicht. Manche Arbeiterund selbst Bürger aus den sogenannten besseren Kreisen sind mitden Gummiknütteln der damaligen„Herren von Kiel" bös zu«gerichtet ivorden. Von einer Strafverfolgung Arbeitswilliger hatnian bisher aber noch nichts vernonimen. Der Magistrat der StadtKiel hat diesen Helfern aus der Not alle möglichen Vergünstigungengegeben. Nach dem Streikbrecherkontrakt erhielten diese den üblichenLohn, außerdem gemeinsames Unterkommen, freie Verpflegung inkl.Kaffee und bei geregelter Erfüllung des Vertrages 15 M. Prämie.Ferner wurden noch gratis geliefert: pro Tag eine FlascheBier, Zigarren, Zigaretten, Kautabak, Ansichtspostkarten undSchreibmaterial. Der von der Verwaltung gedruckte Vertrag ver«bietet den Leuten aber auch jedwede OrganisationszugehörigkeitInwieweit der liberale Magistrat das mit seinen Grundanschauungenüber Menschenrechte vereinbaren kann, ist unbegreiflich. Nichts«destoweniger wurden die Arbeitswilligen in jeder Weise gehätschelt.Das ganze Vorgehen in diesem Kampfe zeigt nur zu deutlich, daßnicht bloß System in der Organisierung von Streikbrecherkolonnen,sondern auch in ihrer Ausrüstung und Behandlung liegt. Früheroder später müssen diese Ausnahmezustände aber zum Nachteil dereigenen Begründer und Beschützer ausschlagen.Husland.Ein Sieg jüdischer Proletarier.Das Auölandskomitee des Allgemeinen JüdischenArbeiterbundes in Lithauen, Polen und Ruß«l a n d rief vor einiger Zeit in der ausländischen Partei- undGewerkschaftspresse um Beistand an für 2000 ausgesperrte Borsten-arbeiter des Nordwestgebieies von Rußland. Das Komitee machtnun bekannt, daß der Kampf der Borstenarbeiter nach einer Dauervon vier Monaten mit glänzendem Erfolg beendet ist. Der zäheWiderstand der Arbeiter und ihre Solidarität überwand alleSchwierigkeiten: das Bestreben der Fabrikanten, dem seit 1905 er-kämpften achtstündigen Arbeitstag ein Ende zu bereiten, mißlang,Versammlungen.Zentralverband der Zivilmufiker. Die Ortsverwaltung Berlindes Verbandes hielt ihre regelmäßige Mitgliederversammlung beiWille ab. Der Vorstand hat insgesamt 10 Mitglieder neu auf«genommen, 3 wurden noch von der Versammlung aufgenommen.zwei Meldungen mußten zurückgewiesen werden. Die Einnahmebetrug im dritten Quartal 2376 M., die Ausgabe 823,89 M., mit-hin bleibt der örtlichen Verwaltung ein Vermögen von 1234,41 M.Der Mitgliederbestand beträgt zurzeit 371; ausgetreten sind zweiMitglieder, zugereist sind ebenfalls zwei Mitglieder; wegen rück«ständiger Beiträge mußten 27 gestrichen werden, drei Mitgliedersind verstorben. Der Arbeitsnachweisbericht, welchen Müllererstattete, ergab erfreulicherweise ein günstigeres Resultat als wiederselbe im dritten Quartal des Vorjahres. Anschließend an diesenBericht wurde darauf hingewiesen, daß der Verein Berliner Musiker,Mitgl. des Allg. Deutschen Musiker-Verbandes E. V. sowie indessen Namen der Kapellmeister Hollfelder(Neues Tonkünstler»Orchester) im„Vorwärts"(siehe Nr. 236 und 237) inseriert undauf seine Arbeitsvermittelung hinweist. Die meisten Redner sindder Meinung, daß das nur geschieht, um die Arbeiterschaft in demGlauben zu erhalten, als stände der betreffende Verein auf demBoden der modernen Arbeiterbewegung. Es wurde beschlossen,eine aufklärende Annonce im„Vorwärts" zu veröffentlichen.Der Zentralverband der Handlungsgehilfen und Gehilfinnen,Bezirk Groß-Berlin(Bureau Neue Königstr. 36), hielt seineGeneralversammlung am Donnerstag in den„Arminhallen" ab.Zunächst ehrte die Versammlung das Andenken von drei in derZwischenzeit verstorbenen Kollegen durch Erheben von den Sitzen.Sodann wurde über die Tätigkeit und die Erfolge des letztenVierteljahres ausführlich Bericht erstattet; eine äußerst rege, um-fassende Tätigkeit ist gerade in den letzten Monaten entfaltetworden, galt es doch die Verrätereien und die Verlogenheit desdeutschnationalen Verbandes der weitesten Oeffentlichkeit zuunterbreiten. Hierzu dienten uns zwei Massenflugblätter undeine Sonderausgabe unserer Zeitung(100 009 Exemplare alleinfür Berlin). Außerdem gaben wir in vier stets überfüllten öffent-lichen Versammlungen den Handlungsgehilfen Gelegenheit, dieGesinnung und das Gebaren dieser Sorte von Gegnern zu er»fahren und zu brandmarken. Die Früchte machen sich bereits be»merkbar; während unser Verband ständig an Sympathie und Mit»gliederzahl wächst, lichten sich die Reihen des deutschnationalenVerbandes(allein im Monat September in Deutschland 8000Austritte), sein Tun und Treiben ist in allen anständig emp»findenden Kreisen gerichtet. Neben dieser enormen Agitationleistete der Zcntralverband bedeutsame positive Arbeit: er ver»mittclte seinen Mitgliedern Bildungsgelegenhcit, sorgte für stellen-lose Kollegen, veranstaltete verschiedene Betriebsversammlungenund schloß u. a. mit der Konsumgenossenschaft vonBerlin und Umgegend einen Tarif für die Verkäuferinnenab, der eine Reihe namhafter Verbesserungen aufweist und einAnsporn sein muß, auch in bürgerlichen Geschäften derartige Ab-machungcn und Gehaltsregulierungen zu schaffen. Dieses kannaber nur dann geschehen, wenn die moderne gewerkschaftlicheOrganisation auch unter den Handlungsgehilfen und Gehilfinnensich immer mehr Bahn bricht; insbesondere gehören die Kinder vonproletarischen Eltern nicht in bürgerliche Handlungsgehilfen»verbände hinein._Letzte jVacbricbtcn und Dcpcfcbcn.Und immer neue Siege.Görlitz, 3. November.(Privatdepesche de?„Vorwärts".) Beiden Stadtverordnetenwahlcn der dritten Abteilung hat die Sozial-demokratie mit großer Mehrheit über dir vereinigten bürgerlichenParteien gesiegt. Unsere Partei behauptete vier Mandate und erobert«vier dazu._Unternehmermoral.Straßburg i. E., 3. November.(B. H.) Die hiesige Straf-kammer verurteilte heute den Inhaber der Fabrik Gebr. Eidel,Bierbrauerei in Kehl, wegen Oktroihintcrziehung zu einer Geld-strafe von 9028 M. und zu einem Wertersatz von 12 941 M.Pearl) die goldene Medaille.Washington, 3. November.(W. T. B.) Die Nationale Geo-graphische Gesellschaft hat Peary die goldene Medaille verliehen,indem sie als ivahr unterstellte, daß er den Nordpol erreicht habe.jverantw. Redakt.: Emil Nnger, Grunewald. Inseratenteil veräntw.:rb. Glocke. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.u.BerlagSanstal» Paul Singer Sc Co., Berlin LW. HierzuLBeilagrn u. Nnterhaltungsbl.