Genossen Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß durch derartigeMaßnahmen es lediglich nur der ärmeren Bevölkerung noch mehrwie bisher schon erschwert werde, ihren befähigten Kindern einebessere Schulbildung angedeihen zu Innen. Ferner wurden auchhierbei die geradezu' unglaublichen Znsttfuae, welche in der Schuleder Kronprinzenstratze herrschen, von unseren Genossen zur Sprachegebracht; zugleich richteten sie die �Anfrage an den Magistrat,was er zur Beseitigung dieser schreienden Mißstände zu tungedenke. Der iviagislrat schwieg sich jedoch aus; wie esden Anschein hatte, schämte er sich.— Den Schluß bildeteeine sogenannte„geheime" Sitzung, in welche trotz unseres Wider-spruchs die Beschlußfassung über den Beitritt zum Berkehrs-Zweck-verbände Groß-Berlin, sowie die Beschlußfassung über Regelung derBesoldnngsverhältnisse der hiesigen Lehrpersonen und der Beamtenverwiesen wurde. Allem Anschein will man in Anbetracht derbevorstehenden Wahlen vermeiden, öffentlich zu zeigen, wie die denLehrern und Beamten gemachten Versprechungen gehalten werden.„Sozialdemokratische Spitzel", die sich„herumtreiben", nennt dashiesige Blättchen unsere Genossen, die in ganz einwandfreier WeiseHausagitation betreiben. Es redet weiter von„Spitzeltmn",„ehr-loses Treiben",„an Erpressung grenzenden Terrorismus". Das istdasselbe Blatt, in dem man die verlogensten Beschimpfungenstreikender Arbeiter finden kann, dasselbe Blatt, das Beschimpfungenund Verleumdungen ehrlicher Arbeiter selbst dann nicht widerruft,wenn das halbamtliche„Wölfische Bureau" auf Veranlassung derPolizei eine Berichtigung veröffentlicht. Wir haben nicht das Be-dürsnis, uns über solches Gebaren zu entrüsten— diesem Blattniedrigster Qualität gegenüber nicht— aber wir wollen ausdrücklichbemerken, daß die Freunde dieses Blattes sich zu Mitschuldigen des-selben machen. Das ist zu beachten IWählerversammlung. Heute Donnerstag, abends g'/z Uhr. findet imLokale der Gebr. Arnhold. Frankfurter Chaussee Nr. 6/6, eine öffent-liche Versammlung statt. Frauen und Männer sind dazu dringendeingeladen. Die Genossen D ü w e l l und Grauer werden über„Sozialpolitik und Finanzwirtschaft im Rathause" sprechen. Sodannsollen die Kandidaten für die bevorstehende Stadtverordnetenwahlaufgestellt werden.Der Unterrichtsabend der Llrbeiterbildungs-schule für Donnerstag, den 4. November, fällt der öffentlichenVersammlung wegen heute auS.Am Donnerstag, den 11. November, wird im Lokale der Gebr.Arnhold. Frankfurter Chaussee S/6, der Kursus fortgesetzt.Schmargendorf.Von einem Fortschritt der Organisation konnte in der letztenGeneralversammlung des Wahlvereins der Vorsitzende in seinemOuartalsbericht Mitteilung machen. Die Mitgliederzahl stieg imvorigen Quartal von 88 auf 98. doch ist seit dem 1. Oktober daserste Hundert bereits überschritten. Auch der Besuch der Vcr-sammlungen und Zahlabende ist ein besserer geworden. Die Zahlder„Vorwärts"-Abonnenten, der„Gleichheit".„Wahren Jakob" usw.ist gleichfalls gestiegen. An den Zahlabenden werden von Mit-gliedern lurze Vorträge über die aktuellsten Tagesereignisse gehalten,woran sich dann für gewöhnlich lebhafte Diskussionen knüpfen. DerKassenabschluß weist ein Defizit von 8.48 M. auf, doch ist dies aufden schlechten Besuch des letzten Stiftungsfestes zurückzuführen. AlsVertreterin der Kinderschutzkommission wurde Frau«chuschcnk,Sulzaerstr. IL wohnhaft, gewählt. Eine lebhafte Diskussion setzteein bei dem Bericht aus der Gemeindevertretung. Da es höchsteZeit ist, daß in dem Gemeindeparlament auch die Sozialdemokratievertreten ist, rüsten sich die Genossen bereits zu den im nächstenFrühjahr stattfindenden Gemeindewahlen. Im November soll eineöffentliche Versammlung den Gemeindewahlkampf eröffnen. Zugleichsoll den bürgerlichen Vertretern Gelegenheit gegeben werden, ihrebisherige Tätigkeit im Dorfparlament zu rechtfertigen. An derEinwohnerschaft Schmargendorfs liegt eS, dicie Versammlung zueinem wuchtigen Protest gegen die bisherige Cliquenwirtschaft imRathause zu gestalten. Die Anwesenden wurden noch aufgefordert,aus dem Fall Ferrer die Konsequenzen zu ziehen und dieser un-duldsamen Kirche de» Rücken zu kehren. Aufgenommen wurden mehrereueue Mitglieder. Das dann bekanntgegebene Resultat der BerlinerLandtagswahlen erregte bei den Anwesenden stürmische Begeisterung.Auskunft über den Austritt aus der Landeskirche erteilenF. Kriesten, Breite Str. 49 part. rechts, und Th. Reck, Kundekehle-straße 12, Seitenfl. II. Daselbst sind auch AuStritKformulare zuerhalten.Steglitz.Auf die am Sonnabend, den 6. November, abends pünktlich3>/ztlhr im„Birkenwäldchen" stattfindende Swillerfeier wird hiermitnochmals hingewiesen. Billetts sind zum Preise von 80 Pf. bei denBezirkssührerir sowie bei G. Winkelmann, Schloßstr. 104, zu haben.Für Jugendliche und Kinder ist der Eintritt frei, erstcre erhaltenihre Freibilletts bei G. Winkelmann.— Gleichzeitig diene zur Nach-richt, daß am Sonntag, den 14, November, ein Besuch des Museumsfür Völkerkunde, Köuiggrätzer Straße, unter Führung von Dr. MaxSchütte stattfindet. Treffpunkt und Zeit wird noch bekanntgegeben.Der BildungSausschuß.Zossen.Auf zur Stadtverordnetenwahl! Die hiesige Bevölkerung wirdnochmals auf die heute Donnerstag stattfindende ErgänzungS-wähl zur Stadtverordnetenversammlung aufmerksam gemacht. DieIII. Klasse wählt vormittags von 11 bis nachmittags2 Uhr. Unsere Kandidaten sind die Genossen HeinrichR i d z e w k i und Hermann Wißmann.— Die II. Klassewählt nachmittags von 2>/g b i s 8'/, Uhr. Unsere Kandidatenfind die Genossen Otto Ralow und Paul Kurzner.Arbeiter, Parteigenossen! Tut heute nach> besten Kräften EurePflicht!Britz-Buckow.Auf zur Stichwahl!Heute nachmittag von 6 bis 6°/« Uhr findet zwischen unseremGenossen Joseph Hadameck und dem bürgerlichen Kandidatenim Gemeindeschulhause die Stichwahl statt. Genossen, die mitBuckower Arbeitern zusammenarbeiten, werden ersucht, dieselben aufihre Wahlpflicht aufmerksam zu machen.Wenn heute die Arbeiterschaft ihre Pflicht erfüllt, ist die Wahldes sozialdemokratischen Kandidaten gesichert.Mahlsdorf a. d. Ostbahn.In der Generalvrrsammlnng des Wahlvereins erstattete GenosseBrühl- Lichtenberg Bericht über den Parteitag. Nach längererDiskussion gelangte eine Resolution einstimmig zur Annahme, in dersich die Versammelten mit den Beschlüssen des Parteitags einver-standen erklären und sich verpflichten, unausgesetzt im Sinne dieserBeschlüsse zn wirken. Den Vierteljahrsbericht erstattete der KassiererGenosse Schulz. Emer Einnahme von 281,37 M. steht eine Ausgabevon 167,60 M. gegenüber. Genosse Käming ersuchte die Genossen,sich an den vorkommenden Parteiarbeilen recht zahlreich zu be-reiligen. Als Bezirksführer wurde Genosse Franz gewählt.Wilhelmsruh.Die Schuldenlast der Gemeinde beläuft sich gegenwärtig, wie derGemeindevorsteher der letzten Gemeindevertretersitzung unterbreitete,auf 99 357 M. Es wurde beschlossen, eine weitere Anleihe von100 000 M. von der Kreisfparkasse zn einem Zinsfuß von 4 Proz.aufzunehmen. Wie gering das sozialpolitische Verständnis derbürgerlichen Vertreter ist. zeigte sich bei den, Punkt:„Schaffungeiner Fiirsorgestelle für Wilhelmsruh". Bereits im April dieses Jahreserhielt die Gemeinde vom Landrat ein Schreiben, worin der Nutzenund Zweck der Fürsorgestellen geschildert wird; am Schluß enthieltdas Schreiben die Anfrage, ob für Wilhelmsruh nicht auch das zu-trifft, was in dem Schreiben auch von anderen Vorortgemeindengesagt ist. Der Gemeindevorsteher Schmidt, berühmt durchseine Prozesse gegen Gemeindevertreter, legte nun diesesSchriftstück des Landrats nicht etwa sofort der Gemeindevertretungvor, sondern sandte dassetbe an den Kirchenrat von Wilhelmsruhzur Begutachtung. Dieser erklärte aber das Projekt für die Ge-meinde noch für verfrüht. Das Schriftstück wanderte nun nach demevangelischen Fraucnoerein für Wilhelmsruh. Genannter Vereinanerkannte zwar den Wert einer solchen Einrichtung, doch sei dazuleider kein Geld vorhanden. Am 29. Oktober endlich wurde vondem Schreiben des Landrats der Vxrtretersitzung Mitteilung gemacht.Unser Genosse Hascheck frug den Gemeindevorsteher, was denn inaller Welt der Geineindekirchenrat mit der Begutachtung der Fürsorge-stelle zu tu» habe. Er stellte den Antrag, sofort 300 M, ffir die Fürsorgestelle in den Etat einzusetzen. Gemeindevertreter Litzuer, der, wennes sich um Neuwahlen handelt, den Wählern gegenüber nicht genugvon seinem sozialpolitischen Verständnis zu reden weiß, meinte,man wüßte ja noch gar nicht, ob in Wilhelmsruh denn überhaupteine Fürsorgestelle nötig sein werde. sDabei sind 36 Proz. der Ein-wohner von Wilhelmsruh Arbeiter). Redner beantragte, die Sachenoch zu vertagen. Bei der Abstiinmung über den von unseremGenossen Hascheck gestellten Antrag, eine Fürsorgestelle zu errichtenund derselben 800 M. zu überweiien, stimmte außer unseren beidenGenossen nur der bürgerliche Vertreter Herr Dr. Oestrcichor dafür,die anderen zehn dagegen. Der Antrag Litzner auf Vertagung.wurde gegen die Stimmen unserer Vertreter angenommen.Spandau.Rentenempfänger. Es wird uns berichtet:„Allgemein wird vondenjenigen Personen, die sich allmonatlich ihre Invaliden- oder Unfall-rente von der Post holen, darüber geklagt, daß ihnen viel Umständeerwachsen und sie mitunter lauge warten müssen, bis sie in Besitzihrer Rente gelangen. Bei der letzten Auszahlung am 1. Novemberkam aber noch envaS hinzu, was verdient, öffentlich gerügt zuwerden. Es ist nämlich das Verhalten eines Postbeamten den Renten-empfängern gegenüber. Vor dem Schalter, an welchem die Aus-zahlungen der Buchstaben H stattfindet, stand auch ein alterInvalide, der etwas schwerhörig ist. Wahrscheinlich hatte er denAufruf seines Namens überhört. Als er nach einer geraumen Weilebescheiden den Beamten frug, ob er ihn schon aufgerufen, erwiderteihm dieser in ganz barschem Tone:„Sie haben wohl wieder aufden Ohren gelegen, ich habe Ihren Namen schon vor einer halbenStunde gerufen I" AlS einige der anderen anwesenden Rentenempfängerden Beamten ersuchten, doch etwas lauter zu rufen, da die Name»draußen swlecht gehört werden können, rief der Beamte:„Daswäre noch schöner, daß ich mir hier von jedem Ochsen und EselVorschriften machen lasse. Sie haben wohl noch nicht erlebt, daßdie Neiitenenrpfänger rausgeflogen sind, das können Sie unter Um-ständen heute erleben!" Der Vorfall hat sich zwischen Uhrabgespielt.-Unter den Rentenempfängern herrschte über dies Ver-halten des Postbeamten eine große Empörung."Diese Aeußerung aus dem Munde eines Beamten ist so un-qualifiziert, daß wir kaum daran glauben können. Sollte der Sach-verhalt aber talsächlich richtig dargestellt sein, so ist es die Pflicht derPostdirektion, dem Herrn eine Jnftrultion darüber zu»erteilen. wieer mit dem Publikum umzugehen hat. Es braucht nicht erst deslängeren dargelegt werden, daß Rentenempfänger genau so viel An-sprach darauf haben, anständig behandelt zu werden, wie das anderePublikum.Nowawes.Die Errichtung eines LehrlingShrims im Anschluß an die Fort-bildungsschule wird von bürgerlicher Seite in unserem Orte geplant.Die um Unterstützung dieses Zieles angegangene Regierung hat sichauch bereit erklärt, diesem Projekt ihre finanzielle Unterstützung zu-teil werden zu lasten. Es fand deshalb kürzlich unter Leitung desRektors der Fortbildungsschule eine Versammlung von Fortbildungs-schülern statt, um über die Art der Ausführung des genanntenProjektes zu beraten. Danach sollen die Räume der Fortbildungs-schule für die Zusammenkünfte der Schüler benutzt werden. Manwill durch Veranstaltung von Lese- und Unterhaltungsabenden.Sport, Leibesübungen und gemeinsame Wanderungen die Schülerauch in ihrer freien Zeit vereinigen. Zur Leitung der Turnereihaben sich die bürgerlichen Turnvereine bereit erklärt, einigeVorturner zu stellen. Selbstverständlich läuft die ganze Sache daraushinaus, der hiesigen, sich kräftig entivickelnden freien Jugendorgani-sation Konkurrenz zu bieten und ihr womöglich das Wasser ab-zugraben. Hat man doch vor Bestehen derselben nie etwas davongehört, daß sich unsere bürgerlichen Kreise ernsthaft um die Fort-entwickelung der Arbeiterjugend gekümmert hätten. Erst mit demBestehen der freien Jugendorganisation suchen unsere Gegner inintensiver Weise Einfluß auf die Erziehung und Entwickelung derArbeiterjugend zu gewinnen. Diese Tatsache an sich ist auch ganzerklärlich; arbeitet doch die Leitung unserer Organisation daran, durchbelehrende und den Geist anregende Veranstaltungen der ver-schiedensten Art die Arbeiterjugend zu selbstbewußten und freiheitlichdenkenden Menschen zu erziehe», zu welchem Zweck jeden Donnerstag«abend von �/jj 8— 10 Uhr und Sonntags— wenn keine Ausflügestattfinden— von nachmittags von 3—9 Uhr im.Volksgarten"Zusammenkünfte stattfinden, in denen für anregende Unterhaltung«orge getragen ist. Das muß natürlich den Aerger unserer Gegnerhervorrufen, die ja nichts mehr hassen als eine aufgeklärte und ziel-bewußt vorwärtsstrebende Arbeiterschaft, da ihnen dadurch dasbeste Ausbeutungsmaterial verloren geht. Deshalb suchen sie mitUnterstützung der staatlichen und kommunalen Behörden Gegen-organisaiionen zu gründen. Diese Maßnahmen müssen aber wirkungslosbleiben, wenn es die Eltern der Arbeiter als ihre heiligste Pflichtbetrachten, daß ihr Nachwuchs zu Menschen erzogen wird, die mitihrem ganzen Sein ihre volle Schuldigkeit im Emanzipationskampfdes Proletariats erfüllen. Eine derartige Erziehung kann aber nichtdurch Orgauisatioiten ausgeübt werden, deren Leiter und Protektorenzu den erbittersten Gegnern der klassenbewußten Arbeiterschaft gehören.Um der Arbeiterjugend Gelegenheit zu geben, die Ziele und Aufgabenderselben näher kennen zu lernen, findet am nächsten Sonntag nachmittags 3>/z Uhr im„Vollsgarten", eine öffentliche Jugcndversamm-lung statt, m welcher Genosse Bubert über das Theina„Der Kampfum die Jugend" referieren wird. Durch kräftige Agitation derGenossen für diese Versammlung dürfte es mit Leichtigkeit gelingen,einen zahlreichen Besuch derselben und eine weitere Stärkung unsererOrganisation herbeizuführen. Die hiesigen Geistlichen sind zu derVersammlung eil, geladen.Staaken.Die Freie Tmnerschast Staakens veranstaltet am 7. Novemberein Schauturnen. Den Vorführungen schließt sich ein Ball an. DerVerein, der Arbeiterfestlichkeiren mit seinen Leistungen stets verschönthat, hofft, daß die Arbeiterschaft zahlreich an dem Schauturnen teil-nimmt. Eintrittskarten sind bei den Mitgliedern und an den be-kannten Stellen nur im Vorverkauf zu haben.Vermischtes.Frau Steinheil vor dem Schwurgericht«In der Reihe der„Affären", die das Jntereffe der Pariser undüberhaupt ganz Frankreich in den letzten Jahren in Anspruchnahmen, hat kein Ereignis soviel Aufsehen erregt als der FallSteinheil, der gestern vor dem Pariser Assisenhof zur Verhandlunggelangte, nachdem sich 1% Jahre lang Untersuchungsrichter, privateund staatliche Detektive, findige Journalisten, Angestellte von inter-essrerten Versicherungsgesellschaften und alle möglichen anderenLeute vergeblich die größte Mühe gegeben haben, die geheimnis-volle Mordaffäre in der Rue Jmpasse Ronsin zu entschleiern. Ausden unendlich vielen Kombinationen, Gerüchten und Folgerungen,die man! an die Affäre knüpfte, lassen sich folgende Tatsachenexcerpieren:Am Morgen des 28. Mai v. I. wurde der Maler Steinheilund seine Schwiegermutter Frau Japy in der Villa des erstercntot aufgefunden, und zwar unter Umständen, die auf einen Mordschließen ließen. Als der Diener Couillard am Morgen aus seinerim dritten Stock belegenen Kammer sich in die untere Etage begab,fand er zunächst den Maler Stcinheil, einen ungefähr 60 jährigenMann, mit einer Schnur um den Hals außerhalb des Bettes aufdem Fußboden liegend vor. Seine Schwiegermutter lag in ihremZimmer aus dem Bette heraushängend, anscheinend ebenfalls er-würgt. Die Frau Steinheil selbst fand der Diener an den Pfostenihres Bettes gefesselt in einem dritten Zimmer vor. Sie lvar halbbetäubt und vermochte nur mühsam anzugeben, daß während derNacht Räuber eingedrungen wären, und zwar seien es 3 Männerund eine rothaarige Frau gewesen, bekleidet mit söhtoarzen Talarenund großen Hüten, die plötzlich vor ihrem Bette gestanden undsie aufgefordert hätten, zu sagen, wo sich die Schmuckgegenständeund das Geld des Ehepaares Steinheil befinden. Sie habe dannnach dem Zimmer ihres Mannes gewiesen und dann einen Schlagauf den Kopf erhalten, der sie betäubte. Als sie einigermaßen zurBesinnung kam, befand sich ein Wattebausch in ihrem Munde, densie nur mit großer Mühe wieder entfernen konnte. Die vorläufigeoberflächliche Untersuchung schien die Angaben der Frau Steinheilzu bestätigen, zumal sich herausstellte, daß verschiedene Wertgegen--stände und Bargeld geraubt waren. Das Verbrechen rief die größte-Erregung hervor, zumal Frau Steinheil in der Pariser Gesellschafteine gewisse Rolle spielte. Man erinnerte sich, daß sie eine Zeitlangdie Egeria des PräfidentenFelixFaure war, der in ihrenArmen einen ziemlich tragischen Tod erlitten hatte. Nach demTode Felix Faures begann Frau Steinheil ein ziemlich luxuriösesLeben, zumal der verstorbene Präsident zu ihren Gunsten eineLebensversicherung über 60 000 Frank eingegangen war. Den Er»Zählungen der Frau Steinheil stand die Behörde zwar zunächstmißtrauisch gegenüber; es konnten aber bestimmte Beweise dafür,daß sie selbst, wie in der Presse hier und da angedeutet wurde,ihre Hand im Spiele gehabt habe, nicht erbracht werden. So kames, daß die Affäre Steinheil in dem neuigkeitslüsternen Paris all»mählich an Interesse verlor und im Sande zu verlaufen schien.Plötzlich zog Frau Steinheil daS Netz wieder dichter über ihremKopf zusammen. Sie hatte einen reichen Liebhaber, einen Schloß»Besitzer in den Ardenncn, und gab sich der Hoffnung hin. daß diesersie heiraten werde, wenn sie vollständig gerechtfertigt dastehe. Umdas zu erreichen, versuchte sie den Verdacht der Täterschaft aufandere Personen zu lenken. In erster Linie auf den Diener Coul-lard, in dessen Habseligkeiten sie eine Perle praktizierte, die an»geblich bei dem Raubmorde gestohlen worden war. Der Dienertonnte aber bald sein Alibi nachweisen und nun kam Frau Stein-heil in verhängnisvolle Schwierigkeiten. In der öffentlichenMeinung von Paris bildeten sich bald zwei Parteien für undwider die„schöne Meg". Allerlei abenteuerliche Geschichten, dieauf den Mord Bezug hatten, füllten die Spalten der PariserBlätter. Man las von geheimnisvollen Automobilen, von blut»jungen gräflichen Verehrern der alternden Hetäre. Herr Vertillontrat in Aktion, und fand verdächtige Daumenabdrücke, die Polizeivon Paris bemühte sich fieberhaft einen verschwundenen Schlüsselund ein geswhlenes Portemonnaie wiederzufinden, an denen daSGeheimnis haften sollte. Mehrere Zentner Liebesbriefe der FrauSteinheil wurden von Handschriftendeutern aufs peinlichste durch-forscht, bisher war alles vergeblich. Eine schwere Aufgabe für diePariser Geschworenen, i« das Sammelsurium von Verstellung undLüge, von echten und wahren Gefühlen, von Schmutz und hoherPolitik Licht zu bringen.— Wir werden über den Ausgang derVerhandlung berichten.Auf ein Liebesdrama deutet der Fund zweier Leichen hin, dergestern früh in der Nähe von Preußisch-Stargard gemacht wurde.Es wird von dort berichtet: Heute früh wurde in der Nähe de»Landgestntes die ISjährige Arbeiterin Sprengler mit einem Sckmßunterhalb der Schläfe aufgefunden. Später wurde der UnteroffizierSchubert vom 72. Feldartillerieregiment tot mit einem Herzschußaufgefunden.Die Rcgenstürme in Nord- und Mittelspanien dauern, wie au»Madrid gemeldet wird, an. Ungeheure Verwüstungen find an»gerichtet, die Flüsse treten über ihre Ufer, zahlreiche Zugverbindungensind unterbrochen.18 Personen ertrunken. Nach einer Meldung der„PetitParisien" qus New Jork find auf dem Guayaquil(Ekuador) infolgeScheiterns einer Fähre achtzehn. Personen ertrunken.Ein Raub der Flammen. Einer Meldung aus Tiflis zufolge istda» Judenviertel der Bezirksstadt Suram mit seinen Warenlagernund Kaufläden abgebrannt. Der Schaden beträgt etwa eine MillionRubel._Lese- und DiSkutierklub„Wilhelm Liebknecht". Heute Donners.tag, abends 9 Uhr, bei K. Eichhorn, Danziger Stratze 93: Sitzung. Gästewillkommen.Lese- und Diskntierklub„Johann Jacoby". Heute abend 8'/, Uhrbei Pugge, Kastailien« Allee 96/96: Sitzung.(Zäste willkommen.Verband der Friseurgehilfen Deutschlands. Zweigverein Berlinund Vororte. Donnerstag, den 4. November, abends 9 Uhr, RosenthalerStraße 11/12: Versammlung und Vortrag.Verband der Bureanangestellten. Branche der Anwalts-angesu-Nten. Heute abend llfi Uhr, Landsberger Straße 39: Branchen-vnsamniiung. Vortrag des Herrn Redatteur» F a a ß: Aus der Geschichteder GewerljchaltSbewegung.Eingegangene DfucKfcKiHften.Dom„Kampf", der Monatsschrift der deutsch-österrelchischen Sozia!»demokratie, ist soeben da» Hest 2 des 3. Jahrgangs(Novemberhest)erschienen. Es hat folgenden Inhalt: Friedrich Austerlitz: Das Problemder starken Regierung.— Kart Ii e n n e r: Die„Unsruchibarteit" desVolksiiauses.— Ludo M. H a r t m a n n: Znt Frage der nationalenMinviitätSschulen.— Helnrich Bis sink(Teplitz): Formen des Minoritäts.schnltanipses.— Kart Mann: Katholischer Sozialismus.— Otto Bauer:Statistisches Matertal zur Frage der Lebensmitteltcuerung.— RudolfH i I s e r d t n g: Probleme der Baiitpoliiik.— Auion S chä s e r: Aus derGeschichte der nordböhmischen Arbeiterbewegung.— JuliuS Spielmann: Schulärzte in der Gcnieinde.— Anton Asrilsch: Für rmsereKinder.— Bücherjchau: Tschechische Parteiiii eratur. Arbciterlebm. Kinder«sürsorge._Wasserftands-Naehrtchte«der LandeSanitalt sstr Gewässerkunde, mitgekeA vomBerliner Wetterbureau_«)+ bedeutet WuchS.— Fall.—•) Unterpegek.