Gewerkfcbaftlicbce.Die Canfverbancüungcn der]Malcrhaben am 5. November im Bürgersaale des Berliner Rathauses be-gönnen. Sie finden statt unter der Leitung der Unparteiischen:Magistratsrat von Schulz- Berlin, Gerichtsrat Dr. Prenner-München und Beigeordneter Rat- Essen. Es handelt sich um dieBeratung eines allgemeinen Tarifs für das ganze Reichsgebiet.Deshalb sind sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer aus allenTeilen des Reichs anwesend. Die elfteren sind vertreten durch denArbeitgeberverdand im Malergewerbe. Seitens der Arbeiter sindan den Verlsandlungen beteiligt der Verband der Maler usw.(SitzHamburg), der Zentralverband christlicher Maler(Sitz Düsseldorf)und der Hirsch-Tunckcrsche Gewerkverein der graphischen Berufe,Maler und Lackierer(Sitz Berlin).Als Grundlage der Beratungen dient der im vorigen JahrevereinbarteNormaltarif.Dazu liegen Abänderungsanträge von beiden Seiten bor.— DieVerhandlungen gingen sehr ins Einzelne und erstreckten sich zumgrasten Teil auf rein berufliche Angelegenheiten. An den erstenbeiden Verhandlungstagen wurden besprochen die Bestimmungenüber Lohn und Gegenleistung, Zuschlag für Ueberstunden-, Nacht-und SonntagSarbeit, Unterscheidung zwischen Voll-, Hilfs- undjugendlichen Arbeitern. In allen diesen Punkten gingen die Anträge der beiden Parteien wesentlich auseinander. Eine Einigungkam nicht zustande, die betreffenden Bestimmungen wurden deshalbeiner Kommission zur Spezialberatung überwiesen. Einigkeitwurde nur über einen die Akkordarbeit betreffenden Passus erzielt,welcher besagt, daß bei Akkordarbeit der Stundenlohn garantiertwerden must, vorausgesetzt, daß der Arbeiter dasselbe leistet wieim Stundenlohn.Am dritten Verhandlungstage(Montag) kamen unter anderemeinige Punkte von allgemeinerem Interesse zur Beratung. UeberdenAusschluß der Kündigungsind beide Parteien einig, ebenso darüber, daß mit Zeichnern undGeschäftsführern Kündigungsfristen vereinbart werden können.Die Arbeitgeber wollen aber sür sich das Recht in Anspruch nehmen,noch mit anderen Personen, Spezialarbeitern und dergleichenKündigungsfristen zu vereinbaren. Dem widersprechen die Ar-beitervertreter, weil es auf diese Weise den Meistern möglich seinwürde, kurz vor Ablauf des Tarifs mit einer so großen Zahl vonArbeitern Kündigungsfristen zu vereinbaren, daß ein etwaigerStreik dadurch illusorisch gemacht werden könntet— Längere Debatten gab es über die Agitation auf der Arbeitsstelle. Die Ar-beiter sind bereit, in diesem Punkte den Wünschen der Meisterso weit entgegenzukommen, daß sie der Bestimmung des Bau-arbeitertarifs zustimmen, welcher zwar dieAgitation während der Arbeitszeituntersagt, aber ausdrücklich festsetzt, daß die Pausen nicht als Ar-beitszeit zu betrachten sind. Die Malermeister wollen dagegen,daß die Agitation auch während der Pausen, sowie vor und nachder Arbeitszeit auf der Arbeitsstelle verboten sein soll. Gegen diesVerlangen wehrten sich die Arbeiter sehr entschieden und beriefensich auf ihr Recht, ihre freie Zeit nach ihrem Belieben auszufüllenund sich darüber keine Vorschriften machen zu lassen.— Auch dieFrage der Maifeierwurde durch einen Antrag der Arbeitgeber in die Debatte gezogen.Sie verlangen im Tarif die Aufnahme der Bestimmung:„Das Fernbleiben von der Arbeit am 1. Mai ist verboten."Die Ausführungen, welche seitens der Arbeitgeber zu dieserForderung gemacht wurden, ließen erkennen, daß sie sich berufenfühlen, nach Kräften zur Verhinderung der Maifeier beizutragen.— Die Arbeiter erklärten demgegenüber, daß es den Unternehmerndurch kein Mittel gelingen werde, die Demonstration am l. Maiaus der Welt zu schaffen. Es werde auch in Zukunft dabei bleiben,daß die Arbeiter den 1. Mai feiern und deshalb von den Arbeit-gebern ausgesperrt werden. Es würde deshalb am besten sein, den1. Mai im Tarif gar nicht zu erwähnen.— Der UnparteiischeDr. Prenner bemerkte hierzu: Da die Frage der Maifeier hiererörtert worden sei, könne sie nicht durch Streichung des Antragesder Arbeitgeber erledigt werden. Nian müsse sich nun darübereinig werden, ob das Feiern am 1. Mai als Tarifbruch anzusehensei oder nicht.— Hierauf wurde diese Streitfrage, ebenso wie allevorher erwähnten, der Kommission überwiesen.Uebereinstimmung herrschte darüber, daß die Einstellung vonArbeitern nicht abhängig gemacht werden darf von derZugehörigkeit zu einer Organisation.Ob aber von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krankenkasse,darüber konnte keine Einigung erzielt werden. Die Arbeiter ver-wiesen darauf, daß die Hamburger Zwangsinnung im vorigenJahre durch Beschluß ihre Mitglieder verpflichtet hatte, nur solcheGehilfen einzustellen, die der Jnnungskrankenkasie angehören.—Selbst über die Frage, ob der Meister oder der Gehilfe das Hand-tuch waschen lassen solle, welches der Meister auf Grund einerBundeSratsverordnung dem Gehilfen zur Verfügung stellen must.konnte kein Einverständnis erzielt werden.— Eine lebhafte Erörterung rief ein Antrag der Arbeitgeber hervor, welcher verlangt,daß die Partei, deren Organisationen oder Mitglieder durch Ver-tragsverletzung der anderen Partei Schaden verursacht, zumErsatz des Schadensverpflichtet ist. Die Arbeiter bekämpften diesen Antrag, schon des-halb, weil ja die in Frage kommenden Organisationen nicht rechts«fähig sind. Auch Dr. Prenner wies darauf hin, daß die vonden Arbeitgebern beantragte Bestimmung rechtlich nicht durchführ-bar sei. Auch diese Angelegenheit soll in der Kommission erledigtwerden.Auf sehr heftigen Widerstand der Arbeiter stieß folgendermerkwürdiger Antrag der Arbeitgeber:Ist die Gehilfcnorganisation in einem Tarifort niust in derLage, die Tariflöhne von nicht organisierten Meistern oder Be-trieben, die Maler- oder Anstreichergehilfen beschäftigen(staat-liche und städtische Regiebetriebe, Brauereien, Hotels, Fabrik-betriebe usw.) zu erzwingen, so sind auch die Mitglieder desArbcitgeberverbandes in diesem Orte an die Einhaltung desTarifs nicht mehr gebunden.Die Arbeiter sagten, diese Bestimmung sei deshalb unannehm-bar. weil mit Hilfe derselben der Tarif in jedem beliebigen Ortejederzeit außer Kraft gesetzt werden könne, denn das werde sichnicht erreichen lassen, daß in einer Brauerei, in einem Waren-hause, wo einzelne Maler beschäftigt werden, außer den Tarif-löhnen auch alle übrigen Bestimmungen des Tarifs durchgeführtwerden. In jedem derartigen Falle würden dann die Meister be-rechtigt sein, den Tarif außer Kraft zu setzen.— Ein Vertreterder Arbeitgeber aus Koblenz'erklärte, ohne diese Bestimmung seider Tarif für Rheinland-Westfalen unannehmbar. Der UnPartei-ische, Dr. Prenner, bezeichnete den Antrag in der vorliegendenForm als unbrauchbar. Er schlug eine Fasiung vor. welche besagt,wenn nach Mastgabe der Verhältnisse den tariftreuen Arbeitgeberne,nes Ortes nicht mehr zugemutet werden kann, den Tarif zulmlten. ist das Tarifamt berechtigt, den Tarif für diesen Ortzeitweilig auher Kraft zu setzen.— Nun entstand die Frage, ob da,wo der Tarif außer Kraft gesetzt ist, gestreikt werden darf, umdie Durchführung des Tarifs zu erzwingen. Nach Ansicht des Un-paüeiischen Dr. Prenner müssen jedenfalls die bis dahin tarif-treuen Meister vom Streik verschont bleiben.— Auch diese Fragesoll in der Kommission behandelt werden.Als am Dienstag die Sitzung des EinigungsamteS eröffnetwar, rief der Meistervertreter Stolz über eine recht bedeutungs-lose Angelegenheit eine längere Erörterung hervor. Es handeltsich um den Bericht des„Vorwärts" über die am Sonntag ab-gehaltene Versammlung des Malerverbandcs. In dem Berichtheißt es, der Referent Jakobeit habe gesagt, der Arbeitgeber-Verantw. Redakt.: Richard Barth, Berlin. Inseratenteil verantw.:vertkeler Kruse habe vor dem Einigungsamt die Eiiiberuftingder Versammlung als einenstörenden Eingriff in die Verhandlungenbezeichnet.— Herr Stolz wollte wissen, ob Jakobeit das wirk-lich gesagt habe. Herr K rufe habe nämlich nur gewisse Ausdrückeauf dem Einladungszettel kritisiert, aber nicht die Versammlungseihst als störenden Eingriff bezeichnet.— Jakobeit erklärte,er habe gesagt, daß Herr Kruse die Einladungszettel dem Eini-gungsamt vorgelegt und der Unparteiische Herr von Schulzdann bemerkt habe, die Versammlung könne vielleicht die Berhand-lungen stören und möge deshalb lieber nicht abgehalten werden.Es sei lediglich ein Verschen des Berichterstatters, wenn er dieseAeußcrung des Herrn von Schulz als eine Aeußerung desHerrn Kruse aufgefaßt habe.— Herr Stolz gab sich mitdieser, den Sachverhalt völlig aufklärenden Darstellung I a k o-b e i t s noch nicht zufrieden. Er sprach von einem„gewissen Systemder Berichterstattung" und verlangte, Jakobeit solle eine Be-richtigung im„Vorwärts" veranlassen.— Herr von Schulz'bemerkte hierzu, die Sache habe doch nicht die Bedeutung, welcheHerr Stolz ihr beilege. Indem sich die Arbeitgeber über dieForm der Versammlungseinladung beschwerten, hätten sie dochauch die Abhaltung der Versammlung als einen störenden Ein-griff in die Verhandlungen empfunden und könnten sich doch nichtverletzt fühlen, wenn es so aufgefaßt worden sei.— Herr Stolzkonnte sich immer noch nicht beruhigen. Wiederholt verlangte erin erregten Worten, Jakobeit solle dem„Vorwärts" eine Be-richtigung senden.— Um der ebenso kleinlichen wie überflüssigenDebatte"ein Ende zu machen, sagte Jakobeit schließlich eineBerichtigung im„Vorwärts" zu, hielt aber Herrn Kruse vor,daß er"in der von ihm redigierten„Berliner Malerzeitung" einetatsächliche Unwahrheit über die vor etwa 14 Tagen abgehaltenenVerbandsversammlungen veröffentlicht habe, obgleich ihm vor derVeröffentlichung mitgeteilt worden sei, daß die betreffende Mit-teilung unwahr sei.(Wir halten durch diesen Bericht die Angelegenheit für er-ledigt und verzichten deshalb auf den Abdruck einer formellen Be-richtigung des Genossen Jakobeit.)Nachdem dieser Zwischenfall beendet war, wurden die Tarif-beratungen fortgesetzt.— Ueber diegemeinsame Bekämpfung der Schinutzkonkurrenzsind beide Parteien einig, jedoch nicht über die Frage, wasSchmutzkonkurrenz ist. Das soll in der Kommission festgesetztwerden.— Ein Antrag der Arbeitgeber will, daß bei allen tarif-lichen Streitigkeiten die ordentlichen und Gewerbegerichte aus-geschlossen werden und nur die Tarifinstanzen für diese Streitig-leiten zuständig sein sollen.— Dieser Antrag rief eine längere De-batte hervor. Gegen ihn wurde der Einwand erhoben, daß dieBestimmung doch nur für Organisierte gelten könne, während sichdie Unorganisierten an die Gewerbegerichte wenden müssen. Sokönne es kommen, dgß in ein und derselben Streitsache zwei ent-gegengesetzte Entscheidungen ergehen.— Auch über die Frage, anwelchem Termin der Vertrag ablaufen soll, entstand eine längereDebatte, ohne daß eine Einigung erzielt wurde. Die Arbeitgeberwollen alsAblaufterminden 31. Dezember festsetzen, während die Arbeiter den 31. Märzverlangen, nicht, weil dieser Termin für den Fall eines Streiksgünstiger liege wie der 31. Dezember, sondern weil die Erfahrunggezeigt habe, daß Lohnerhöhungen, die laut Tarif am I. Januareintreten mußten, nicht gezahlt wurden, weil zu diesem Zeit-Punkt stets etwa 75 Proz. aller Maler arbeitslos sind und die be-treffenden Meister deshalb die Möglichkeit hatten, Arbeitskräfte zunicht tarifmäßigen Löhnen zu erhalten.— Ferner wurde dieFrage des Arbeitsnachweiseserörtert. Die Arbeiter beantragen, zum Zweck der Durchführungdes Tarifvertrages und zur Bekämpfung der Schmutzkonkurrenzsollen paritätische Arbeitsnachweise in allen Orten, wo es möglichist. errichtet und die Parteien zur ausschließlichen Benutzung der-selben verpflichtet werden.— Die Arbeitgeber erklärten ihr grund-sätzliches Einverständnis mit der Errichtung paritätischer Arbeits-nachweife und ihre Bereitschaft, nach Möglichkeit dabei mitzuwirken.Damit sind die Plenarberatungen beendet. Die strittigenPunkte werden an den folgenden Tagen in der Kommission be-raten. Die Sitzungen der Kommission sind nicht öffentlich.Der Bergarbeiterstreik i» Australiea.Wie aus Newcastle gemeldet wird, stockt der Handel. Die aus-ständigen Bergleute haben ein Komitee eingesetzt, um die Gründedes Streiks zu formulieren. Hundert Kohlenzüge, die sonst täglichverkehren, liegen still. Die Bergwcrksbesitzer hallen 20 000 Pfd.Sterling an Löhnen, die sie den Streikenden schulden, zurück. Obdieser Trick Erfolg hat, bleibt abzuwarten.Versammlungen.Zentralverband der Maurer. In der am Donnerstag abgchal«tenen Generalversammlung des Zweigvereins Berlin hielt GenosseDavidsohn einen beifällig aufgenommenen Vortrag über:„Diepolitische Lage in Deutschland". Hierauf erstattete der KassiererWartenberg die Abrechnung vom 3. Quartal. Daraus ist folgendesanzuführen: Die Kasse der Sektionen hatte eine Gesamteinnahmevon 130 683,78 M.(einschließlich des Bestandes von 120111,15 M.),eine Ausgabe von 11 021,81 M., es bleibt ein Bestand von 110 671,07Mark. Die Zweigvereinskaste verzeichnet eine Einnahme von132 578,00 M.(einschließlich des Bestandes von 38 440,39 M.), eineAusgabe von 81 312,85 M., bleibt ein Bestand von 51 066,84 M.—?Für Unterstützungen wurden ausgegeben: An Kranke 17 026 M..Sterbegeld 2717 M., an Reisende 30 M., für Rechtsschutz 384 M.,an Gemaßregelte 231 M., an Streikende 1287 M.— Am Schlüssedes Quartals hatte der Zweigverein 0615 Mitglieder, und zwar6057 Maurer, 1856 Putzer, 1702 Gips- und Zcmentarbeiter.— Sowohl die Kassenverhältnisie wie die Mitgliederzahl sind im Laufedes Quartals gestiegen. Der Kastenbestand ist um 12 187 M. ge-wachsen, doch sind damit die Rückgänge aus der Zeit der Krisenoch nicht wieder gedeckt. Die Mitgliederzahl hat sich im 2. und3. Quartal um 1002 Mann vermehrt, was eine Folge der in den letztenMonaten betriebenen regen Agitation ist. Alles in allem kannein erfreulicher Fortschritt der Organisation konstatiert werden.Im weiteren Verlaus der Versammlung wurde-der Antraggestellt, die Redaktion des„Grundstein" aufzufordern, die regei«mäßig von ihr veröffentlichte„Wirtschaftliche Rundschau" nichtmehr von Herrn C a l w e r schreiben zu laste».— Zur Begründungdes Antrages wurde gesagt, die Mitglieder halten es für selbstver-ständlich, daß nur Sozialdemokraten an dem Organ des Verbandesmitarbeiten.— Von anderer Seite wurde daraus hingewiesen, daßC a l w e r die„Wirtschaftliche Rundschau" nicht für den„Grund-stein", sondern für das„Correspondenzblatt" der Generallommissionschreibt, und der„Grundstein", gleich anderen Gewerkschaftsblättern,die Artikel nachdruckt. Das habe die Redaktion des„Grundstein"bereits in einer Brieflastennotiz gesagt und dazu bemerkt, sie habekeinen Anlaß, jemanden zu maßregeln, weil er seiner Ueberzcugunggemäß aus der sozialdemokratischen Partei ausgetreten ist.—Ein Redner sagte, es wäre durchaus am Platze, wenn eine so großeMitgliedschaft wie die Berliner der Redaktion des„Grundstein"mit aller Deutlichkeit zu verstehen geben würde, daß sie die Mit-arbeit eines außerhalb der Sozialdemokratie stehenden Mannesnicht billigen könne. Hierauf wurde der Antrag einstimmig an-genommen.Der Zentralvcrband der Schmiede, Zahlstelle Berlin, hielt amDonnerstag bei Boeker in der Weberstraße seine Generalversamm-lung ab, in der die Abrechnung vom 3. Quartal 1900 vorgelegtwurde. Sie schließt für die Hauptkasse mit der Bilanzsumme von16 077,80 M. ab. Für Arbeitslosenunterstützung wurden 2130,08 M.ausgegeben, für Krankenunterstützung 2506,35 M., für Streikunterstützung 1476,25 M. An die Hauptkaste wurden 5245,53 M. gesandt.Die Lokalkasse hatte, den alten Bestand von 53 665,75 M. mitgerechnet, 56 678,35 M. Einnahmen, die Ausgaben betrugen 1086,35Mark, so daß am Quartalsschluß der Bestand auf 55 502 M. an-gewachsen tvar. Die Generalversammlung erteilte dem Kassierereinstimmig Decharge. Sie beschäftigte sich sodann mit einem An-trag der Verwaltung, wonach von nun ab nicht mehr allmonatlichin allen Bezirken Bezirksversammlungen stattfinden sollen, sonder»jeden Monat nur in einem Bezirk, so daß der Reihe nach in denverschiedenen Stadtteilen eine Monatsversammlung abgehaltenwird, zu der alle Mitglieder der gesamten Zahlstelle eingeladen sind.Durch belehrende und interessante Vorträge sollen diese Versamm-lungen besonders anziehend und wertvoll gestaltet werden. Fürdie weit entlegenen Bezirke, wie Spandau und Köpenick, soll es beider bisherigen Ordnung mit den regelmäßigen Bezirksversamni-lungen bestehen bleiben. Die Bezirkseinteilung als solche wird fürdie gesamte Zahlstelle wie bisher aufrechterhalten, ebenso dasSystem der erweiterten Verwaltungssitzungen.— Der Antrag wurdenach reger Debatte angenommen. Ferner wurde ein Antrag desBezirks Spandau, dort das Hauskassierersysiem wieder einzuführenan Stelle des Zahlstellensystems, mit geringer Mehrheit an-genommen. Als Vertreter zur Gewerkschaftstommission wurdendie Vorstandsmitglieder Siering, Hentschel, Ferschland.B a t t m e r und S ch l i n s k y vorgeschlagen und von der Ver-sammlüng bestätigt.— Die Mitgliederzahl der Zahlstelle ist imLaufe des Quartals von 2226 auf 2350 gewachsen.Berlin und Qmgegend.Achtung, Friscnrgehilfen l Für Mitglieder wegen Differenzengesperrt: Werth, Griinthalerstr. 12; Steinbock. Sickingen-straße 53; Kaiser, Hufelandstr. 40; U n g e r, ReichenbergerStraße 88: Fiedler, Treptow. Grätzstr. 62; Büttner, Rixdorf,Reuterstr. 77. Geregelt: Würfel, Grünthalerstr. 12; Hassel-barth, Beusselstr. 47; Stippekohl. Ober- Schöneweide,Rathenaustr. 4. Verband der Friseurgehilfen.Achtung, Kostümschneider und Schneiderinnen!Bei dee Firma Hedön, Friedrichstraße 202, haben diedort beschäftigten Kolleginnen wegen vorliegender Differenzen dieArbeit niedergelegt.Wir verhängen hiermit über die genannte Firma die Sperre.Verband der Schneider und Schneiderinnen.Deutfches Reich.Die Taiakarbeiterbewegung in Fürstcnwalde ist beendet. Einvon dem angerufenen Einigungsamt gemachter Einigungsvorschlag.in dem der von den Arbeitern zuletzt geforderte Lohn von 8,75 M.Anerkennung gefunden hat, und die Anstellung aller Ausständigenausgesprochen wurde, fand die Zustimmung der vereinigten Zigarren-fabrikanten und der Tabakarbeiterverbände. Dienstag, den S.November,erfolgt die Aufnahme der Arbeit.Eine prinzipiell wichtige Entscheidung in Streiksachenfällte das Frankfurter Schöffengericht. Bekanntlich wurden die Holz-arbeiter ausgesperrt, weil sie keinem neuen, wesentlich verschlechtertenTarifvertrag zustimmen wollten. Forderungen wurden ursprünglichnicht gestellt. Gegen verschiedene Ausgesperrte wurde eine Anklagewegen Streikvcrgehcns erhoben, sie sollen Arbeitswillige bedrohthaben. Einige Verhandlungen wurden vertagt, der Vorsitzende desGewerbegerichts sollte als Sachverständiger darüber vernommenwerden, ob der Z 152 der Gewerbeordnung überhaupt zuträfe. DasSchöffengericht verneinte diese Frage, eS läge kein Streik, sonderneine Aussperrung vor. Die Voraussetzung des§ 152 müßte abervorhanden sein, wenn die im§ toS angedrohten Strafbestimmungenzur Anwendung kommen sollten. Unter dieser Begründimg erkanntedas Gericht Freisprechung._Der Friede in der Schuhindustrie de? Offenbach-Fcankfurter Ge-bietes droht in die Brüchg zu gehen. Am 6. d. MtS. kündigten dieZuschneider der Firma W a l l e r st e i n zum 13. d. Mts., weil ihnenkeine Zulage gewährt wurde.— In vier andere» Fabriken Offen-bachs waren genügend Zugeständnisse gemacht worden. Die Firmaerließ daraus Montag einen Anschlag, in dein sie ihren sämtlichenArbeitern zum 15. d. Mts. kündigte. Es kommen bei dieser Finnaüber 500 Arbeiter in Bewacht. Bei einer anderen Firma, der Schuh-fabrik Hermann Liepmann, haben Dienstag morgen dieZuschneider die Kündigung eingereicht. Falls eine Einigung nichterzielt wird, dürste es zu einem schweren Kampfe kommen. Zuzugist deshalb streng fernzuhalten!Die Buchbinder in Krefeld haben am Montag die Arbeit nieder-gelegt, nachdem eine Vereinbarung mit den Arbeitgebern nicht zuerzielen war. 143 Personen sind an dem Streik beteiligt. SechsFirmen haben in letzter Stunde die Forderungen der Streikendenanerkannt und damit der Arbeitseinstellung ihres Personals vor-gebeugt._,-----------------—-----------------rh.Gl»<ke» Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagSanstalt' Gaul Singer& Co., Berlin SW. Hierzu 3 Beilage» u.Nnterhaltungsbl.Letzte Nachncbtcn und DepeFeben.Kommunalwahlsieg.Bernburg, 9. November.(Privatdepesche d.„Vorwärts".)Bei der heutigen Stadtverordnetenwahl errang die hiesigeSozialdemokratie einen, glänzenden Sieg: sie brachte ihre sechsKandidaten durch. Vier Mandate sind neu erobert, dieZunahme der Stinimen beläuft sich auf 799!Sitzung der Zweiten sächsischen Kammer.Dresden, 0. November. Die Zweite Kammer des sächsischenLandtages hielt heute abend ihre erste Präliminarsitzung ab. inder der VorsitzendZ der Einweisungskommission die Anwesendenmit einer Ansprache begrüßte. Bei dem Hoch auf den König er-hoben sich sämtliche Abgeordnete, auch die Sozialdemokraten. Letz-tere stimmten jedoch nicht in das Königshoch mit ein. Das HauSnahm alsdann die Bildung der Abteilungen vor. Morgen vor-mittag findet in einer zweiten Präliminarsitzung die Wahl desPrsidiums statt._Gemeindekrawall tu Italien.Castrovillari(Calabrien), 9. November. In der Ge-meinde Plataci griffen bei einer lärmenden Demonstrationgegen die Gemeindeverwaltung wegen lokaler Fragen oreManifestanten, obwohl die Behörden sich Mühe gaben, dieRuh- wiederherzustellen, die Carabiniere an und verletztenvier derselben durch Steinwürfe und einen durch einen Messer»stich. Die Carabiniere waren genötigt, von ihren SchußwaffenGebrauch zu machen. Drei Frauen wurden getötet und meh-rere Personen verletzt. Es wurden mehrere Verhaftungenvorgenommen.Die Cholera.Brüssel, 9. November.(W. T. B.) Wie ein hiesiges Slbend-blatt meldet, sind dort zwei Personen, ein fünfzig Jahre alterMann und ein Kind au Cholera gestorben.