We Triebfeder und der Hauptschuldige. Dannicke war schon bei der Stadtsynode tätig, als Bolt vor dreizehn Jahren eintrat. Er half diesem hin und wieder mit einem kleinen Darlehn aus der Verlegenheit und verübte stdon damals die Schwindeleien, die jetzt endlich an den Tag gekommen sind. Der Magistrat stellte früher der Stadtsynode eine Liste aller Steuer- zahler zur Bersügung. auch der katholischen, der jüdischen und der-' jenigen, die keiner Kirchengemeinschast angehören. Die Stadt- synvdo mußte dann aus diesem Verzeichnis diejenigen, die für sie nicht in Betracht kamen, ausscheiden. Dabei bezeichnete nun Bannicke große Steuerzahler mir jüdisch klingenden, Namen, die aber in Wirklichkeil evangelisch waren, kurzerhand als Juden. So verschwanden diese Leute au3 der Liste der Steuerzahler der Stadtsynode. Bannicke aber erhob mit gejalschten Quittungen bei ihnen die beträchtlichen Steuern für seine Privatkasse. Als später der Magistrat lediglich ein Verzeichnis der evangelischen Steuerzahler sandte, furde der Schwindel schwieriger. Bannicke wußte sich aber trotzdem auch jetzt noch zu helfen. Bei der Verteilung der Liste löichte er einen guten Steuerzahler aus und schob dasürirgeud einen unbedeutenden unter, so daß die Endzahlen des Verzeichnisses wieder stimmten. So hatte B. doch wieder seine Privatliste. Die Aendcrung und der Umstand, daß die Sachen unter Verschluß gehalten wurden, zwang ihn aber einen Helfershelfer zu suchen, und diesen fand er in Bolt, der bei seinem verschlossenen Lebenswandel aus der Verlegenheit nicht herauskam. Bannicke, der seine Privatsteucrn mit allerhand Fälschungen auch dann noch einzuziehen verstand, als diese von den Pflichtigen an die blasse der Stadtsynode oder eine Bank eingeliefert wurden, wurde kürzlich verhaftet. Weil aber Bolt verschwunden war, so schob er die Schuld auf diesen und ihm war nicht recht etwas nachweisen. Man setzte ihn deshalb vorläufig wieder auf freien Fuß, beschlagnahmte aber bei ihm für rund 10 000 M. von dem Geld und Geldeswcrt. Bannicke mußte aber fürchten, daß Bolt doch einmal verhaftet werde, und benutzte deshalb die Ge- legenheit zu verschwinden. Nach einem hinterlasscnen Schreiben will er sich das Leben nehnien. Nach der Schätzung BoltS, der von dem Gelde nur den kleinsten Teil abbekam, haben die beiden in dreizehn Jahre» etwa 100 000 M. erschwindelt. Genau kann die Summe erst durch eine umfangreiche Nachprüfung bei der Stadtsynode er- mittelt werden. Bon einem Kohlenwagen überfahren und getötet wurde gestern nachmittag ein Nadfahrer in der Landsberger Allee nahe dem Lands- berger Platz. Der Verunglückte ist etwa 30—35 Jahre alt. Aus der Nnglückschronik. Der Polizeibericht meldet: Der 56 Jahre alte Hofreiniger Karl J. wurde niittagS im Keller des linken Seiten- flügels aus dem Grundstück Chausseestraße 87 mittels Stricks an einem Abflußrohr erhängt aufgefunden. Man rief einen Arzt, doch kam jede Hilfe zu spär. I. hat die Tat nach Aufzeichnungen in seinem Notizbuch wegen längerer Krankheit begangen.— Die 29 Jahre alle Schneiderin Minna P.. die in einem Hause der Blumenstraße ein Zimmer abgemietet hatte, wurde morgens von ihrer Wirtin, der ein scharfer Gasgeruch aufgefallen war, schwer röchelnd ausgefnnden. Sie hatte versucht, durch Einatmen von Leucht- gas ihrem Leben ein Ende zu machen. Ein Arzt ließ die Schwer- kranke nach dem Krankenhaus am Friedrichshain bringen. Ein anhaltendes Lungen- und Unterleibsleiden halte die Unglückliche zu der Tat gelrieben.— Abends wurde die 56 Jahre alte Kaufmanns frau Ottilie Jackier, als sie an der Haltestelle vor dem Hause Kommandantensir. 37 einen Straßenbahnwagen der Linie 58 verlassen hatte, durch einen Kraftomnibus der Strecke 11 erfaßt und gegen die„Elektrische" gedrückt. Mit Quetschungen der Brust und am rechten Oberschenkel sowie inneren Verletzungen brachten Pastanten sie auf ihren Wunsch nach der nahen Wohnung, wo für ärztliche Hilfe gesorgt wurde.— Beim Ueberschreiten des Fahr- dammes vor dem Hause Königgrätzer Str. 38 wurde nachmittags der Kjährige Sohn Robert des Schneiders Franz Pivoda von einer Kraft- droschke umgerissen. Auf der HilfSwache in der Köthener Straße, tvohin ihn der Chauffeur gefahren hatte, klagte der Knabe über innere Schmerzen, doch konnte der Arzt Verletzungen nicht finden. Di*, benachrichtigten Eltern holten ihn später ab.— Der sechsjährige Sohn Otto des Metalldrückers Alois Pospifil geriet nachmittags vor dem Haus« Prinzenstr. 23 unter die Räder einer Kraft- droschke. Der Staatsanwalt Dr. Schröder, der Zeuge des Unfalls war, brachte ihn in seinem Automobil nach der nächsten Hilfswache. Nach- dem der Arzt eine Rückenquetschung festgestellt und ihm Verbände angelegt hatte, wurde der Verunglückte von seinem Vater ab- geholt.— In der Nacht gegen 1 Uhr stießen vor dem Grundstück Frankfurter Allee 145 der Privalkraftwagen des Schankwirts Heinrich Beyer aus Friedrichsfelde und eine Straßcnkehrmaschine heftig zusammen. Der Führer der letzteren, der 27 Jahre alte Kutscher Ernst Karge, wurde vom Bock geschleudert und blieb be- sinnungSloS auf dem Pflaster liegen. Nachdem man ihn nach der HilfSwache in der Warschauer Straße geschafft hatte, konstatierte der Arzt starke Quetschungen am Kopfe, am rechten Unterarm und an den rechtsseitigen Nippen und legte ihm Verbände an. Ermäßigte Eintrittskarten zur Ausstellung der Sezession, 25 Pfg. statt 1 Mark, stehen den Arbeiterorganisationen auch in diesem Jahre zur Verfügung. Die Vorstände können die Karten im Bureau des Gewerkschaftshauses in Empfang nehmen. Einzelne Karten werden gegen Vorzeigung des Mitgliedsbuches im Zigarren- geschäft von Horsch, Gewerkschastshaus ausgegeben. Hier sind auch von 1 Mark aus 25 Pfg. ermäßigte Eintrittskarten zur Arbeiter» Dilettanten- Kunstausstellung zu haben. Der Zirkus Sarrasani, der schon einmal und zwar vor sechs Jahren in Berlin weilte, wird in diesem Winter abermals ein längeres Gastspiel hier veranstalten. Sein neuer transportabler Winterzirkus, der mittels Dampfheizung in allen seinen Räumen erwärmbar ist. wird vielen Tausenden von Besuchern Aufenthalt gewähren. Er wird auf dem Gelände der Radrennbahn i», Botanischen Garten in der Potsdamer Straße sein Heim auf- schlagen. Barieiöprogramme. Im Passage-Theater erzielt Gussh Holl durch ihre zündenden Parodien großen Beifall. Ein Künstler in seinem Fache ist der Violinvirtuose Otto Gigh, der sein Instrument bis in die letzten Punkte beherrscht. Kunstgesänge bringen auch vier Damen des AstoriaquartettS zu Gehör. Reichlich ist die Akrobatik und Equilibristik diesmal im neuen Programm vertreten. DaS WaNialla-BarietS-Thrater am Weinbergsweg hat fast aus- schließlich erste Nummern im Programm. Da sind zunächst die Garniisch-Partenkirchner, die als Tyroler Sänger und Tänzer das Publikum angenehm unterhalten. Dann produzieren sich die TaubertS als gewandte Tylophonvirtuosen. Alte und neue Witze und Couplets gibt der Humorist Böhme zum besten, während Frau Melich ihre ausgezeichnet gut dressierten Papageien und KakaduS die drolligsten Kunststückchen ausführen läßt. Weihnachten im Kinematographen. Nachdem wir so oft über den Kinematographen haben schelten müssen, ist eS uns um so angenehmer, mal etwas gutes über ihn sagen zu dürfen. Zu den leider berechtigten Klagen über den Mißbrauch, der mit dem„Kientopp" getrieben wird, haben wir früher einmal uns dahin geäußert, daß mau von ihm auch einen recht nützlichen Gebrauch machen lönne. Wir wiesen darauf hin. daß es sehr wohl möglich sei, ihn in den Dienst der edleren Unterhaltung zu stellen und ihn zu einem schätzenswerten Mittel der Anregung für unsere Jugend auszugestalten. Das Union- Theater im„Grand-Hotel A l e x a n d e r p l a tz" macht jetzt in der Weihnachtszeit einen Versuch dieser Art, der Beachtung verdient. Es wird in den Wochen vor Weihnachten an jedem Mittwoch und jedem Sonnabend in den Nachmittagsstunden von 3— 3 Uhr k i n e m a t o g r a p h i s ch e Weihnachtsvor- stellungen veranstalten, für die besonders auf die Kinder als Zuschauer gerechnet wird. Die erste dieser Vorstellungen fand am Mittwoch statt und wurde von dem ausverkauften Hause jehr beifällig aufgenommen. Sie bot ein Programm, das Haupt- sächlich auf Weihnachten gestimmt war. allerlei Szenen aus dem Weihnachrstrubel und Weihnachtsjubel, auch Märchen, wie das vom Aschenbrödel und von Hänsel und Grete!. Alles war, wie man es von einem rechten Kinematographen erwartet, reich au Leben und fröhlicher Bewegung und lustig quirlendem Durcheinander, aber— anders als sonst in manchem„Kintopp"— frei von Häßlichem und Rohem. Die Schar der Kleinen und Kleinsten, die vor der erleuchteten Leinwand saßen, folgte den Darbietungen mit gespannter Aufmerksamkeit und begleitete jedes launige Intermezzo mit ausgelassener Heiterkeit. Selbst als Knecht Ruprecht leibhaftig in den Zuschauerraum herabgestiegen kam, mit Stock und Rute drohte und„mächt'ge Senge" cndrohte, erntete er nichts als ein schallendes vielhundertstimmiges Gelächter aus Kindcrkchlen. Ja, so sind unsere Kinder! Vorort- l�aclmcbteit. Rixdorf. Daß au der erfreulichen Eutwickelung'des Genossenschaftswesens Groß-Berlins auch Rixdorf regen Anteil hat, zeigte die am Sonntag, den 5. Dezember, von den Riydorfer Agitationskommissionen der Genossenschaft in Hoppes großem Saale arrangierte Waren- Ausstellung. Sie hatte sich eines sehr guten Besuches zu er- freuen und besonders die Frauen prüften eingehend die ausgestellten Waren, die zun» Teil in genossenschaftlichen Verkaufsstellen, zum Teil in Privatgeschäften eingekauft worden waren. Die angestellten Ver- gleiche bewiesen mit zwingender Deutlichkeit die Ueberlegenheit der genossenschaftlichen Wareuvermittelung gegenüber dem Privathandel. Per Zweck der Ausstellung, den weiteren Bevölkerungskreisen den Wert der Konsumorganisation vor Augen zu führen, ist erreicht worden, was sich auch bald in einer erhöhten Beteiligung an den genossenschaftlichen Bestrebungen zeigen wird. Die Freie Jugendorganisation Rixdorf veranstaltet am Sonntag. den 12. Dezember, nachmittags pünkllich 5 Uhr bei Felsch, Knese- beckstr. 49. einen Lichtbildervortrag. Referent Herr Hentze. Eintritt frei. Nachdem: Gemütliches Beisammensein mit Tanz. Die arbeitende Jugend Rixdorss, sowie deren Eltern find hiermit höflichst eingeladen. Freitag, den 1V. Dezember fällt der Vortragszyklus über Kultur- geschichte auS. In der letzten Sitzung der Berkehrsdeputation wurde mitgeteilt. daß die Straßenbahn ihren Verpflichtungen aus dem im Herbst ob- geschlossenen Nachtragsvertrage bis aus die veränderte Betriebs- führung der Linie l nachgekommen sei, des weiteren d�n GerichtS- riug(Linie 5) über» Kottbuier Damm und Hermannplatz geführt und den Abendverlehr auf den Linien 98 und 58 ausgedehnt habe.— Die Aufstellung von Reklame- und VcrtehrSanzeigern an den Halte- stellen der Straßenbahn wurde mit Rücksicht auf die beengten ort- lichen Verhältnisse nicht für zweckmäßig erachtet.— Der neue Fahr- plan für die Omnibuslinie Ringbahnhof-Hennannplatz, welcher auf dieser Strecke eine häufigere Wagcnfolge vorsieht, wurde genehmigt. — Ferner wurde der Tarif für die Fahrten nach dem Krankenhanse erhöht. Treptow -Baumschulenweg. Zu dem Bericht nuS der Gemeindevertretung in der gestrigen Nummer des„Vorwärts" wird mitgeteilt, daß der erhöhte Lohn für die Gemeindearbeiter nicht am 1. April 1910, sondern mit Rück- Wirkung vom 1. April 1909 ab in Kraft tritt.— Die AuS- zahlung der Löhne und Gehälter erfolgt noch vor Weihnachten . Außerdem ist noch nachzutragen, daß für die Gehaltsaufbesserung der diätarisch beschäftigten Beamten, welche ebenfalls 10— 12 Proz. betragen soll, 3000 M. bewilligt wurden. Die von der Gemeindevertretung beschlossene WertzuwachSstener ist vom Kreisausschuß und vom Regierungspräsidenten genehmigt worden. Die Steuer ist bereits in Kraft getreten. Weihensee. Aus der Gemeindevertretung. Vor Eintritt in die Tagesordnung verlas der Vorsitzende ein Berichtigungöfchreiben des Herrn Köhler, dessen Grundstückskäufe in der letzten Sitzung besprochen wurden. Es wurde betont, daß nur durch die nicht richtige Wiedergabe der Verhandlungen in den Zeitungen Irrtümer entstanden und daher die Berichtigungen gegenstandslos seien. Die Hauptsache sei, daß Herr Köhler die Behauptung nicht widerrufen habe, daß die Gemeinde beim Verkauf des alten Riesellandes eine bis anderthalb Millionen Mark verschenkt habe. Anschließend hieran bemerkte Gemeindcvertreter Könitz, daß Herr Köhler ihm als Un- parteiischen seine Akten zur Prüfung übersandt, er jedoch die Akten noch nicht vollständig geprüft habe! soviel stehe aber fest, daß da recht merkwürdige Geschäfte gemacht worden seien. So z. B. sei die Offerte erst im Oktober an den Käufer AllerS gelangt, trotzdem habe aber Allers bereits im August an Köhler verkauft. Könitz wird nach voller Durchficht der Akten der Gemeindevertretung Bericht erstatten. — ES wurde beschlossen, für die freiwillige Feuerwehr einen modern eingerichteten Mannschaftswagen zu beschaffen. Die hierzu erforderliche Summe von 2500 M. wurde bewilligt. Dieser Punkt gab Veranlassung eine andere Feuerwehrsache zu besprechen. In einer der letzten Sitzungen machte Herr Dr. Pape darauf aufmerksam, daß der in letzter Zeit vielgenannte Schöffe und Fcuerlöschdezernent Rathmann bei Anschaffung von Litewken für die Mitglieder der Wehr die Be- zablung derselben im April d. I. angewiesen habe, während diese erst im Mai d. I. geliefert wurden. Damals wurde Herr Dr. Pape vom Vorstandstiiche aus ersucht, solche unwahrscheinlichen Behaup- tungen vor der Oefientlichkeit zu unterlassen, sondern diese erst im Gemeindevorstand zur Sprache zu bringen. Herr Dr. Pape erklärte, daß er die Oesfentlichkeit benutzen müsse, da ihm dienstliche Aufklärung nicht gewährt würde. Diese Behauptung wurde vom Vor- sitzenden ganz energisch zurückgewiesen. Jetzt nun hat ein früherer Schrisisührer der Wehr diese Behauptungen durch Akten- material bestätigt, daß die Bezahlung früher erfolgt sei als die Lieferung, und somit gewinnt die Bcharchtung an Wahrscheinlichkeit! eine amiliche Untersuchung soll nunmehr Klärung schaffen.— Eine Anzahl Arbeitgeber sollen verklagt werden, weil sie ZahlungSverbote wegen rückständiger Steuern ihrer Angestellten außer acht gelassen haben.— Eine alte Einrichtung, die Verlesung der Protokolle der monatlichen Kassenprüfungen sollte auf Antrag der Herren MeweS und Teichert' beseitigt werden, da die Außen- stehenden doch kein Interesse daran haben und die Anwesenden das Zahlenmaterial doch nicht so schnell auffassen. Eher wäre eS möglich, daß einmal Langfinger auf die Summen ausmerkfam werden. (Vielleicht ein falscher Hauptmann? D.B.) Die Mehrheit wollte von einer Aenderung nichts wissen.— Die geheime Sitzung beschäftigte sich noch mit einem Grundstücksverkaus und mit der Weiterverpachtung des Schloßrestaurants auf weitere zehn Jahre. Bei der Weiter- Verpachtung soll aber noch ein neuer Saalbau vorgesehen werden. Tegcl-Borsigivalde. Es sei an dieser Stelle nochmals auf die im Lokal von H. Sorrer, Schlieperstr. 30, stattfindende Ausstellung empfehlenswerter Jugendschriften aufmerksam gemacht. Ueber 300 Bücher, geeignet für alle Altersstufen, liegen zur Besichtigung aus. Wer seinen Äiudern durch Kauf eines nützliche» Buches eine Weihnachtsfreude bereiten will, dem wird hier die beste Gelegenheit gegeben. Die Ausstellung ist geöffnet an Wochentagen von 7—9 Uhr abends, am Sonntag, den 12. Dezember von 2—7 Uhr nachmittags. Röntgental(bei Zepernick ). DaS Kamnicrgericht hatte sich mit der �rage zu befassen, ob eine Observanz über die StraßenreinignngSpflicht, die sich in einer Dorfgemeinde bildet, sich ausdehnt aus eine neue, zum selben Gemeindebezirk gehörige Villenkolonie, wenn diese Kolonie vom Mutterdorf durch freies, landwirtschaftlich genutztes Land ge- trennt liegt. Es ist das der Zustand, wie er bei den meisten Villen« kolonien um Berlin herum herrscht, so auch hei Röntgental, doS zu Zepernick(Kreis Nieder-Barnim) gehört. Das Landgericht III verneinte obige Frage und sprach deshalb Villenbesitzer Koppen frei, der vor seinem Grundstück in Röntgental die Straße nicht gereinigt hatte. Das Kammergericht als Revisionsinstauz war jedoch im Gegensatz zum Landgericht der Meiiumg, daß eine Observanz sich auf die neuen Teile einer Gemeinde auch dann ausdehne, wenn landwirtschaftlich genutztes Land dazwischen liege. Wenn für Zepernick eine Observanz sich gebildet hätte, dann würde sie auch in Röntgental Geltung haben. Das Kammergericht fei aber auf Grund des Beweismaterials des Landgerichts der Meinung, daß sich in Zepernick überhaupt keine, die Grundbesitzer zur Straßenreinigung verpflichtende Observanz gebildet habe. Ans oiesem Grunde könne es bei der Freisprechung bleiben. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde deshalb zurückgewiesen. Teltow . Bei der gester» stattgefundene» Stadtverordnetenwahl der dritten Abteilung wurde Genosse F r a n k e mit 166 Stimmen gewählt. Der Stimmenzuwachs gegenüber der vorigm Wahl beträgt 50 Proz. Die Gegner hatten keinen Kandidaten aufgestellt. Potsdam . Bon einer Hosequipege überfahren. Beim'Passieren der Nauener Straße in der Nähe des Wilhelinsplatzes wurde der 81jährige Rentier Ernst Stacksleht von einer Hosequipage, deren Herankommen er übersah, überfahren und durch Hustrille im Gesicht verletzt. Ein Schutzmann begleitete den in der Sanssouciollee 1 wohnhaften Greis nach seiner Wohnung. Von dort wurde St. in das St. Josephe- Krankenhaus transportiert. Wie man die konservative Jugendbewegung fördert. Mitte dieses Jahres hat sich hier auf Anregung des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg ein„Verein zur Förderung von Leibesübungen" ge- bildet. Nach den Satzungen will er allen nicht politische Zwecke verfolgenden Bestrebungen aus dem Gebiete des Turnens, Sports und Manderns als Mittelpunkt dienen und vor allem eine Be- teiligung der schulentlassenen Jugend herbeiführen. Dieser Verein hatte sich zuerst ausschließlich der beim konservativen, also politischen, Neuen Wahlverein bestehenden Jugendabteilung zur Verfügung gestellr. Inzwischen hat sich diese Jugendabteilung, die unter dem neuen Vereinsgesetz ungehindert bestehen durfte, selbständig gemacht. Der Verein zur Förderung von Leibesübungen wird nach wie vor von ihr beherrscht. Bemerkenswert ist ferner, wie man die nötigen Mittel ausbringt. Die Stab: hat zuerst die für Jugend- spiele der gewerblichen Fortbildungsschule im Etat zur Verfügung stehenden 500 M. dem Verein überwiesen, dann weitere 500 M. bewilligt, der Oberpräsident zahlt ebenfalls 500 M. und außerdem hofft man, ans der dem Minister zur Verfügung stehenden Summe von 100000 M. einen Zuschuß zu erhalten. Vermiscktes. Die Explosionskatastrophe i« Hamburg , über die wir in der gestrigen Nummer berichteten, hat nach den letzten Meldungen 13 Todesopfer gefordert. Eine Anzahl Schwer- verletzter befindet sich in Krankenhäuser»! sie dürften infolge der schweren Verletzungen nicht alle mit dem Leben davonkommen. Eine Meldung aus Hamburg besagt: Von den im Krankenhaus eingelieferten Verletzten sind bisher sieben gestorben, so daß die Zahl der Opfet einschließlich der sechs als Leichen Geborgenen 13 beträgt. Im Hafenkrankenhause liegen noch zehn Schwerverletzte, im Eppeu- dorfer Krankenhause sechs. Die genaue Zahl der Vermißten konnte noch nicht festgestellt werden. Ueber die Ursache der Katastrophe konnte bisher noch nichts ermittelt werden, da die eigentliche Unter- suchung erst heute beginnt. DaS große Kohlenlager der Werke hat, wie die Direktion mitteilt, nur wenig gelitten. Der Betrieb wird nicht in vollem Umfange eingestellt, da die Oefen in Tätigkeit bleiben und daS erzeugte GaS durch erhöhten Druck in die Reservoire der Gasanstalt Billwärder umgeleitet wird. Der Schaden, dessen Umfang sich noch nicht genau feststellen läßt, ist durch Versicherungen gedeckt. Die Zahl der Toten steht noch nicht endgültig fest, da man nicht weiß, ob sich unter den Trümmern noch Leichen befinden. Von der Gasanstalt wird noch ein Mann vermißt, der sich möglicher- weise aber unter den im Hafenkrankenhause noch nicht rekognoszierten Toten befindet. Ob auch Privatpersonen vermißt werden, entzieht sich der Kenntnis der Gaswerke.— In den Krankenhäusern befinden sich jetzt noch fünfzehn Schwerverletzte. Die leichter Verletzten sind nach Anlegung von Verbänden entlasten worden. Die Feuerwehr ist von der Brandstätte abgerückt, da nunmehr alle Gefahr be- seitigt ist. Im„Hamburger Echo" lesen wir über die Katastrophe n. a. folgendes: Nachdem das Feuer ettva Stunden gewütet und sich schon auf die nach der Wasserseite zu liegenden Kaischuppen verbreitet hatte, erfolgte kurz vor 5 Uhr die gefahrdrohende Explosion des alten Gasometer?. Eine turmhohe Feuersäule stieg zum Himmel empor und be« leuchtete minutenlang die ganze Hafengegcnd mit einem furchtbar prächtigen Feuerschein. Das Publikum, das schon durch die erste Explosion und durch die mit Windeseile verbreitete Kunde von dem Unglück nach den Gaswerken gelockt worden war, floh panikartig aus dem Bereich des Feuers. Schien es doch, als ob der Gasometer siS zur Seite hin entladen, die Exvlosion also noch über die Unglllcksstätte hinaus mit verheerender Wucht allcS zerschmettern würde. Die Hitze war inzwischen so intensip geworden, daß auch die Zollbeamten, Schutzleute und die Beamten der Stadt- Wasserkunst die Flucht ergriffen. Als die Fcuergarben sich wieder verringerten, wagte sich das Heer der Neugierigen wieder vor und umlagerte von neuem den Schauplatz des Schreckens. Das ganze Terrain der Gaswerke bUdete ein wüstes Chaos. Heldenmütige Arbeiter. Gleich nach der ersten, kurz nach 3 Uhr erfolgten Explosion des neuen Gasometers rissen die bei den Retorten(Koksöfen) angestellten Heizer trotz der Todesgefahr sofort die Oefen auf, um so zu ver- hindern, daß sich neues Gas bilden konnte; erst dann wandten sich auch diese Arbeiter zur Flucht. Während hier ein Teil der Arbeiter pflichtgctreu bis zur letzten Minute ausgeharrt, waren andere, ungeachtet der Gefahr, auf Rettung der Verunglückten bedacht. Ueherall sah man, namentlich in der Nähe der Vau- gerüste, Verletzte liege». Einige der auf dem Gerüst bei der Arbeit gewesenen Arbeiter wurden, als sie sich zur Flucht wandten, auf dem Rücken, andere wieder von vorn von den ExplostonSflammen ergriffen und schwer verbrannt. Einige sprangen mit Todesverachtung vom Baugerüst in die Tiefe und erlitten hierbei zum Teil gefährliche Brüche. Grauen packte die Retter, als sie die unter dem alten Gasometer befindliche Kantine aufsuchten. Hier hatte die Explosion mit furchtbarster Gewalt gewütet. Die in der Kantine beschäftigten Personen waren nicht imstande gewesen, sich zu retten, da der ganze Raum lichterloh von der Stichflamme erfüllt war. Man fand dort die entsetzlich versengten Leichen der Kantinenwirtin Frau Clausen, des Dienstinädchens Briiggemann und einer dritten dort mit Kartoffelschälen beschäftigten Frau.
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