er versprach, in seiner„Schule" würden Leuie jeden Alters undStandes in kurzer Zeit als erstklassige Kellner ausgebildet underhielten dann Stellungen zugewiesen mit einem Monatsein-kommen von ISO— 4lX> M. Natürlich fanden sich naive Leute genug,die, durch die marktschreierische Reklame Bailers verleitet, sein»Institut" gegen gute Bezahlung in Anspruch nahmen. Die Hofs-nungen, welche viele derartige Leute auf den„Fachunterricht" des„Generaldirektors" setzten, wurden arg enttäuscht. Klagen überBailer wurden laut und kamen auch vor die Breslauer Polizei.Diese lieh die„Erste internationale Gastwirts-, K-ellner-, Fach-und Handelsschule" revidieren. Die Folge der Revision war, daszder Regierungspräsident zu Breslau dem„Generaldirektor" Bailcrden weiteren Betrieb der„Fachschule" untersagte, weil sie in keinerHinsicht das zu leisten geeignet war, was in den Prospekten ver-sprachen wird. Tarauf wandte sich Bailcr nach Berlin und ver-suchte, hier sein Treiben fortzusetzen. Er eröffnete in der NeuenFricdrichstrastr wieder eine 5teNnerfachschule. Das Polizeipräsidiumhat die Genehmigung zum Betriebe der Schule untersagt, ihn aberbis 31. März nächsten Jahres gestattet, damit Bailer die ein-gegangenen Verpflichtungen lösen könne. Inzwischen hat Bailcrin Nixdorf eine„Fachschule" der gleichen Art eingerichtet, wozuer aber bis jetzt noch nicht die behördliche Genehmigung hat.Es ist selbstverständlich, daß sich die Organisationen der Gast-wlrtsgehilfen mit dem Treiben des„Generaldirektors" Bailcrbeschäftigten. Die Kellncrorganisationen der verschiedenen Rich-tungeil sind einig in der Verurteilung der Bailerschen„Unterrichts-.Methode". Der„Gastwirtsgehilfe", das Organ des Verbandes derGastwirtsgehllfen, brachte eine lange Reihe von Zuschriften undMitteilungen solcher Leute,.die mit Bailer und seiner„Unterrichts-anstalt" üble Erfahrungen gemacht hatten. Zwei Artikel des„Gast-IvirtSgehilfen", die sich niit Bäilers„Fachschule" beschäftigten, ver-anlasttcn den„Generaldirektor", den Redakteur des genanntenBlattes, Genosse» Hugo Poebsch wegeii- Beleidigung zu verklagen.In erster Instanz wurden alle Angaben des„Gastwirtsgehilfen"im wesentlichen als wahr erwiesen. Weil aber Poetzsch auf Grunddieser. wahrheitsgemäßen Angaben die B-tilersche Fachschule als einSchwindelunterncymen und sein Treiben ells schwindelhaft be-zeichnet hatte, verurteilte ihn das Schöffengericht wegen formalerBeleidigung in zwei Fällen zu 50 M. Geldstrafe.Infolge der von Poetzsch eingelegten Berufung beschäftigte dieAngelegenheit am Dienstag die 2. Strafkammer des Landgerichts I.Der Angeklagte, den Rechtsanwalt Wolfgang Heine verteidigte.führte einen umfangreichen Wahrheitsbeweis. Auch der Klägerführte einige Zeugen ins Feld, welche für die Reellität seinesUnternehmens Zeugnis ablegen sollten. Diese Zeugen sind BailersWirtschafterin und zwei seiner Schüler. Einer derselben, einjunacr Mann, der aus einem nicht bekannten Grunde seineOffizierslaufbahn verlassen hat und seit dem 1. Dezember diesesJahres bei Bailer Geschäftsführer lernt, bezeichnete den Unterricistals gut. Ein anderer, ein früherer Landwirt mit Gymnasialbildung, will eine gute Ausbildung als Kellner bei Bailer erhaltenhaben. Der Oberkellner eines Schultheiß-Restaurants in Potsdam,wo dieser einstige Fachschüler als Aushilfskellner eingestellt wurde.bezeichnet ihn dagegen als völlig unbrauchbar.— Andererseitstraten eine lange Reihe von Zeugen auf, welche bekundeten, daßBailer ihnen gegenüber nicht daS gehalten habe, was er in seinenAnpreisungen versprach. Im allgenieinen gab die Beweisaufnahme.welche fast fünf Stunden währte, folgendes Bild:Die schwungvollen Prospekte Bailers stellen einen Unterrichts-plan auf. der 20 Punkte umfaßt. Sie versprechen, Leute ohne jedeVorkenntnisse in zwei, höchstens drei Monaten zu erstklassigenKellnern auszubilden und ihnen Stellungen zuzuweisen mit einemMonatsverdienst von 150—100 M. Die Schüler mußten denKursus mit 00 M. Lehrgeld bezahlen und hatten außerdem noch120 M. für Kost und Logis zu entrichten. Die Einrichtung der„Schule" und das vorhandene Unterrichtsmaterial wird als durch-aus unzureichend bezeichnet. Stellungen, am allerwenigsten solchemit dem versprochenen hohen Verdienst, haben die Zeugen durchBailer nicht erhalten. Soweit ihnen Stellungen zugewiesen wurden,waren sie äußerst minderwertig und vorübergehend. Ja den meistenFällen wurde die Stellenvermittelung durch einen Mann besorgt.der die Kellnerkandidaten einem gewerbsmäßigen Stellenvermittlerzuführte und sich für diese„Bemühung" in jedem Falle 5— 10 M.von den„Kandidaten" zahlen ließ, die dem Vermittler selbst außer-dem noch die nicht unbeträchtlichen Gebühren zuwenden mußten.Durch die Aussicht aus gute Stellungen wußte Bailer den einenoder anderen seiner Schüler zu überreden, ihm Tank- und An-erkennungsschreiben auszustellen, die Bailer als Reklame benutzte.Die„Ausgelernten" erhielten kostenfrei ein einfaches Zeugnis.Gegen Zahlung von 8 M. konnte man aber ein besser ausgestattetesZeugnis erhalten, welches als„Diplom" bezeichnet wurde.Zunächst war der„Generaldirektor" Bailer der einzige Lehreran seiner„Fachschule". Wie sein Austreten vor Gericht bewies,steht er mit der deutschen Sprache in einem ständigen Kampf. Da«hinderte ihn aber nicht, den Fachunterricht zu erteilen, der sich nachdem Prospekt unter anderem auch auf deutsche Korrespondenz er-streckt Später suchte Bailer durch Zeitungsinserate Lehrer, Ge-schäftSführcr und Buchhalter für sein Unternehmen. MehrereLeute, die auf Grund solcher Inserate Stellung bei Bailer an-nahmen, sagten als Zeugen: DaS erste sei immer gewesen, daßBailer von ihnen eine Kaution von 1000 M. verlangte, die sie auchganz oder zum Teil Hingaben. In den Anstellungsverträgen, welcheahnungslos unterschrieben wurden, war aber das an Bailer ge-zahlte Geld nicht als Kaution, sondern als Geschäftsanteil be-zeichnet, den sie nach ihrem meist bald wieder erfolgten Austrittvergebens zurückverlangten. Ja'. eS war Bailers Gewohnheit, denLeuten, die nach ihrem Austritt ihr Geld zurückverlangten, miteiner Schadenersatzklage in Höhe von 4000 M. zu drohen! Mehreredieser Zeugen haben ihr Geld bis jetzt nur teilweise zurückerhalten.Ein Mann, den Boiler als Buchhalter einstellte, mußte 500 M.Kaution stellen, angeblich für Lehrbücher, die der Buchhalter zuverwahren hatte. Derartige Bücher waren aber gar nicht vor-standen: sie wurden vielmehr durch den Buchhalter von der Buch-Handlung bezogen und an die Sbüler vertrieben. Allem Anscheinnach hat noch ein zweiter Angestellter Bailers für diese nicht vor-standenen Bücker 500 M. Kaution erlegen müssen. Der hier inRede stehende Buchhalter hat sich bei seinem Austritt durch BailersDrohung mit einer Schadenersatzklage beivegen lassen, die Rückgabeder 500 M. betragenden Kaution zu quittierest, obwohl er in Wirk-kichkeit nur 100 M. zurückerhalten hat.Der als Sachverständiger vernommene Leiter der städtischenFach- und Fortbildungsschule für Kellner und Köche. Herr Hau-mann, gab sein Gutachten dahin ab, daß bei der anscheinend sehr„iangklhasteii Einrichtung der Bailerschen Fachschule, bei der kurzenLehrzeit und der Verschiedcnartigkeit der Schüler eine fachgemäßeAusbildung aar nicht erwartet werden könne.Unter Hinweis auf das Ergebnis der Beweisaufnahme be-«mtragte Rechtsanwalt Heine die Freisprechung des Angeklagten,da süb dessen Angäben als wahr erlviesen hätten, der Angeklagteals Redakteur und Vorsitzender des GastwirtSgehilfenverbandeSberechtigte Interessen wahrgenommen habe und das Unternehmendes Klägers mit einem guten deutschen Wort gar nicht anders dennals Schwindelunternehmeii bezeichnet werden könne.Nachdem der Verteidiger des Klägers, Leopold Meyer, Be-strafung beantragt hatte, wies Poetzsch unter anderem darauf hin,daß er berechtigte Interessen wahrzunehmen habe nicht nur alsRedakteur eines Fachblattes und Vorsitzender des Verbandes, son-dern auch weil er sechst früher Kellner war und, falls er auf seinenjetzigen Posten nicht wiedergewählt werde, wieder in die Lagekommen könnte, als Kellner zu arbeiten. Die Berufsangehörigenhätten ein Interesse daran, sich zu schützen vor Leuten, die. ohnedie erforderlichen Kenntnisse zu besitzen, in den Beruf herüber-kommen.Das Gericht hob daS Urteil erster Instanz auf, sprach denAngeklagten in einem Falle frei, verurteilte ihn nur wegen einesFalles formaler Beleidigung zu 10 M. und legte jeder Partei dieHälfte der gerichtlichen Kosten auf.In der vom Vorsitzende», Landgerichtsdirektor Neuenfeld, ge-gebenen Urteilsbegründung wirb unter anderem ausgeführt: ESsei festgestellt worden, daß die Fachschule des Klägers mit unzu-reichendem Material betrieben worden sei und den Schülern nurdie notdürftigsten Aeußerlichkeiten, nicht aber eine genügende Fach-.bildung beigebracht worden seien. Der Kläger habe nicbt gehalten,was er in seinen Anpreisungen versprach. Erstklassige Kellner miteinem Monatseinkommen von 150— 400 M. habe der Kläger nichtausgebildet. Das sei auch nach dem Gutachten des Sachverständigenin der Schule des Klägers nicht möglich. Der Kläger habe auch ver-sucht, seine Schüler anzuborgen, was ihm allerdings nicht gelungeilsei. Er habe auch von Leuten, die er anstellen wollte, in ersterLinie Geld zu bekommen versucht, um sich selbst über Wasser zuhalten. Es komme nicht darauf an, daß der Wahrheitsbeweis bisin alle Einzelheiten erbracht werde. Ter Angeklagte stehe unterdem Schutz de? 8 103. Zwar nicht als Redakteur eines Fachblattes.aber als Vorsitzender des GastwirtSgehilfenvsrbandes habe er berechtigte Interessen, die ihn selbst nahe angehen, wahrgenommen.Von diesem Gesichtspunkt aus habe der Angeklagte seiner Ueber-zeugung gemäß die Schule deS Klägers als ein Schwindelunter-nehmen bezeichnen können. Das Wort Schwindel sei nach einemUrteil des Kammergerichts kein Schimpfwort, sondern ein Wortder Kritik. Dasselbe treffe daraus zu, daß der Angeklagte das Ver-halten des Klägers seinen Angestellten gegenüber als jiautions-schwinde! bezeichnete. Wenn auch nicht erwiesen sei, daß der KlägerKautionsschwindel getrieben habe, so habe der Angeklagte nachden ihm gewordenen Mitteilungen doch annehmen können, daß derKläger Sachen mache, die man unter Umständen als Kautions-schwinde! ansehen könne. Es müsse dem Angetlagten zugute ge-halten werden, daß die Art, wie der Kläger sein Geschäft betrieb,zu außerordentlich scharfer Kwitik herausfordert. Da nach Ansichtdes Gerichts zwei Acußernnpen des Artikels über den Rahmen derberechtigten Kritik hinausgingen und die Absicht der Beleidigungerkennen ließen, so habe dieserhalb Bestrafung eintreten müssen,die aber aus den angeführten Gründen erheblich geringer seinmüsse als die in erster Instanz ausgesprochene.ver rosschlag im Scheutienviertei.In der gestrigen Beweisaufnahme wurde auf kurze Zeit dieOcffentlichkeit ausgeschlossen. Rechtsanwalt Bahn stellte unter Be-weis, daß die Zeugin Rödler, bei welcher die Grabowskischen Ehe-leute gewohnt hatten, in gewissen Kreisen den Spitznahmen„Dierote Henne" geführt hat. Wie die Verteidigung behauptet, wärenin der Wohnung der R. in der Rückerstraße wiederholt Hühner-schlachtungen vorgenommen, die gewissen perversen Neigungen ge-dient hätten. Diese„Schlachtfeste" wären auf Wunsch des Bräuti-gam der R. vorgenommen worden. Die Zeugin Rödler soll diebehaupteten Tatsachen während des Ausschlusses der Oeffentlichkeitals richtig zugegeben haben.— Dje Verteidigung will hierdurchden Beweis führen, daß die Annahme eines Lustmordes durchirgendeine völlig unbekannte Person nicht so ohne weiteres vonder Hand, zu weisen sei.Gegenstand der Beweisaufnahme war ferner nochmals jenerWiderspruch, in den sich Grabowski in seinem BlibibeweiS nachAnsicht der Anklagebehörde verwickelt hat. Die Zeugin Ehefraudes Kriminalwachtmeisters Barthel bekundete, daß sie bestimmtnicht am Mittwoch, sondern am Donnerstag mit ihrem Ehemanndurch die Linienstraße gegangen sei. Der Angeklagte behauptet be-kanntlich, daß er die B.schen Eheleute schon am Mittwoch getroffenhabe, da er sich am Donnerstag den ganzen Tag über in der Woh-nuiig deö Schlächtermeisters Zaremba befunden habe. Ueber diesenPunkt werden mehrere Bekannte deS KriminalwachtmcisterS vernommen, die fast übereinstimmend bekunden, daß der fragliche Tagbestimmt ein Donnerstag gewesen war. Im Gegensatz hierzu steht dieBekundung deS Schlächtermeisters Zaremba, auf den sich der An-geklagte bei seinem Alibibeweis hauptsächlich beruft. Der Zeugebekundet, daß Grabowski schon vom frühen Abend an sich in seiner<des Z.) Wohnung aufgehalten und auch dort geschlafen habe.Der Zeuge erklärt eS auf wiederholten Vorhalt für unmöglich, daßdrr Angeklagte des NachtS die Wohnung verlassen haben konnte,ohne daß er etwas davon gemerkt hatte. Dies wurde auch voneiner Zeugin Flecke bestätigt, die in jener Nacht in demselbenZimmer geschlafen hatte. Der Angeklagte habe ruhig schlafend um6 Uhr morgens auf dem Sofa gelegen und habe nach dem Er-wachen keine Spur einer Erregung oder ein sonst irgendwie ver-dächtigcs Wesen zur Sck>au getragen.Kriminalinspektor Braun schilderte die Lokalitäten in demIarembaschen Geschäft und kam zu dem Schlüsse, eS sei sehr leichtmöglich, aus dem Schlafzimmer des Z. auf die Straße hinaus-zukommen, zumal der Laden nicht durch eine Tür, sondern nurdurch ein eisernes Gitter verschlossen werde, welches sich leicht ent-fernen lasse. Der nach vieler Mühe ausfindig gemachte und tele-graphisch in Frankfurt a. M. geladene Geliebte der Zeugin Rödler,Sprachlehrer Aettwitz, bekundet, daß er den Angeklagten Grabowskiin der Nacht vom Freitag zum Sonnabend gegen 12 Uhr in einemHausflur der Rückerstraße habe stehen sehen.Mehrere Zeugen wurden darüber vernommen, ob eS möglichsei. daß G. die Wohnung des Schlächtermeisters Zaremba, beiwelchem sich bekanntlich der Angeklagte in der Mordnacht auf-gehalten haben will, heimlich verlassen konnte oder nicht. DerKriminalkommissar Lessski, und mehrere 5kriminalschutzleute, welchenach dieser Olichtung hin Experimente angestellt hatten, bekundeten,daß es sehr leicht sei. aus dem Laden über daS Türgitter hinwegauf die Straße zu gelangen, da die über dem Gitter befindlicheJalousie sich ganz leicht und geräuschlos hochheben lasse.Der daraus vernommene Zeuge Musiker Raschke bezeugt, daßder Angeklagte fast täglich von seiner Frau Geld verlangt habe,um spielen zu können. Wenn diese ihm das Geld verweigerte,so habe der Angeklagte gedroht, Kleidungsstücke zu versetzen unddies auch häufig getan. Später habe GrabvwSki dann wieder Geldverlangt, um die versehten Kleidungsstücke wieder einzulösen.—Auf Befragen der Rechtsanwälte Morris und Bahn erklärt dieals Zeugin geladene Verkäuferin Fricke. daß bei dem seinerzeit vonden Kriminalbeamten in dem Iarembaschen Geschäft vor-genommenen Versuchen vier Männer dazu notwendig gewesenwären, um die Jalousie hochzuheben. Die Verteidigung folgertdaraus, daß der Angeklagte demnach unmöglich die Wohnung deSZaremba verlassen haben könnte. Wenn dies festgestellt werde, sokönne der Angeklagte als Täter überhaupt nicht in Frage kommen.Die Verteidiger stellen deshalb den Antrag, den in dieser Sacheals Vertreter der Anklage fungierenden StaatSanwaltschaftsratMerschberger, der seinerzeit als Mitglied der Gerichtskommissiondiesen Versncben beigewohnt hatte, als Zeugen zu vernehmen.Staatsanwaltschaftrat Merschberger erklärt, daß er erst der Ge-nehmigung des Oberstaatsanwalts bedürfe, che er in der Lage fei.eine Aussage über seine seinerzeit gemachten Wahrnehmungenmachen zu könne».Eine Frau Raschke bekundet folgendes: Die Frau Grabowski,für die sie geschneidert habe, sei eines NackitS in dürftiger Toilettebei ihr erschienen und habe sie um Aufnahme gebeten, da sie vonihrem Manne in der schlimmsten Weise mißhandelt worden sei.Der Körper der Frau G. sei über und über mit blauen undbraunen Flecken und aufgeplatzten Striemen bedeckt gewesen. Alssie lZeugin) am nächsten Tage zu dem Angeklagten ging und ihmVorwürfe wegen dieser Mißhandlungen machte, sei Grabowski aufsie mit einem Stuhl losgegangen. Die Frau habe ihr auch wieder-holt erzählt, daß ihr Mann ihr häufig mit einem Messer zn Leibegegangen set und ihr gedroht habe, ihr ein spitze? Messer, einensogenannten„Knochenpuhler" zwischen die Rippen zu jagen.Nach Vernehmung der jetzt löjährigen Stieftochter des An-geklagten, die erklärt, daß sie mit Grabowski nicht verwandt seiund ferner bekundet, daß ihre Mutter häufig von ihrem Stiefvatergeschlagen worden sei, wenn sie ihm kein Geld geben wollte, wurdedie Verhandlung abgebrochen und auf Sonnabend SHb Uhr vertagt— Die Vertagung bis zum Sonnabend ist deshalb notwendig ge-worden, weil morgen lDonnerstag) der Prozeß gegen die Hand-lungsgehilfen Emil Kuhlbrodt und Wilhelm Kayscr wegen ver-suchten schweren Raubes zur Verhandlung kommen soll und eineZurückstellung dieser Strafsache aus verschiedenen Gründen nichtangängig erschtemSoziales.Gin internationaler Kongreß für SchulgesundheitSpflegS isoll im August nächsten Jahres in Paris stattfinden. Die Kongreß-beratungen werden in folgenden 10 Sektionen stattfinden: 1. Schul-gebäude und Schulmobilien, 2. Hygiene der Internate. 3. Aerzt-liche Schulaufsicht und persönliche Gesundheitsscheine: die praktischeBerechtigung ihrer Einführung. 4. Physische Erziehung undFörderung persönlicher Gesundheitspflege. 5. Vorbeugungsmaßregeln gegen ansteckende Krankheiten in der Schule; aus dem Schul»betrieb herrührende Krankheiten, ö. Die Hygiene außerhalb derSchule; Freilustschulen. Ferienlolonien. 7. Ter Lehrkörper, seineHygiene, seine Beziehungen zu Familie und Schulärzten. 8,Hygienische Unterweisungen für Lehrer, Schüler und Familie», y.Beziehungen der Lehrmethoden zur Schulhygiene. 10. Sonder-schulen für anormale Kinder.Arbeiterschutz für Zinkhütten.Durch§§ 9 und 10 der Bundesratsverordnung vom K. Februar1900 ist eine Beschäftigung von Arbeiterinnen mit der Bedienungvon DestillationSöfen der Zinkhüttcnbctriebe und die Beschäftigungvon jugendlichen Arbeitern in Destillationsräumen verboten unddie Beschäftigung von Arbeiterinnen in Destillationsräumen be»schränkt. Diese Verbote haben nur bis zum 1. Januar 1910 Gültig-keit. Ihre Gültigkeit ist jetzt durch Bundesratsbeschluß bis zum1. Januar 1911 verlängert.Sericbts- Leitung.Ungebühr?In einem am Dienstag vor dem Potsdamer Schöffengerichtverhandelten Prozeß gebrauchte der angeklagte Chauffeur JuliusLehmann aus Berlin, der in Wannsee wegen Schnellfahrens aufgeschrieben worden ist, bezüglich deS Strafbefehles den Ausdruck:Dir Anzeigen werden ja fabrikationsmäßig hergestellt. Der Vor-sitzende Assessor Knape wandte sich an den Amtsanwalt v. Drchrnd,der nun wegen Ungebühr vor Gericht eine sofort vollstreckbar« Haft-strafe von einem Tag beantragte, die daS Gericht auch verhängte.Das Gericht führte aus: Der Ausdruck„fabrikationsmäßig" ent-hält die gegen den Zeugen Gendarm Hanisch gerichtete Beschuldi-gung, er mache fahrlässig falsche Aussagen und nehme es mit seinerEidespflicht nicht zu ernst. Darin müsse eine Ungebührlichleitgegenüber dem Gericht erblickt werden!Die Strafe wurde sofort vollstreckt Sie ist durch Beschwerde.über die das Kammergericht zu entscheiden hat. anfechtbar. Hoffcnt.lich wird der Beschwerdeweg beschritten, wiewohl die Vollstreckungdadurch ja nicht ausgehoben werden kann, denn die Verhängungeiner Ungebührstrafe und gar einer Freiheitsstrafe durch solcheAuslegung einer durchaus in Wahrnehmung berechtigter Jnter»eessn getanen Aeutzerung enthält einen schweren Eingriff in dasVerteidigungsrecht deö Angeklagten. 2)aß Strafbefehle„fabri-kationsmäßig"— bezeichnender würde man sagen„formular-mäßig"— hergestellt werden, ist eine Tatsache, die nichts beleidi-gendes an sich trägt und deren Wahrheit schon durch einen Blickauf die Strafbefehlsformulare bewiesen wird. Schlechterdingsunerfindlich ist. wie durch die Behauptung dieser Tatsache derGendarm, der den Strafbefehl ja gar nicht herstellt— daS istAufgabe des Amtsvorstehers— beleidigt sein kann. Hätte aberauch der Angeklagte durch Klarlegung seiner Ansicht den Gendarmenetwa beleidigt, so ist das noch keineswegs eine„Ungebühr vorGericht". Der Angeklagte muß durchaus berechtigt sein, darzu-legen, weshalb weder des Amtsvorstehers Behauptung noch die desGendarmen seiner Ansicht nach der Wahrheit entspricht. Und eszeugt von einem außerordentlichen Mangel psychologischer Kennt-niS. wenn das Gericht und der Amtsanwalt annahm, der Hinweisauf die häufige, gleichmäßige, fabritationSmäßige, formularmäßigeErstattung von Anzeigen und Anfertigung von Strafbefehlen legedem Richter nicht die besondere Pflicht auf, zu prüfen, ob die An-zeige und das mit bestem Gewissen abgegebene Zeugnis einesGendarmen der Wahrheit entspricht. Der psychologisch gebildeteoder erfahrene Richter muß wissen, daß gerade Anzeigen und eid-liche Bekundungen über Vorgänge insbesondere dann häufig nichtder Wahrheit entsprechen, wenn der Anzeigende und Schwörendeüber ähnliche Vorgänge oft gleichmäßige Anzeig« erstattet hat.Mit der Wirklichkeit verbindet sich in solchen Fällen unendlich oftdie Erinnerung an andere, ähnliche Beobachtungen und verzerrtim Bewußtsein deS Zeugen das wahre Bild. Wenn wie im Falledes zu Unrecht mit Ordnungsstrafe belegten Chauffeurs die Grund-läge der Anzeige weniger eine Tatsache als ein Urteil, nämlichdas Urteil, ob der Chauffeur zu schnell gefahren ist, ist die Gefahreiner Differenz zwischen Wahrheit und Glauben deS Anzeigendeneine besonders hohe.Auch die Chauffeure haben einen Anspruch auf Gerechtigkeit.Und von diesem Gesichtspunkt aus wäre„fabrikationsmäßige'Herstellung von Anzeigen nicht durch das unkontrollierbar«, unzu-verlässige Spähungsvermögen eines Gendarmen, sondern durchSchnelligkeitsmesser zu fordern. Mit Recht würde ein Gericht jedeAnklage wegen ZuschnellfahrenS gegen Chauffeure zurückweisen.die nicht auf solcher„fabrikationSmähigen" Grundlage beruht. DerPotsdamer Richter sollte dankbar sein, wenn jedes seiner Urteileallein auf solchen„fabrikationSmäßigen" objektiven Grundlagenberuhen würde, denn dann käme sein Urteil der Gerechtigkeit weitnäher, als wenn er die in dein Gericht minder geläufigen WortedeS Angeklagten gekleidete Bitte, objektiv die Grundlagen der An-klage zu betrachten, als— Ungebühr behandelte. Oder ist eS garUngebühr, von einem Amtsgericht objektive Prüfung zu erwarten?Grube Luift und Marianne.In dem seit dem 1. Dezember verhandelten Prozeß gegenEchtermeyer und Genossen wurde gestern das Urteil durch denVorsitzenden, Landgerichtsdirektor Goebel. wie folgt verkündet:Es sei vielleicht kein Zufall, daß sich die Angeklagten— mitAusnahme von Weißenbcrg— schon von Kassel her kennen.Charakteristisch sei das Zustandekommen des„Bankgeschäfts"GrunSfeld u. Co.. dessen Mitinhaber, der„Rittergulsbcsiyer"fjfriedmann. von den ganzen Geschäften nichts wußte und eigent-ich nur immer in die Erscheinung trat, wenn es sich um denOsfeubarungSeid handelte. Herr Friedmann fei eine willenlosePuppe gewesen, eine vorgeschobene Person, die es dem Schwieger-söhn Echtermeyers. der nichts besitzen durfte, ermöglichen sollte,Geschäfte zu machen. Welcher Art die Geschäfte waren, zeigt dieGründung der Plantagegesellschaft und dann der Sanosin-Gesell-schalt, wegen deren ein Strafversahren noch schwebt. Die FirmaGrunsseld u. Co. hat reguläre Bankgeschäfte nicht gemacht, sie zogeS vor, die Gewerkschaften Marianne und Luise zu gründen unddann die viel erörterten Transaktionen mit den Obligationen zumachen. Der Gerichtshof ist. keinen Augenblick darüber im Zweifelaewesen, daß die Angeklagten gar nicht die Absicht hatten, diejrube Marianne und die angegliederten Gruben bergbaulich aus-zubeuten; es war ihnen nur darum zu tun. eine Grundlage fürdie Ausgabe von Obligationen zu erhalten. ES kommt nicht darauf