liche Konkrolls. Waiseis-. Kostkinder- und Fürsorgezöglingspflege nach erzieherischen und gesundheitlichen Grundsätzen, insbesondere ärztliche Ueberwachung oer Äostkinder durch besondere Aerzte und besoldete Pflegerinnen mit entsprechender Vorbildung. Ginführung der freien Arztwahl und Anstellung von Spezialärzten im Armen- dienst. Einführung der Generalvormundschaft. XI.(Zweckverbände.) Schaffung von Zweckverbänden zur Durchführung gemein- nütziger Unternehm, ingen, für welche die Mittel oer einzelnen Ge- meinden nicht ausreichen. V *.» Das Wort zum Referat über Das Kommunalprogramm für Preußen erhält der Berichterstatter Paul Hirsch : Parteigenossinnen und Genossen; Die letzte Gemeindever- treterkonferenz für Grotz-Berlin und die Provinz Brandenburg bat die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen Kommunal- Programms für ganz Preutzen eingesehen und eine Kommission eingeseüt. der sie den Auftrag erteilte, ein solches Programm auS- zuarbeiten und der Beschluhfassun� dieses Preutzentages zu unter- breiten. Die Kommission hat zu ihren Beratungen Genossen aus allen LandeSteilen Preußens hinzugezogen; sie hat den Entwurf ihres Programms, der e i n st i m m ig von ihr angenommen wurde. bereits vor mehreren Monaten veröffentlicht und gleichzeitig die Genossen ersucht, ihre Wünsche zu diesem Programm zu äußern. Die Kritik in der Presse hat freilich etwas spät, aber immerhin doch noch in recht umfangreichem Maße eingesetzt. Die Kommission steht nun nicht etwa auf dem Standpunkte, daß das, was sie der Oeffentlichkeit unterbreitet hat. der Weisheit letzter Schluß ist. Wir haben vielmehr, wie Singer bereits bemerkte, gestern noch einmal alle Anträge, nicht nur die zum Parteitag gestellten, sondern auch die Anregungen, die in den verschiedenen Preßartikeln gegebe» waren, eingehend geprüft. Einen ganz erheblichen Teil dieser Anregungen und Anträge haben wir berücksichtigt und in den Entwurf hineingearbeitet, so daß also das, was ich jetzt namens der Kommission vor Ihnen zu vertreten habe, nicht mehr der ur- sprüngliche Entwurf ist. sondern ein vollkommen»euer, der allerdings auf der Grundlage des ursprünglichen a u f ge baut ist. Wir haben zunächst eine Zweiteilung des Programms für notwendig gehalten, und zwar in einen Teil, der die Forderungen an die Gesetzgebung enthält, und in einen zweiten Teil, der die- jenigen Forderungen enthält, die unsere Gemeindevertreter be» rcits innerhalb der heutigen Gesetze an die Gemeindever- tretungen zu stellen berechtigt sind. Eine solche Trennung erschien uns hauptsächlich auS praktischen Gründen notwendig. Wir wissen ja alle, daß unsere Genossen in den Gemeindevertretungen die Gesetze nicht so gut kennen, daß sie in jedem einzelnen Falle wissen, ob eine Forderung, ein Antrag, den sie stellen, die Aende- rung eines Gesetzes zur Voraussetzung hat. und da passiert eS leider sehr oft. daß unsere Gegner nicht gezwungen werden können, Farbe zu bekennen, bestimmte Stellung zu einem Antrag zu nehmen, sondern daß sie sich hinter formalen Bedenken ver- schanzen, indem sie erklären: Diese Forderung gehört nicht zur Zuständigkeit der Gemeindevertretung! Diesen Einwand den Geg- nern zu nehmen, dazu wollen wir unseren Genossen die Möglich» keit in die Hand geben. Selbstverständlich konnten wir unter die Forderungen an die Gesetzgebung nicht all das aufnehme», was wir von der Gesetz- gcbung fordern. Das wäre ein vollkommenes Programm für Preußen geworden und würde unsere Befugnisse weit überschreiten, es würde auch weit übergreifen in das. was die anderen Refe- lenten, namentlich Genosse' Liebknecht . Ihnen vorzuführen haben. Wir mußten uns auf die Gesetze beschränken, die geändert werden müssen, um bestimmte Forderungen in den Kommunen zu erreichen, und zwar hatten wir dabei nicht nur staatliche Gesetze, sondern auch eine Reihe von Reichsgesehen im Auge. Es sind ja in der Presse von keiner Seite Bedenken gegen die Zweiteilung erhoben worden. Ein Bedenken, das von verschiedenen Seiten geltend gemacht wurde, geht dahin, daß der Entwurf viel zu lang sei. Mag sein, aber andererseits darf man nicht vergessen, daß selbst die Kritiker, die die Länge des Entwurfs bemängelt haben, ihrerseits eine Reihe von Anträgen gestellt haben, deren Ausnahme da? Pro- gramm vielleicht um das Doppelte verlängern würde! lSehr richtig!) Die Kommisston hat sich einer weisen Mäßigung bc- fleißigt; sie glaubt die goldene Mittellinie eingeschlagen zu haben mit dem Entwurf, den sie unterbreitet, der allerdings etwas ausführlich ist, aber trotzdem nicht z u lang. Diejenigen Genossen, die sagen:„Der Entwurf enthält nicht alles, wir müssen noch viel mehr haben/ mögen sich gesagt sein lassen, daß der Entwurf kein Nürnberger Trichter ist, mit dem man unseren Genossen die ganze Weisheit eintrichtern könnte. Wir können nur Grundzüge geben, alles andere mutz Sache der in den Gemeindevertretungen tätigen Genossen sein, die die Pflicht haben. sich eingehend mit den kommunalen Fragen zu befassen. Die Mög- lichkeit dazu ist ihnen geboten, an Literatur darüber fehlt es nicht. Im übrigen hat die Kommission nichts dagegen, wenn der Partei- tag beschließt, daß noch ein besonderer Kommentar zu un- ferem Programm herausgegeben wird. Bon einem Kritiker, auf den alle Mitglieder der Kommission sehr viel geben, weil er auf dem Gebiete der Kommunalpolitik eine anerkannte Autorität ist, vom Genossen Dr. Linde mann, ist die Frage aufgeworfen worden, ob es sich überhaupt empfiehlt, ein einheitliches Kommunalprogramm für ganz Preußen zu er- lassen. Lindemann hält es für richtiger, nut den Abschnitt s)— also die Forderungen an die Gesetzgebung— allgemein zu regeln, der nach seiner Meinung allerdings noch nach den verschiedensten Richtungen ausgebaut werden müsse. Im übrigen aber hält er cS für richtiger, Kommunalprogramme für bestimmte Bezirke zu erlassen. Wir in der Kommission haben eigentlich gar nicht das Recht gehabt, diese Frage weiter zu prüfen, wir hatten doch den Auftrag gehabt, ein einheitliches Kommunalprogramm für Preußen abzufassen, und gerade der Umstand, daß von den verschiedensten Seiten der Wunsch nach einem solchen aus» gesprochen wurde, zeigt doch, daß tatsächlich ein Bedürfnis hierfür in weitesten Kreisen unserer Parteigenossen vorhanden ist. Dr. Lindemann meint unter anderem, unter den Forderungen an die Gesetzgebung fehlten noch eine Reihe. Gewiß, wenn wir über- Haupt ein Aktionsprogramm für Preuße» schaffen sollten, so mühte dieser Abschnitt all die Punkte aufzahlen, in denen wir eine Aenderung der Gesetzgebung wünschen. Und das ist so ziem- lich auf allen Gebieten der Fall. Wir aber inuhten uns damit begnügen, das für die Kommunalpolitlk Wichtige hervorzuheben. Wenn Lindemann die Forderung eines Wohnungsgesetzes für Preußen vermißt, so verweise ich darauf, daß wir uns über diese Frage bereits auf einer früheren Gemeindevertreter. konferenz unterhalten haben. Damals wurde auf Antrag Stadt» Hagen die Forderung auf Erlaß eines Reick»«wohnungS. gefetzt 8 aufgenommen. Stadthagen hat sich oamalS gegen die Forderung eines Wohnungsgesetzes für Preuße» erklärt. Ich glaube auch, wie die Zusammensetzung der gesetzgebenden Körper» schaften in Preußen heute ist, wäre von einem Wohnungsgesetz für Preußen für die Arbeiterklasse absolut nichts zu erwarten, wenn man bedenkt, daß die preußische Regierung und die Mehrheit des Landtags sich noch nicht einmal dazu aufraffen kann, daS Hausbefitzerprivileg� zu beseitigen, also eine Bestimmung, die jede vernünftige Wvhnungsreform in den Gemeinden hindert. Aus diesem Grunde haben wir die Forderung eines Wohnungsgesetzes nicht aufgenommen. Wenn nun Lindemann sagt, daß die Verhält- nisse von Provinz zu Provinz ganz verschieden liegen und wir deshalb kein einheitliches Programm aufstellen können, so ist ihm darin biS zu einem gewissen Grade beizupflichten. Gewiß, die Verhältnisse liegen verschieden, aber wir nehmen ja in unser Pro» gramm auch nur das auf, was für alle Provinzen gemsin» s ch a f t l i ch ist. Und selbst wenn wir nur Probinzialprogrämme beschließen würden, würden an den einzelnen Orten die Verhält- nisse doch so verschieden liegen, daß auch das Programm, das für eine Provinz erlassen ist, kaum in allen Stadt- und Land- gemeinden der Provinz Anwendung finden könnte! Auch dann würde noch immer die Notwendigkeit bestehen, das Programm in einzelnen Punkten für die verschiedenen Orte zu ergänzen. Diese Möglichkeit der Ergänzung ist aber auch dann gegeben, wenn wir ein einheitliches Programm für Preußen haben. Die notwendige Voraussetzung für solche Ergänzungen ist allerdings immer, daß die Ergänzungen übereiiistimmen mit dem von uns beschlossenen einheitlichen Programm und den allgemeinen Grundsätzen der Partei. Genosse Lindemann lveist besonders auf die Verhältnisse im Rheinland hin. Er sagt: Tort ist die Frage der Beteiligung großer Privatunternehmungcn, wie Hütten und Zechen, an Gemeinde- Unternehmungen(Elektrizität) eine so brennende, daß kein Pro- gram, das in diesen Bezirken zur- praktischen Anwendung kommen soll, daran vorbeigehen könne. Gewiß, aber das sind Zustände, die nur auf einen bestimmten Bezirk zutreffen, und kein Mensch würde unsere Genossen in jenem Bezirk daran hindern, das Pro- gramm im Sinne des Genossen Lindemann zu ergänzen. DaS Gleiche gilt für die Frage, wieweit im Rheinland , wo die Bau- genossenschaften sehr entwickelt sind, eine Unterstützung gemein- nütziger Baugenossenschaften durch unsere sozialdemokratischen Gemeindevertreter erfolgen soll. Das sind Fragen, die sich sehr gut von Ort zu Ort oder von Provinz zu Provinz regeln lassen. Ein Einwand, der nicht ganz mit Unrecht erhoben worden ist, besteht darin, daß die Kommission in bezug auf die staatlichen Zuschüsse sich nicht an den Wortlaut der Bremer Resolution gehalten hat. Das ist richtig. Die Bremer Resolution' verlangt staatliche Zu- schüsse für die Ausgaben der Gemeinden auf dem Gebiete der Volksgesundheit, der Schulpflegt, des Armen- Wesens und des Wegebaus. Aber schon bei der Diskussion in Bremen hat sich gezeigt, daß die Ansichten darüber, ob wir nur staatliche Zuschüsse fordern oder dem Staat die gesamten Lasten aufbürden sollen, weit auseinander gehen. Namentlich die sächsischen Genossen haben gegen die Bremer Resolution Einspruch erhoben und den Beschluß gefaßt, die Uebernahme der Lasten auf den Staat in weitgehendem Matze zu fordern. In einem großen Teile Deutschlands haben also die Genossen sich nicht streng an die Bremer Resolution gehalten- und auch wir, glaube ich, können das nicht tun, wir gehen über die Bremer Resolution hinaus, indem wir die Uebernahme des B-lksschulwesenS auf den Staat verlange» Wenn das Bedenken geltend gemacht wird, daß der Staat da>m sich noch ein größeres Recht herausnehmen würde, bei den inneren Angelegenheiten der Volksschule mitzuwirken, so weise ich darauf hin, daß wir im Zusammenhang damit gefordert haben, die Verwaltung des Schulwesens gesetzlich zu regeln und den Ge- meinden zu übertragen. Wenn diese Forderung erfüllt wird, be- steht nicht die Gefahr, daß der Staat sagt: ich zahle die Gelder unv muß daher das Recht haben, die Angelegenheite der Volks- schule zu regeln. Wir steht es denn heute? Heute gibt der Staat herzlich wenig, manche Gemeinden erhalten gar nichts, und trotzdem nimmt die Regierung sich heraus, zu bestimmen, was die Ge- meinden auf dem Gebiete des Schulwesens zu tun und zu lassen haben I Schlimmer also als jetzt kann es nicht werden. Wenn aber unsere Forderung nach der gesetzlichen Regelung der Ver- waltung und der Uebertvagung auf die Gemeinde erfüllt wird, so ist die Bahn frei für eine trspxietzllche und gedeihliche EntWicke- luiig der Volksschule. Uehex die Frage her Ucvernähme der Kosten des ArmenwesenS und des Wegebaues sagt unser Entwurf nichts. Daraus ist zu schließen, daß die Kommission sich in bezug auf diese Frage auf den Standpunkt der Bremer Resolution gestellt hat. Wenn aber Zuschüsse für das Armenwesen und auch sonst gegeben werden, so mutz dafür gesorgt werden, daß jede Willkür ausgeschlossen ist. Die Verteilung der StaatSzuschüffe darf nicht nach Belieben erfol- gen, sondern muß durch Gefetz geregelt werden. Schon in Mnn- chen hat Genosse Lindemann die Frage aufgeworfen, ob die Staatszuschüsse allen Gemeinden oder nur den bedürftigen 2 eben werden, sollen, und er hat sie dahin beantwortet, daß auf ! Fälle daS Belieben der Regierung ausgeschlossen und der Begriff der Bedürftigkeit der Gemeinde durch Gesetz festgestellt werden müsse. Das ist der Standpunkt, den auch die Kommission eingenommen hat. Es darf nicht dahin kommen, daß die Regierung sagt: Weil die und die Gemeinde Rückgrat bewiesen hat. darf sie StaatSzuschüsse nicht haben, sonst könnte es leicht dahin kommen, daß der Gemeinde Husum wegen ihres Bürgermeisters Schiicking oder der Gemeinde Köpenick wegen des Auftretens ihres Bürger- meisters Langerhans die Staatszuschüsse entzogen werden. Sehr heftige Angriffe sind gegen unser» Entwurf gerichtet seitens der abstinenten Genossen. Ich muß mich> mit diesen Angriffen etwas länger beschäftigen, nicht etwc� weil ich ihnen eine große Bedeutung beimesse, sondern wegen ihrer Heftigkeit und weil die abstinenten Genoffen eine große Zahl von Abänderungs- antragen gestellt haben. Es wird uns der Vorwurf der mangelnden Sympathie mit der Anti-Alkoholbeivegung gemacht. In einem Artikel»vird sogar gesagt, daß weite Kreise der Parteigenossen von der Bekämpfung des Alkohols überhaupt nichts wissen wollen. Ich darf aber wohl im Namen aller Mitglieder der Kommission erklären, daß uns von dieser ablehnenden Haltung weiter Kreise von Parteigenossen gegenüber der Bekämpfung des Alkoholismus nichts bekannt ist. Und ganz speziell gehören die Mitglieder der Kommission nicht zu diesen weiten Kreisen. ES sitzen sogar in der Kommission einige waschechte Abstinenten(Hörtl hört!), und gerade diese haben sich gegen die weitgehenden Anträge ihrer Freunde gewendet, weil sie einsahen, daß man durch solche Anträge der Sache eher schadet als nützt.(Sehr richtig!) Wir hatten ja niHt die Ausgabe, ein Abstinentenprogramm zu entwerfen, sondern ein Kommunalprogramm.(Zustimmung.) Angesichts der heftigen Angriffe muß man wirklich zu der Ansicht kommen, daß einige der Genossen glaubten, wir seien eingesetzt, um Mittel zur Bekämpfung des Alkoholismus seitens der Gemeinden vorzu- schlagen. Wir stehen alle auf dein Boden der in Essen beschlossenen Resolution. Der Referent, Genosse Wurm, hat dort auf die Schä, den des Alkoholismus hingewiesen und auch darauf, daß die Mißstände durch Hebung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter zu beseitigen sind.(Zustimmung.) WaS soll man dazu sagen, wenn seitens des Genoffen Prager vorgeschlagen wird: eine besondere Konferenz von abstinenten Arbeitern solle die Wünsche der Absti, nenten formulieren Und dem Parteitage unterbreiten? Und weiter sollen die abstinenten Arbeiter ihr Möglichstes tun, um durch Entsendung von Gesinnungsgenossen als Delegierte für ihre An- träge den notwendigen Resonanzboden zu schaffen.(Hörtl hörtl) Ich meine, wir haben doch eine andere Aufgabe, als lediglich die Abstinenzbewegung zu fördern.(Sehr richtial) Den berechtigten Wünschen der Abstinenten verschließen wir uns nicht. und Sie werden sehen, daß wir auch eine ganze Reihe ihrer Forderungen aufgenommen haben. Wenn aber unter Antrag 12 gefordert wird, daß die Einwohner der Gemeinde darüber ent- scheiden sollen, ob überhaupt alkoholische Getränke in der Ge-. meinde ausgeschenkt werden dürfen, so muh ick, doch fragen: Wa- rum gehe» denn die Genossen nicht an den deutsche» Parteitag und verlangen eine Volksabstimmung über das gaiize Reich, pb überhaupt alkoholische Getränke verabfolgt werden dürfen? DaS wäre doch wenigstens ganze Arbeit. Derartige Anträge können wir nicht annehmen. Auch in Essen ist in die Resolution aufge- nommen worden, daß Beschränkung der Gastwirtschaft sowie deS Spirituosenverkaufs den Alkoholmißbrauch nur aus der Oesfent« lichkeit der WirtSstube in die Heimlichkeit der Wohnung treiben würde.(Lebhaftes Sehr wahrl) Getrunken würde nicht weniger werden, aber nicht öffentlich, sondern heimlich..(Sehr richtig!) Das gleiche ist einzuwenden gegen die Forderung, daß das Animierkneipenwesen verboten wird. Was geht da? überhaupt die Gemeinde cm? Die Gemeinde hat kein Recht, ein' solche» Verbot .auszusprechen. Außerdem ist ja das Animieren heute bereits polizeilich verboten. Wir müssen auch hier die sozialen Ur� fachen untersuchen und müssen uns darüber klar sein, daß das Animieren weiter nichts ist als eine Vorstufe zur Prostitution. Würde man die Kellnerinnen dahin bringen, daß sie mehr Selbst-' bewußtsein und mehr Klassenbewußtsein haben, würde man sie an- ständig entlohnen, damit sie nicht auf die Trinkgelder angewiesen. sind, dann würde mit einem Male dem Auimierkneipenwesen ein Ende gemacht sein. Bis dahin helfen aber alle polizeilichen Ver- böte nichts. Von der„Gewerkschaft", dem Organ der Gemeinde- und Staatsarbeuer, ist die Forderung erhoben worden, die Verabsol- gung von Tee, Kaffee, Selter usw. an die Arbeiter in gesundheits-, gefährlichen Betrieben in das Programm aufzunehmen. Die For- derung ist gewiß berechtigt, aber sie ist viel zu detailliert. als daß sie in ein Programm hineingehört. Die Gemeindearbeitcr sollen sich diese Forderung erkämpfen, und unsere Vertreter in den Gemeindekörperschaften werden die städtischen Arbeiter in diesem Kampfe wirksam unterstütze». Weiter ist geltend gemacht worden, daß in dem Programm die Forderung nach sozialen Kommissionen fehlt. Ich habe mich' früher selbst für solche Kommissionen ins Zeug gelegt, ihre Ein- setzung sogar selbst beantragt. Aber ich bin froh, daß mein An- trag abgelehnt worden ist. Es hat sich in der Tat gezeigt, daß die „sozialen Kommissionen" weiter nichts sind als Verschlep- pungs- undBegräbniSko m Missionen?(Sher richtig!) Das mußte der Genosse, der in der„Magdeburger Volksstimme" die Errichtung solcher Kommissionen gefordert hat, selbst zugeben. Daß wir bei der Aufstellung der Listen für das Amt eines- Schöffen oder Geschworenen mitwirken, ist selbstverständlich. Wir müssen nur verstehen, in diese Kommissionen die geeigneten Genossen hineinzusendcn. In Berlin und Charlottenburg ist es einfach selbstverständlich, daß jeder, der von unseren Genossen vor» geschlagen wird, auch auf die Liste kommt. Wir stehen ja über- Haupt auf dem Standpunkte, daß olle Ausschüsse und Kommissionen paritätisch besetzt werden sollen. Um dies durchzusetzen. müssen wir die Macht unserer Gemeindevertreter verstärken. Wenn früher die Bourgeoisie«S grundsätzlich abgelehnt hat, Sozialdemo» kraten in bestimmte Kommissionen zu entsenden, so haben unsere Genossen eS verstanden, sich allmählich eine solche Achtung zu er- ringen, daß die Bourgeoisie es heute nicht mehr wagt, der Wahl von Genossen in Kommissumen oder Deputationen Widerstand zu leisten. Nun zu den einzelnen Punkten des Programms. Gegen die Einleitung ist kein Einspruch erhoben worden. Höchstens eine re- d a kt i o n e l l e Einwendung: daß wir nicht die sozialdeinokrati- schen Vertreter, sondern die sozialdemokratische Partei sagen sollen. Wir halten diesen Einwand für berechtigt und haben ihm berücksichtigt. Die Forderungen bezüglich der Verfassung sind die weitgehendsten; sie geben dem ganzen Programm sein Gepräge, und in ihnen kommt zum Ausdruck, daß toir eine ivirllich demo- krati s che Gemeindevertretung anstreben. Heute haben wir sie nirgends, selbst da nicht, wo scheinbar ein etwas freieres Wahlrecht besteht. Wir haben durchwegs einen Dualismus, nämlich M a g i- st rat und daneben: Stadtverordnetenversammlung. Das gitj namentlich für die sieben östlichen Provinzen. Der Magistrat ist die Obrigkeit, ja für Städte mit höchstens 2S00 Seelen kann sogar ein Bürgermeister mit zwei bis drei Schöffen an seine Stelle treten. Dann haben wir kein beschlußfaffendes Kollegium mehr, sondern die Geschäftsführung geht auf den Bürgermeister" über, in dessen Hand die ganze Macht vereinigt wird. In diesen Städten können nebenbei die Schöffen, die ja sonst nicht der Stadt- perordnctenversammlung angehören dürfen, auch Stadtverordnete sein. Eine strenge Trennung ist überhaupt nicht durchgeführt. Anders ist es in Nheinland-Westfalen. Dort ist der Bürger» Meister allein der Gemeindevorstand, ihm werden zwei oder mehrere Beigeordnet« zugesellt. Allerdings kann nach§ 66 der Rheinischen Städteordnung unter bestimmten Voraussetzungen auch eine kollegiale Verfassung eingeführt werden. Aber soweit mir bekannt, hat keine einzige Stadt davon Gebrauch gemacht. Noch anders ist es in Schleswig-Holstein ; dort steht die Städte» ordnung einen Magistrat und eine Stadtverordnetenversammlung vor, aber das Wahlversahren weicht erheblich von dem Verfahren in anderen preußischen Provinzen ab. Während in allen anderen Provinzen die Mitglieder des Magistrats aus indirekten Wahlen hervorgehen, d. h. von den Stadtverordneten gewählt werden, schreibt§ 31 der Schleswig-Holsteinischen Städteordnung vor, daß sämtliche Mitglieder von der wahlberechtigten Bürgerschaft in gleicher Weise wie es für die Stadtverordnetenversammlung vor- geschrieben ist, gewählt werde» sollen. Aber das Wahlrecht ist leiir unbeschränktes insofern, als die Wähler nicht stimmen können, für wen sie wollen, sondern ihnen drei KAididaten präsentier! werden! Die Versammlungen finden so statt, daß dir Beschlüsse' tn gemeinschaftlichen Sitzungen vom Magistrat und von den Stadtverordneten gesaßt werden, und zwar muß, wenn ein gemeinschaftlicher Beschluß zustande kommen soll, ein Beschluß der Stadtverordneten und des Magistrats vorliegen! Der Bürger-" mcister führt auch den Vorsitz in der gemeinschaftlichen Ver- sammlung. Aehnliche Bestimmungen kennt die Hannoversche Städteord- nung. Dort haben wir neben den Lürgervorsteherkollegien den Magistrat als Obrigkeit der Stadt. Die Wahl des Magistrats: erfolgt durch die vorhandenen MagistratSpcrsonen und eine gleiche Anzahl von B ü r ge r v o r st e he r n, wie die Stadtverordneten dort genannt werden. Der Magistrat kooptiert sich also ge- wissermaßen. ES kann aber auch bestimmt werden, daß die Wahl vom Magistrat und sämtlichen Bürgervorstehern in getrennten Sitzungen erfolgt. Wenn keine Einigung erzielt wird, bestimmt die staatliche Behörde, wer zu wählen se,. Eine Ausnahmestellung nimmt die Stadt Franlstirt a. Main ein. Dort ist zwar eine Wagistratsverfassung, aber der erste Bürgermeister wird nicht gewählt, ivcder von der Mrgerschast, noch von den Stadtverordneten, sondern er wird vom König ernannt! Und zwar werden dem König drei Kandidaten prüfen- t i e r t, und aus dielen ernennt er einen. Wenn ihm keiner paßt, dann ist das Präsentationsrecht erloschen, und er kann er- nennen, wen er will! Eine Ausnahme bildet Frankfurt auch insofern, als nur der Bürgermeister der Bestätigung bedarf,. während die MagistratSmitglieder n j ch t bestätigt werden müssen. � DaS ist für uns deshalb günstig, weil wir dadurch, wenn wir ein- mal die Mehrheit m der Stodtverordnetenversamm- lung bekommen, auch die Mehrheit im Magistrat erlangen können. DaS Wahlrecht ist überall ein mehr oder weniger plutokratischeS. Größtenteils herrscht das D r e> k l a s s« n s y st e in, daneben besteht noch die Möglichkeit, es durch OrtSstatut zu verschlechtern! In an» deren Städten herrscht ein Z e n s u s w a h l r e ch t. Von Gleichheit kann keine Rede sein, immer ist in einer oder der anderen Form der G e l d s a ck maßgebend. Dazu kommt, daß die Stimmabgabe uberall öffentlich ist. In Hannover ist die Möglichkeit gegeben, auch die geheime Stimmabgabe zu gebrauchen, indem es den Wählern überlassen ist, ob sie öffentlich oder geheini stimmen wollen.- Weitere Mängel bestehen darin.daß alle diejenigen, die mit irgend- welcher Steuer im Rückstände sind, ihr Wahlrecht verlieren, daß das A l t e r meist ziemlich hoch, daß die preußische Staatszugehörig- keit gefordert wiyd. daß die Frauen überhaupt kein Wahlrecht. haben und schließlich: daß fast überall das Privilegium der HauS- besitzer besteht, das heißt, daß ein Teil der Stadtverordneten Haus» tesitzer sein muß. Was das Selbstverwaltungsrecht betrifft, so brauche ich darüber- eigentlich nichts zu sagen. Wir haben eben keins, und alle die schönen Reden, die bei der Jubelfeier der Städteordnung gehalten wurden, tvaren nichts weiter als Phrasen. DaS Selbsttierwal»' tungsrecht muß erst erkämpft werden, und dieser Kamps kann nur gemeinsam geführt werden mit dem Kamps um das freie Wahlrecht in den Gemeinden wie für die gesetzgebenden Körper» schaften./
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