Wert die Aussagen dieser Zeugen sind, ist daraus zu ersehendaß die fraglichen Vorgänge sich abends in der Dunkelheit ab-spielten. Einen Angeklagten will ein Arbeitswilliger.am steifenHut" erkannt haben, die anderen an der Stimme. Dagegen habenunbeteiligte Zeugen die Angeklagten mit anderen Personen an ganzanderer Stelle um die fragliche Zeit gesehen. Nichtsdestowenigerkam das Gericht zur Verurteilung des einen Angeklagten zuK Tagen Gefängnis und Ueberweisung der anderen beidenan das Schwurgericht.Gegen einen Angeklagten, der in der Trunkenheit gegen seineVerhaftung protestierte und Widerstand leistete— er hatte einenOffizier und einen Füsilier beleidigt— wurden dreiMonat und eine Woche Gefängnis beantragt. Das Gericht erkannteauf sechs Monate eine WochelDrei Angeklagte müssen deswegen die Sünderbank betreten.weil sie in einem Varietö zu Eisleben zwei Arbeitswillige scherzhaft»starke Männer- nannten. Die Arbeitswilligen wollenauch bespuckt und beschimpft worden sein. Doch tratenvier Entlastungszeugen auf, die die Möglichkeit eines derartigen Verhaltens der Angeklagten bestreiten. Der Staatsanwalt Alsleben aus Halle beantragte gegen jeden sechsMonate Gefängnis. Zwei der Angeklagten erhielten vierMonate; auch der dritte Angeklagte, dem nichts nachgewiesenwerden konnte, erhielt drei Monate Gekängnisl Dabeiheißt es in der Begründung, eS sei den Angeklagten die Er«regung jener Zeit zugute gehalten I Den beleidigten HerrenArbeitswilligen wird obendrein Publikationsbefugnis zugesprochen— In einer folgenden Sache trat als Hauptbelastungszeugeein Arbeitswilliger auf, der auch schon vorher durch seinenAussage Arbeitskollegen ins Gefängnis gebracht hatte. ZweiFrauen sollten geschimpft und gespuckt haben, als Arbeitswilligevorüber gingen. Der famose Zeuge mußte jedoch auf ernstlichenVorhalt zugeben, daß er nur.Mundspitzen und Lippenbewegungengesehen habe I Auf dieses unsichere Zeugnis hin sprach das Gerichtdie Frauen frei. Ein Invalide jedoch, der SO Jahre im Dienstder Gewerlschafl gestanden, wurde zu SO M. G e l d st r a f e verurteilt, weil er seiner Empörung über das aufreizende Vorgehender Gendarmen in einigen an sich nicht beleidigenden WortenLuft gemacht hatte. Auch in diesen drei Fällen hatte der Staats-anwalt Gefängnisstrafen beantragt.Zum Schluß erfolgten noch Verurteilungen wegen Streikposten-stehenS. Drei Bergleute hatten in Hettstedt Streikposten gestanden.Ein Sergeant vom 66. Infanterieregiment fühlte das Bedürfnis,die Männer zun, Weitergrhen aufzufordern. AIS sie dem nicht so-fort folgten, wurden sie sistiert und vom SchöffengerichtHettstedt zu je 1 Woche Haft verurteilt. Das Berufungsgerichthielt je zehn Mark Geldstrafe für das geschilderte»Vergehen" fürausreichend.Die Justiz übt, wie man sieht, ein ganz enormes Stück Auf-klärungsarbeit für uns im Mansfeldischen. Die Opfer dieser Recht-sprechung mögen sich mit den, Gedanken trösten, daß mit ihrer Verurteilung der geistige und soziale Aufschwung ihrer Klassengenossenund Arbeitsbrüder eingeleitet wird.Der deutsch-portugisische Handelsvertrag.Die»Franks. Ztg." untersucht in einer Erörterung de» deutscheportugiesischen HandelSbvertrage», ob es für die deutsche Industrievorteilhafter ist. wenn der Reichstag den Bertrag annimmt oderwenn er ihn ablehnt und dadurch einen vertragslosen Zustand odergar einen Zollkrieg herbeiführt. DaS Blatt kommt zu folgendemErgebnis:»Bei Annahme des Vertrages würden wir wenigstens, so un-günstig die Sätze an sich find, mit den anderen Ländern auf gleicherBasis marschieren, da ja alle diesen gewährten Borteile infolge derMeistbegünstigung auch uns zugute kamen. Das ist das Haupt«argument, das trotz aller Bedenken für eine schließliche Annahmedes Vertrages spricht. Ob es aber bei der herrschenden Stimmung imReichstag und in der Bevölkerung durchdringen wird, ist noch sehrzweifelhaft. Und Portugal hat allen Anlaß, dieser StimmungRechnung zu tragen. Denn ein Zollkrieg würde seinen Exportnach Deutschland in ganz dem gleichen Maße schädigen wie denunserigen. nur daß eS auf diesen Export, besonder« für feineWeine, und zugleich auf die Zolleinnahmen aus den deutschenWaren in ungleich höherem Maße angewiesen ist. Daraus er-klärt eS sich, daß man in ernsten Lissaboner Kreisen offenbareifrig bemüht ist, Portugal selbst auch im jetzigen Stadium noch zueiner Milderung des Vertrages zu veranlassen. Wiederholt wirduns berichtet, daß man in Lisiabon auf Schritte Deutschlands nachdieser Richtung durchaus gefaßt ist und daß eine wohl»wollende Revision der beiden T a r t f t a b e llenvielleicht doch noch ermöglicht werden könnte,wenn Deutschland darauf dringt. Hier ist der Weg, dendie deutsche Regierung jedenfalls nicht unversucht lastendürfte. Der Reichstag selbst kann den Vertrag nur annehmen oder ab-lehnen, nicht ihn ändern. Aber eS ist klar, daß eine Annahme nurdurchzusetzen sein wird, wenn die Regierung den klaren Nachweisführen kann, daß bessere Bedingungen unter keinen Umständenmehr erreicht werden können. Neue Verhandlungen mögen derRegierung unangenehm sei». Aber personliche Empfindlichkeitendürfen keine Rolle spielen, wenn ernste Interessen wichttger Er-werbskreise aus dem Spiele stehen."AuS dem sächsischen Landtag.In der Ersten Kammer des sächsischen Landtage» war heute,Mittwoch, ein sogenannter großer Tag. ES handelte sich um eineDemonsttation gegen die Schiffahrtsabgaben. Die Tribünen unddie MegierungStifche waren überfüllt. Sämtliche Minister warenanwesend. Der Geheimrat Prof. Wach, Leipzig, behandeltedas Thema in einer längeren, ziemlich scharf gegen Preußen ge-richteten Rede, er bezeichnete alle Meldungen der Presse über dieschwankende Haltung der sächsischen Regierung in der Frage derSchiffahrtsabgaben nach seinen Informationen als durchaus un-richtig. Zum Schluß seiner Rede sagte er:»Recht muß Rechtbleiben, ob es sich um kleine Beträge oder um Milliarden handelt."Eine Debatte knüpfte sich nicht an diese Rede.Für die preußische Wahlrechtsreformfand am Dienstag in Magdeburg noch eine glänzendeDemonstrationsversammlung statt. Wohl viertausend Besucherwaren erschienen und viele Hunderte fanden keinen Einlaß. Dersächsische Landtagsabgeordnete Genoste Drescher und der badischeLandtags- und Reichstagsabgeordnete Genoste Geck sprachen überdie Bedeutung des preußischen Wahlrcchtskampfes für die übrigenEinzelstaaten des Reiches. In der Versammlung herrschte eine be-geisterte Stimmung. Mit dem Absingen einer preußischenWahlrechtSmarseillaise, die zum ersten Male gesungenwurde, fand die eindrucksvolle Versammlung ihr Ende. Die Polizeihatte zwar zur.Aufrechterhaltung der Ordnung' eine größere An-zahl Schutzleute aufgeboten, verhielt sich im übrigen aber zurück-haltend. �In unseren Berichten über die DemonsirationSdersammlungeude? Sonntags ist»och nachzutragen, daß in O b e r f ch I e f i e n vierstark besuchte Volksversammlungen stattfanden, die in K a t t o w i tz.Königshütte, Zabrze und Zaborze tagten.— DerDruckfehlerteufel hat die Versammlung zu Frankfurt a. O. vonnur 100 Demonstranten besuchen lassen; die Zahl muß natürlich1000 heißen._Die Sozialdemokratie und der sächsische Kultusetat.Dresden, 18. Januar.Heute wurde in der Zweiten Kammer der KultuSetat verhandelt.Dabei legte Genoste Uhlig kurz die Forderungen der Sozial-demokratie zur V o l k s s ch u l r e f o r m dar und unterzog gleich-zeitig die Sparpolitik auf Kosten der Volksschulen einer scharfenKrilik. In Sachsen sei in Wirklichkeit der Finanzminister der eigent-liche Kultusminister. Kräftig geißelte der sozialdemokratische Rednerdie Begünstigung der Kirchen, die er treffend als Schutz-ge meinschaft für die Interessen der herrschendenKlassen kennzeichnete. Ebenso scharfe Kritik übte er andem Religionsunterricht in der Volksschule, derbeseitigt werden müßte. Da hielt eS der Führer der National-liberalen, Abg. Hettner, für angebracht, dem Kultusminister bei-zuspringen. Echt nationalliberal erklärte er, am Religionsunterrichtdürfe nicht gerüttelt werden. Dann räsonnierte er auf die«sozial-demokratischen" Jugendvereine, durch die Haß und Zwietrachtunter die jungen Leute getragen werde. Es sei durchaus inder Ordnung, wenn die Behörde dagegen vorgehe.Diesen Scharfmacher fertigte Genosse Keimling kurz ab,indem er die Ziele der sozialdemokratischen Jugendbewegung kurzdarlegte, wobei er betonte, die Sozialdemokratie werde es sich nichtnehmen lasten, der Jugend ihre Ideale einzupflanzen.Dann besprach er eingehend den Versuch zur Errichtung einerTendenz Professur in Leipzig. Das Verhalten dessächsischen Kultusministers, der das Angebot nicht entrüstet zurückgelviesen, sondern der Fakultät der Universität überwiesen habe, seinicht daran schuld, daß der Universität die Errichtung der TendenzProfessur nach dem Geschmack der Scharfmacher erspart blieb.Nach diesen Ausführungen erhob sich sofort der Kultus-m i n i st e r Dr. Beck, um erst eine zwar lange, doch leere Abwehrgegen die Ausführungen deS Genosten Uhlig zu versuchen. InSachen der Tendenzprofessur meint der Minister ganz korrekt ver-fahren zu sein, da er das Schreiben der Vereinigung für exakteWirtschastsforschung, die den Professor Ehrenberg an d,e UniversitätLeipzig bringen wollte, nur aus Höflichkeit an die Fakultät gegebenhabe und um die Sache loszuwerden. Das sei auch sei» Beweg-grund gewesen, als er dem Verein nach der Ablehnung der Fakultätriet, sich an die Handelshochschule zu wenden.Die weitere Debatte brachte noch eine Abrechnung des GenostenUhlig mit dem Kultusminister und eine Rede des konservativentustizrats Spieß, der sich weidlich über die„religionsfeindlicheozialdemokratie' entrüstete.— Die sozialdemokratischen Abgeordneten bewilligten zwar dem Kultusminister das Gehalt, stimmtenaber natürlich gegen die Zuwendungen für die evangelischen undkatholischen Kirchen.»Die sächsische Regierung erläßt im»Dresdener Journal" eineErklärung, worin sie sagt, daß eine in einem auswärtigen Blattesgemeint ist der„Vorwärts") enthaltene Mitteilung, es sei auf Be-fragen eines sozialdemokratischen Abgeordneten bei der Beratungüber den Arbeitslosenantrag zutage getreten, daß im sächsischenMinisterium das, ReichSarbeitsblatt" nicht gehalten werde,insofern unzutreffend sei, als sich diese Auskunft nur auf dieständische Bibliothek bezogen habe. Im Ministerium halteman das Blatt nicht nur in mehreren Exemplaren, eS werde auchan die Kreishauptmannschaften weitergegeben.Eitte verunglückte Attacke gegen die SozialdemokratieDresden, IS. Januar.Als in der Zweiten Kammer des sächsischen Landtagsam Mittwoch über das Kapitel Sicherheitspol i z e i beratenwurde, konnte es der konservative Landrichter Dr. Mengler au«Freiberg als Berichterstatter der Finanzdeputation nicht unterlassen,die Sozialdemokratie anzurempeln. Wie eS seine Aufgabe war,teilte er zunächst mit. daß die fünf Sozialdemokraten in der Finanzdeputation gegen das Kapital gestimmt hätten, fügte dem aberhinzu, sie hätten es getan, um ihrer staatsfeindlichene s i n n u n g Ausdruck zu verleihen. Genosse S i n d e rmann rügte scharf, daß der Berichterstatter, statt den Sachverhalt objektiv darzustellen, die Sozialdemokratie angegriffen habe.Der Herr suchte sich in höchst ungeschickter Weise zu verteidigen, aberalle Parteien wandten sich schließlich gegen ihn bezw. gegen denMißbrauch der Berichterstatieriäligkeit. Auch der Vorsitzende derDeputatton, der konservative Agrarier Dr. Hähnel ließ seinen GesinnungSgenossen fallen und erklärte, daß ein solches Verfahren biS>her nicht üblich gewesen sei und nicht wieder vorkommen solle. Wieein begossener Pudel, von Spottrufen und Gelächter verfolgt, schlichder reaktionäre Heißsporn schließlich von der Berichterstattertribüne.Verkauft.Wiederholt haben wir mitgeteilt, daß das BibliographischeInstitut sMeyrr) in Leipzig sich mtt der Absicht trage, die Ripplersche„Täglifche Rundschau" zu verkaufen. Jetzt hat das Institut seinenPlan ausgeführt. Wie daS Blatt auf der ersten Seite seiner heutigenMorgennummer anzeigt, ist es in den Besitz der VerlagsfirmaHempel u. Co. übergegangest, die feierlichst ankündigt:„Haltungund Richtung der„Täglichen Rundschau' werden durch diesen BesitzeWechsel m keiner Weise berührt."Hoffentlich bestätigt die Erfahrung der nächsten Jahre diese An>kündigung; denn eS wäre schade, wenn dieses beste der heutigenpolitischen Witzblätter so plötzlich aus der deutschen Presse ver«schwände._Der neue amerikanische Zolltarif und die deutscheGrenzsperre.Der Wirtschaftliche Ausschuß verhandelt zurzeit in Berlin überdie deutsch-amerikanischen Zollverhältnisse. Amerika vertritt denStandpunkt, daß die amerikanischen Erzeugnisse bei der Einfuhr nachDeutschland mit besonderer Rigorosität behandelt werden. Nament-lich gilt dies bezüglich der Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren.Der Wirtschaftliche ÄuSschuß wird nun zwar über den Handels-vertrag gehört, die Fleischfrage soll aber seiner Beschluß-fassung entzogen werden, und zwar angeblich deshalb, weileS sich hier um eine Frage der SanitätS- und Veterinärgesetzgebimghandelt. In Wirklichkeit fürchtet offenbar die Regierung, daß derWirtschaftliche Ausschuß, wenn ihm die Fleischfrage zur Aeußerung vor-gelegt werden sollte, sich für eine Erleichterung der Einfuhr erkläreniönnte. Die Agrarier sind im Wirtschaftlichen AnSschnß in derMinorität. Unter diesen Umständen wäre eS bester gewesen, wennman den Wirtschaftlichen Ausschuß gar nicht erst bemüht hätte,andern die Angelegenheit einfach dem Bund der Landwirte zurBegutachtung überwiesen hätte. Allein Anscheine nach wird man,egen die Fleischeinfuhr auS Amerika ivieder eine ganze Mengeanitärer Bedenken geltend machen. Die agrarische Gesetzgebung.die dem deutschen Handel und der Industrie schon so schwere Wundengeschlagen hat, soll auf alle Fälle fortgesetzt werden. Wenn demWirtschaftlichen Ausschuß in so schwer wiegenden Dingen keinerleiEinfluß eingeräumt wird, dann bildet er nur ein Dekorationsstück,das ganz entbehrt werden könnte.Staatliche Mustertvirtschaft?In dem Prozeß gegen die Gladbecker Kastendiebe, die bekannt-lich aus der Kaste der Gladbecker Berginspektton 270 000 M. gestohlenhaben und dafür zu mehrjährigen Zuchthausstrafen von der Strafkammer in Essen verurteilt worden sind, kamen allerlei Dinge zurSprache, die ein eigenartiges Licht auf die dortige Berginspekttoniverseu. Auf die Frage des Borfitzeudeii au den tzauptangellagtenMaschinensteiger Heinrich Neuß, welche Motive ihn zu demDiebstahl verleitet hätten, erklärte dieser, daß es zunächst dieVerzögerung und der knauserige Ausfall der Besoldungsordnungin Verbindung mit dem Umstand gewesen seien, daß auf deranderen Seite das Geld haufenweise zum Fenster hinausgeworfenwerde. Ihm sei z. B. bekannt geworden, daß bei einem Koloniebaueinem Bauunternehmer angedeutet sei, er möge seine Offerte zurück-ziehen und 20 000 M. höher ansetzen. Ferner habe auch der Um-stand des mangelhaften Wachdienstes, der den Diebstahl sehr leichtgemacht, mitgewirkt. Die Schlüssel zu den Geldschränken hätten bei-spielsweise längere Zeit unbeaufsichtigt im Telephonzimmer auf demTisch gelegen. Zugleich kam zur Sprache, daß der Nachtwächter, umein Gewehr vom Förster für den Direktor zu holen, die ganze Nachtvon 10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens keinen Wachdienst getan habe.Interessant ist auch, daß bei der Haussuchung, die beimMaschinensteiger Heinrich Neuß stattfand, ein Zettel gefunden wurde,aus dem hervorgeht, daß Neuß von einem Zeckienlieferanten in Ober-hausen 600 M. erhalten hat. Der Lieferant hat angegeben, eshandele sich um ein„Darlehn". Eine recht unwahrscheinliche Aus-sage, denn Neuß besitzt ein Sparkastenguthaben und flüssige Bar-mittel._Paritätische öffentliche Arbeitsnachweise.Im Abgeordnetenhause ist von einer Reihe freisinniger Mit-glieder ein für die weitere EntWickelung deS öffentlichen Arbeitsnachweises bedeutsamer Antrag eingebracht worden. Die Regierungsoll ersucht werden:1. bis zur nächstjährigen Etatsberatung einen Bericht über denStand der Organisation des öffentlichen Arbeitsnachweises inPreußen zu geben,2. die Bestrebungen zur Ausdehnung des allgemeinen öffent-lichen Arbeitsnachweises von den großen Städten aus diekleineren Städte und das flache Land durch Organisationöffentlicher, an keine einseitige Berufsorganisation weder derArbeitgeber noch der Arbeitnehmer angeschlossene Arbeits-nachweisverbände zu unterstützen und durch weitere Geldmittelzu fördern._Veränderungen im Reichsschatzamt.Der Unterstaatssekretär im Reichsschatzamt. Wirkl. Geh. RatTwele, der schon seit mehreren Monaten wegen schweren körperlichenLeidens beurlaubt war, hat um Enthebung von seinem Amte nach-gesucht. Daraufhin ist er unter Verleihung des Kronenordens ersterKlasse zur Disposition gestellt worden. An seiner Stelle ist derDirektor im ReichSschatzamt, Kühn, zum Unterstaatssekretär ernanntund in die dadurch freigewordene Dircktorstelle der bisherige GeheimeOberregierungsrat Herz eingerückt.frsukreicb.Die Schuldebatte.Paris, 18. Januar. Zum Schluß seiner Rede führte der Unter»richtsminister au«, nicht die Laien, chule, sondern der„freie Unterricht" sei tendenziös. Der Familienvater müsse den freien Unter«richt wählen, wolle er nicht, so bedrohe ihn der Pfarrermit elviger Verdammnis und es leide sein guter Ruf inden Kreisen der Klerikalgesinnten. Der Staat müsse sich mit demUnterricht der Kinder, der zukünftigen Bürger, befassen, die Republikmüste sich verleidigen. Zu dieser Verteidigung werden wir neueWaffen fordern. Alle Republikaner, die sonst in mancher Beziehunggeteilte Anschauungen hätten, seien in der Verteidigung derL a i e n s ch u l e einig. Die republikanische Regierung muß fort-fahren, den Frieden in, Innern des Landes und die Sicherheit derRepublik zu schützen.(Lebhafter Beifall links.)Die neuen Zollerhöhungen.Paris, 19. Januar. Aus Anlaß der b e l g i s ch e n Beschwerdenüber die französischen Zollerhöhungcn erklärte derHandelsmini st er einem Berichterstatter, er halte diese Klagenfür unbegründet und übertrieben. Ueber das von der französischenKammer angenommene Gesetz betreffend die Besteuerung derausländische Arbeiter beschäftigenden Unternehmer, dasin Belgien besondere Erregung hervorgerufen habe, könne er nursagen, daß dieses Gesetz entgegen der Ansicht der Regierung votiertsei und daß er im Senat dessen Ablehnung verlangen werbe.Spanien.Verfolgte„Anarchisten".Big», 19. Januar. Dreißig Anarchisten, die infolge derErmordung des Sekretärs des Polizeipräfekten auS Argen-tinienauSgewiesen waren, sind hier bei ihrer Ankunft fest-genommen und ins Gefängnis gesetzt worden.Eingestelltes Verfahren.Madrid, 19. Januar. Der mit der Untersuchung gegen den derTeilnahme an den Unruhen im Juli beschuldigten republikanischci,Senator S o l y O r t eg a beauftragte Untersuchungsrichter hatverfügt, daß das Verfahren wegen Mangels an Beweisen eingu.stellen sei.Kußlanck.Die Antialkoholbewegung.Petersburg, 19. Januar. Infolge des an den Finanzministergerichteten Borwurf», baß da» Finanzministermm den g e h e i m e nranntweinhandel unter st ütze, verließen die Ver-treter des Finanzministeriums bie letzte Sitzung des zurzeit hiertagenden„AntialkoholkongresfeS". Der Redner. RechtsanwaltBorod in, hatte ziffernmäßig nachgewiesen, daß die Aufsicht überden Geheimhandel mit Branntwein von 43 auf 8 Proz. gesunkenist und statistisch nachgewiesen, daß die Petition der Dorfbewohner,keine Branntweinbuden zu eröffnen, vom Ministerium un-berücksichtigt gekästen werden.Die Korruption.Petersburg, 19. Januar. In Erwartung der Senatorenrevisiondes Wegebauministeriums sind seitens des Ministers Ruchloff kleineRevisionen angeordnet worden, die ein überraschendesResultat gezeitigt haben. Die hierzu ernannte Kommission hatbereits festgestellt, daß das Wirtschaftsdepartement des Ministe»riums, dem der Wirkl. Staatsrat Kokowzoff, ein entfernterVerwandter des Finanzministers, vorsteht, in sehr engen Beziehun-gtn zu den Kohlenlieferanten stche. Dank diesem Um-stände wurden letztere immer von den Konkurrenzpreisen recht-zeitig in Kenntnis gesetzt, was sie zu ihrem Nutzen ausnutzten.Es soll sich um ganz kolossale Summen handeln, welche derStaat indirekt verloren hat.Jugencibewegimg.Der Polizcikampf gegen die Jugendlichen.Bekanntlich ist die Bres lauer freie Juq en d o rg ant-tion polizeilich aufgelöst worden. Ein Gerichtsurteil, dasAuflösung bestätigte, ist indes noch nicht rechtskräftig. In Wirk-lichkeit aber bestand die„Jugendorganisation" bei ihrer„Auflösung-schön nicht mehr, sondern hatte gemäß dem letzten ParteitagSbeschlußeiner veränderten Organiiationsform Platz gemacht. Gegen dieügendbewegung überhaupt richtet sich nun der polizeiliche Eifer.Zahlreiche Jugendliche, die„verdächtig" waren, wurden polizeilichvorgeladen. Man suchte sie dort sogar zu Aussagen zu veraulassoiidurch die Ankündigung, man werde sich eventuell an denArbeitgeber wenden.(IjWas für ein Verbrechen die Polizei wittert, läßt sich noch nichtsagen.