germanischer Treue, voll Anhänglichkeit dem Jubilar Heilruf ent»gcgenbringeii."Diese Worte paßten dem gleichfalls anlvesenden preichischenGesandten am badischen Hofe Herrn v. Eisendecher nicht. Er sprachdem neben ihm sitzenden Oberbürgermeister von Karlsruhe seinBedauern aus, datz diese Angriffe gefallen seien, und betonte, datzer sich gezwungen sehe, eine Feier, bei der derartige Angriffe auden von ihm vertretenen Bundesstaat Preußen erhoben werden, zuverlassen. Darauf verließ er ostentativ den Saal.'Gekattowitzt.Nach einer Meldung der„F r a n k f u r t e r Z e i t u n g",die von„gut unterrichteter Seite" stammen soll, ist die De-Mission, die der Gouverneur von Südwestafrika, vonSchuckmann, infolge seines Konflikts mit Herrneingereicht hat, angenommen worden.Zurück zum Kulturkampf.Im Zentrum ist man zurzeit eifrig bemüht, die alte Kultur-kampsstimmung aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhundertsaufzufrischen. Da die Artikel der Zemrumspresse dazu nicht genügen.soll demnächst, wie die„Köln. Bolksztg." ankündigt, eine„für denGebrauch politischer Kreise und namentlich der heranwachsendenJugend geeignete" kürzere Darstellung erscheinen, die über den Kultur-kämpf orientiert und die Erinnerung an jene Zeit wachhält.„Nach allen Seiten hin", so meint das klerikale Kölner Blatt,„ist eS erwünscht, die Erinnerung an jene Tage nicht ver«schwinden zu lassen. Die ausführliche Darstellung in deinBrück-Kißlingschen Werke, Geschichte der katholischen Kirche inDeutschland im lg. Jahrhundert, kann dem vorhandenen Bedürfnisnicht vollauf gerecht werden, weil es sich zur Massen-Verbreitung nicht eignet. Vesser kann diesem Zweckedienen ein Sonderabzug zweier Artikel aus der jüngsten ldritten)Auflage deS Staatslexikons der GörrcSgesellschast, welcher soebenbei Herder in Freiburg erschiene» ist. Er trägt den Titel: Diekirchenpolitischen Kämpfe in Preußen gegen die katholischeKirche, insbesondere der große Kulturkampf der Jahre 1871—1837.Er vereinigt die Artikel deS StaatSlexikonS von Dr. Jul. Bachemüber die preußische Kirchenpolitii und von Dr. Karl Bachem überden Kulturkampf, die sich gegenseitig vortrefflich ergänzen und so einzusammenhängendes Bild einer der wichtigsten Seiten unseresinnerstaatlichen LebeilS geben. Namentlich die Leiter und Mitgliederder Windthorstbunde seien auf das Werkchen aufmerksam gemacht,da es ihnen ein vortreffliches Hilfsmittel fürihre Aufklärungsarbeit bietet. ES ist heute wirklichunmöglich, unsere gegenivärtigen staatlichen Verhältnisse zu verstehen,wen» man nicht die gegenseitige Stellung von Staat und Kirche imAuge behält, wie sie sich ans dem Kulturkampf herausgebildet hat."Das Zentrum ist zlvar interkonfessionell, aber seine Leiter wissenganz genau, daß eS kein besseres Mittel gibt, um einen großen Teilder wankenden Zentrumstruppen bei der alten Fahne zurückzuhalten,als die katholische Kirche für gefährdet zu erklären, die Erinnerungan die Kämpfe der siebziger Jahre wieder wachznrufen und zugleichdas Zentrum als die einzige Verteidigerin der verfolgten duldendenKirche hinzustellen._Gibt Amerika nach VDer offiziöse Draht verbreitet jetzt täglich Nachrichten aus denVereinigten Staaten von Amerika, nach denen es scheinen könnte.als seien bereits alle Schwierigkeiten hinweggerämnt, die bisherdie amerikanische Regierung dazu bestimmten, Deutschland den neuenMinnnal-Zolltarif vorzuenthalten. So wird aus Washington ge-meldet, daß, wie verlautet, die Regierung der Vereinigten Staatendas deutsche Einfuhrverbot gegen amerikanisches Schlachtvieh bei derEntscheidung der Frage, ob Deutschland der Minimaltarif zu be»willigen sei, außer Betracht lasten wird. Ist diese Meldung richtig,so wäre dem Deutschen Reiche damit eine Stellung unter den Staatengesichert, die von der Löprozentigen Zollerhöhung, die nach demLI. März eintreten wird, ausgenommen sind.Und in einem Telegramm aus New Dork heißt eS:„DaS„Journal of Commerce" schreibt in einem Leitartikel,das deutsche Fleischgesctz habe keine so direkte Beziehung zurTarifsrage, um eS zu rechtfertigen, daß Amerika auf seiner Aende-rung als Bedingung für die Einräumung der Minimalsäye be-harre. Die Vorenthaltung der Minimalsätze würde eine schwereSchädigung des deutjch-ainerikaiiiichen Handels mit sich bringenund erschiene überdies angesichts der in Amerika herrschenden Be-wegung gegen die Fleischpreise lächerlich."Die Knltura»»fgaben leiden in Prenften nicht.Vor der Posener Strafkammer hatte sich der VolksschullehrerKüßner wegen Ueberschreitung des ZüchtigungSrechtcS zu verantworten. Ihm waren in der Schule zu Minikowo144 Kinder übergeben worden, die in zwei Abteilungen,vormittags und nachmittags, Unterricht hatten. Das war fürden Lehrer eine fortlaufende Kette von Ueberanslrengungen,unter denen auch schon seine Vorgänger, die jedes Jahr wcchjelle»,zu leiden hatten. Einer von den Vorgänger» wurde infolge derübermenschlichen Aifftrengungen schwindsüchtig, ein andererunheilbar g e i st e S k r a n k. Der Angeklagte fand bei seinem Amts-antritt die Schüler etwas vernachlässigt vor und versuchte, das Ver«säumte durch Prügel nachzuholen. Hierzu bediente er sich einesdicken, festen Fliederstockes, mit dem er u. a. eine geistig und körper-lich zurückgebliebene Schülerin dermaßen über Kopf, Arnieund Rücken schlug, daß sie vier Wochen lang den Armnicht bewegen konnte. Der Kreisschulinspektor bekundete zwar, daß derAngeklagte weit über das Maß des Erlaubten hinaus gezüchtigt habe.imd daß der Knüppel wohl in einen Ochsenstall gehöre, er fand aberkein Wort, um die Ueberfüllung der Schulen und die damit ver-bundene Ueberlastung der Lehrer gebührend zu kritisieren.Der Angeklagte, der die ungeheuere Ueberlastung als Ent-schuIdiglingSgrund anführte, wurde zu 40 M. Geldstrafe verurteilt.Er hat also weiter Gelegenheit, seine pädagogische Erziehungsmethodeanzuwenden, wenn die Regierung nicht Wandel schafft und einenzweiten Lehrer zu seiner Entlastung bestellt.Journalistische Bernfsehre.Am Mittwoch nachmittag gelangte vor dem Schöffengericht lVzu Hamburg ein BeleidigungZprozeß zur Verhandlung, dessen Drumund Dran„tief blicken läßt." Anknüpfend an einen Artikel der„Hamb. Nachrichten":„Hamburg ein Heine-Denkmal?", in dem i»der bekamiten Weise dieses ScharfmachcrblatteS Stellung genommenwurde gegen die„Entweihung" der von Heine so oft verspottetenHammonia durch Aufstellung eines solchen Denkmals, brachte das„Hamb. Echo" in seiner Nummer vom 31. Oktober eine Wochen-Plauderei, betitelt: Heine und Hübbe, Variante zum.Wintermärchen". Kaput XXXI. In Anlehnung an dieses bekannte Heine-gedichtwerden demRedakteurHübbe von den„H.Nachr." einige„duftige"Eigenschaften nachgesagt. Hübbe suhlte sich durch diese rein bildlichgemeinte Satire beleidigt und strengte gegen die Genossen K ö p k eals Verantwortlichen und Stengele als mutmaßlichen Verfasserder Plauderei eine Beleidigungsklage an. Der Privatkläger be-hauptete vor Gericht, eS sei notorisch, daß Stengele der Verfassersei. Stengele erwiderte, er müffe das Redaktionsgeheimnis wahren,es sei njcht journalistischer Brauch, daß ein Redakteur den anderenwegen Beleidigung verklage. Der Vorsitzende, AmtsrichterDr. Behrens, ein junger Richter, meinte,„man erkenneden Verfasser am Stil'. Beide Beklagte ver-langten von der Gegenseite den Beweis für die Autor«schaft des Gedichtes, das lediglich eine Satire sei undkeineswegs die Person des Klägers treffen wolle. Eine solcheBeweispflicht hielt das aus dem genannten Richter, eineinLandgerichtsrat a. D. und einem Kaufmann alsSchöffen besetzte Gericht für überflüssig. Wiederholt gab der Vor-sitzende seine subjektive Meinung zum besten. Beide Angeklagtewurden zu je 600 M. Geldstrafe oder 60 Tagen Gefängnis verurteilt.Das Schönste kommt jedoch noch. Begründend führte der Vor-sitzende nämlich aus: Der politische Kampf müsse in ritterlicherWeise geführt werden. Das hätten die Angeklagten aber nichtgetan, indem sie sich an das zynischeste Gedicht Heines angelehnthätten, um den Privatkläger in seiner persönlichen Ehre zu treffen.Nach Bekundung des Privatklägers, der Stengelean seinem Stil erkenne, sei dieser der Ver-fasser. Andere Leute seien derselben Meinung, ebenso das Ge-richt.„Wir haben die feste Ueberzeugung, daßStengele der Verfasser ist."Also Herr Hübbe von den„Hamburger Nachrichten", der fastin jeder Nummer seines Blattes GewerkschaitSführcr und Sozial-demokraten äußerst aggressiv und auch persönlich angreist, istKläger und glaubwürdiger Zeuge in einer Perfson.Mit dieser auf den Kopf gestellten Prozeßführung wird sichselbstverständlich die Berufungsinstanz näher zu beschäftigen haben.Die Verhandlung war auch noch nach einer anderen Richtunghin interessant. Um den Verfasser der Plauderei zu ermitteln,wollte der R e d a k t e u r Hübbe sogar das Zeugnis Zwangsverfahren auf andere Redakteure des„Echo" eingeleitet wissen.Die Betriebscinschränkuuge« in der Tabakindustrieals Folgen der Tabaksteuer mehren sich von Tag zu Tag. AuS demwestfälischen Gebiet werden wieder eine ganze Reihe von Zigarren-fabriken genannt, die ihren Betrieb zeitweilig oder auch gänzlichstillgelegt haben. AuS der umfangreichen Liste heben wir nur diefolgenden hervor:Die Firma Westel u. Wachtmann-OSnabrück läßt 40 Arbeiter aufunbestimmte Zeit feiern: desgleichen die Finna Buff in Preuß.Oldendorf 118 Arbeiter. Bei Belmer u. Blockhorn in Gehlenbeckmuffen vorläufig 130 Arbeiter drei Wochen aussetzen. Leonbardhu. Co.-Minden teilten ihren Arbeitern in Gehlenbeck mit. daß fienoch drei Wochen länger, also nunmehr sechs Wochen, aussetzenmuffen. Bracksiek u. Brüggemann-Bremen haben ihre sämtlichenFilialen im Kreise Lübbecke sechs Wochen lang geschloffen. ES werdendavon zirka 400 Arbeiter betroffen. 160 Arbeiter der Firma Schäferu. Hartjen-Bremc» müssen drei Wochen feiern.In Rehna, Ober- und Niederbecksen. Herford, Hüßen, Lemgo,Werfen usw. sind sehr viel Tabalarbeiter auf längere Zeit hinausarbeitslos geworden._Gemastregelte Nationalliberale.Die eigenartige Interpellation, die von den Nationalliberalenim Preußischen Landtage eingebracht worden ist, in der gefragtwird, ob eS der Regierung bekannt sei, daß in der Provinz Posennationalliberale Beamte gemaßregelt worden sind, hat begreiflichesAufsehen erregt. Daß selbst nationalliberale Beamte gemäß-regelt werden, erschien kaum glaubhaft. Ucber den Anlaß, derzur Einbringung der Resolution geführt hat, erfährt das„Ber-liner Tageblatt" folgendes:„Ein Gymnasialdirektor und einer seiner Professoren ineiner Stadt der Provinz Posen— Namen tun vorläufig janichts zur Sache— hatten sich unmittelbar nach Ablehnungder Erbschafssteuer im nationalliberalen Sinne öfsent-■ lich betätigt. Infolgedessen wurde zunächst der �Direktor adaudiendum verbum vor den Regierungspräsidentenzitiert. Die Sache soll indes etwas anders verlaufen sein, alseine hohe Behörde erwartet haben mag. Der Direktor soll demRegierungspräsidenten ungefähr erwidert haben:„Er ziehe esvor, zu gehen, um nicht gegangen zu werden; wenn erdraußen sei, werde er auf die Vorwürfe gegen ihn erwidern."Der aufrechte Mann ist in der Tat am 1. Oktober v. I. ausseinem Amte geschieden. Der Professor, der mit ihm in gleicherVerdammnis war, ist versetzt worden."Dieser neueste Streich der preußischen Bureaukratie stehtallerdings einzig da, denn der Direktor hat doch im Sinne derRegierung gehandelt, als er für die Erbschaftssteuer eintrat,wenn auch vielleicht nicht im Sinne des Regierungspräsidenten.Ueberdies scheint daS Spitzelwesen in Posen nicht bloß gegenPolen und Sozialdemokraten, sondern auch gegen Nationalliberaletätig zu sein. Wenigstens teilt ein Königsberger national-liberales Blatt mit, daß verschiedene Beamte in Posen an dennationalliberalen Parteisekretär die Bitte gerichtet haben, sich imbrieflichen Verkehr mit ihnen weißerKuvertS zu bedienen.Politik der Nadelstiche.Die Rheinische Zone des Deutschen Ga st Wirte»Verbandes hielt vor kurzem in Steele eine Vorstandssitzungab. In dieser wurde unter mck>erem aud) mitgeteilt, daß einemWirt in Mülheim a. d. Ruhr das Eingreifen in die Debatteauf dem Herbstzonentag zugunsten des Antrages, allen Ge-werkschaften und Parteien, also auch den freien Ge-werkschaften und der sozialdemokratischen Partei, die Säle zuVersammlungszwecken und Festlichkeiten zur Verfügung zu stellen,anscheinend von militärischer Seite in Mülheim ver-ü b e l t worden sei. Der Wirt hat nämlich die Nachricht erhalten,daß in diesem Jahre die ÄaisergeburtStagsfeier nicht in seinemLokale stattfinden könne, während bisher stets eine KompagniedeS in Mülheim garnisonierenden 160. Jnfanterie-Regiments dieFeier dort abgehalten habe. Die Mitglieder der Rheinischen Zonedes Deutschen Gasttvirteverbandcs und der Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien erblicken in dieser Absage an den Wirteine Matzregelung. Sie haben deshalb in einer gemein-samen Versammlung in Essen beschlossen, die Angelegenheit demKriegsminister zu unterbreiten. Die Maßnahme wird noch un-verständlicher, wenn man in Betracht zieht, daß in dem Lokal desbetreffenden Wirtes bisher noch keine Veranstaltungen von sozial-demokratischer Seite stattgefunden haben.—Italien.Verurteilte Wahlmogler.Rom, 24. Januar.(Eig. Ber.) Vor dem Appellationsgerichtvon B r e S c i a wurden soeben ein Notar, ein Polizeikommissar, einErzPriester und vier stellvertretende Pfarrer, sowie einige Notar-angestellte wegen Urkundenfälschung verurteilt, die sie durch Ein-tragung von Analphabeten in die Wahllisten begangen haben. Amgleichen Tage wurden wegen desselben Vergehens, in demselbenWahlkreis von Bozzolo ein anderer Notar und drei andere Priesterebenfalls verurteilt. Da versteht man doch, warum in Bozzolo derkonservative Kandidat den Sieg über den Genossen Aroldi davontrug.Norwegen.Denusi�u des radikale» KabiuettS.Kristiania, 27. Januar. Im heutigen Staatsrat überreichteMinisterpräsident K n u d s e n da« D e m i s s i o n S g e s u ch deS ge-wmten Kabinetts. Der König»ahm die Demission an und ersuchtedie Minister, bis auf weiteres die Geschäfte weiterzuführen. NachSchluß des Staatsrat? empfahl der Ministerpräsident dem Königauf dessen Anfrage, fich an den Führer der Rechten, Bratlje,wegen Neubildung deS Kabinetts zu wenden. DaS DemiffionSgesuchder Regierung wird mit dem Ausfall der letzten StorthingS-wählen begründet.foißlancl.Die Polizei.Ter bekannte Schriftsteller N. Rubakin beröffenilichkinteressante Angaben über die Stärke der russischen Polizei unddie Unsummen, die sie dem Volke kostet. Bei der letzten großenVolkszählung im Jahre 1807 wurden insgesamt 104 675 Polizistenund Gendarmen gezählt, die Spitzel und Provokateure natürlichnicht mit einbegriffen. Im Verlauf von 10 Jahren hat dieseZahl, wenn man nur die offiziellen Angaben berücksichtigt unddas zahlreiche Heer der Spitzel und Lockspitzel außer acht läßt.mehr als um das Doppelte zugenommen. Alsdie Agrarunruhen ausbrachen, wurde 1903 auf die AnregungPlehwes die Landpolizei enorm vermehrt. Wie aus dem Etatdes Ministeriums des Innern ersichtlich ist. wurden 1007 imEuropäischen Rußland allein mehr als 10 000 Landpolizeiwacht-meister und 47 000 Landpolizisten gezählt, die die„Beruhigungs-arbeit" auf dem flachen Lande ausübten. Ganz enorm sind dieAusgaben für die politische Geheimpolizei angewachsen.Nach den Angaben des Oktobristenführers Gutschkow in der Dumasind die Kredite für das Gendarmeriekorps, dem die obersteLeitung der Spitzelei und Lockspitzelei obliegt, in den letzten fünfJahren um 3 Millionen Rubel gestiegen. Welche enormenSummen der Polizeiapparat verschlingt, ist daraus ersichtlich,daß für daS Ministerium des Innern im Jahre 1003 insgesamt83'/-; Millionen Rubel bewilligt waren.Hinzuzufügen wäre noch, daß für die Lockspitzclei undSpionage im Inland« wie im Auslande ungeheure Summen bc-willigt werden. Interessante Daten darüber haben die Ent-hüllungen während der Asew- und Harting-Affäre und noch kürz-lich während des Falles Karpow gebracht. Außer der offiziellenKredite des Ministeriums des Innern gibt es noch für den Unter-halt der politischen Polizei im Aus- und Jnlande geheimeKorruption sfonds, über die seinerzeit Plehwe in einemgeheimen Memorandum an den Zaren(das 1905 im„Vorwärts"veröffentlicht wurde) interessante Aufschlüsse gegeben hat. Nichtzu vergessen endlich die Riesensnmmen, die die junkerlichen Land-schaftsversammlungen und vielerorts auch die Bourgeoisie in denletzten Jahren für die Verstärkung der Polizei aus öffentlichenund privaten Mitteln bewilligt haben.—Srieckenlanck.Eine neue Krise.Athen, 26. Januar. Um Mitternacht wurde der Pressemitgeteilt, datz die Negierung, da zwei Sitzungen derDeputicrtenkammer wegen Beschlutzunfähigkeit des Hauses ge-schloffen werden mutzten, die Absicht habe, ihreEntlassungzu nehmen.Wie die Blätter versichern, hält die Militärliga die Ein-berufungder Nationalversammlung für notwendig undhat in diesem Sinne Schritte bei den Parteiführern getan.Amerika.Für billige Nahrungsmittel.Washington, 26. Januar. Im Hinblick auf die allgemeinePreissteigerung brachte das Mitglied des KongressesSabbath eine Gesetzesvorlage ein, wonach die Einfuhr dernotwendigsten Nahrungsmittel zollfrei fein soll.Hua der Partei.Aufgerüttelt.In Brehna, einem Städtchen mit 2300 Einwohnern imBitterfelder Kreise nahe bei Halle a. S„ wurde am26. Januar ein Parteigenosse mit großer Mehrheit in die Stadt-verordnetenversammlung gewählt. Bisher vollzog sicki die Wahldort recht patriarchalisch. Im November erhielt unser Genosse6 Stimmen gegen 6 bürgerliche! Er hatte schon 26 Jahre imKollegium gesessen, aber setzt wandten die Gegner einen Trick an.Der Genosse war nicht Hausbesitzer, sein Mandat wurde deshalb iürungültig erklärt. Nun stellte sich aber heraus, daß die Bürgerlichenjemand gewählt hatten, der gar nicht die preußische Staats«angehörigkeit besaß! Es mußte Neuwahl angesetzt werden und hiertraten nun unsere Genossen mit 63 Mann an, während die Bürger»lichen ihre 6 behielten. Mit 6 Stimmen werden sich die Arbeiterwohl nicht wieder begnügen._Der Fall Fern vor der römischen Partrisektion.Rom, 24. Januar. Die römische Parteisektion hatte am AbenddeS 22. den Fall Fern auf ihre Tagesordnung gesetzt. Die Dis»kussion kam aber kaum über formale Erörterungen hinaus. EineTagesordnung Sabatini, die den einfachen Uebergang zur Tages«ordnung beschloß, wurde abgelehnt, worauf mit großer Mehrheit diefolgende Resolution De Divitiis angenommen wurde:„Die römische Parleisektion erkennt die Notwendigkeit an,über die moralische Bedeutung der politischen Haltung EnricoFern» zu beraten und schlüssig zu werden und beschließt, diesenausdrücklich zur nächsten Versammlung einzuladen."Weiter einigte man sich dahin, demnächst die Frage derTeilnahm ederSoziali st enan der Regierung zurDiSkussionzu st eilen._Gcmcindcwahlsicgc.In Ltammheim in Württemberg fand eine Ersatzwahl zumDürgerausschuß statt, bei der b e i d e sozialdemokratischenKandidaten gewählt wurden. Die Sozialdemokratie hatjetzt dort in den beiden Eemeindckollegien die Mehrheit.In G l i e S ni a r o d e im Braunschiveigischcn errangen unsereGenossen bei der Gcmeinderatswahl einen schönen Sieg.Zwei Genossen wurden als Vertreter der dritten Klassemit großer Majorität gewählt.Jugendbewegung.Pädagogen über den Polizeikampf gegen die Jugendbewegung.Zur Auflösung der„Freien Jugendorganisation Berlins undUmgegend" bringt„Die Fortbildungsschule", Beiblatt zur„Pädagogischen Zeitung", eine Notiz in ihrer Nummer 2vom 27. Januar 1010, in dem es zum Schlüsse heißt:„Die Fortbildungsschule, der die Jugendorganisation zwar ineinzelnen Fällen unbequem gewesen ist, erblickt in der Auflösungjedoch keine Förderung ihres Einflusses auf die Jugend. Sovielsteht fest, daß eine große Partei nicht daran gehindert werdenkann, ihren Einfluß ans die Jugend auch fernerhin auszuüben,wenn sie das will. Schlimmer ist aber, daß durch Unterdrückungder Organisation nunmehr in den Augen weiter Schichten derJugendlichen den Fiirsorgebcstrebungeu. die von der FortbildimgS«schule ausgehen, ein Stempel aufgedrückt wird, der diese so not-wendige Arbeit in Mißkredit bringen muß. ES wird nicht schwersein, einem Teil der gewerblich tätigen Jugend die Sache sodarzustellen, als handle es sich bei der Fortbildungsschule um Be»strebungen, die nur den Zweck hätten, die Jugend für bestimmtepolitische Anschauungen willig zu machen, um sie dadurch mitErfolg von der Beteiligung fernzuhalten. Dem rege gewordenenMißtraueii gegenüber werden die Versicheriiilgen wenig nutzen.daß die Fortbildungsschule mit allen ihren Einrichtungen völligauf neutralem Boden steht."Sehr richtig! ES ist ferner auch nicht zu befürchten, daß dieVeranstaltungen der Pflichtfortbildungsschulen die Erinnerung andie Veranstaltungen der„Freien Jugendorganisation' verdrängenwerden. Dazu langt's nicht l