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Die anderen Provinzen. Ueber dm Verlauf der großen Kundgebung im übrigen Preußen gingen uns die folgenden Privattelc g r a nl m e zu: Provinz Sachsen . Magdeburg . Im hiesigen Bezirk fanden 53 Versammlungen statt, darunter 20 unter freiem Himmel. In Neu Haldensleben und Aken war der Umzug polizeilich genehmigt worden. In Magdeburg selbst fanden neun sozialdemokratische und eine demokratische Ver- s a m m l u n g statt. Die Arbeitermassen gingen aber statt in die Versammlungen nach dem Kaiser-Wilhelm-Plab, wo sie die Wahl rcchtömarseillaise saugen. Nach kurzer Ansprache ergossen sich die Menschenmassen in die Hauptverkehrsstraße, den Brei- ten Weg, Hochrufe ausbringend und Arbeiter- lieber singend. Die Polizei verhielt sich durchaus zurück haltend, sie hatte nur einige Posten ausgestellt. Um 12 Uhr fanden die Versammlungen statt, und um 2 Uhr versammelten sich die Massen auf dem alten Markt vor dem R a t h a u s e, wo sie demonstrierten und die Marseillaise sangen. Die Zahl der Teilnehmer wird auf SVW) geschätzt. Halle n. S. Hier demonstrierte die Arbeiterschaft in m e h reren überfüllten Versammlungen. Das geplante Massenmeeting sowie sämtliche Versammlungen unter freiem Himniel waren verboten worden. Im grossen Garten und in den Sälen desVolksparks" waren etwa 9000 Personen versam melt. Die Versammlungen nahmen scharfe Resolutionen gegen die Schandwahlrechtslage an. Dann formierten sich die Demonstranten zu einem Zuge, der 12 000 �Personen umfaßte, und zogen durch die Stadt zum Schauplatz der Blutszene vom 13. Februar. Der Zug hielt musterhafte Ordnung. Kurz vor dem Rossplatz wurde der Zug durch ein massenhaftes Polizeiaufgebot aufgehalten und in die Nebenstraßen gedrängt. Die Polizei war wieder ziemlich nervös, doch kam zu keinem Einschreiten, da sich die Menge musterhaft verhielt. Ueberall war ein st arkes Polizeiaufgebot, so gar auf den Friedhöfen. In den Kasernen war Militär in Bereitschaft gehalten. Es wurden einige Per� so n e n verhaftet, darunter der Parteisekretär, Ge nosse R e i w a n d. Sonst ist alles ruhig verlaufen. Erfurt . Genosse R e i ß h a u s sprach in einer von über 1800 Personen besuchten Versammlung. Ein Umzug war ver boten worden. Infolgedessen fand ein Spaziergang der V e rs am m lu n gs tei lin eh m e r nach dem vornehmen Steigerviertel statt. Dort und vor der Wohnung des Reichstags- abgeordneten H a g e.m a n n wurden Hochrufe auf das freie Wahlrecht ausgebracht. Polizei und Gendarmen waren in größerer Anzahl aufgeboten als am 13. Februar. Berittene Artillerie»! an nschaften st an den ebenfalls in Bereitschaft. Die Haltung der Demonstranten war vorzüglich. Die Polizei war vollständig ratlos und in großer Aufregung, ver- hielt sich aber zurückhaltend. Die mitten in der Stadt gelegene Haupchost hatte eine Kompagnie Infanterie besetzt. Der Öberbürgermeister hatte einen Einschlag erlassen im Stile des Ber - liner Polizeipräsidenten. Besondere Zwischenfälle sind nicht be° kannt geworden. Suhl . Di: Versammlung war stark besucht. Die Teilnehmer, an 1000 Personen, veranstalteten eine Strahendemonstra- t i o n bis zum Markt. Nordhausen . An der Demonstrationsversammlung unter freiem Himmel nahmen 3000 Personen teil. Referent war Genosse Wiehle. Nach der Versammlung fand ein Demon- strationözug statt, der sich durch die Stadt bewegte. Auf dem Marktplatze wurde ein Hoch auf daS Wahlrecht ausgebracht. Polizei war nicht zu sehen, so daß Störungen nicht zu verzeichnen waren. Msihlhausen. Die Versammlung unter freiem Himmel vurde wegen angeblicher Gefährdung der Sicherheit p o l i z e i l c ch verboten. Mittags tagte eine Versamniluirg, die von 1500 Per- sonen besucht war. Zum Schluß wurde Trägers Wahlrechtslied gesungen. Danach fand ein Umzug statt, an dem sich 2000 Personen beteiligten. Er bewegte sich durch die Hauptstraßen nach dem Arbeiterviertel. Die Polizei verhielt sich ruhig. In Langensalza fand eine Versammlung mit 500, in Sömmerda «ine solche mit 800 Personen statt. Eilenburg . Hier fand eine großartige Demon st ratio» unter freiem Himmel statt, an der sich 2500 Personen be- teiligten. Schlesien . Görliff. Hier fand eine Demon st rationsversamm- lung unter freiem Himmel statt, die von ungefähr 5000 Personen besucht war. Drei Redner sprachen über den Wahlrechts- entwurf und dessen Verschandelung durch den Schnapsblock. Bor und nach der Bersaminlnng zog die Menge durch die Straßen. Die Polizei begleitete den Demonstrationszug, verhielt sich aber zurück- haltend. Auf dem größten Platz löste sich der Zug unter Hochrufen auf daS freie Wahlrecht auf. Altwasser. Im Waldenburger Grubenrevier tagte die e r st e Versammlung unter freiem Himmel; 7000 Personen nahmen daran teil. Referent war Genosse L ö b e. Die Polizei hielt sich zurück, so daß keine Zusammenstöße vor- kamen. Neichenbach(Sehl.). An der hiesigen Versammlung unter freiem Himmel nahmen etwa 600 Personen teil. Genosse L a n g° Langenbielau referierte. Die Stimmung war begeistert. LandZhut. Hier tagte eine stark besuchte Versam m- lung unter freiem Himmel. 300 Arbeiter und Arbeite- rinnen demonstrierten dann in der Stadt, indem sie Hoch- rufe auf das freie Wahlrecht ausbrachten, die Marseillaise und den Sozialistenmarsch sangen. MuSkau . Hier fand eine Versammlung unter freiem Himmel statt. Etwa 2000 Personen nahmen an ihr teil. Im Anschluß daran fand eine eindrucksvolle De man st ratio n statt. Die Polizei verhielt sich passiv. Ost- und Westpreußen . Königsberg -Pr. Auf dem Stein�amm und in der Hauptstrahe wurde den bürgerlichen Sonntagsspaziergängern um 3 Uhr eine Ueberraschung bereitet. 4000 Demonstranten mar- schierten auf und brachten Wahlrechtöhochs aus. �Dann zogen die Masfen durchs Stadtinnere an dem Schloß vorbei nach dem Parteilokal LudwigShof. Die Massen waren gekommen, ohne daß Versammlungen anberaumt waren waren. Der eindrucksvolle einstündige Zug wurde von der völlig konster- nierten Polizei in der Stadt nicht gestört. Erst kurz vor dem Ausgangstor kamen bei den Absperrungen einige Verhaf- tungen vor und es ritt die Polizei mit blankge- zogenem Säbel in die Menge hinein. Es sind keine Verletzungen zu verzeichnen. Danzig . Um 2 Uhr fand hier eine großartige Straßen- demon st ration trotz Verbots vom Langenmarkt zum Verfammlungslokal statt, di: mehrere Tausend Teilnehmer zählte. Die Polizei verhielt sich reserviert. Außer einigen Beleidigungen durch einige Beamte erfolgten keine Störungen. Pommern . Stettin . Zwei Versammlungen unter freiem Himmel auf öffentlichen Plätzen waren verboten worden. Statt ihrer wur- den drei Versammlungen in Lokalen abgehalten. Aus ihnen strömten nach Schluß 12 0 00 M u n s ch e n n a ch« i n e uc freien Platz außerhalb der Stadt und hielten dort im Freien ein Prote st Meeting ohne Polizei ab. Schleswig-Holstein . Altona . Die Demonstration in A l t o n a- O t t e n s e n nahm einen großartigen Verlauf. Die Versammlung fand vormittags ilVa Uhr im Freien auf einer großen Wiese statt, auf der auf Wagen vier Rednertribünen errichtet waren. Die Arbeiter- Massen kamen distriktweise unter Absingen von Frei- heitsliedern aus dem ganzen Studtgebiet an. Auf ein Zeichen begannen die Redner aller 4 Tribünen, die Genossen Karl Frohme , Thomas, Stubbe und H o f f m a n n zu den 30 000 Versammelten zu sprechen. Zum Schluß wurde ein brausendes Hoch auf das gleiche Wahlrecht ausgebracht. Dann schlössen sich die Massen wieder in zwei zwanglosen Zügen und zogen durch die Straßen von Altona -Ottensen . Die Polizei war sowohl vor der Versammlung, wie während derselben und nach derselben von der Straße fast ganz verschwunden, so daß eL zu keinerlei Reibereien kam. In Waudsbeck tagte eine Versammlung unter freiem Himmel, die eine ganz außerordentlich große Beteili- gung fand, ebenso in S ch i f f b e ck bei Wandsbeck. Kiel . Im Kieler Kreise fanden fünf Versammlungen statt. Die zwei in Kiel selbst waren von über 8000 Personen besucht. Das LokalWaldwiese" war überfüllt. Die Verlegung der Versammlung in den Garten wurde durch den Wirt ver- bindert! Die Polizei hatte ihn beeinflußt. Sie drohte im Falle der Verlegung mit Auflösung der Ber- sommlung. Nach Schluß zogen 8000 Personen in die Stadt über den Wilhelinsplcch. Vor dem Versammlungslokal hatten sich 1000 Transportarbeiter versammelt. Im Schützenpark wurde eine Ansprache gehalten, dann bewegte sich der Zug unter Hochrufen auf das freie Wahlrecht geschlossen nach der Waldwiese. Neumsiiister. Hier fand eine Versammlung unter freiem Himmel statt. Zwei Rednertribünen waren aufgestellt. Nach Schluß zogen 4000 Personen in mu st erhafte m, geschlosse- nem Zuge in die Stadt. Die Partei hatte Ordner gestellt. Die Polizei verhielt sich zurückhaltend. Hannover . .'.'cuinover. Dee Hannoverschen Genossen veranstalteten mit der Demokratischen Vereinigung eine großartige Demonstration im Wülfeler Biergarten, lieber 40 000 Personen nahmen daran teil. Fünf Redner sprachen. Dann marschierten die gewaltigen Massen durch die Haupt st ratze der Stadt. Militär und Polizei waren mobil gemacht. Da sich die Ordnuugshüter indes reserviert verhielten, ist alles in Ruhe und Ordnung verlaufen. Harburg . Hier fanden zwei große Versammlungen statt, die von ungefähr 4000 Personen besucht waren. Danach fand ein D e m o n st r a t i o n s z u g st a t t, an dem sich alle Versammlungs- besuche? beteiligten. Die Polizei verhielt sich reserviert. In Wilhelmsburg waren die beiden Versammlungen von über 1200 Personen besucht. Der Demonstrationszug mit über 800 Teilnehmern wurde nicht gestört. Geestemünde. Tie Ilnterweserorte hatten eine glänzende S t r a tz e n d e m o n st r a t i o n. Die Teilnehmer hatten sich vorher an drei Stellen dazu gesammelt. Im Anschluß daran fand eine Versammlung unter fr eiem Himmel statt. Viele Frauen waren unter den Besuchern. Die Polizei verhielt sich zurückhaltend. Die Teilnehmerzahl betrug 3000. Westfalen. Bielefeld . Auf dem riesigen Kaiser-Wilhelm-Platz, auf dem an Wochentagen das Jnfanteriebataillon seine Exerzitien abhält, hatten sich 18 000 Personen eingefunden. Von drei Wagentribünen herab redeten die Reichstagsabgeordneten N o s k e- Chemnitz, Severing- Bielefeld und Genosse S ch r e ck- Bielefeld. Die Aufrechterhaltmig der Ordnung war von der Polizei der Partei- leitung übertragen worden und so konnte die Demonstration ohne Zwischenfälle verlaufen. In Herford fand auf dem Visionplatze eine V e r s n m m- lung unter freiem Himmel statt, an der sich 2500 Per- sonen beteiligten. Auf dem alten Markt brach die Masse auf ihrem Zuge in begeisterte Hochrufe auf das freie Wahl- recht aus. Die Polizei verhielt sich reserviert. Die Versammlung in Bünde war von über 700 Personen besucht. Dann machten die Teilnehmer einen Spaziergang. Auf dem Marttplnh wurden die Demonstranten von den Goudarmen auseinandergejagt. Zwei berittene Knechte von dem königlichen Gestüt in Wahrendorf kamen zufällig durch die Stadt. Diese wurden von den Gendarmen angehalten und aufgefordert, die Menge auseinandertreiben zu helfen. Als der eine diesem Befehl nicht nachkam und weiterritt, wurde er von den Gendarmen v o m Pferde gezogen und geschlossen weggeschleppt. Der Volksmenge bemächtigte sich darob eine ungeheuere Aufregung. In Eupen waren über 400 P e r s o n e n in der Versammlung. Auch Vlotho hatte eine starkbesuchte Versammlung. In Minden war die Bersamnilung von 400 Personen besucht. Die Erlaubnis zur Abhaltung einer Versammlung im Freien war versagt worden. Die Versammlungsbesucher veranstalteten daher einen Spaziergang durch die Stadt. Bochum . Die Versammlung auf dem Schützenhof war von 6000 Personen besucht. Referent war Adolf Hoffmann - Berlin . Die Polizei suchte die Hauptstraße abzusperren. Die Menge durchbrach jedoch die Postenkette und strömte unter Hochrufen in die innere Stadt. Die Polizei und Gen- darmerie ging mit blanker Waffe vor. Die Gendarmen ritten mit gezogenem Säbel über den Biirgersteig. Mehrere Personen wurden verlebt. Die Zahl der Verletzten und Verhafteten st noch nicht bekannt. Die ganze Stadt war in Aufregung. Gelsenkirchen . Die Zahl der Teilnehmer an der Versammlung betrug A)00 Personen. Genosse Emme! referierte. Die Polizei sperrte die Hauptstraße ab, die Menge zog aber dennoch in die innere Stadt. Dortmund . Im Kreise Dortmund fanden zu Hörde zwei große Versammlungen statt. 10 000 Personen veran- stalteten eine imposante Straßendemon st ration. Die Polizei war zurückhaltend. In Castrop fand eine große Versammlung unter freiem Himmel statt. In Hagen sprachen die Genossen Ludwig und Landtags- abgeordneter S t r ö b e l- Berlin. Nach Schluß vereinigten sich die Massen zu einem Demonstrationszuge, dessen Teilnehmer auf über 4000 Personen geschätzt werden. Sie zogen in musterhafter Ordnung, die Marseillaise und Internationale singend, nach dem Emilienplatz, wo Parteisekretär Ludwig-Hagen noch eine kurze Ansprache hielt. Nach einem begeistert aufgenommenen H o ch auf das Wahlrecht löste sich der durch keinen Zwischenfall gestörte, musterhafte Zug auf. Die Polizei hatte in letzter Minute die Genehmigung zur Straßendemonstration erteilt. Herne . Die Demonstrationsversammlung war von über 1500 Personen besucht. Nach derselben fand ein Deinonstratiouszug statt, den die Polizei zerstreute. Mehrere Verhaftungen wurden vor- genommen. Rheinland . Essen. Die Wahlrechtsversammlung unter freiem Himmel, auf dem mitten in der Stadt gelegenen K e r n i n g S- platz wurde von reichlich 10 000 Personen besucht. Von vier Tri- bunen sprachen die Genossen Gemoll . Gewehr. Limbertz und Weyers. Die durch einen Chor des Arbeitersängerbundes eingeleitete Versammlung schloß mit dem Massengesang der Mar- seillaise. In wunderbarer Ruhe und Ordnung vollzog sich der An- und Abmarsch, da die Polizei keine Straßen abge- sperrt und kein besonderes Polizeiaufgebot gemacht hatte. Auch die Aufstellung bott 26 großen Mahlrechtsplakaken auf dem Versaiumluugsplatze hatte die Polizei g e st a t t e t. Duisburg . Hier sollte eine Demonstrationsversammlung auf dem Radfahrersportplatz stattfinden, wozu polizeiliche Ge- nehmigung erteilt war. Die E i s? n ba h nd e r» ivaltung als Besitzerin des Terrains wirkte aber derart auf den Pächter ein, daß dieser dringend bat, mau möchte ihn von seinem Worte entbinden, da er sonst wirtschaftlich ritiniert würde. Die Folge war, daß die Massen nun auf die Straße gingen. Es fanden dann drei überfüllte Versammlungen in Lokalen statt. Referenten waren: Robert S ch m i d t- Berlin und He n g s b a ch- Köln sowie von den Demokraten, die teilnahmen, der Parteisekretär Dr. N e st r i e b k e aus Köln . Nach den Ver- sammlungen fand dann ein Zug durch die Straßen nach dem Innern der Stadt statt, au dem sich 10 000 Personen beteiligten. Die Polizei verhielt sich vollständig ruhig. Infolge- dessen lief alles glatt ab. Krefeld . Hier referierten in zwei Versammlungen die Genossen Liebknecht und L i m b e r tz- Essen. Vor und nach den Ver- sammlungen veranstalteten 5000 Teilnehiiier Demonstrationen. Die Polizei war ziemlich zurückhaltend. Das Haus des Oberbürger- meisters war polizeilich bewacht und der Vorbeimarsch dort nicht gestattet. Düsseldorf . Die insApollotheater" einberufene Versamm- lung war von 6000 Personen besucht. Es mußten jedoch noch zwei weitere Versammlungen einberufen werden, die von 2000 Personen gefüllt waren. Während und nach den Ver- sammlungen fanden Straßen de monstrationen statt. Mehr als 20 000 Personen zogen am Ständehaus vorbei, wo der Provinziallandtag tagte, zum Hauptbahn» h o�. Es sind keine Zwischenfälle zu verzeichnen. VC Solingen. Auf dem Sckmüenburavlaü fanden nachmittags P Uhr drei Riesenversammlungen stakks-uu denen sich 20 000 Per- sonen beteiligten. Bon drei Tribünen sprachen die Reichstags- abgeordneten S ch e i d e m a nai�ind-B ö M e med ein Linksliberaler. Das Bürgertum war stark vertreten. Nach Schluß der Versamm- lungen fand ein Zug durch die Haupt st raßen der Stadt statt. Beim Rathause wollte sich die Polizei in den Besitz einer der drei im Zuge mitgeführten roten Fahne» setzen. Sic? zog blank und hieb blindlings darauf loS. Eine Person wurde schwer» mehrere andere wurden leicht verletzt. Unter den Volks- masien herrscht eine ungeheure Erregung. Köln . Hier fand ein Massenmeeting auf dem Rad. r e n n p l a tz statt, lieber 20 000 Personen nahmen daran teil. Von fünf Tribünen sprachen drei Sozialdemokraten und zwei demokratische Redner, darunter Zietsch-Char- lottenburg und Dr. B r e i t s ch e i d- Berlin. Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Es sind keinerlei Zwischenfälle vorgekommen. Remscheid . Aus dem Waldsestplatz war eine Riesenveriomm» lung unter freiem Himmel einberufen worden. Von zwei Tribünen herab sprachen die Genossen Leber und Bender vor 12000 Personen. Straßen de man strationen waren nicht g e- plant, die Polizei stiftete sie aber an: als die Riesen- masse sich der Stadt zu bewegte, fand sie die zum Markt führende Hauptstraße abgesperrt. Zu der sich stauenden Menge stießen neue Massen. Alle an den Knotenpunkt grenzenden Straßen waren nun voll Menschen gepfropft. Dann wurde die Polizei auf höheren Befehl nervös und ging gegen die Passanten mit der Feuerspritze vor. Personen, die die Straßenbahn benutzen ivollten, wurden von den Wagen gerissen, andere verhaftet. Nur dem Eingreifen führender Genossen ist es zu danken, daß die Hauptmenge nach einigen Stunden auseinander ging und somit die Säbelei verhütet wurde. Die Erregung über die Polizei» liche Taktlosigkeit ist groß. Hessen-Nassau . Kassel . Am Freitag zog der Polizeipräsident die Geneh» m i g u n g der Versammlung unter fteiem Himmel und des lftn» zugeS zurück mit der Begründung, daß die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würde. Diegutgesinnte" Presse ver- breitete die Meldung Sonnabend mittag durch Ex�tra» blätter. Am Nachmittag war das Verbot auf blutrote» Plakaten an den Anschlagsäulen zu lesen. Die Parteileitung parierte den Schlag des Polizeipräsidenten. indem sie in den beiden größten Sälen Kassels Versamm» lungen einberief, die beide überfüllt waren. Die Anwesenden bekundeten ihren Unwillen durch stürmischen Beifall, als die Referenten die Maßnahmen des Polizeipräsidenten bekannt- gaben. Gegen die Wahlrechtsschmach Ivurde ebenfalls wuchtiger Protest erhoben. Eine auch von freisinniger Seite unterstützte Resolution fand in beiden Versammlungen einstimmige Annahme. Auf den Straßen trafen dann die Massen truppweise wieder zusammen und im Westen Kassels wo die Bourgeoisie haust kam eS zu einem imposanten Demonstrationszug, der Hochrufe ausbringend nach dem Innern der Stadt zog. wo die Schutzmannschaft bis au die Zähne bewaffnet, stark vertreten war. Nach dem Gewerkschaftshause zog eine Menge von mindestens 7000 Personen. Hier wurde noch eine kurze Ansprache gehalten und nach einem kräftigen begeisterten Hoch auf das freie Wahlrecht gingen die Teilnehmer ruhig auseinander. So hat Kassel troy der Polizei-willkür eine wuchtige und imposante Demonstration erlebt und die Polizei hat sich glänzend blamiert. Höchst . Im Wählkreise Hoch st-Ho mburg-U singen fanden an drei Orten Versammlungen unter freiem Himmel statt. Die in H ö ch st auf der städtischen Schützenbleiche war von 10 000 Menschen besucht und verlief glänzend. Drei Tri- bünen waren errichtet. Referenten waren Redakteur Wendel» Frankfurt , Parteisekretär Walter-Höchst und Redakteur B u r g e r- Frankfurt von den Demokraten. Nach Schluß der Ver- sammlungen zog die Menge unter Hochrufen und Lieder singen in losem Zuge durch die Stadt. Die Polizei ließ sich nirgends sehen und so verlief alles ruhig. Die Höchster Liberalen hatten im letzten Moment die offizielle Be- teiligung abgelehnt. Sie wollten die Verantwortung nicht tragen. Die Versammlung in Ober- Ursel war von 6000 Personen be- sucht. O u a r ck- Frankfurt und B o l l- Frankfurt von den Libe- ralen referierten. In Homburg waren 2000 Personen ver- sammelt. Parteisekretär Rudolf- Frankfurt hielt das Referat. Ein Demon st rationszug bewegte sich durch die Stadt. Die Polizei verhielt sich ruhig. ** « In Brannschwcig ist der 6. März gleichfalls ein W a h l r c ch t s d e ni o n st r a- t i o n s t a g gewesen. Von dort wird uns telegraphiert: Hier fand heute mittag eine Riesenvcrsammlung, wie sie Braunschweig noch nicht gesehen hat, unter freiem Himmel statt. Im schönen Bürgcrpark hatte der Stadtmagistrat einen großen fteien Platz zur Versammlung zur Verfügung gestellt, der von 30 000 Personen besucht war. Von dreiTribünen sprachen unter stürmischem Beifall die Genossen Wagner, Antrick und Dr. Jasper über das freie Wahlrecht. Eine Resolution, durch welche die Parteileitung ermächtigt wurde, zu geeigneter Zeit schärfere Mittel zur Erkämvjung eines freien Wahlrechts in Auwendung zu bringen und durch die sich die Arbeiterschaft ver- pflichtet hat, den Anordnungen der Parteileitung Folge zu leisten, fand einstimmige Annahme. In unendlich langen Zügen ergoß sich die Menschenmenge zum Schloß in die Stadt. Da die Polizei sich passiv verhielt, verlief alles ruhig. Der Schloßhof wurde schleunigst geschloffen, als die Arbeitermassen vor dem Schloß anlangten. Tie Polizei hatte die Versammlung genehmigt, jedoch das Spazierengehen der Versammlungsbesucher nach der Versammlung in einem Auszuge mit Jahnen und sonstigen auffälligen Abzeichen, sowie das Delorieren des Versammlungs- Platzes und der Rednertribünen verboten. Der Marsch der Massen durch die Straßen der Stadt konnte selbstver» stündlich nicht verhindert werden. Verantwortlicher Redakteur Richard Barth » Berlin . Für den Inseratenteil verawV.: Th. Glocke, Berlin . Druck n. Verlag: VorwärtSBuchdruckcrei u. VerlagSanjtalt Paul Singer Lc Co.. Berlin SW.