Sen Sozialdemokraten.) WaS die Ausführungen des Herrn vonZlardorff über den Oberbürgermeister Adickes betrifft, so irrt ersich außerordentlich, wenn er meint, dah alles, was Frankfurt ge-leistet hat. aus dem Kopfe des Herrn Adickes hervorgegangen sei.Auch die Mitglieder der städtischen Verwaltung haben ihr redlichTeil zu der wntwickelung Frankfurts beigetragen. Ich kann javerstehen, daß Herr v. Kardorff als L a n d r a t gewohnt ist. sichin seinem Kreise als den lieben Gott anzusehen, von dem alleSausgeht.(Heiterkeit.) Er hat offenbar nicht das geringste Ver»stand ms für die Wirksamkeit der S e I b st v e r w a l t u n g.(«ehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn Herr v. Kardorff be«hauptet, die Landgemeinden könnten ebenso gut für die Verkehrs-bedurfnisse usw. sorgen, wenn sie s e l b st ä n d i g blieben, so beweistdie Begründung der Vorlage das Gegenteil. Gibt eS dochfür die 30 000 Einwohner des Landkreises gar kein Krankenhaus zdie Bewohner des Landkreises sind ja auf die Stadt Frankfurtongelviesenl(Hört! hört!) Ebenso wenig gibt es natürlich einehöhere«chule in diesem Landkreise.Die Ausführungen des Herrn v. Kardorff haben wieder er.kennen lassen, daß in den Kreisen der Konservativen eine hoch.aradige Städtefeindschaft vorhanden ist.(Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.) Ich bin überzeugt, die Mehrheit dieses Hauseswird sich dem nicht anschlietzen, sondern wird anerkennen, daß hiereine zwingend- Notwendigkeit vorliegt, im öffentlichen Interessedie Eingemeindung vorzunehmen.(Bravo! bei den Sozialdemo-traten.)Abg.». Kardorff(fk.) protestiert dagegen, daß die Konser-vatwen Feinde der Städte wären.Damit schließt die Debatte. Die Borlage wird gegen dieStimmen der Mehrheit der Konservativen und eines Teils desZentrums angenommen.Eine Reihe weiterer Eingemeindungsvorlagen werden indritter Lesung debattcloS angenommen.ES folgt dieFortsetzung der Beratung des Etats der Handels- und Gewerbe-Verwaltung.Abg. Dr. SchrSder-Kasiel(natl.): Handel, Gewerbe und In-dustrie find zweifellos zu gering in den Parlamenten vertreten.Diesen Zustand zu beseitigen, ist Aufgabe des HansabundeS. DerHansabund stellt sich durchaus nicht in Gegensatz zur Landwirt-schaft, sondern nur zu der verhetzenden Tätigkeit des Bundes derLandwirte.(Sehr richtig! links.) Als in einem Orte an der Naheeine Ortsgruppe des HansabundeS sich bildete, erklärten die An-gehörigen des Bundes der Landwirte, bei den Vorstandsmitgliederndieser Ortsgruppe auch nicht für einen Groschen mehr taufen zuwollen!(Hört! hört! links.) Ist dieser Terror des Bunde? derLandwirte um ein Haar besier als der Terrorismus, den man derSozialdemokratie vorwirft?(Sehr gut! links, Zuruf deS Abgeordneten Borgmann: Und den das Zentrum treibt!)— Gegen-über neuen sozialpolitischen Vorschlägen ist dringend Borsicht ge-boten, denn Industrie und Handwerk sind ohnehin schwer belastet.(Bravo! bei den Nationalliberalcn.)Abg. Rahardt(srk.): Die Bäckereiverordnung sollte möglichstmilde gehandhabt werden! Der Erlaß des MlmsterS, der denkorporativen Beitritt von Innungen zum Arbeitgeberverbande ge-stattet, ist dankenswert. Ich verstehe nicht, wie die Linke sich da.gegen wendet, denn gerade dadurch wird doch die Einbürgerung derTarifverträge ermöglicht. Die Lage der selbständigen Handwerkerist vielfach schlechter als die der Industriearbeiter. Mit der Ver.clendungStheorie der Sozialdemokratie ist es ctlso nichts. Die Be-rücksichtigung bei Submissionen und öffentlichen Lieferungen istuns immer wieder zugesagt worden, aber eö ist leider bei denschönen Worten geblieben.Handelsminister Svd-w: E» ist eine der wichtigsten AufgabendeS HandclSministerS. dafür zu sorgen, daß selbständige Existenzendurch die Fürsorge für das Handwerk erhalten und vermehrt werden.(Bravo! rechts.) Lieferungen an das Handwerk sind vor allemvon der Militärverwaltung in erheblichem Umfange vergebenworden. Die Frage der Abgrenzung von Fabrik, und Handioerksteht jetzt zur Entscheidung.— Di« Backereiverordnuna wird keines.weg? rigoros gehandhabt, sondern es wird so nachsichtig wieirgend möglich bei ihrer Durchführung verfahren! Die ganzeVerordnung nur auf Neubauten anzuwenden, ist unmöglich, denneS bestanden dochum Teil in den Bäckereien ganz anßerordentlich«Mißstände.(HSrtk hört! bei den Sozialdemokraten.) Aus Gründen derHumanität müßte dagegen eingeschritten werden.(Sehr richtig!)Bon feiten der Bäckergesellen sind gerade Eingaben an uns ge»kommen: nicht zu langsam mit der Durchführung der Verordnungvorzugehen.(Zuruf rechts: Das ist selbstverständlich! DaSist die andere Seite!) Jawohl, aber auch die mußte berücksichtigtwerden angesichts der wirklich groben Mißstände.(Hört! hört! beiden Sozialdemokraten.)— Was das Gesetz betr. die Sicherungder Bauforderungen anlangt, so sollen erst die Erfahrungen mitdem ersten Teil abgewartet werden, che der zweite in Kraftgesetzt wird.Abg. K-rfanttz(Pole): Es ist in Rufsifch-Polen so weit ge.kommen, daß deutsche Waren als.englische" bezeichnet werdenmußten, um nicht boykottiert zu werden. Auch die kleinen Hand»werker haben unter der verkehrten Polenpolitil außerordentlich zuleiden.(Sehr richtig! bei den Polen.)Wenn Herr Rahardt forderte, daß die Kosten der Sozial.Politik aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werden sollen,so segelt er bereit» mitten in« sozialdemokratische Fahrwasier hin-ein. Ich bestreite, daß die Konkurrenzfähigkeit der deutschen In-dustrie unter der Sozialpolitik irgendwie gelitten hat, im Gegen-teil, ihr Absatzgebiet hat sich vergrößert infolge ihres gesunden undintelligenten ArbeiterstandeL.(Bravo! bei den Polen.)Hierauf vertagt das Hau» die Weiterberatung auf Dienstag11 Uhr.(Vorher dritte Lesung von Eingemeindungsvorlagen.)Schluß 4 Uhr.__parlamcntarifcbeö*Ein Marinepalast für 5 Millionen.— Der Postetat erledigt.Die Budgetkommission des Reichstages behandelte am Montagzuerst noch eine Marinesache: die Marineverwaltung will einenPalast errichten; sie ist deshalb mit der Hochbahngesellschaft inUnterhandlung getreten. Nach den vorläufig getroffenen Ver»einbarungen tritt das Reich fünf verschiedene reichseigene Grund»stücke in Größe von 6000 Quadratmetern ab und tauscht dafürein Grundstück von 20 300 Quadratmetern an der Kaiserin-Augusta-und Bendlerstrahe ein. Die Unkosten für die Ablösung derMieter usw. werden sich auf etwa 1,3 Millionen Mark belaufen,die von der Hochbahngesellschaft getragen werden.— Die Kom-Mission beschloß als erste Rat« für den auf d Millionen Mark ge-schätzten Neubau 760 000 M. in den Etat einzustellen, obgleichihr weder Baupläne noch Kostenvorschläge vorgelegt wurden!'.Bei der Weiterberatung de« Postetatö kam es wegen eine»vom Referenten, dem nationalliberalen Abg. B e ck- Heidelberg.beantragten Abstriches zu einer längeren Debatte. Der Referenthatte von den für„S t e l l v e r t r e t u n g s k o st e n und Tage-gelber" für erkrankte Beamten(wofür 18 888 000 M. angesetztsind) 1 Million abzustreichen beantragt. Er wurde vomAbg. Erzberger darin warm unterstützt, der den Standpunktverirat, daß, wenn ein Beamter erkrankte, die anderen die Arbeitvorübergehend mitverrichten sollten! Hiergegen legte Ge-noss« Schöpf lin entschieden Verwahrung ein, denn die Post-veamten seien im allgemeinen gerade genug angestrengt.Den gleichen Standpunkt vertrat der Abg. Eickhofs. Der volleBetrag wurde denn auch mit knapper Mehrheit bewilligt; vomZentrum stimmt«, zwei Mitglieder für. die ggderep gegenHie Bewilligung der ffijfitta Summe.Beim Titel„Telegraphier beschwerte sich der Abg.Zübeil über die differenzierte Behandlung der Telegraphen-arbeiter gegenüber den Postunterbeamten, indem jenen bei ihrerFestanstellung die Dienstzeit, die sie als Arbeiter verbrachthaben, nicht angerechnet werde. Weiter beklagte unser Redner,daß die Postverwaltung bei Arbeiterentlassungen nicht immerdie notwendige Rücksicht walten lasse. Der Staatssekretär er-widerte, daß Arbeiterentlassungen nur in zwingenden Fällen vor-genommen werden. Auch würde hierbei nicht schematisch ver-fahren, sondern zuerst die jüngeren Kräfte entlassen; daß dieVerwaltung aber die an einem Orte überflüssig gewordenen Kräfteda verwende, wo Neueinstellungen erfolgten, das sei nicht durch-zuführen, weil man die Arbeiter nicht wie Beamten ver-setzen könne....Die Gesamteinnahmen sind mit 6SZ226 325 M.(20 578 725 TO.mehr als im Vorjahre), die Ausgaben mit 641 027 977 TO.(1 685 932Mark weniger als im Vorjahre) eingesetzt. Läßt man den Nach-trag, der wahrscheinlich auch dieses Jahr nicht ausbleiben wird,unberücksichtigt, so verbleibt dem Reiche aus seinem Postbetriebein Ueberschuß von 52 198 348 M.Ueber die Petitionen, sotoeit sie die Aufbesserung der Be-amtengehälter betreffen, ging die Kommission mit Rücksicht aufdie erst im vorigen Jahre erfolgte Neuregelung zur Tages-ordnung über.(Die. anderen Vetitionen sollen später nochverhandelt werden.) Damit war ver Postetat verhältnismäßigrasch und für den Staatssekretär Kraetke relativ günstig erledigt.Am Dienstag: Reichseisenbahnamt.Em der partes.Hervö und die geeinigte Partei.Paris, 5. März.(Eig. Der.) Seit einigen Tagen bringenbürgerliche Blätter verschiedener Richtung Berichte und Artikelüber den angeblichen Entschluß HervöS, die sozialistischePartei zu verlassen. Es liegt indes keine Veranlassungvor, das Gemüt auf Abschied zu stimmen. Richtig ist nur, daßHervö jetzt gemeinsam mit dem Anarchisten Sebastian Faureeine„revolutionäre Partei" gründet, die die„insurrektionellenSozialisten" mit den»revolutionären Syndikaten" und denAnarchisten vereinigen soll. Aber daraus zu schließen, daß Herveseine alte Partei verlassen will, wäre etwas voreilig. Hervö istklug genug, um zu wissen, daß er seine Berühmtheit nur demUmstand verdankt, daß er seine Reklametrompete auf der Estradeder Partei bläst und ihr ein Echo überall dort wachruft, wo mandem Sozialismus übel will. Wer würde dem Angehörigen einerohnmächtigen Konspiratorenblase noch Aufmerksamkeit schenken.ES bleibt nur noch die Frage, ob die sozialistische Parteiselbst zusehen will, daß eines ihrer Mitglieder für eine anderepolitische Partei tätig ist und für ein Programm Propagandamacht, dessen Bekenner längst von den internationalen Sozialisten-kongressen ausgeschlossen sind. Wer man weiß, daß die französischePartei in diesen Dingen gar nicht empfindlich ist. Sicher wäreeS— um nur ein neues Faktum zu erwähnen— in anderensozialistischen Parteien schwerlich möglich, daß ein Genosse Der»sammlungen einberuft, von denen er die anderen Meinungen ern-hängenden Genossen ausschließt, wie«6 Herbe bei seinen Ver-sammlungen der„Insurrektionellen" verfügt. Geht au» diesenEinberufungen hervor, daß in der Tat schon innerhalb der Parteieine spezielle insurrektionelle Geheimorganisation besteht, so stelltder Versuch, ste nunmehr neben der Partei zu etablieren, keinengrundstürzenden Disziplinbruch dar. Weiter läßt sich nicht ver-kennen, daß Hervö sowohl von den inneren Parteigegensätzen, wievon der Brutalität der Bourgeoisie profitiert. Bald glaubt dieeine, bald die andere Richtung, die Kongreßstimmen der In-surrektionellen in ihre Kombinationen einbeziehen zu müssen, undein AuSschließungSantrag findet wenig Sympathie, wenn er zeit«lich mit einer Aktion der Bourgeoisjustiz gegen Herst zusammen-fällt. Gerade jetzt aber macht das ungeheuerliche Klassenurteil,das über Herve wegen eines wohl wenig geschmackvollen, aberjuristisch tatsächlich unangreifbaren Artikels vier Jahre Gefängnisverhängt, in allen freiheitlich empfindenden Seelen für ihre Ge-fühle der Solidarität lebendig. Unter diesen Umständen bleibtihm wohl in der Frage seines Verhältnisses zur Partei dieInitiative überlassen. Vermutlich wird er ihre Tür zuschlagen,aber— wie bisher immer— von innen.In Erwartung vsn Neuwahlen.London. 4. März. Der Vorstand der SozialdemokratischenPartei beschloß, Genossen Hyndman wieder in Burnley auf»zustellen.Es soll hier gleichzeitig bemerkt werden, daß sich die Parteienbereits zu den Neuwahlen rüsten.Zus InÄuftrie und ftandelZur Geschäftslage in der Textilindustrie.Die Lage der Baumwollspinnereien ist anhaltend ungünstig. DieNachfrage nach Garne» entspricht durchaus nickt dem Angebot. DieMarktlage des Rohstoffes reizt nicht zu Eindeckungen mit Ge-fpinsten. Die Baumwollpreise find noch immer hoch. Üpplandmiddlin� notierte in Bremen am 3. März 76 Pf. pro'/ä Kilogramm.Obgleich die Preise schwerlich in nächster Zeit sehr zurückgehenwerden, hallen die Verbraucher sich doch lehr zurück. I» fast allenLändern Europas sind erhebliche Produktionscinschränkungen durch-geführt. In einigen Bezirken auch in Deutschland. Eine stärkereEinschränkung dürfte mit dem 1. April erfolgen. An einer ganzenReihe bedeutender Plätze, so in Leipzig, Chemnitz, sind den Arbeiternentsprechende Ankündigungen gemacht worden. Bei der weit überden Bedarf hinau« vorgenommenen Neuaufstellung von Spindelnwird die Wiederkehr einer so glänzenden Konjunktur wie 1906 und1907 wohl noch länger auf sich warten lassen. DaS gilt von denBaumwollspinnereien wie von vielen Zweigen der Bauwollweberei.In Oberfranken arbeiten einzelne Betriebe nur vier Tagein der iWoche. Daß in solchen Zeiten gegen die Arbeitermit besonders rigorosen Maßnahmen vorgegangen wird, ver-steht sich am Rande. In Langenbielau stehen noch 200 Stühlestill. Andere Weber müssen 2—8 Tage ans Arbeitsmaterial warten.Etwas besser geht das Geschäft in der Hoser Weißivebcrei, derFrottierwaren- und Hosenstoffbranche der sächsischen Lausitz. Auchdie Fabrikation von Chenillctüchern, Schals. Phantasiedecken, Wasch-decken, Portieren im Hohenstein- Ernstthaler und Lichtenstein-Callenberger Bezirk ist als gut zu bezeichnen. Glänzend ist an-dauernd da» Geschäft in allen Gebieten der Kamingarnspinneretenund Wollkämmereien. Alle Abschlüsse, welche bis jetzt ver-öffentlicht wurden, lassen einen wahren Goldregen fürdie Aktionäre erkennen. Die Kammgarnwebereien für Damen-stoffe waren bisher sehr stark beschäftigt. Momentan machtsich der alljährlich toiederkehrende Wechsel von der Sommer- zurWintcrsaison störend bemerkbar. Die Aussichte» für die bevorstehend«Wintersaison sind ausgezeichnet. Die Tuch- und Buckskinbranchehat, soweit Herrenkammgarnstofte in Frage kommen, gute Aussichten.Die geringeren BuckskinS hingegen werden wenig begehrt. Aachen,Crimmitschau, Werdan, Spremberg, Neumünster. M-Gladbach(Herren-kammaarnstoffe) melden flotten Geschäftsgang. Klagen kommen ausGrünöerg, Sora«, Luckenwalde. Cottbus. Entsprechend der ge-steigerten Produktion in den Kammgen»Webereien sind auchdie Färbereien, Appretur-, Dekaturanstalten mit Aufträgenüberhäuft und wird mit Ueverstunden gearbeitet, so inBielefeld,«reiz, Zittau, Glauchau. Markirch u. a. Rege« Levenherrscht jetzt in den Flachsspinnereien Biekefekd« und LandeShutS.Desgleichen in den Leinenwebereien der beiden Städte und de»Taschenluchwebereien LauvanS. In den Sorauer Leinenfadriken wirdebenfalls mit Ueberjtunden gearbeitet. Gleich Günstiges kann vonder Jutebranche berichtet werden. Der Beschäftigungsgrad in derTrikotaqenbranch«, den Strickereien und Wirkereien hat sich gebessert.DaS gilt für Süddeutschland, Sachsen und Thüringen. Nur inChemnitz haben die Strumpfwirkereien wenig zu tun. Flotter Geschäftsgang wird wieder berichtet aus den Bandwebereien undRiemendrehereien deS Wuppertals.Folge» der Tabaksteuer. Der ArbeitSmarft des Tabakgewerbessteht noch im Zeichen starker Depression. Der Andrang Arbeit»suchender ist in diesem Winter so hoch gewesen, daß ans eine geradezubeängstigende Arbeitslosigkeit zn schließen ist. Es kamen nämlich imReichsdürchschnitt auf je 100 offene Stellen im Januar nicht wenigerals 800 Arbeitsuchende, während der Andrang im Januar 1909knapp 200 betragen hatte. Ganz besonders hat fich die Arbeits-gelegenheit für männliche Tabakarbeiter verschlechtert, bei denen sichder Andrang im diesjährigen Januar auf 1130 pro je 100 offeneStellen belief gegen 210 im Vergleichsmonat 1909. EL wird danachwohl die arge Verschlechterung deS GesamtarbeitSmarkteS im Tabak»gewerbe aus die überaus umfangreichen Entlassungen männlicherTabakarbeiter zurückzuführen sein.Ziegeleisyndikat.Die Bemühungen der Berliner Ziegeleibefitzer. einen Zusammen-schluß aller am Berliner Baumarkt interessierten Ziegeleien herbei»zuführen, haben Erfolg gehabt. Nachdem es gelungen war, 90 derin Betracht kommenden Firmen zu einigen, ist daS Syndikat errichtetworden. Die Preise sollen nun wahrscheinlich durch die Konventionweiter hinaufgetrieben werden. In den letzten Monaten betrug derPreis für Hintermauerungssteine schon 23 M. Ein noch höhererPreis würde den Baumarkt sicher ungünstig beeinflussen. DieKartelle und Syndikate treiben die Preise hinauf, erhöhen dadurchdie Gestehungskosten und an den Arbeitslöhnen sollen Ersparnisseerzielt werden._Amerikauische Invasion. In der„New Yorker Handelszeitung"lesen wir:„Europa steht vor einer neuen amerikanischen Invasion.Nachdem in der Bekleidungsbranche amerikanische Schuhe in deneuropäischen Märkten sich einen hohen Ruf erworden haben, steht deneuropäischen Kleidersabrikanlen im eigenen Markte jetzt nicht zuunterschätzende amerikanische Konkurrenz bevor. Hat da» Angebotvon amerikanischen Schuhen den Geschmack des europäischen Publikumsbeeinflußt und daher die Fabrikanten drüben veranlaßt, mit Hilfeamerikanischer Methoden und Maschinen ähnliche Ware zu produzieren,so mag solche Wirkung sich noch in erhöhtem Maße aus dem bevor-stehenden Angebot von Herrenkleidung nach New Yorker Mode» undMachart ergeben. Da« Verdienst, den Anfang mit diesem neuen.höchst aussichtsreichen Zweige des Exportgeschäftes mit Europa ge»macht zu haben, gebührt der hrestgen Großfirma Alfted Benjamin u. Co..deren Teilhaber. Herr®. A. Josephy. soeben von emer erfolg-reichen Tour durch die Großstädte Europas mit großen Ordersfür feine FrühjahrS-Herrenlleidung,„wscks in Nvw York" zurückgekehrt ist....Vertrustung i» der Petroleummdustrie. Die ungarischen Petra»leumindustriellen beschlossen die Schaffung eines Kartells nachrussischem Muster. ES wurden Verhandlungen mit den großenösterreichischen Firmen eingeleitet. Falls diese zu einem günstigenResultat führen, wird in Budapest ein Zentralbureau eröffnet werden.Die ungarischen Petroleumfirmen wollen auch die Benzinfabrikenin das Kartell einbeziehen, dagegen sträubten fich aber die öfter»reichischen._Sozialee«Eine köstliche Wahlepisod«erlebte» unsere Genossen am 2. März bei der Wahl bo» Arbeiö»nehmervertretern zur Allgemeinen Ortskrankenkasse in Stolpe. I»dieser Kasse, die weit über 3000 Mitglieder zählt, ist eS den Ge»werkschaften noch nicht gelungen, Vertreter hineinzubekommen. DerWahlkampf war ein äußerst heftiger. Wiewohl oder weil die Ord-nung dabei niemals gestört wird, ist jedesmal ein l�albeS DutzendPolizeibeamte anwesend. So auch diesmal. Von feiten des Wahl»Vorstandes war ein Mitglied beauftragt worden, einem jedenWähler ein Kuvert zu überreichen, in dem er seinen Stimmzettelhineinsteckte. Plötzlich stand an dessen Stelle ein uniformierterPolizeibcamter und teilte fleißig Kuverts aus. Darüber herrschteVerblüffung, die sich aber in allgemeine Heiterkeit auslöste, alsman sah, wie eiftig dieser Ordnungshüter fem Amt versah. Natur-lich wurde er von den Genossen zu seinem Amte beglückwünscht,Wohl der Tätigkeit diese» Braven ifl e» zuzuschreiben, daß dieGewerkschaften mit 5 Stimmen unterlagen. Die Wahl wird wohlmit Erfolg angefochten werden.Bei den Gewerbegerichtswuhlen für dab Amt Rüstringen imGroßherzogtum Oldenburg siegte die vom Gewerkschaftskartell aus»gestellte Liste der Arbeitgeber und Arbeitnehmer,Gericbts- Leitung.Da? schwere Bahnunglück bei Rofenthal,welche» sich am 12. Oktober v. I. ereignete, unterlag gestern derNachprüfung der ersten Strafkammer des Landgerichts III. Unterder Anklage der Gefährdung eines Eisenbahntransports, der fahr»lässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung hatte sich derSchlächtermeister Adolf Maiwald, früher in Reinickendorf, jetzt inNixdorf, zu verantworten.Dqö Unglück ereignete sich abend» 7 Uhr an der Reinickendorf»Liebenwalder Kleinbahn. Der Angeklagte besaß in Wilhelmsruhein Stück Land, auf dem er Kartoffeln angepflanzt hatte. An demUnglückstage ließ er seine beiden 5 und 2 Jahre alten Kinder Greteund Hans in Begleitung des Dienstmädchens Berta Hentschelwegen des schönen Wetters nach seiner Wilhelmsruher Besitzungfahren. Eine 10jährige Frieda Arndt und zwei 10- und 8jährigeKnaben TOax und Ewald Conrad fuhren mit hinaus. Die ganzeGesellschaft fuhr abendß auf dem Maiwaldschen Sdjlächterwagen.auf dem sich noch der 18 Jahre alte Maiwaldsche Kutscher FritzMunchow befand. Bei der Rückfahrt lenkte der Angeklagte selbstdas Pferd. Man fuhr langsam durch Rosenthal und näherte sichauf der nach Wittenau führenden Straße dem Punkte, wo dieLiebenwalder Kleinbahn den Weg kreuzt. An dieser Niveaukreuzungwurde der Wagen des Angeklagten plötzlich von einem herannahen-den Zuge erfaßt und überfahren. Die Lokomotive erfaßte denWagen von der Seite, schleifte ihn mit, nachdem er gewissermaßendurchgespalten war. Die Insassen des Wagens wurden heraus-geschleudert und wurden teils getötet, teils schwer verwundet. Getötet wurde der Kutscher Münchow, das Dienstmädchen Hentschel,der Sohn deS Angeklagten Hans und der Knabe Max Conrad.Verletzt wurden außer dem Angeklagten selbst der Knabe EwaldConrad und die zehnjährige Frieda Arndt.Der Angeklagte bestritt, daß er durch Fahrlässigkeit das schwereUnglück verursacht habe. ES sei an jenem Abend recht dunkel ge-wesen und er sei recht vorsichtig und langsam gefahren. Er habesein Augenmerk intensiv auf den Weg richten müssen und habeselbstverständlich angenommen, daß die Bahnkreuzung, deren Vor»handensein ihm bekannt war, sich ihm rechtzeitig durch einen Be-leuchtungSkörpcr bemerkbar machen würde. DaS fei«der nicht derFall gewesen: rs fei weder eine Schranke, noch eine Laterne vor»Händen gewesen. Da habe sich sein Wage» plötzlich aus denSchienen befunden, ein Heller Schein habe sich gezeigt und seinWagen fei von der Lokomotive erfaßt worden. Er selbst wurdevom Magen gesUcMrj M.d blich hchMtloS liegen. Mma Kk>