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öracht, was wir elgenilich wollien. sZuruf links: Aber�wie!) Wir sind eben auch diesmal früher aufgestanden als Siel(Sehr richtig! rechts. Lachen links.) Es kam uns darauf an, festzustellen, daß die Mehrheit dieses Hauses nun einmal für die geheime Wahl ist, und das ist uns gelungen.(Lachen linis.) Es ergibt sich aus der gestrigen Abstimmung klar und deutlich, daß eine erhebliche Mehr- heit dieses Hauses auf dem Boden des geheimen Wahlrechts steht. Dieses Resultat ist erreicht worden trotz Ihrer Taktik. Wir werden weiter mitarbeiten und hoffen, daß wir etwas zustande� briirgen werden.(Mit erhobener Stimme:) Wir geben uns der Hoffnung hin, daß das auch mit Hilfe und nicht unter Ausschluß der nationalliberalen Partei geschehen wird.(Aha!-Rufe links.) Die Sache ist doch sehr ernst. Wir fassen die Zeiten sehr ernst auf! (Sehr richtig! rechts.) Wir sind der Meinung, daß gegenüber den Mächten, die sich jetzt gegen uns erheben, es die Aufgabe aller bürgerlichen Parteien sein mutz, im Verein mit der königlichen Staatsregierung, die die Autorität nach innen und außen vertritt, zusammenzustehen. Wir wissen genau, daß es sich in dieser Frage nicht bloß um eine Parteiangclegcnheit, sondern unl eine Sache des Vaterlandes handelt.(Stünnijchcr Beifall rechts.) Des­wegen gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß der gute Geist der Nationalliberalen in letzter Stunde noch stark genug sein wird. Weil wir das wünschen, deshalb gehe ich auf die Rede des Abg. Schiffer nicht weiter ein. Ich erkläre, daß wir auch heute»wch bereit sind, Ihnen so weit entgegenzukommen wie es irgend möglich ist. Lassen Sie sich das Wort, das ich Ihnen jetzt gesagt habe, zu Gemüte gehen und weisen Sie die Hand nicht zurück.(Lachen bei der Fortschr. Voltspartei.) Vielleicht überlegen Sie es stch, ob Sie nicht auch gut daran täten, mit uns gemeinsam zu arbeiten. (Stürmischer Beifall rechts und im Zentrum. Wiederholtes Zischen links. Großer Larn: im ganzen Hause.) Abg. Hoff(Fortschr. Vp.): Das geheime Wahlrecht wird in den weitesten Volkskreisen mit Recht als vollkommen wertlos angesehen in dem Augenblick, wo die Konservativen im Bündnis mit dem Zentrum die direkte Wahl ablehnen.(Sehr wahr! links.) Durch die indirekte Wahl werden die 616 Millionen Wähler dritter Klasse so gut wie entrechtet. Man hat uns bor der geheimen Wahl gewarnt, weil wir dabei von der Sozialdemokratie überflügelt würden. Wir danken für� das freundliche Entgegenkommen, müssen aber bitten, uns diese Sorge selbst zu überlassen. Wir werden uns schon unserer Haut zu wehren wissen, wenn erst auf politischem Gebiete Licht und Schatten gleichmäßig verteilt ist.(Sehr wahr! bei den Freisinnigen.) Zu dem Antrag Hobrecht kann ich die Zustimmung meiner Freunde erklären. Je größer der Kreis ist, aus dem Wahlmänner genommen werden können, desto leichter wird es sein, unabhängige Wahlmänenr zu finden. Herr Schiffer hat schon darauf hin- gewiesen, daß im Jahre 1908 trotz der Beteiligung der Sozialdemo- kratie nur 32,8 Proz. der Wähler sich an der Wahl beteiligt Hadem 1903 waren es sogar nur 23 Proz.! Die Statistik über die Be- teiligung in den einzelnen Wahlkreisen ergibt, daß Wahlkreise vorhanden sind, wo weniger als 5 Proz. der Berechtigten gewählt haben! Also 9S Proz. der Wähler haben von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht!(Hört! hört! links.) Ein»Musterland" ist z. B. die Provinz Pommern. Dort sind 26 Abgeordnete gewählt, von denen 24 zur konservativen, einer zur freikonservatwen und nur einer aus Stettin zur freisinnigen Partei gehört. In 18 von diesen 26 Fällen ist überhaupt keine Gegenkandidatur vorhanden gewesen(Hört! hört!), oder es wurden nur zersplitterte Wahlmännerstimmen abgegeben, so daß in diesen Fällen von einer »Wahl" überhaupt nicht geredet werden kann, denn die beschei- denste Anforderung an eine Wahl ist doch, daß mindestens zwischen zweien zu wählen ist! Ebenso sind in Ostpreußen in acht- zehn Fällen überhaupt keine Gegeukandidaturen gegen die konser­vativen Abgeordneten aufgestellt worden, in 7 Fällen nur zer- splitterte Stimmen! Ich habe versucht, mir ein Gesamtbild von diesen Dingen zu verschaffen und bin zu dem Resultat gekommen: Mindestens zwei Drittel der konservativen Abgeordnete« sind gewählt, ohne daß von einem Gegenkandidaten»der einer irgendwie ernsthaften Gegenkandidat»» die Rede war.(Hört! hört! linkst Aehnlich liegen die Dinge vielfach in Kreisen, die im Besitz des Zentrums und der Freikonservativen sind. Das erklärt ja auch manches in dem Verhalten dieser Parteien gegenüber dieser Wahlrechtsvorlage. Wenn fünf Sechstel der Wähler, also die große Masse, vollständig zur Ohnmacht verurteilt ist, so muß natürlich das Interesse an der Wahl schwinden. In dieser Richtung wirkt auch die Wahlkreiseinteilung(Sehr wahr! links.) zu der Reveillonaffäre bringt Rouff urkundliches Material bei. das geeignet ist, den sozialen Charakter diese» viel umstrittenen Ereignisses über jeden Zweifel zu erheben. Der Zweifel findet sich noch in Jaures 'Geschichte der Constituante" ausgesprochen. ob wir es hier wirklich mit einer urwüchsigen Regung proletarischen Klasseninstinktes zu tun haben oder aber mit einer reaktionären Machenschaft. Die Meinung ist damals gleich ausgesprochen wor- den, daß die Reveillonaffäre von der Regierung herbeigeführt wor- den sei, indem sie mit Geld raublustiges Gesindel angeworben habe. So spricht sich z. B. Camille Desmoulins in seiner Rede an die Laterne aus. Von reaktionärer Seite wiederum wurde be- hauptet, der Herzog von Orleans habe für seine politischen Zweck« diebrigands", die Räuber gedungen, als die man die Teilnehmer der Bewegung gegen Reveillon zu bezeichnen pflegte. Die Version schlepvte sich dann von einem Historiker zum andern, daß dies ein Ausbruch des Lumpenproletariats gewesen sei. Die Eni- stehungsgeschichte wie der Verlauf der Reveillonaffäre gibt zu dieser Ausfassung eigentlich von vorneherein nicht den geringsten Anlaß. Vielmehr ist an sich gar kein Grund abzusehen, warum man es hier nicht mit einem Zornesausbruch aufgebrachter Arbeiter zu tun haben soll. Reveillon hatte sich schon dadurch einen üblen Ruf bei den Arbeitern gemacht, daß er 1737 einen Ausstands- versuchseiner" Leute durch die Hilfe der Staatsgewalt hatte un- terdrücken lassen. Jetzt im April 1789 tat er als Wahlmann in einer öffentlichen Rede einen Ausspruch, der allgemein, auch von der Polizei, so wiedergegeben wurde, die Arbeiter könnten, wenn sie sich nur einzurichten verständen, mit 15 Sous(69 Pfennigen) täglich ganz gut leben. Als der Unwille hierüber ausbrach, wurde freilich dieser Wortlaut der mißliebigen Aeußerung dementiert und die andere Version aufgebracht, wonach Reveillon gesagt haben sollte, er wolle sich alle Mühe geben, es dahin zu bringen, daß der Arbeiter sich mit 15 Sous täglich ganz gut ernähren könne. Der Wunsch, Erniedrigungen der Lebensmittelpreise zu Lohn- drückereien zu benutzen, könnte auch hieraus entnommen werden. Gleichviel, man glaubte, daß Reveillon sich so geäußert habe, und war auf das äußerste über ihn empört; denn l5 Sous täglich bedeuteten bei den damaligen Lebensmittelpreisen für den Arbeiter die völlige Unmöglichkeit, sich und die seinigen zu ernähren. So kam schon am 27. April eine heftige Demonstration vor Reveillons Haus in St. Antoine zustande, wobei sein Bild verbrannt wurde. für Abwehr etwaiger Angriffe wurde nun am Abend Militär ingeschickt, und es ist sehr wohl möglich, daß gerade dieses Truppenaufgebot erneute Menschenansammlungen am folgenden Tage hervorrief. Die Menge setzte sich in den Besitz des R6- veillonschen Hauses und schlug hier alles kurz und klein. Derweil erschien Militär in größeren Mengen und begann aus die Massen zu feuern. Diese wehrten sich nach Kräften mit allem, was ihnen zur Hand war. Bis zum Abend knatterten die Flintensalven in St. Anwine, ohne daß die Menge definitiv gewichen wäre. Dies geschah erst als man Artillerie auffuhr, vor den Augen der Volks- Haufen die Geschütze mit Kartätschen laden ließ und Miene machte, Feuer zu geben. Die Menge stob nun auseinander, ohne daß durch Geschütz- feuer noch mehr Opfer zu den vielen gekommen wären, die daS Gewehrfeuer der Infanterie gefordert hatte. Im ganzen wird die Zahl der Toten und Verwundeten des 28. April auf 500609 geschätzt. Die offizielle Liste lautet freilich viel geringer, gibt bloß 13 Tote zu. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß zahlreiche Lei-< Herr Schiffer hat auch mit Recht darauf hingewiesen, daß die geheime Wahl überhaupt keinen Zweck habe, wenn es unmöglich ist, für die Parteien geeignete Wablmänner zu finden. Besonders auf dem Lande und in den kleinen Städten würde es un- möglich sein, Wahlmänner in ausreichender Zahl aufzustellen. Man fürchtet den Terror der Großgrundbesitzer und des Bundes der Landwirte. Solange die Konservativen an dem System der Wahlmänner festhalten und solange daS Zentrum ihnen dabei Handlangerdienste leistet, hat die Wahlreform praktisch überhaupt keine Bedeutung, denn auf diese Weise wird um die Mehrheit der preußischen Wahl- kreise ein Stacheldraht gezogen, so daß niemand hinein kann. Wir haben es mit einer unerhörten Vergewaltigung des Volkes bei diesem Verfahren zu tun.(Sehr richtig! links.) Es kommt hierbei noch in Betracht, daß nach wie vor die preußische Regierung sich dazu gebrauchen lassen wird, auf dem V e r w a l- tungswegc die Wahlen der Konservativen zu besorgen!(Sehr richtig! links.) Niemand hat ein größeres Interesse daran als die Regierung, daß das Abgeordnetenhaus sich so zusammensetzt, daß die Interessen der weite st en Schichten der preußischen Bevölre- r u n g hier vertreten werden und nicht einseitig die Interessen der 15 000 Großgrundbesitzer. Wir haben hier im Hause allein 139 Großgrundbesitzer! (Hört? hört! links.) Die Herren sagen zwar, sie seien Vertrauen?- männer ihrer Kreise, deswegen würden sie gewählt! Wenn dem wirklich so ist, dann können doch die Herren sich ihr Vertrauen auch bestätigen lassen durch die allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl, und wenn die Herren bei der allgemeinen geheimen Wahl hier wieder erscheinen(Heiterkeit links), dann Hut ab vor ihnen, dann wollen wir sie als Vertrauensmänner ihrer Kreise aner- kennen. Aber bei dem jetzigen Wahlsystem, bei dem in manchen Kreisen eine Wahlbeteiligung von 95 Proz. der Bevölkerung unmöglich ist, könne sie nicht als Vertrauensmänner des Volles gelten, sie sind nur die Vertrauensmänner eine Clique! Täuschen Sie sich nicht, es herrscht die Erregung nicht bloß in den Kreisen der Sozialdemokratie, die Bewegung geht weiter und wird immer weiter und weiter gehen, und ich will hoffen, daß die Konservativen und das Zentrum diese Bewegung am eigenen Leibe verspüren. Die Regierung sollte versuchen, mit einem neuen Landtag die Wahlrrform zu machen. Das Kompromiß stellt eine Verschlechterung der Regierungsvorlage dar, da es die indirekte Wahl wiederbringt. Wenn das Zentrum nur die halbe Energie hier gegen die Regierung bewiesen hätte wie bei der Reichsfinanzreform, wäre mehr erreicht worden. Entschuldigungen gibt es für das Zentrum nicht. Dem Zentrum liegt nicht ernsthaft daran, das all- gemeine, gleiche Wahlrecht nach Preußen zu bringen.(Sehr richtig! links.) Die Rechte hat wieder vonPatriotismus und Königstreue" gesprochen. Ich muß aufs energischste dagegen protestieren, daß nur bei Aufrechterhaltung ihrer Privilegien das preußische Königs- tum zu schützen sei.(Zustimmung links.) Auch wir wissen, was das preußische Volk den preußischen Königen, auch auf wirtschaft­lichem Gebiete, zu verdanken hat. Aber ich möchte die Herren an die Strophe erinnern, die sie immer bei patriotischen Festessen singen, die sie auch bei ernsten Anlässen wie hier, wo es sich um die Rechte des Volkes handelt, betätigen mögen: Nicht Roß noch Reisige Sichern die steile Höh', Wo Fürsten stehn; Liebe des freien Mann», Liebe des Vaterlands, Sichern den Herrscherthron Wie Fels im Meer!" (Rufe rechts: Singe»! Gelächter rechts.) Das preußische Königtum beruht auf der Anerkennung und Achtung des ganzen Volkes, dem auch hier im Parlament eine Ler» tretung gegeben werden muß.(Lebhafter Beifall links.) Wg. Herold(Z.): Ich beschränke mich auf wenige Worte(Ach! Ach! links). Ich hatte ein Recht, an dem Verhalten der Nationallibcralen scharfe Kritik zu üben. ES war bisher nicht Gepflogenheit, eine nament- liche Abstimmung zu beantragen, selbst sich aber nicht daran zu be- teiligen(Lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum). In dem Wettbewerb um die Siegespalme der Taktik ist der Erfolg auf feiten der Konservativen gewesen(Sehr richtig! im Zentrum). Wenn die chen, wie festgestellt, gleich von Freunden und Verwandten mit- genommen worden sind. Bei den achtzehn offiziellen Leichen handelt es sich bloß um solche, die auf der Walstatt liegen geblieben waren. Sie wurden nach der Leichenhalle auf dem Kirchhof in Montrouge gebracht. Hier fanden sich nun nach und nach Ver- wandte und Bekannte ein, durch die eine Feststellung der Per- sonalien der meisten Toten erfolgen konnte. Die Protokolle dar- über erlauben nun auch einen Einblick in die soziale Zusammen- setzung der Teilnehmer an der Röveillonaffaive, eS werden nämlich die Berufe der Toten angegeben. So wird am Freitag, 1. Mai 1789, Leichnam Nr. 7 vom Schwager und der Schwägerin rekog- noSziert als der 34 Jahre alte Drechslergeselle Leonard Henry Mera. Am Sonnabeno, den 2. Mai, stellt sich Leichnam Nr. 11 heraus als der Parfiimmacher Pierre Haizcaux. Nicolas Monten- cau(Leichnam Nr. 8) war ein Böttcher. Josephe Turlix(Leich- nam Nr. 6) ein Tischlergesellc. Jean Dusauvcur(Leichnam Nr. 13), 48 Jahre alt, Seiler. Eugene Brivois(Leichnam Nr. 4), 30 Jahre alt, Kutscher. Dann folgt in der Liste der einzige Be- ruflose unter den Toten. ES ist Pierre Marie Gilier(Loichnam Nr. 12), der erst 14 Jahre alt war. Welchen sozialen Schichten er angehörte, kann aber auch nicht zweifelhaft sein; denn der Anverwandte, der ihn identifizierte, Pierre Louis Gilier, ist ein Tischlermeister. Ter 21jährige Augustin Vincent Petitenfant (Leichnam Nr. 5) war ein Maurergeselle, der 35jährige Claude Franqois Josephe Gauthier(Leichnam Nr. 1), Arbeiter in der Spiegelmanufaktur im Faubourg St. Anwine, der 16jährige Pierre Louis Roger(Leichnam Nr. 2), Gießerlehrling; der 55jährige Claude Robert Guincourt(Leichnam Nr. 16), Schlossergesclle; der 24jährige Ponce Duru(Leichnam Nr. 17), Arbeiter in der Spiegel- Manufaktur. Kurz, die Gefallenen waren keine Lumpenprole- tarier, sondern gehörten durchweg den arbeitenden Klassen an. Einiges, was auch zur Aufklärung der Frage nach der Klassen- zugebörigkeit der Revolutionsstreiter beitragen kann, entnimmt Rouf'f den Angaben des handschriftlichen Tagebuches von Hardy über das Strafgericht, daS dem Aufstand vom 28. April folgte. Unter dem 29. April 1789 trägt Hardy in sein Journal ein, daß gegen 7 Uhr abends aus dem Platz des Faubourg St. Antoine an zwei Galgen von gewöhnlicher Höhe als der Teilnahme am Auf- stand des vorhergehenden Tages überführt, gehängt worden sind: Jean-Claude Gilbert, Deckenmacher aus dem Faubourg St. Mar- ceau, und Antoine Pourrial, Tagelöhner. Diese beiden Arbeiter waren noch nicht die letzten Opfer, die der Reveillonaffäre von Rechts wegen" folgten. Noch am 22. Mai ergingen im Chätelct zwei Todesurteile gegen Teilnehmer an jener Erhebung: Pierre Jean Baptiste Nicolas Mary, ein Schreiber, und Jcanne Tourncau, die Ehefrau von Silvain Bertin, wurden zur öffentlichen Abbitte und zum Tod am Galgen verurteilt. Gleichzeitig wurde eine ganze Menge von gelinderen oder wenigstens nicht ganz so dra- konischen Strafen verhängt. Fünf Männer wurden zur öffent- lichen Abbitte, zum Pranger und zu lebenslänglicher Galeeren- strafe verurteilt. Den Berufen nach waren es ein Malergeselle. ein Kupferstichdrucker, ein Gazeweber, ein Bildhauer und ein Ge- schirrmachergehilfe. Unter der Menge derer, die zu weniger harten Strafen verurteilt wurden, finden sich in bunter Reihe ein Pa- pierdrucker und-leimcr, ein Torfträger, ein Gicßcrgcsellc, ein Trucker von bemaltem Papier, ein Tischlergesellc, ein Hafen- arbeiter, ein Winzer, ein Fuhrmann, ein Steinsetzergeselle, ein Laumwollarbeiter, ein Schlossergeselle usw. In der Gefangenen« Nationalliberalen erklären, sie wollten auch jetzt noch etwas zustande bringen, dann ist ja noch die Hoffnung vorhanden, daß sie mit uns zusammenarbeiten. Man kann nicht alles auf einmal erreichen, und die ganze Anpassungsfähigkeit des Zentrums besteht darin, daß es nahm, was es bekommen konnte, und hoffte, in der Zukunft mehr zu erreichen(Lachen links). Das mag Ihnen unangenehm sein, aber wir werden an dieser Taktik festhallen(Beifall im Zentrum). Wenn die Nationalliberalen sagen, wir wollten den plutokratischen Cha- rakter des Wahlrechts aufrechterhalten, so verwechseln sie wohl ihre Partei mit dem Zentrum. Denn nickts würde pluwkratischcr wirken, als die Drittelung über den ganzen Wahlkreis. Die indi- rekte Wahl wollen auch wir nicht(Stürmisches Gelächter links). Aber wir nehmen sie in Kauf für die geheime Wahl. Wenn die Wahl- beteiligung bisher so klein war, so lag das gewiß auch an der in- direkten Wahl, aber vor allem an der öffentlichen Wahl(Sehr richtig!) im Zentrum). Den Antrag Hobrecht lehnen wir ab, weil wir möglichst kleine Stimmbezirke und damit den plutokratischen Charakter des Wahlrechts abschwächen wollen(Beifall im Zentrum). Abg. Dr. Friedberg(natl.): Der Wg. Herold bezweifelte, daß wir etwas zustande bringen wollten. Wäre ich sonst gestern zu dem konservativen Führer ge- gangen und hätte ersucht, den Antrag zurückzuziehen?(Hört! hört! link.) Wenn wir das Bestreben gehabt hätten, die Vorlage zum Scheitern zu bringen dadurch, daß die öffentliche Wahl beschlossen wurde, so hätten wir ja selbst nur für die öffentliche Wahl zu stimmen brauchen!(Stürmische Heiterkeit rechts und im Zentrum.) Wir sind umgekehrt verfahren. Wir wollten durch unsere Stimm- enthaltung nur aufdecken, daß die Konservativen einen Antrag ein- gebracht hatten, dessen Annahme sie selbst nicht wünschten(Sehr richtig! links). Der Abg. Herold sprach von der Anpassungsfähigkeit des Zw.- trums und sagte, das Zentrum sei, wenn auch immer etappenweise, so doch immer auf ein klares Ziel losgesteuert. Die Ziele des Zentrums sind allerdings außerordentlich klar, aber desto unklarer sind die Wege!(Lebhafte Zustimmung links.) Der Abg. Herold sagte, wir wollten die Drittelung in den UrWahlbezirken nick» and wollten daher auch den plutokratischen Charakter des Wahlrechts nicht abschaffen. Er vergißt dabei, daß wir den Vorschlag der Fest» setzung von gewissen Prozentzahlen für die Zugehörigkeit zu den obeccn Abteilungen gemacht haben. Von der Zentrumspartei , die eine Volkspartei sein will, hätten wir allerdings erwartet, daß sie eine andere Stellung zu diesen Vorschlägen eingenommen hätte (Sehr rickitrgl bei den Nationalliberalen). Gerade durch diesen Borschlag wären die Exzesse des Dreiklassenwahlrechts, die Abtei. langen mit ein und zwei Wählern beseitigt worden. Nun zu Herrn von Heydebrand. Es war bisher nicht d« Zweck von Antragen, gewissermaßen ein Stimmungsbild dieses Hauses zu geben(Sehr gut! links). Es mutzte Herrn von Hcyde- brand bekannt sein, daß 6 bis 9 Mttglieder unserer Frakrion für die öffentliche Wahl find, daß diese Herren aber absolut nicht den Ausschlag geben»Sehr richtig! links). Das StimmcnverhällnrL dieses Haukes gegenüber der öffentlichen Wahl war im vollen Um- fange bekannt. Herr von Heydebrand betrachtete als ein Beein- trächtigung seiner Partei, daß wir ihn daran gehindert haben, dieses Experiment auszuführen. Nun, ich erinnere an Dir Haltung der Konservative« und des Zentrums zum g I. Der Kompromißantrag enthält bekanntlich die Kombination von geheimer und indirekter Wahl. Wir wollen diesen Antrag teilen, um bei jedem Punkt daS Stimmenverhältnis dieses Hauses festzustellen. Wir sind durch die Herren rechts und in der Mitte daran gehindert worden!(Stürmisches Hört! hörtt links.) Sie kommen über die Tatsache nicht hinweg, daß Sie einen Antrag eingebracht haben, von dem Sie wünschten, daß er nicht ange- nommen würde.(Lebhafte Zustimmung links.) Sie wollten ein Dekorationsstück haben, und dazu gaben wir uns nicht her. Deshalb haben wir uns der Abstimmung enthalten.(Zuruf rechtS: Sie sind hinausgegangen l) Das ist dasselbe.(Widerspruch rechts.) Vom Entgegenkommen der Konservativen haben wir bis jetzt nur wenig gemerkt. Die Hand des Herrn von Heydebrand, die er uns ent- gegenstreckt, ist noch leer!(Heilerkeit.) Nun hat Herr von Heydebrand auf einen Zwischenruf gesagt, in der Zustimmung zur geheimen Wahl befänden wir uns in Gemeinschaft mit der Sozialdemokratie. ES ist jetzt eine Taktik namentlich gewisser Elemente des Bundes der Landwirte(Aharufe rechts), die nationalliberalc Partei als eine Bundesgenossin der Sozialdemokratie hinzustellen. Daß Herr von Heydebrand hier im Hause gleichfalls diese Taktik einschlägt, bedaure ich. Herr von liste Hardys finden sich nur drei Namen, deren Träger nicht zu den arbeitenden Klassen gehören, ein Herr Hugues Bilioty Dejam- bres de Belleville. Ritter vom Orden des hl. römischen Reiches, ein Mann in geistlichen Gewändern und einer, der nach seiner Kleidung dem besitzenden Bürgertum angehören mußte. Wie diese drei unter die Aufständischen geraten und mitgefangen worden sind, mag der liebe Himmel wissen, vermutlich hat sie entweder irgendein verteufelter Zufall oder die liebe Neugier in die gefähr- liche Situation gebracht, wie sich das ja bei allen revolutionären Bewegungen zuzutragen pflegt. Keinem der Verurteilten konnte nachgesagt werden, daß er durch Raublust zur Beteiligung an dem Angriff auf Reveillons Haus getrieben worden sei. Der Diebstahl hat dabei gar keine Rolle gespielt. Die Menge schädigte Ne- veillon wohl erheblich an seinem Besitz, aber nicht durch Raub, sondern durch Zerstörung. In vereinzelten Fällen hat jemand etwas als Trophäe davongcschleppt, so der unglückliche Pourrial, der am 29. April gehängt wurde. Seine ganze Bekleidung bestand in einer blutigen Hose und drei Hemden übereinander; davon trugen zwei die Anfangsbuchstaben der Namen Reveillon und Heu- riot, das dritte hatte nur einen Aermcl. Genug, von dem raub- lustigen Gesindel, das Eeschichtsklitterer vom Schlage Taines bei der Reveillonaffäre wie nachher in Aktion treten lassen, ist in Wirklichkeit nichts zu merken, sondern es handelt(ich um eine instinktive Regung verzweifelter Arbeiter, man darf sagen, um eine Hungerrevolte. Zweieinhalb Monate nach der Reveillonaffäre kam es wieder zu einer Erhebung in Paris , und diesmal folgte kein Strafgericht, weil es keine Revolte mehr war, sondern eine Revolution. Man erlebte ein paar Tag« nach dem Bastillesturm sogar die spaßige Tatsache, daß Herr Bessin, Staatsanwalt beim Hatelet, sich be­liebt zu machen suchte, indem er Lebensmittel für die Arbeiter verlangte und dies Verlangen damit begründete, diese Arbeiter, denen es an Brot fehle, hätten die geschichtliche Tat vollbracht, eben den Bastillesturm. In der Tat, die Kämpfer vom 14. Juli, das waren keineswegs, wie Tains und Konsorten wollen, Lumpen- Proletarier, Briganten, raublustiges Gesindel usw., sondern in ihrer Masse Arbeiter und Arbeitslose. Es war durchaus berech- tigt, wennPassWbürger" bei ihrem Verlangen nach dem Wahl- recht, das sie in MaralsVolksfreund" geltend machten, sich darauf beriefen, daß der Bastillesturm 10 000 armen Arbeitern zu verdanken gewesen sei. Sic waren dazu freilich keineswegs allein durch den Eifer für die Verfassungsarbeit der Nationalver- sammlung angetrieben worden, sondern in erster Linie durch die Hoffnung, ein neuer Zustand der Dinge werde ihnen Arbeit und Brot bringen, wie dies Cunow in seinem Buch über die revoluiio- näre Presse schon hervorgehoben hat. Diese Hoffnungen fanden zunächst wenigstens zu einein Teile Erfüllung. Die Freiheit wurde den Pariser Arbeitern Brot, weil die neuen Behörden nicht um- hin konnten, auf den gebieterischen Brotschrei der Massen zu hören. Im übrigen aber erntete das besitzende Bürgertum die Früchte des Kampfes, an dem es nicht teilgenommen, und die eigentlichen Sieger ließen sich so vollständig in den Hintergrund drängen, daß sogar in Zweifel gezogen werden konnte, wer denn eigentlich die revolutionären Kämpfe ausgefochten habe; aber die urkundlich feststehenden Tatsachen beweisen es, daß die Arbeiter schon 1789 genau so gut daS Gros der Kämpfer gestellt haben, wie in spätere« Revolutwnen.___ A. C.