Kr. 68. 27. Zahrgang.2. Skilage des Lawärls" Snliim Ualdsdlalt.Dievstag, 22. Mar; 1910.Partei- Angelegenheiten.Zweiter Wahltreis. Am Karfreitag findet eine Herrenpartieverbunden mit Besichtigung der Begräbnisstätte Klara Müller-Iahnkes statt. Treffpunkt 8 Uhr am Schlesischen Bahnhof sauf derSeite, wo die Untergrundbahn abfährt); Abfahrt 8.23 nach Rahns-darf. Für Nachzügler bis �/zll bei Witwe Klemm(RahnSdorferMühle). Der Vorstand.Sechster WahllrriS. Wie alljährlich, so findet auch in diesemJahre am K a r f r e i t a g die übliche Futzpartie statt. Treff-Punkt früh 0 Uhr im Restaurant„Rofi-Trappe", Westend, SpandauerChaussee. Von da ab: Abmarsch um 10 Uhr nach Pjchelswerderzum»Alten Freund". Zahlreiche Beteiligung ist erwünscht.Der Vorstand.Friedenau. Heute Dienstag, abends 9 Uhr, Mitglieder-Versammlung bei Mechelke, Handjerystr. 60/61. Tagesordnung:1. Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Der Erfolg bei der Gemeinde»iwahl. 3. Unsere diesjährige Maifeier. 4. Bericht von der General-Versammlung Grotz-Berlin. S. Anträge und Verschiedenes.Der Vorstand.Treptow.Baumschulenweg. Heute Dienstag, abends S'/a Uhr,findet eine außerordentliche Generalversammlung des Wahlvereinsim Lokal von Speer, Baumschulensir. 78, statt. Tagesordnung:1. Wahl des ersten Vorsitzenden. 2. Die Jagow-Jnterpellation inder Gemeindevertretung.— Das Verhalten der bürgerlichen Parteienbor und nach der Gemeindewahl. Referent: GemeindevertreterA. G e r i s ch. 3. Berichterstattung von der KreiS-General-Versammlung. 4. Berichterstattung von der GeneralversammlungGroß-Berlin. b. Verschiedenes.— Mitgliedsbuch legitimiert.Der Vorstand.Köpenick. Heute DienStag, den 22. März, abends Punkt 8 Uhr,findet beim Genossen Zipgan, Grünauer Straße 31, die Wahl-vereinSversammlung statt. Genoffe Mermuth spricht über:„März-erinnerungen". Der Vorstand.Grünau. Heute DienStag, abends 7 Uhr, findet von der GrünenEcke aus eine Kuvertverbreitung statt. ES ist unbedingt notwendig,daß sämtliche Mitglieder des Wahlvereins zur Stelle sind.Trebbin. Am Donnerstag, den 24. d. M.. abends 8'/« Uhr,findet im Schützenhaus eine Bürgerversammlung statt. TageS-ordnung: Die Vorgänge der letzten Zeit im Stadtparlament.Pankow. Heute, DienStag, abends SVa Uhr findet bei Groß-k u r t. Berliner Str. 27, eine außerordentliche General-Versammlung statt. Tagesordnung: 1. Bericht von der Ver-bandS-Generalverfammlung. 2. Neuwahl der beiden Bezirksleitersowie eines Delegierten zur KreiS-Generalversammlung. 3, Vereins-angelegcnheiten. 4. Verschiedenes. Mitgliedsbuch legitinnert.Die Bezirksleitung.Nieder-Schönhaufen. Heute, DienStag. abends S'/a Uhr findetbei Stechcrt sSchwarzer Adler). Blankenburger Str. 4. eine Volks-Versammlung statt. Thema:„Die hiesigen bürgerlichen Parteienim Schlepptau des ReichsberbandeS zur Bekämpfung der Sozial-demokratie". Referent: ReichStagS-Abgeordneter FritzK ü n e r t. Die Parteigenossen werden ersucht, für einen guten Be-such Sorge zu tragen. Die Bezirksleitung.Spandau. Am Karfreitag veranstaltet der Wahlverein eine Fuß-Partie nach Bötzow über Hennigsdorf. Der Abmarsch erfolgt früh7 Uhr Vom Genoffen Karl Gottwald, Schönwalder Str. 80.Der Vorstand.Berliner J�acbricbten*Der Friedhof der Märzgefallenen im Friedrichshain warinfolge des schönen Wetters am Sonntag das Ziel von Zehn-taufenden von Arbeitern. Mancher Besucher mutzte eineStunde Wartezeit opfern, bevor er bis zum Friedhof vorrückte. An Polizei in Uniform wie in Zivil fehlte es nicht.Wohl hatten die Schleifen infolge des Wetters vom Freitagzum Sonnabend etwas gelitten, die Inschriften waren teil-weise schwer leserlich, aber trotzdem machte das grelle Not derSchleifen einen tiefen Eindruck. An die vormärzliche Zeitwurden die Besucher erinnert durch Schleifen, aus deren Ver-fassung das Walten der Polizeischere ersichtlich war. ImJahre 1848 wurde die Zensur beseitigt, aber heute wird sienach wie vor ausgeübt, ganz abgesehen von der Vernichtungdes Eigentums, deren sich die Polizei als Schützerm desselbenschuldig macht.Die ortsüblichen TagelohnsStze. Der Obechräsident hat die orts-üblichen Tagelohnfätze gewöhnlicher Tagearbeiter vom 1. April 1910ob für männliche Personen über 16 Jahre aus 8,60 M., für weiblichePersonen über 16 Jahre auf 2,20 M. festgesetzt. Daher sind vom1. April ab für invalidenversicherungSpflichtige weibliche Personen,die einer Krankenkasse nicht angehören, also z. B. für weiblicheDienstboten, Aufwärterinnen, Reinniachesrauen und HausreinigerinnenVersicherungsmarken der dritten Lohnklasse zu Ä Pf., nicht wiebisher Beitragsmarken der zweiten Lohnklaffe zu 20 Pf. zu ver«wenden. Bei männlichen Personen bleibt eS bei der bisherigenMarkenverwendung.Zu Ehrenmitgliedern des GrnndbesitzervereinS.Ostensind der Bürgermeister Reicks und der Berliner Polizeipräsi-dent v. Jagow ernannt worden. Beide haben die Ehrenmit-gliedschaft angenommen. Bekanntlich hat Herr Reicke ineiner Rede beim 25. Stiftungsfest des Vereins eine besondereVerschönerung des Andreasplatzes in Aussicht gestellt. Ueberdie Verdienste des Herrn v. Jagow erfährt man nichtsNäheres._Jagow auf der Höhe.Welchen Schatz besitzt der preußische Staat an dem Polizei«Präsidenten von Berlin! Wie er alle Anschläge des Umsturzes zunichts zu machen weiß, seien sie auch noch so fein auSgekügelt I DerJagow läßt sich nicht hinters Licht führen. O nein, der ist geradezuVon überpolizeilicher Schläue!Da hatte zum Sonntagabend der Jugendausschußvon Berlin nach den» A r m i n h a l l e n' in der Komman-dantenstratze eine Jugendversammlung einberufen, in der GenosseLedebour über„Märzdichter" sprechen sollte. Arglose Leutewürden glauben: Nun, da werden Gedichte vorgelesen, Lieder vor-gettagen, eine Art Märzfeier abgehalten und dann gehen die paarhundert jungen Männer und Mädchen friedlich nach Hause. So hatsich die Versammlung tatsächlich auch abgespielt. Aber Jagow wußtebester, was eigentlich dahintersteckte. Seit dem 6. März ist er aufder Hut. Durch genialen Spürsinn hatte er gewittert, daß dieJugendlichenversammlung nur eine MaSke war. Von den„Armin-hallen" aus kann man in zehn Minuten da? Schloß erreichen.Merkst du was, Patriot? Das Vaterland war in Gefahr.Doch die Umstürzler hatten nicht mit der überlegenenStrategie unseres Jagow gerechnet. Ms um 10 Uhr diejungen Leute— eS waren nur ein paar Dutzend ältererPersonen dazwischen— au» der Versammlung herausströntten,fanden sie die Skatze in ein Kriegslager verwandelt. Einige Polizei-offiziere führten das Kommando über, so weit man sehen konnte,etwa 60 Schutzleute. Nadfahrende Schutzleute jagten hin und her,fast unter jedem Laternenpfahl stand ein Posten, die Eingänge zuden angrenzenden Straßenzügen waren mit kleinen Abteilungen vonSchutzleuten besetzt.Die Versammlungsbesucher stießen Rufe der Verwunderungaus:„Ist denn hier ein Raubmord passiert?",„Das ist ja wieeine Szene aus Krähwinkels Schreckenstagen", schwirrte es durch-einander und immer wieder erschallte fröhliches Lachen. Aber dadurchlasten sich Jagow und die Seinen nicht täuschen. Das Lachen solltenur die Enttäuschung über die Vereitelung des schnöden Umsturz-planes verdecken. Nicht der geringste Versuch wurde gemacht, vomLustgarten oder der Löwengrube oder den Domtreppen aus unlieb-same Rufe nach dem Schloß hiuübergellen zu lasten. Wo dieKommandantenstraße und Beuthstraße sich gabeln, hatte der großePolizeistratege einen Kordon von Schutzleuten quer über die Straßeziehen lassen, um den von den Arminhallen erwarteten Feind zurück-werfen zu lasten. Aber eS war nicht nötig; nur einzelne Personen,in Gruppen zu zweien und dreien zogen dieses Weges. Als Ledebourgleichfalls mit zwei Damen durch den Kordon hindurch demDönhoffplatze zugegangen war, kam plötzlich ein radelnder Schutz-mann dicht an der Bordschwelle entlang hinter ihm hergefahren,faßte ihn im Vorbeifahren scharf ins Auge, drehte umund fuhr im scharfen Tempo nach dem Hauptquartierzurück, jedenfalls um zu melden, daß nunmehr die Gefahr beseitigtsei, da der Feind sich zerstreue. Darauf wurde denn auch der Kordonan der Kommandantenstraße zurückgezogen.Aufatmend werden die treuen Untertanen ausrufen: WelchesGlück, daß wir in der Hut unseres Jagow ruhig weiter schlafenkönnen I Mögen die schwarzen Pläne der roten Umstürzler immerso zuschanden werden wie am 20. März l Wahrlich, wenn jenespreußische RuhmeSwort im schönsten Bülowstil sagt: Preußen inDeutschland voran! so setzen wir in alleruntertänigster Begeisterungnunmehr noch hinzu: Jagow in Preußen voran! Heil!„Rotkoller". Die„Berliner Volkszeitung" weiß zu berichten,daß das Aushängen eines Kranzes mit roter Schleife in demSchaufenster des Blumenladens Alexandrinenstr. la von demRevierpolizeileutnant verboten worden ist. Ob etwa auf derSchleife ein„blutrünstiger" Vers stand, der den Bestand deSDeutschen Reiches oder sonstwie die polizeiliche Ordnung zu ge-fährden imstande war. wird nicht mitgeteilt.Ueber die Sache selbst noch ein Wort zu verlieren, nachdemdie Nervosität des Berliner Polizeipräsidenten längst auf seineunteren und untersten Beamten übergegangen ist, halten wir fürgänzlich überflüssig. Interessant ist nur, daß die Polizei nichtauch schon auf die roten Fahnen Jagd gemacht hat, mit denen seitmindestens anderthalb Monaten die Bierwagen der Berliner Bock-bierbrauerei zur Reklame geschmückt sind.So gewöhnt man den Berlinern die Begeisterung— ab!Ein großes Polizeiaufgebot stand am Montag gegen%3 Uhrnachmittags im Lustgarten vor dem Königsschloß, als unserWeg uns chier zufällig vorüberführte. Was war los? Erwarteteman wieder mal einen Zug von Wahlrechtsdemonstranten, die ihrenRuf nach einem gleichen Wahlrecht für Preußen zu den Fensternda oben hinaufschicken würden? Nervös fiebernde Unruhe ergriffplötzlich alle Schutzmannsherzen, so daß sie— sichtbar fast— gegendie blauen Uniformen hämmerten. Aus dem Schloßportal ritt eineGruppe bunt uniformierter Reiter heraus, ein reichliches Halb-dutzend Offiziere— und in ihrer Mitte der Kaiser, jedem er-kennbar durch die besonderen Zutaten seiner Uniform, sowie durchHaltung, Miene, Bart usw. Langsam trottete er den„Linden"zu, wohl um nach dem Tiergarten zu gelangen und einen Spazier-ritt zu machen. Wir sahen ihm vom Lustgarten aus nach, bis er— an dem durch SchutzmannSreihen bewachten Publikum vorüber-reitend— die Schlohbrücke erreichte. Vier bis sechs Hüte sahenwir— oder waren es mehr?— sich heben, auch ein oder zweiTaschentücher wurden geschwenkt, aber kein Ruf drang an unserOhr. Das Ganze kam uns ein bißchen sehr still vor. Warummögen die Schaulustigen, die da standen, keinen Begeisterungsaus-bruch zustande gebracht haben? Vielleicht deshalb nicht, weil man niewissen kann, ob nicht ein nervöses Schutzmannsohr die Sache falschauffaßt und dann die Polizei sauft gegen die patriotischenHochrufer auS Mißverständnis ebenso unsanft in Aktion tritt, wiesonst nur gegen rufende Wahlrechtsdemonstranten. Ja, so gewöhntman den Berlinern die Begeisterung ablDer Osterumzug hat schon am Palmsonntag, begünstigt vomschönsten Winterwetter, überaus flott eingesetzt. Ueberhauptwerden die eigentlichen UmzugStermine nicht mehr so genau wiefrüher eingehalten. Man ist endlich dahinter gekommen, daß eSZeit und auch Kosten erspart, wenn man sich verabredet, dieWohnung zu einem beistmmten früheren Termine zu räumen.Alsdann ist Möbelfuhrwerk billiger zu haben als an den dreiHauptziehtagen, wo sich alles zusammendrängt. Vorgestern istreichlich ein Drittel aller Aprilumzüge bewerkstelligt worden. Manhat ja auch das Bestreben, schon vor dem Feste, das diesmal kalender-mäßig wenig günstig fällt, in der neuen Wohnung zu sein. Auchdie meisten Hauswirte, die heutzutage in Anbetracht der vielenTausende leerstehender Wohnungen sehr kleinlaut geworden sind,lasten in dieser Beziehung mit sich reden. Wieder fielen die außer-ordentlich vielen Umzüge in den neueren Straßenvierteln auf.Hier macht sich vorläufig noch recht wenig Seßhaftigkeit bemerkbar,was auf die mangelhafte moderne Bauart zurückzuführen feindürfte. Alles sieht äußerlich wunderschön aus, aber erst nachdem Einzug besieht man den Schaden. Und zum nächsten Terminwird— abermals gekündigt.Unsere Abonnenten möchten wir darauf aufmerksam machen,der Zeitungsspcdition rechtzeitige und genaue Mitteilung von derneuen Wohnung zu machen, insbesondere Angaben, ob die neueWohnung vorn, im Seitenflügel und wie hoch belegen ist.Einen WutauSbruch deS frommen„Reichsboten"hat die Tatsache veranlaßt, daß neulich die Polizei aus dem Bcr-liner Rathause verwiesen wurde, und weil der Vorsitzende derAeltesten der Berliner Kaufmannschaft, Herr Kaempf, öffentlicherklärt hat, in Zukunft der Polizei im Börscngebäude keine Frei-statt mehr gewähren zu wollen.Der„ReichSbotc" schreibt:„Wie unlängst der Oberbürgermeister von Berlin, so hatjetzt der„alte Kaempf" den Mannesmut vor Königsthronen gr.funden, um ihn vor Paul Singerleben zu verleugnen und sich„prinzipiell" dazu bekannt, daß, so wenig wie im Rathaus, aufder Börse— selbst an den Tagen, die zu kritischen auswachsenkönnten— Schutzmannsabteilungcn, wenn auch nur ganz vor-übergehend, Aufenthalt nehmen dürfen.Der Teil der Berliner Presse, der von der Sozialdemokratiebereits so abhängig ist, daß er alles schluckt, waS ihm von denRoten zugemutet wird, hat glauben zu machen versucht, daß esdas Gremium der Stadtväter als unter seiner Würde erachtenmüsse, sich für das Wohl einer Stadt weiter zu plagen, in derenRathaus an einem bewegten Tage einmal Schutzleute zur Vor-Lorge aufgestellt werde» konnten. Sie bekämen vielleicht in derNähe zu tun, oder durch ihr plötzliches Auftauchen auf der Bild-fläche ließe sich eine mehr oder weniger große Gefahr und un-absehbares Unheil abwenden.Wer in der Entwickelungsgeschichte der Menschheit einiger-maßen Bescheid weiß, braucht nicht lange sich zu besinnen darauf,wann und wo es sich als ganz nützlich erwies, daß beispielsweiseHerr Lepine in Paris einen gewissen Fall vorbedacht hatte, weilin einem gegebenen Moment irgendwo Militär oder Garde Re-publicaine in die Erscheinung traten, verlor eine Komplikation, dieentstand, sofort ihren gefährlichen Charakter: es brauchte keinBlut zu fließen, im anderen Falle wäre dies vielleicht unabwend-bar gewesen. Selbst im Dunstkreis der französischen Deputierten-kammer und des Pariser Oberhauses wird an dem Aufenthaltvon Garde Republicaine, ja sogar an dem von Zügen von In.fanterie ein Anstoß nicht genommen. Nach der Seite des Quaid'Orsay liegen nicht etwa nur an kritischen Tagen, sondern stän-dig unter der großen Freitreppe des Palais Bourbon etwa 2bInfanteristen unter Führung eines—(o entsetzlichl) Leutnants.Ein außerordentlicher scharfer Postendienst ist organisiert undjedwede Nase, die sich zeigt, wird aufs Korn genommen.Wenn der Präsident der Lwtmmer bei Beginn der Sitzungdas Vestibül durchschreitet, säubert ein Zug Garde Republicaineden Vorsaal.Die scharfe Bewachung des französischen Unter- und Ober-Hauses datiert von der Zeit her, wo von der Journalistentribüneim Palais Bourbon ein— Bombenattentat verübt wurde.Wir kennen unsere Rathaushabitues und Börsenheiligen zugenau, um uns überzeugt zu halten, daß ein Appell an dieFurcht außer der vor sozialdemokratischer Erprcsserei an ihrenMannesbrüsten abprallt. Woran wir erinnerten, das soll nichtheißen: denkt daran, daß so etwas, was in Paris passiert, auchnoch einmal in Berlin vorkommen könnte.— Nein! Es kannuns lediglich daran gelegen sein, zum Bewußtsein bringen zuhelfen, wie unglaublich lächerlich es ist, wenn die sonst so tapferenFortschrittsleute im Rathause und im Goldcnen-Kalbspalast eSals einen Beweis von Mannesmut vor Königsthronen ansehenund sich damit vor Paul Singerleben brüsten, der Sozialdemo-kratie zu Liebe nicht zu dulden, daß dort eine Schutzmanns-abteilung, wenn auch nur vorübergehend, Unterschlupf suchenmöchte._Man stelle sich das Geschrei vor, das ön Neujerusalem auS-bräche, und das Geschimpfe auf die Polizei, das vom Cafe deSWestens bis zum Treptower Park tobte, wenn einmal in derNähe des Rathauses oder der Börse bei einer Demonstrationnicht etwa ein Milligramm von dem edlen Blute der Stämmezum Fließen gebracht würde, deren Deszendenz in den genanntenHäusern zu gewissen Stunden in auserwähltesten Exemplarenarbeitet und das Verdienen groß schreibt. Nein: Wer eS könnteneinige Tropfen von irgendwelchem Blut, das draußen vergossenwird, in wenn auch noch so minimaler Zerstäubung auf eineweiße Weste oder Binde sich verirren, worin man unter Um-ständen im Rathaus oder auf der Börse versammelt ist/ wennman im Anschluß an die Arbeit noch ein Vergnügen vorhat.„Wo ist die Polizei, wo ist der Schutzmann, wo waren fie,wo sind sie gewesen?" würde eS tagelang bei alt und jungheißen, und am Alexanderplatz müßten sämtliche Telephons ab-gehängt werden, um sich vor den Gewittern von Vor- und An-würfen halbwegs zu retten.Im„Kladderadatsch" auS dem Jahre 1848 findet sich einsprechendes Bild. Kommunard?, wie sie damals wuchsen, zwingendie Bürgergarde, ehe sie auf Wache zieht, ihre Gewehre an dieKommunards abzugeben.„Damit der Stadt kein Schade ge-schehel"Nur zur Erheiterung unserer Leser geben wir den vorstehendenErguß wieder. Der Verfasser ist, um in seinem Jargon zu. reden,zweifellos„mefchugge"._Wege» Sammlung für einen Kranz der Märzgefallenen hat sichdie Meierei von Bolle, Alt-Moabit 98/103. an einigen bei. ihr be«schäftigten Handwerkern gerächt. Zirka 25 Handwerker und Arbeiterhatten in» Laufe der vergangenen Woche einen Betrag für einenKranz zusammengebracht. Donnerstag früh wurde durch Vorgesetztegewarnt: Wer sich morgen demonstrativ beteiligt, hat sich alsentlasten zu betrachten. Mit der Niederleaung des Kranzeswurde ein Arbeitsloser beaustragt. der seiner Pflicht auchgenügte. Aber nichtsdestoweniger mußte die schöne Handlungder Arbeiter gerochen werden, und so wurden denn am Sonnabendsechs Mann— vier Klempner und zwei Arbeiter— entlasten, weilsie, wie der Obermeister sagte, einen Kranz niedergelegt habensollen. So wird mit den Arbeitern umgesprungen, die diesem„Musterbettieb" ihre Arbeitskraft hingeben. Natürlich ist das nurmöglich, weil die Organisation noch sehr schwach ist. Die An-gestellten find sich noch zu wenig ihrer Klassenlage bewußt, was zurFolge hat, daß ihnen eine Behandlung zu teil wird, die freienArbeitern nicht geziemt.Eine teilweise Absperrung deS Treptower Parke» wird durch diekönigl. Eisenbahndireklion Berlin vorgenommen, die den einzigenVerbindungsweg zwischen Stralau und Treptow, de» sog. Parkweg,durch ihre Arbeiten am Bahnhof Treptow vollständig unpassierbargemacht hat. Seit dem November vorigen Jahres bereits ist derUmbau des Bahnhofes Treptow im Gange und jetzt beginnt manmit den Aufschüttungen, wobei an der Eisenbahubrücke gewaltigeErdbewegungen vorgenommen werden. Die Erschwerung deSPassierenS dieses überaus stark frequentterten Parkweges hat nun zuganz unhaltbaren Zuständen geführt, so daß die meisten Passantensich cntschließen müssen, auf diesen Weg überhaupt zu verzichten.Die Sache hat noch insofern ein besonderes Interesse, als damit denerholungsbedürftigen Bewohnern von Berlin 0. und Stralau sowieRummelSburg der Zugang zum Treptower Park, ihrer einzigen Er-holungsstätte, gesperrt wird, indem sie. um in den Treptower Parkzu gelangen, den weiten Umweg über die Oberbaumbrücke unddurch den Schlesischen Busch machen müssen. Es sind schon privateBeschwerden erhoben worden, die jedoch keinen Erfolg hatten. Jetztindessen werden sich die Gemeindevertretungen von Stralau undTreptow sowie die daran interessierten Gastwirte mit der Angelegen-heit beschäftigen.Die Pietät der Kirche. Dem„Berliner Lokalanzeiger" wirdglaubwürdig geschrieben:„Auf dem Dankesfricdhof wurde am 11. März ew mirpersönlich nahestehender junger Mann beerdigt. Am 13. wollteich das Grab des Verstorbenen aufsuchen, konnte es aber nichtfinden. Auf meine Erkundigung erhielt ich den Bescheid, daßdas Grab noch keinen Hügel hat und die Kränze abseits davonliegen. So war es denn auch. Die teueren Kränze, welche demToten gewidmet worden waren, lagen ungefähr zehn Schrittentfernt auf einen Haufen geworfen. Das kann doch kaum inder Ordnung fem."So etwas verwundert uns gar nicht weiter. Der Kirche isteS die Hauptsache, daß erst mal das Geld im Kasten klingt. Dannwird die Seele schon von selbst in den Himmel springen. Auf diePietät aber, die die Angehörigen der Toten beänspruchen, pfeiftdie Kirche.In dem Wettbewerb zur Erlangung eines Bebauungsplanesfür Groß-Brrlin ist am Sonnabend, den 19. März, die Entscheidungdes Preisgerichts gefallen. Es wurden, da nur 4 von de» ein-gegangenen 27 Entwürfen für die Preisverteilung nach dem Urteilder Preisrichter in Frage kommen konnten, beschlossen, von den 5ausgesetzten Preise» nur 4 zur Verteilung zu bringen. Da sich dieMehrheit der Preisrichter nicht auf einen der vorNcgenden Eni-würfe für den ersten Preis einigen könnte, wurde beschlossen, den.«steo und zweiten PPreis zusammenzulegen und in zwei gleichen