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Achten sei«. Und dazu so» nunmehr daS Gesinde auch Dei ze zahlen. Werden Dienstboten gleichzeitig in dem Betriebe oder jjem Eriverbsbetriebe der Herrschaft versicherungspflichtig bc tigt, so ist diese Beschäftigung für ihre Versicherung maß- Nd, sofern sie nicht so geringfügig ist, daß sich für sie allein t einem Beschlust des Bundesrats über Nichtversichcrungspflicht vorübergehend Beschäftigter) die Versicherungspflicht nicht de gründen würde. Unständig Beschäftigte tteunt die Reichsversicherungsordnung Personen, deren Beschäftigung «Wch die Natur ihres Gegeilstandes oder im voraus durch den Arbeitsvertrag auf den Zeitraum von weniger als eine Woche bei schränkt ist. Diese sollen bei der allgemeinen O r t s k r a n k e n- t äffe und, sofern sie überwiegend in landivirtschaftlichen Betrieben �beschäftigt sind, bei der Landkrankenkasse ihres Beschäfti- gungsorteS versichert werden. Damit diese unständigen Arbeiter den Segen der Krankenkasie auch voll erfahren, soll die Krankenkasse die Befugnis erhalten, sie zur Feststellung ihrer Versicherungspflicht zu laden oder durch die Polizeibehörde laden zu lafleii. Der Bureaukratismus geht sogar soweit, die unständig Befchästigten mit Geldstrafe bis zu 10 Mark für den Fall zu be drohen, daß sie der Ladung keine Folge leisten. Ihre Mitgliedschaft bei der Kasse beginnt nicht bereits mit der Be- schäftigung, sondern erst mit der Eintragung in das Vsr zeichnis, das die Kaste über die Mitglieder zu führen hat eine bureaukratische, mit dem Zweck und allgemeinen Grundsatz des Krankenversicherungsgesetzes und eines KassenzwangeS durchaus unvereinbare Vorschrift. Die unständig Bcschäftiglcn sollen ihren Beitragsanteil an den Zahltagen s e l b st an de» Kassen einzahlen. Die Statuten der Kasten können eine Karenzzeit von sechs Wochen für Unständige fest legen. Hat ein unständig Beschäftigter seinen Beitragsanteil im Laufe der letzten 26 Wochen für mehr als'8 Wochen nicht geleistet, so erhält er bei Erkrankung nur freie Krankenpflege. Die Mitgliedschaft dauert auch während der Zeit fort, in der vorübergehend eine Beschäftigung gegen Entgelt nicht stattgefunden hat. Den Gesamtbetrag der Beirragsanteile für die A r b e i i g e b e r der unständig Beschäftigten soll der Gemeinde- verband zahlen und kann die vorgelegten Beträge auf alle Einwohner des Kasienbezirks oder in anderer Weise umlegen. Die unständig Beschäftigten und deren Arbeitgeber können bei der Krankenlaste weder Stimmrecht ausüben noch Kastenäinter be� lleiden. Wandergewerbe. Der Unternehmer eines Wanderbetriebes, der eines Wände* gewerbefchcines bedarf, hat die in diesem Betriebe beschäftigten Per sonen, soweit er sie von Ort zu Ort mit sich führen will, ihrer Zahl nach bei der Londkrankenkaste des Ortes als Mitglieder anzumelden, bei dessen Polizeibehörde er den Waiidergewerbeschein beantragt. Er hat bei der Anmeldung die Beiträge für die Geltungsdauer des Wandergewerbes im Vorauö zu entrichten und kann den Versicherten für Zeiten, die längstens einen Monat zurückliegen, die Hälfte der von ihm dafür gezahlten Beträge vom Lohne abziehen. Hausgewerbe. Hausgewerbetreibende sollen bei der Londkrankenkaste ver- sichert werden, in deren Bezirk sie ihre eigene Betriebsstätte haben. Bei der gleichen Kaste werden die Personen versichert, die sie in ihrem Hausgewerbebctriebe beschäftigen. Auf die HailSgewerbe> treibenden finden die für die unständig Beschäftigten geltenden Vor schriften über Anmeldepflicht, Schikanierungsmöglichkeit durch Ladungen zur Kaste, also durch Landrat, Kreisselretär, Militär anwärter und dergleichen entsprechende Anwendung. Der Motivenversasser hat sich angesichts der auch von ihn» nicht bestrittenen traurigen wirtschaftlichen Lage der meisten HauS> industriellen schier den Kopf darüber zerbrochen, wie die Kosten veitrage ankgebracht werden könnten. Der Gedanke, sie wie die ge samten Kosten durch Einkommensteuer auf hohe Vermögen, oder durch das Reich oder Bundesstaaten tragen zu lasten, oder wie eS Bis marck für alle Kastenarten vorschlug, wenigstens die Kosten für Per sonen mit Einkommen von nur 550 oder 760 oder 1000 M. dem Reich aufzulegen, dämmerte ihm mal. Aber sofort kam ihm bei, dast die Arbeiter ja keine Arbeit g e b e r seien. Und da kam er auf die an verschiedenen Stellen der Motive wiederholte sublime Idee: das geht nicht. denn wenn Leistungen ohne vorherige Beiträge erfolgen, so sind das Armenleistungen als ob nicht von der Regierung, Bismarck  an der Spitze, und sämtlichen Sozialpolitikern ohne Unterschied der politischen Auffasiung stets anerkannt ist, das-, die gesamte sogenannte Arbeiterversicherung nichts anderes als eine würdigere Ausgestaltung der Armen- pflege, aber auf Kosten der Arbeiter ist! Bethmann Hollweg  . Delbrück   und Genossen verwerfen selbst hier die Erfüllung der Pflicht, die Kosten der Versicherung durch Eiukommensteuer auf- zubringen oder durch das Reich oder die Bundesstaatelt tragen zu lasten. Da« ist nur dadurch erklärlich, dast sie offensichtlich, wenn auch sich selbst nicht bewußt, die Aufgabe einer soziale» Versicherung nicht in einem Borbeugen gegen Krankheit, Invalidität usw. und in einem wirtschaftlichen Ausgleich der von den Unfällen des Lebens betroffenen Arbeiter sehen, sondern in einer unter dem Schein einer Versicherung" erfolgenden zum Himmel schreienden Ausbeulung der Arbeiter. Auf diesen Punkt werden wir ja noch de« näheren einzugehen haben. Der Entwurf gelangt zu folgendem Vorschlag über die Aufbringung der Mittel für das Hausgewerbe: Die Beiträge zur hausgewerblichen Krankenversicherung werden zu eine», Teile von den Personen aufgebracht, in deren Auftrag und für deren Rechnung die bauögewerblichen Arbeiten geleistet werden(Austraggeber), zum anderen Teile von den Hausgewerbe- treibenden selbst und den von ihnen hausgewerblich beschäftigten Versicherungspflichtigen. Die Beiträge der Auftraggeber be- messen sich unabhängig von der Versicherung und Kaffen« zuaehörigkeit der einzelnen Hausgewerbetreibenden und von der Höhe und Zahl der Beiträge, die sie für sich und die von ihnen beschäftigten Perionen einzuzahlen habennach der Höhe des Entgelts, den der Auftraggeber für die ihm gelieferte Arbeit dem Hausgewerbe- treibenden zahlt. Der Wert der von dem Hausgewerbe- treibenden beschafften Roh- und Hilfsstoffe bleibt bei der Berechnung des Entgelts außer Ansatz. Diest   Zuschüsse der Arbeitgeber sind bis zum 31. Dezember 101t auf zwei vom Hundert des Entgelts festgesetzt. Die Satzung setzt die Beiträge, welche die Hausgewerbe- treibenden für sich und für die von ihnen beschäftigten hausgewerb- lichen Versicherungspflichtigen einzuzahlen haben, sowie die Kaffen- leistungen für diese Personen besonders fest. Als Gnmdbetrag für die Beiträge und baren Leistungen dient der OrtS lohn. Die Beiträge sind so zu bemessen, daß sie zusammen mit den der Kasse zufließenden Auftraggeberbeiträgen ausreichen, um die Be- lastuna zu decken, die der Kaste durch die Versicherung ihrer Haus- uewervlichen Mitglieder erwächst. Solange sich die Höhe der voraus- sichtlich einkomniende» Auftraggcberbeilräge nicht annähernd feststellen läßt, sind die Beiträge so zu bemessen, daß sie die Hälfte der Be- lastung decken, die der Kasse bei Gewährung der Regelleistungen an ihre hausgewerblichen Mitglieder erwachsen würde. Soweit diese Beiträge für die von den Hausgewerbetreibenden beschäftigten hausgewerblichen Versicherungspslich- tigen zu leisten sind, entfallen sie zur Hälfte aus diese, zur Hälfte aus die Hausgewerbetreibenden. Als K r a n k e n'n n t e r st ü tz u n g ist den h a uSg e w e r bk ich Versicherten neben der freien Krankenpflege ein Kranken- g e l d zu gewähren. Die Höhe dieses Krankengeldes richtet sich nach dem Betrag der dem Hausgewerbetreibenden gutgeschriebenen Auftrag- geberbeiträge. Der Betrag dieses Krankengeldes verhält sich, soweit die Satzung nicht ein anderes bestimmt, zu dem des gesetzlichen Kranken- gelbes wie die Gesomthöhe der im letzten Rechnungsjahre dem HauS« gewerbetreibenden gutgeschriebenen Auftraggeberbeiträg! zu der Gesamthöhe der Beiträge, die der Hausgewerbetreibende für diese Zeit einzuzahlen halte. Hat die Versicherung erst kürzere Zeit be- standen, so ist die Beitragsleisiung in diesem Zeitraum der Berechnung zugrunde zu legen. KuaPPschaftliche Krallkenkassen. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Knappschaftsvereine und die Knappschaftskassen sind für den Berfasserdes Entwurfs ein Rühr- michnichtan. Statt endlich der Zersplitterung im Krankenkastenwesen durch Beseitigung der Knappschaflskassen, Jnnungs- und Betriebs kosten ein Ende zu bereiten, will der Entwurf sorgsam alle reich« und landesgesetzlichen Vorschriften konservieren, die gegen daS Interesse der Arbeiterklasse und der Gesamtheit sind. Führt der Entwurf so insbesondere auch durch die vielen Sonderbestiminungen, die er gegen ländliche Arbeiter, Dienstboten. unständig Beschäftigte, gegen die im Wandergewerbe Beschäftigten und gegen die Hausgewerbetreibenden vorschlägt, zu einer noch größeren Zersplitterung, als sie bereits der bestehende Zustand aufweist, so will der Entwurf mit den freien Hilfskasien radikal aufräumen. Sie sind ihm ein Dorn im Auge, weil sie auf Selbsthilfe der Arbeiter beruhen. Denselben reaktionären Weg, den die kurzsichtigen Regierungen im Widerspruch mit der über- großen Mehrheit deS Reichstages, insbesondere seit Beginn der 70er Jahre gegen alle Arbeitervereine führten, die eine Bester- stellung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter anstrebten, beschreitet, freilich minder aufrichtig, der Entwurf. Der wesentliche Inhalt der in den ZZ 528 bis 548 niedergelegten Vorschläge der Reichs- versicherungSordnung zur H i l f s k a f s e n f r a g e ist der: Ber- sicherungSvereine auf Gegenseitigkeit, denen als eingeschriebenen HilfSkassen eine Bescheinigung nach§ 75a deS KrankenversicherungS- gesetzeö vor dem 1. April 1009 erteilt ist, sind auf ihren Antrag für den an diesem Tage satzungsmäßig bestimmten Bezirk und Kreis ihrer versicherungspflichtigen Mitglieder als Ersatz lassen zuzulassen, sofern sie mindestens 1000 Mitglieder haben und ihre Satzung näher bezeichneten Anforderungen genügt, die im wesentlichen aus dem Hilfskasiengesetzentwurf entnommen sind. Hilfskasten sollen nur noch im Rahmen des wiederholt dem Reichstag vorgelegten HilfSkassen- gesetzentwurfs zugelassen werden, der wiederum dem Reichstag zu« gehen soll. Nach ihm sollen Hilfskasseu nur noch als dem Privat- versicherungSgesctz unterworfene, also lonzessionspflichtige Ber- sicherungSvereine auf Gegenseitigkeit zulässig sein. Die Zu- gebörigkeit zu den in Ersatzkassen   umgetauften HilfS- kasie» soll in Zukunft bewirken, daß auf Antrag der Versicherungspflichtigen ihre Rechte und Pflichten als Mitglieder der OrtS-, Betriebs- oder JnnungSlrankcnkasten ruhen. Ihre Arbeitgeber haben jedoch den auf sie als Arbeitgeber entfallenden Beitragsaitteil an die OrtS-, Betriebs- oder JnnungSkrankenkasse ein- zuzahlen._ Achte GkNtralvtrsmtnluilg des Verbandts der Zteiu fther, Pflßstmr nh Serufsgevosstn Deutschlands  . Köln  . 23. März 1910. Dritter VerhandlungStag. Der Verbandsbeirat hatte während der Berichtsperiode be- schlössen, daß auch die von einem Streik oder Aussperrung be- troffenen Mitglieder während der Dauer des Kampfes Wochen- beitrüge in Höhe eines Stundenlohnes zu zahlen haben. Nach einer langen Debatte wird in namentlicher Abstimmung entschieden, daß dieser Beschluß auch in Zukunft bestehen bleiben soll. Für denselben stimmen 69 Delegierte, die 7267 Mitglieder vertreten; gegen denselben 25 Delegierte mit 4014 Mitgliedern. Dann wird beschlossen, daß künftighin der Verbandsbeirat sich zusammensetzen soll aus drei besoldeten Mitgliedern des Zentral- Vorstandes, dem Vorsitzenden des VerbandsausschusseS, sieben(Law leitern und einem aus jedem Gau zu wählenden Delegierten. Darauf referiert Knoll über den Reichstarif. Der Vorstand hat den Entwurf eines Reichstarifs an sämtliche Filialen, sowie an die Unternehmcrverbände gesandt. Den neu- gegründeten R e i ch S v e r b a n d für die Arbeitgeberverbände hat er brieflich über feine Stellung zum Reichstarif interpelliert. Der Vorstand des Reichsverlxrndcs ließ antworten, daß auch er auf den Abschluß eines ZentraltarifeS hinarbeiten will. Aber VerHand- lungen könne er erst für eine spätere Zeit zusagen, da er die nächste Zeit mit organisatorischen Aufgaben ausnützen müsse. Aus dieser Antwort geht hervor, daß die Unternehmer als Vorarbeit für die Reichstarifverhandlungen die Stärkung ihrer Rüstung betreiben. Die Arbeiter müssen unbedingt dasselbe tun. In der Diskussion weisen die Gauleiter Pitschk e- Frankfurt und L i n k e- Düssel. darf sehr eindringlich auf die Schäden und Gefahren hin, die nach ihrer Meinung aus einem Reichstarif entstehen. Pitschke führt aus: Aus Zentralwrifen entwickeln sich zentrale Kämpfe, bei denen die Erfolge für die Arbeiter geringer werden. Die Vorgänge im Baugewerbe bestätigen, daß Zentral- tarise die Situation zugunsten der Unternehmer verschieben. So- gar die Behörden werden in ihrer Solidarität gegen die Arbeiter durch die zentralen Kämpfe gestärkt. Am vorteilhaftesten sind Tarife für kleine Bezirke. Der Fortschritt, den ein Reichstarif einzelnen Bezirken bringt, ist gering. Dagegen werden den Be- zirken, die durch selbständiges Vorgehen bedeutende Vorteile er- ringen können, fernere Erfolge fast unmöglich werden. Auch zur Regelung der Ueberlandarbeit bedürfe es keines Reichs- tarifeS. Die größte Vorsicht sei auch deshalb nötig, weil sich eine Tendenz in der Rechtsprechung bemerkbar mache, die GeWerk» schaften schadenersatzpflichtig zu machen. Der Verband solle also zum mindesten �die EntWickelung zum Reichstarif nidht fördern. Li n k e- Düsseldorf sagt: Bisher war der Abschluß von Tarifen für größere Gebiete für den Verband von ziemlich un- glücklicher Bedeutung. Die EntWickelung wird aber beim Reichs- tarif nicht stehen bleiben. Sobald das Unternehmertum mit den Bauindustriellen verschmolzen ist, werden sie eines Tages einen Generaltarif für das ganze Baugewerbe präsentieren. Daß bei solcher Zentralisation der Bewegungen und Kämpfe die Kräftever- teilung sich zuungunsten der Arbeiter verschiebe, hat Pitschke ;anz richtig ausgeführt. Man sieht es auch im Baugewerbe. Was iwS zentralisierte Bauunternchmertuin jetzt den Arbeitern als so- genannten Vertrag bietet, ist lediglich ein Dekret seiner Macht. Die EntWickelung wird den Reichstarif bringen; aber nur die kraftvollste Organisation wird imstande sein, die daraus drohenden Gefahren abzuwenden. Krogmann- Hamburg spricht in demselben Sinne, wäh. rend Franke-Leipzig und S ch e n k«- Berlin   die durch den Reickstarif entstehende Lage nicht so pessimistiich betrachten. Im Schlußwort geht Knoll eingehend auf die erhobenen Be- urchhingcn ein. Kein Redner habe bestreiten können, daß die Eni- Wickelung von selbst zum Reichstarif führt; es wäre auch Vogel- Strauß-Politik, sich darüber zu täuschen. Den Gefahren, die diese Situation bringt, begegme man nur dadurch, daß über alle Fragen, die im Tarif geregelt werden sollen, volle Klarheit geschaffen wird, und im übrigen die Organisation so ausbaut, daß sie eine be- riedigende Regelung erzwingen kann. Die Ueberlandarbeit z. B. kann gar nicht anders als reichstariflich geregelt werden. Große Kämpfe können sich auch ohne Reichstarif entwickeln. Noch im vorigen Jahre inszenierten die Frankfurter   Unternehmer einen Sympathiekampf zugunsten der Unternehmer in Rheinland- Westfalen  . Aber man solle auch die Gefahren zentraler Kämpfe nicht zu schwarz malen. Auch bei den Unternehmern gebe eS große Gruppen, bei denen die Vorliebe für zentrale Kämpfe immer tärker ins Wanken kommt. Die Ansicht, daß nur bei kleinen Kämpfen die größten Vorteile herausfpringen, trifft besonders auf den Steinsetzerverband nicht zu. Denn gerade dieser habe auch. bisher immer die relativ größten Kämpfe führen müssen. Für bke Frage, ob man in Zukunft versuchen wird, die Gewerkschaftskasten haftpflichtig zu machen, wird der Umstand, ob lokale oder zentrale Tarife bestehen, ganz nebensächlich sein. Bei Debatten über den Reichstaris stellt sich leicht ein Mangel an Solidaritätsgefühl ein. Die fortgeschrittenen Bezirke befürchten, daß sie ihre Chancen ver- schlechtern, aber Solidarität und Klasteninteresse erfordern, auch für die zurückgebliebenen Bezirke OPfer zu bringen. Der Reichs- tarif kann nicht auf den ersten Hieb so ausfallen wie man es wünscht. Auf die Dauer aber wird er eine erhebliche Verbesserung für oie Arbeiterschaft darstellen. Gegen seine Gefahren bleibt der Weisheit letzter Schluß immer der Stand der Organisation. Der Verbandstag ermächtigt den Vorstand, auf die Verwirk« lichung des Reichstarifes hinzuarbeiten. Köln  . 29. März 1910. Vierter Verhandlungstag. Arbeitersekretär Fischer-Düsseldorf hält ein sehr eingehen- des Referat über die Reichsversicherungsordnung. Der Verbandstag beschließt, daß das Referat in Druck er» scheinen soll. Der Extrakt des Referats ist in folgender Resolution des Referenten niedergelegt, die einstimmig angenommen wird: Der Verbandstag erkennt an. daß der Entwurf der Reichs- versicherungSordnung auf dem Gebiete der Krankender» f i ch e r u n g einige Verbesterungen des geltenden Rechts ent» hält; insbesondere ist die beabsichtigte Ausdehnung der Ver- sicherungspflicht auf die in dem Entwurf bezeichneten Personen» kreise mit Freuden zu begrüßen. Die geringen Verbesserungen auf dem Gebiete der Kranken- Unterstützung entsprechen oder den berechtigten Wünschen der Versicherten in durchaus ungenügender Weise.> Die sonstigen beabsichtigten Aenderungen des geltenden Rechts, betreffend die Halbierung der Stimmen an den Organen der Krankenkasse, die Wahl des Vorsitzen» den, das Verhältnis zu den Angestellten usw., bedeuten aber eine Verschlechterung des jetzigen Zu- standes. Für die Unfallversicherung enthält der Entwurf mit Ausnahme der geringen Erweiterung des Kreise» der V e r s i ch e r t e n fast nur Aenderungen zum Schaden derVersicherten. In der Invalidenversicherung ist ein ernsthafter Versuch zu fortschrittlichen Reformen überhaupt nicht unter- nommen, und die geplante Hinterbliebe nenversiche» r u n g ist so minderwertig, daß deren etwaige unveränderte An- nähme durch den Reichstag eine frivole Verhöhnung der arbeitenden Bevölkerung sein würde. In Rücksicht auf die zahlreichen Verschlechterungen, welche durch die bestehenden Verhältnisse nicht gerechtfertigt werden und ihre Erklärung nur in Erwägungen politischer Natur finden, deren Spitze sich gegen die in der sozialdemo- kratischen Partei vertretene Arbeiterschaft wendet, richtet der Verbandstag an alle Parteien deS Reichstages die Aufforderung, die auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung seit Jahren von den Versicherten geäußerten Wünsche endlich zu berücksichtigen, insbesondere aber jede Verschlechterung des be- stehenden Rechtes in der Arbeiterversicherung zu verhindern, und falls ein anderer Weg hierfür sich nicht finden läßt die gesamte ReichsversicherungSordnung abzulehne n." Die weitere Sitzung findet unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Es soll in dieser Sitzung über Streiks und Lohnforderungen beraten werden. Die Verhandlungen dauern bis in später Abendstunde._ Siebente Generalversnmmlnvg des Derbandes der Kupferschmiede Deutschlands  . Mannheim  , 29. März.'" Die Generalversammlung ist von 44 Delegierten, 8 Zentral- Vorstandsmitgliedern und einem Ausschußvertretcr besucht. Die Generalkommission der Gewerkschaften ist durch den Genossen Umbreit-Berlin vertreten. Verbandsvorsitzender S a u p e erstattete den Borstandsbericht, dabei auf den gedruckten Bericht verweisend, von dem wir schon einen Auszug brachten. Den Kassenbericht gibt Hauptkassierer B is cho f f- Berlin. Die wichtigsten Zahlen aus dem Bericht haben wir schon gebracht. Bischofs kritisiert, daß die Beiträge nicht immer so eingehen, wie sie eingehen sollten. Eine Erhöhung der Einnahmen sei nötig, um die Kämpfe für bessere Arbeitsverhältnisse erfolgreicher führen zu könne». Die Debatte über die Berichte ist sehr ausgedehnt, sie dreht sich aber fast nur um interne Angelegenheiten. Mit der Tätigkeit des HauptvorstandeS ist man im allgemeinen einverstanden. Es wird von Delegierten anerkannt, daß Streiks nur mit Znstim» mung des Vorstandes inszeniert werden dürfen, doch wird ge- wünscht, der Vorstand solle dabei nicht zu ängstlich sein. In seinem mündlichen Bericht hatte Saupe auch kritisiert, daß einzelne Filialen ungleichmäßige Unterstützungssätze aus lokalen Mitteln für verheiratete und ledige Kollegen festgeietzt haben. Gegen diese Kritik SaupeS wandten sich nun mehrere Delegierten, die diese Bestimmungen verteidigten. Zwei Redner hoben hervor, daß ein Zusammenarbeiten mit dem Metallarbeiterve vbaird nötig sei. man habe diesem mancherlei zu verdanken. Betont wurde auch, daß die Kasse gestärkt toerdeu müsse, wenn sie den Anforderungen bei größeren Kämpfen gewachsen sein solle. Bezüglich des Fachblattes wird von einem Delegierten gewünscht, daß mehr technische Artikel gebracht Iverden. Der Vertreter der Gcneralkonimission sprach seine Befriedigung darüber aus, daß das Verhältnis mit den Bruderorganisationen im Gegensatz zu frühcren Jahren nun cm zufriedenstellendes ist. Zum zweiten Punkt der Tagesordnung: Unsere Agitation" hielt Hecht- Berlin ein instruktives Referat. Er hob hervor, daß die Agitation in ihrem Berufe außerordentlich schwierig ist, da die Kollegen überwiegend in Kleinbetrieben beschäftigt sind. Dann schildert er die Aufgabe», die durch die Agitation zu er» siillen sind. Bei der Entfaltung der Agitation müsse eine derartige Taktik eingeschlagen werden, um alle Berufsgenosson. ohne Rück» ficht des politischen oder religiösen Glaubensbekenntnisses, in die Organisation aufnehmen zu können. Die beste Agitation sei die von Mund zu Mund, und tveun da jeder Kollege seine Schuldig­keit tue, werde diese Agitation die reichsten Früchte tragen. Die auf Montage tätigen Kollegen könnten und müßten viel mehr ihren Teil zur Agitation beitragen. Durch die Anstellung eines dritten Beamten im Zentralvorstand sei es möglich gewesen� in den letzten Jahren eine sehr intensive Agitation zu entfalten, die auch von Erfolg war. Trotzdem ständen eine große Zahl Kollegen der Organisation noch fern. Und diese ebenfalls für die Organisation zu gewinnen, müsse das Ziel der Agitation seilt. Die Organisation müsse sich künftig mehr um die jugendlichen Arbeiter kümmern. Auf diesem Gebiete sei bisher viel ver- säumt Morden, das nachgeholt werden müsse. Die jugendlichen Arbeiter müßten so erzogen werden, daß sie, wenn sie selbständige Arbeiter werden, wissen, welchen Weg sie zu gehen haben. Und hier können die freien Jugendorganisationen sehr viel tun. Ein» zelne Gewerkschaften haben ja eigene Jugeudabteilungen für ihre Organisation geschaffen. Für uns wäre dies sehr schwierig, da 74 Prozent der Lehrlinge in Kleinbetrieben tätig sind. Wa» wir tun können, ist, daß wir die Jugendlichen auffordern, der freien Jugendorganisation beizutreten und dann den Mitgliedern dieser Organisation wenn sie in den Verband eintreten, die Bei, träge anrechnen.(Zustimmung.) Die Verhandlungen werden vertagt.