Einzelbild herunterladen
 
die früher bereits am späteren Abende eine besondere Parlaments- au-gabe berausbraihte. soll jedoch nur noch als Spät abend- blatt erscheinen. Chefredaltenr wird Viltor Hahn. Eine Kirchengemeindeordnung für Bayer». München, 4. Juni. Zur Tagesordnung in der Abgeordneten- kammer steht der Entwurf einer Kirchengemeindeordnung für die protestantische und katholische Kirche  . Nur nach sehr mühevoller und langwieriger Arbeit hat der Ausschust seine Beratungen voll­endet. Im Plenum geht die Sache schneller. Das Zentrum hat den Entwurf vollständig nach seinen Wünschen zu gestalten gewußt, so daß die Vertreter des Liberalismus und erst recht natürlich die Vertreter der Sozialdemokratie imAuSschutz gegen den Entwurf stimmten und im Plenum stimmen werden. Der Kultus- minister erwieS sich, wie nicht anders zu erwarten war. als ein treuer Knecht deS Zentrum? und gab zu jedem VerfchlechterungS« antrag feinen Segen. Eine Reihe von Bestimmungen geben dem Geistlichenelement ein bedeutendes Uebergewicht über das Laien- element. Von einem demokratischen Zuge oder nur Hauche ist in dem Gesetze nichts zu entdecken. ES hat den doppelten Zweck, die Herrschaft der Geistlichen zu festigen und auszudehnen und der Kirche neue Einnahmen zu verschaffen durch Verleihung oder bester gesetzliche Festlegung des Rechtes der Umlagenerhebung. Von allgemeinem Interesse sind besonders zwei Bestimmungen in dem Gesetz. Erstens die sehr merkwürdige Bestimmung, daß auch die juristischen Personen und Erwerbsgesellschaften zu den Kultus« Umlagen herangezogen werden..Geld riecht nicht I' Die Kirche wird also in der Zukunft Juden und Modernisten und andere Ungläubigen dazu zwingen, Geld zu kirch- lichen Zwecken abzuführen! Der Zweck heiligt einmal wieder das schlechteste Mittel. Zweiten« die Bestimmung, die eS der Kirche ermöglicht, kirchlich anrüchige Kirchenmitglieder aus der Kirchenverwaltung fernzuhalten. Diese Bestimmung ist eingefügt mit besonderem Hinblick auf die Mitglieder der sozialdemokratischen Partei. Den prinzipiellen Standpunkt unserer Partei vertrat in der GeneraldiSkusfion Genoste Dr. S ü ß h e i m in längerer und wirkungS- voller Rede. Bom Bierkrieg in Bayern  . Die Erhöhung der Bierpreise in Bayern   hat am Sonnabend in Dorfen   im Regierungsbezirk Oberbayern   zu schweren AuS- schreitungen der gut christlich gesinnten Bevölkerung geführt. Mehrere hundert Personen fanden sich zusammen, demolierten eine Wirtschaft vollständig und steckten zwei andere Wirtschaften und drei Wohnhäuser in Brand. Die im Orte stationierten drei Gendarmen waren gegenüber der erregten Menge ohnmächtig; als die Beamten einschreiten wollten, wurden sie mißhandelt. Die in Brand gesteckten Gebäude wurden durch daS Feuer vollständig zerstört."_ Oetterrcidy. Sin sozialdemokratischer Erfolg. Im westböhmischen ReichsratSwahlkreiS Plan-Tachau, der sich an der bayerischen Grenze hinzieht, war am 2. Juni Ersatzwahl für das durch den Tod deS deutschen   Agrariers Grafen K o l o w r a t erledigte Mandat. Die Christlichsozialen. die bisher kein Mandat in Deutschböhmen erzielen konnten. machten ungeheure Anstrengungen vergebens. Unsere Genossen haben einen glänzenden Erfolg in dem fast ganz ländlichen Kreise erzielt. Von 11 388 Wahlberechtigten haben sich 7928 Wähler an der Abstimmung be- teiligt. Es erhielten Franz Walters(christlich- sozial) 2930, Joseph Mayr(deutscher Agrarier) 2Ä7, Karl Schüller(Sozialdemokrat) 1955, Wenzel Lomitschka(freisozial) 53, Andreas Brenner(alldeutsch  ) 49 Stimmen. Bei der H a u p t w a h l 1907 hatten die Sozial- demokraten 1017 Stimmen erhalten. sie haben also 9W Stimmen gewonnen. Die Christlichsozialen hatten 2740, der deutsche Agrarier 3572, der Alldeutsche 1321 St. erhalten. Also Rückgang der Agrarier, Stillstand der Christlichsozialen und Zusammenbruch der Alldeutschen. Bei der Stichwahl geben die Sozialdemokraten den Ausschlag und werden natürlich den Chriftlichsozialen aus dem Wahlkreise hinauswerfen. franhreicb. Die Wahlreform. Paris  , 4. Juni.  (Eig. Bei.) Die Opposition der An- Hänger des Proporzes gegen die Verquickung der Einführung der Verhältnisvertretung mit der Verlängerung der Man» datsdauer und der drittelweisen Erneuerung der Kammer hat schon ihre Wirkung gehabt. Die Regierung erklärt, daß sie gegen die Ausscheidung dieses Teils nichts einzuwenden habe. Was das Regierungsprojekt über die Minoritätsver» tretung selbst anlangt, so lassen es die inzwischen bekannt- gegebenen weiteren Details nicht annehmbarer erscheinen. Diese Details betreffen u. a. die Größe der Wahlkreise. Der Wahlkreis wird im Prinzip durch das Departement gebildet. Auf 70 000 Einwohner entfällt ein Deputierter, für Bruch» teile über 35 000 wird gleichfalls einer zugerechnet. Departe- ments, die auf weniger als 4 Mandate Anrecht haben, werden mit Nachbardepartenrents vereinigt, Departements mit über 15 Deputierten können in Sektionen geteilt werden. Die Wahl erfolgt auf Grund des Listenskrutiniums. Das .Panaschieren" der Listen, d. h. die Abstimmung für Kandi- baten, die auf verschiedenen Parteilisten stehen, ist erlaubt. Die Erklärung der Kandidatur bei der Behörde wird auf- rechterhalten und jeder Kandidat muß bekanntgeben, welcher Partei er die auf ihn entfallenden Stimmen zugerechnet wünscht Die für die Kandidaten einer Liste abgegebenen Stimmen werden addiert und so die Gesamtstimmenzahl jeder Liste festgestellt..,.,... Nun folgt die Auf tellu n g der Mandate. Die bisher bekannten Proporzsysteme suchen mttte s verschiedener Schlüssel den Parteien die ihrer Stlmmenziffer mitsprechende Mandatsziffer zuzuweisen. Anders der Brmndsche Entwurf. Dieser hält das Majoritätsprinzip aufrecht und verbürgt nur den Minderheitsparteien eine gewrlse Vertretung nn Perhältnis ihrer Stimmen z u r Z a h l d er Wa h l b er eck,- t igten. Das..Prinzip" dieses Wahlrechts ist also die Be- vorzugung der Mehrheit. Wie der offtziose»Radtcal aus- einandersetzt. soll die Wählermehrheit auf die Bildung deS Parlaments dieselbe Autorität ausüben, w« die Parlaments- Mehrheit auf das Schicksal der Regierung. Auch wird mit- geteilt, daß Bnand nicht wolle, daß durch eiNE Vermehrung der Zahl der reaktionären Deputierten infolge einer pro- portionalen Aufteilung der Mandate die Republikaner   den Eindruck einer Niederlage davontrügen.., Daß der Negicrungsentwurf keine Aussicht bat. Gesetz z» werden, unterliegt keinem Zweifel. Alle bekannten Vor- kämpfer des Proporzes haben sich in der entschiedensten Welse gegen ihn ausgesprochen. Er wird indes als Basis der Dls- kussion seine Dienste leisten können. Die Hauptsache ist, daß durch die Einbringung des Regierungsentwurfs die Bankrott- erklärung des alten Wahlsystems offiziell geworden ist. Es ist nicht mehr zu retten. Seine Lebensdauer könnte nur durch eine politische Krise künstlich verlängert werden. Diese zu vermeiden, liegt darum im Interesse der Proporzfreunde. So viel Gründe sie auch haben, Briand   nicht über den Weg zu trauen, so werden sie doch nicht ohne Not das große Pro- blem, das die französische   Demokratie jetzt zu lösen hat, mit einer Ministerfrage verbinden. Daß Briand  , statt der Reform in kühner Initiative ein persönliches Gepräge zu verleihen, nur durch die Sorge um sein Ministerportefeuille für sie vor- angetrieben werden kann, mag diejenigen enttäuschen, die in ihm noch immer einen Mann der großen politischen Ideen, nicht der großm Geschicklichkeiten gesehen haben. Die politi- sche Notwendigkeit, d�e sich jetzt durchsetzt, setzt genug Kräfte in Bewegung, um eine leitende staatsmännische Individualität entbehren zu können.. Bulgarien  . Eine Protestversammlung. Sofia  , S. Juni. In R u st s ch u k fand gestern abermals eine Protest Versammlung wegen der Zusammenstöße zwischen Militär und Volksmenge statt, die sich im Anschluß an die Ent- führung einer Türkin im März dieses Jahres hier ereignet hatten. Die Redner verurteilten heftig die Politik der Regierung und for- derten, daß der König der öffentlichen Meinung durch Ent- lassung der Regierung Genugtuung gebe. Eine in diesem Sinne abgefaßte Resolution wird dem König durch eine Deputation überreicht werden. Orkei. Die Kretafrage. Frankfurt   a. M., 6. Juni. Wie dieFrankfurter Zeitung  " auS Konstantinopel   meldet, wurden die Botschafter der Schutzmächte drahtlich von ihren Kabinetten instruiert, daß die K o n s u l n in Kreta   angewiesen sind, bei der dort ausübenden Gewalt mit der Zulassung der m u sei m a n i s ch e n Abgeordneten ohne Eidesleistung zu bestehen. Weiter scheinen die Schutzmächte vor der Hand nicht gehen zu wollen. Marokko. Mulay Hafid i« der Klemme. Tanger  , 6. Juni. Es bestätigt sich, daß Mulay K e b i r in Taza vom Stamme Jnnauen zum Sultan ausgerufen worden ist. Die Jnnauen haben ihm den Krönungsmantel und die Waffen des Rogb» Bu Hamara übersandt. Zahlreiche Myhalla-Soldaten auS den Abteilungen der Djebala» sind desertiert und zu Mulay Kebir übergegangen. Lkina. Die Lage in Nanking  . London  , 5. Juni. Dem Reuterschen Bureau wird auS N a n- king gemeldet: Unter großen Vorsichtsmaßregeln ist heute vor- mittag die Ausstellung eröffnet worden; nur die Be- Hörden und die Ausländer waren zu dem Eröffnungsakte zuge- lassen. Die Lage ist unverändert. 7000 Mann Lokaltruppen sind entwaffnet und durch 8000 Mann andere Truppen ersetzt worden. flu; der Relchsverncberungsordnungs- hommifiion. Sitzung vom Montag, den s. Juni. Nach der Regierungsvorlage soll die ärztliche BeHand- l u n g gemäß den Vorschriften der Arbeiterversicherungsgesetze durch approbierte Aerzte, bei Zahnkrankheiten auch durch approbierte Zahnärzte geleistet werden. Die ärztliche Behandlung umfaßt auch die Hilfeleistungen anderer Personen, wie Hebammen, Heilgehilfen, Masseure und dergleichen sowie Zahntechniker, aber nur dann, wenn der Arzt(Zahnarzt) sie anordnet oder wenn in dringenden Fällen kein approbierter Arzt(Zahnarzt) zugezogen werden kann. Di» oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, wieweit auch sonst tilfSversonen innerhalb der staatlich anerkannten Befugnisse selbst- ändige Hilfe leisten können. Die Zahl der approbierten Zahnärzte ist aber viel zu gering. alS daß auf dieie Weise allein die Fürsorge für die Zahnpflege ge- regelt werden könnte. Daher haben die Regierungen weiter vor- geschlagen, daß dort, wo im Bezirk eines Versicherungsträgers nicht genug Zahnärzte vorhanden sind, die zu angemessenen Bedingungen die Behandlung übernehmen, bei Zahnkrankheiten mit Ausschluß von Mund- und Kieferkrankheiten, die Hilfeleistung allgemein auch durch geeignete Zahntechniker, Heildiener und Heilgehilfen gewährt werden kann. Die oberste Verwaltungsbehörde kann hierüber Bestimmungen erlassen. Sie kann auch bestiinmen, wie weit sonst Zahntechniker bei Zahnkrankheiten selbständige Hilfe leisten können. Mit diesen Vorschlägen war keine Partei zustieden. Die Sozialdemokraten hatten beantragt, daß die Ver- sicherungsträger die Verpflichtung haben sollten, nur solchen Zahn- technikern, die ihnen die Gewähr genügender Sachkenntnis bieten. die Behandlung der Versicherten zu übertragen. Bisher haben die» die Kassenvorstande getan. Mißstände seien nicht vorgekommen. Trotzdem brachten die Zentrumsabgeordneten den Autrag ein. daß die Verwaltungsbehörde durch eine Verordnung bestimmen soll, wer als Zahntechniker zu- gelaflen werden kann. Sie konnten zwar ebenso wenig wie die Regierungsvertreter auch nur einen einzigen Fall anführeu, in dem da» jetzige Verfahren sich nicht bewährt, der vorstand einer Krankenkasse also ungeeigneten Zahntechnikern die Behandlung der Versicherten übertragen hatte. Aber, so führte der Abg. Becker au«, in den Betriebskrankenkassen könnten die Arbeiter geschädigt werden, wenn nicht die allwissende Verwaltungsbehörde für sie sorgen würde. Daher sollen alle Krankenkassen auch hier wieder unter die Vormundscbaft der Verwaltungsbehörden gestellt werden. Schließlich wurde der sozialdemokratische Antrag gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, des Polen   und de? Abg. Hör- mann(Bremen  ) abgelehnt und der Zentrumsantrag a n g e- nommen. Für einen weiteren Zentrumsantrag, daß nämlich der Versicherte auf sein ausdrückliches Verlangen von einem Zahn- arzt behandelt werden muß, stimmten außer den Antragstellern nur die Sozialdemokraten und einige wenige andere Abgeordnete, so daß der Antrag mit IS gegen 13 Stimmen abgelehnt wurde. Außerdem wurde auf Antrag deS Zentrums beschlossen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine Novelle zur Ge- Werbeordnung vorzulegen, nach der die Zahntechniker unter die Gewerbetreibenden aufgenommen werden, die einer besonderen Ge« nehmigung bedürfen. Unter den Bestimmungen über die F r ist e n ist auch vor» geschlagen, daß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand u. a. auf Antrag dann erteilt wird, wenn ein Schriftstück, da» mindesten» drei Tage vor Ablauf einer gesetzlichen Verfahrensfrist der Post zur Bestellung übergeben worden ist, erst nach Ablauf der Frist ein- gegangen ist. In dwsem Falle ist aber die Wiedereinsetzung binnen einem Monat seit Ablauf der versäumten Frist zu beantragen. Die Sozialdemokratie beantragte, die Frist soll erst mit dem Tage beginnen, an dem der Absender de» Briefes Kennt- nis davon erhält, daß die Frist versäumt sein soll. Hierdurch kann verhindert werden, daß die Frist verstreicht, bevor der Beteiligte überhaupt in der Lage war, jenen Antrag zu stellen. Der Antrag der Sozialdemokraten wurde angenommen. Im nächsten Abschnitt über die Zustellungen heißt«I u. a.: Wer nicht im Inland« wohnt, hat auf Verlangen einen Zu- stellungSbcvollmächtigten zu ernennen. Ist der Aufenthalt unbe- kannt oder wird der ZustellungSbevollmächtigte nicht in der gesetzten Frist benannt� so kann die Zustelung durch cinwöchigen Aushang in den Geschäftsräumen der Behörde oder Stelle ersetzt weichen. Die Sozialdemokraten beantragten zunächst, daß alle» geschehen müsse, um den Aufenthalt zu ermitteln. Die» wurde von dem Regierungsvertreter zugesagt, und die Erklärung in de» Bericht über die Kommisssonsberhandlung aufgenommen. Außer­dem beantragten die Sozialdemokraten, daß die Frist, in der der Zustellungsbevollmächtigte benannt werden muß, nicht kürzer als einen Monat sein darf. Der Antrag wurde ange- nommen. Unter denVerboten und Strafen" sind schwere Strafen angedroht auch den Vorstandsmitgliedern der Kranken- lassen, Berufsgcnosscnschaften usw., den Angestellten derselben sowie den Beamten, Beisitzern und Angestellten der Versichcrungs- behörden, die unbefugte Mitteilungen über Krankheiten oder andere Gebrechen Versicherter oder ihre Ursachen oder über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in den der Versicherung unterstellten Betrieben machen. Die Sozialdemokraten wiesen darauf hin, daß diese Bestimmung zu einem Hemmnis werden kann, die Ursachen von Betriebsunfällen, Gewerbekrankheiten usw. aufzudecken. Je- doch wurde diese Bestimmung von der bürgerlichen Mehrheit an- genommen. Außerdem erhoben die Sozialdemokraten Einspruch dagegen, daß nach der Vorlage die Strafbestimmung nicht für Be- amte gelten soll, die der Dienstgewalt einer staatlichen oder gemeind- lichen Behörde unterstehen. Diese Bestimmung wurde dann auch gestrichen._ Hub der Partei. Zum Freiligrath> Gedenktag. Zu einer Freiligrath-Gedenknummer hat der Wahre Jacod" seine neueste, soeben erschienene Nummer aus- gestattet. Ein ganzseitiges Bild zeigt den Dichter nach einer guten, bisber noch nicht veröffentlichten Photographie. Ein Lebens- bild deS Dichters auS der Feder von Wilhelm B l o S gibt zugleich eine geschichtliche und literarische Würdigung der markanten Persönlichkeit Freiligrath». Außerdem werden das Original« Manuskript de« Gedichte«Ein Denkmal" und ein BriefanJustinuSKerner, die beide im Besitz de» Schiller- musenmS in Marbach   sind, in Faksimile wiedergegeben. Eine Zeichnung.Der Freiligrathblick im Cannstatter Kurpark" von R. H e r d t l e vervollständigt diesen Teil der Nummer. Auch sonst hat die Nummer reichen Bilder- und Text- Inhalt. Der Preis ist 10 Pfennig. Dir lakalen BildungSauSschüsse werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Frist zur Einsendung deS Fragebogens über die örtliche Bildungsarbeit abgelaufen ist. ES wird gebeten, noch ausstehende Fragebogen nunmehr umgehend an die Geschäftsstelle Heinnch Schulz,. Berlin   SW. 68, Lindenstr. 3, einzusenden._ Die Finanzen der englischen Arbeiterpartei. Aus London   wird unS geschrieben: Die Gerichtsentscheidung deS Oberhaus«» in der Osborne-Ängelegenheit, die den Gewerkschaften untersagt hat, von ihren Mitgliedern Beiträge zum Zwecke der parlamentarischen Vertretung zu erheben, macht sich mehr und mehr in den Finanzen der Arbeiterpartei fühlbar. Die meisten Gewerkschaften erheben zwar noch immer nach wie vor die parlamentarischen Beiträge von ihren Mitgliedern und liefern sie an die Kasse der Arbeiterpartei ab, aber mehrere Gewerkschaften haben bereits ausdrücklich gerichtliche Jnjunktionen, d. h. Einhaltsbefehle erhalten, die die Erhebung de» Beitrages verbieten. So u. a. die Eisenbahnergewerkschaft, die ja bekanntlich das u» sprüngliche Opfer war, die Organisation der Londoner   Schrift- setzer, die mächtige Gewerkschaft der Mechaniker. In der rcak- tionären Presse erscheinen ganz offen Anerbietungen edelgesinnter Personen, die Mitgliedern von Gewerkschaften, die eine ähnliche gerichtliche Jnjunktion gegen ihre Organisation erzwingen wollen. mit Freuden jeden nötigen Beistand" versprechen. Weitere In- junktionen sind deshalb in nächster Zukunft mit Bestimmtheit zu erwarten, denn in jeder Organisation werden wohl einige reudige Schafe anzutreffen sein. Diese reaktionären Machenschaften bringen wenigsten» das eine Gute mit sich, daß sie die durch die Osborne-Entscheidung ge- schafsenen Mißlichkeiten auf die Spitze treiben und zu einer end- gültigen Lösung der ganzen Frage hindrängen. Die Finanzen der Arbeiterpartei befinden sich schon jetzt in einem recht prekären Zu- stände, und eS ist sicher, daß die Arbeiterpartei auf der bisherigen finanziellen Grundlage gegenwärtig nicht imstande wäre, einen großen Wahlkampf auSzufcchten. Die Partei wird deshalb den Kampf um die Wiederherstellung deS freien Verfügungsrechte» der Gewerkschaften über ihre eigenen Gelder notgedrungen unverzüglich mit aller Schärfe beginnen müssen. Leicht wird der Kampf sicher- lich nicht werden, da» hat schon die Aufnahme der von der Ar beiterpartei zu diesem Zwecke im Unterhause eingereichten Vor- läge gezeigt. Daß die Konservativen sie bekämpfen werden, kann von vornherein al» ausgemacht gelten, aber auch, die radikalsten Regierungßanhänger empfingen sie kühl bis ans Herz hinan. Allein der Kampf wird wohl oder übel auSgefochten werden müssen, denn e» handelt sich u« eine Sache, bei der die Arbeiterpartei mit sich nicht handeln lassen kann. Vorläufig behilft sich die Arbeiter- Partei damit, daß sie bei den einzelnen Ortsgruppen der ver- fchiedenen Gewerkschaften, sowie auch bei Privatpersonen um f r e t» willige Beiträge nachsucht. Wie der Sekretär der Arbeiter- Partei mitteilt, sind diese Aufforderungen bereits von einem zu- friedenstellenden Erfolge begleitet gewesen. Wir zweifeln, ob frei- willige Beiträge dauernd imstande sein werden, die finanziellen Bedürfnisse der Arbeiterpartei genügend zu decken. Aber wenn dies auch der Fall sein sollte, bringt diese Methode der Geld» beschaffung unseres Erachtens die große Gefahr mit sich, daß d i e Kontrolle der Politik der Arbeiterpartei früher oder später den Gewerkschaften entwunden wird und in die Hände der sicher wohlmeinenden, aber wohl zumeist aus bürgerlichen Kreisen stammenden privaten Geldgeber der Partei gelangt. Für eine Partei, die noch nicht auf festen sozialistischen  Grundsätzen gegründet ist, muß es doppelt gefährlich sein, wenn ihre organische Verbindung mit den Arbeitermassen gelockert wird. Wem die ungestörte Fortentwicklung der englischen Arbeiterpartei zum klassenbewußten Sozialismus am Herzen liegt, wird e» sich deshalb angelegen sein lassen, mit aller Kraft auf die Wieder- Herstellung de» früheren RcchtSzustandes hinzuarbeiten, solange noch die geringste Hoffnung darauf vorhanden ist, anstatt mit neuen Organisationsgrundlagen für die Arbeiterpartei zu experimen- tieren._ Für die Errichtung eines BalkanbundeS hat unser Genosse R a k o w S k y. das bekannte Opfer der Willkür der rumänische» Regierung, in Saloniki zwei Vorträge vor zahl- reichen Zuhörern gehalten. Außer unseren Genossen waren auch ander« Gruppen,»»«besondere Türken und Juden, stark vertreten. R. trat zunächst für die Schaffung eine» Bunde  » zwischen der Türkei   und Bulgarien   ein. dem die anderen Ballon- staaten sich dann bald anschließen würden. Nach dem Berichte des rumänischen Blatte».Rumänische Unabhängigkeit" wurden RakowSkyS Ausführungen sehr beifällig aufgenommen. Auch unser bulgarisches Parteiorgan.Kambana" in Sofia   begrüßt sie mit großer Genug- tuung. Gewiß wäre et die beste Wahrung der vielen gemeinsamen Interessen der Balkanländer und ihrer Unabhängigkeit von den ständigen Eingriffen der Großmächte, wenn»s möglich würde, dem PartikulariSmuS und unehrlichen Ränkespiel der einzelnen Re- gierungen und ihrer chauvinistischen Parteien diesen Zusammeiischlutz abzuringen. Auch hier zeigt sich die Sozialdemokratie, die schon auf ihrer Balkankouferenz diese» Schritt gefordert hat, al» die zu- verlässige Wahrerin auch der heutigen nationalen m»d wittschaft» lichen Interessen ihrer Volksgenossen.