isplitteimttg iitt deutschen BiirgerküiN zlt beseitigen. Wie wollenuns nicht vor den Wagen einer Partei spannen lassen. Wir sindweder linksliberal, noch rcchtsliberal, noch konservativ. Angehörigealler bürgerlichen Parteien sind uns willkommen. Wir wollen denMitte l"st a n d. das Handwerk, das sich Jahrzehnte hindurch hyp-notisieren lieh von einer gewissen politischen Richtung und inverhängnisvoller Weise seine Sache von- der gemeinsgmen großenSache des erwerbstätigen Bürgertums trennte, von dieser Hypnosebefreien. Es ist unwahr, daß wir Gegner der Landwirtschaft sind,aber wir verwahren uns dagegen, daß der Staat zur a u S-js ch l i e h l i ch e n Domäne der Agrarier wird. Wir pro-testieren dagegen, dah unsere Anhänger auf dem Landeboykottiert werden. Wir verlangen gerechte Verteilung derLasten.Der Rücktritt des um unsere Kolonien hochverdienten Dern-bürg zeigt, dah es nichts fruchtet, wenn ein einzelner nochso hochbegabter Kaufmann eine hervorragende Stellung imStaate erlangt, sondern daß nur die organisierte Machtdes crwerbtätigen Bürgertums Handel und Gewerbedie ihm gebührende Stellung im Staats- und Gesellschaftslebenerkämpfen und die völlige Verwirklichung des bürgerlichen Rechts-staates herbeiführen kann.(Stürmischer Beifall.)Könnte R i e ß e r s Rede bei naiven Gemütern denGlauben erwecken, daß das deutsche Bürgertum endlich be-griffen habe, daß seine Politik die Niederringung derJunkerherrschaft mit allen Mitteln sein müsse, sowürde schon die folgende Rede des Geheimrats Prof. Duis-b e c g- Elberfeld solchen Köhlerglauben gründlich zerstörthaben. Ter Herr Professor sprach über„Industrie und Hansa-bund" folgendermaßen:Dia Industrie hat der Landwirtschaft ihre Zölle gegönnt,hat ihr geholfen, den Zollschutz zu erlangen. Undank aberist der Lohn der Welt. Tie gesamte Industrie und zahlreicheZweige noch ganz besonders haben unter der Feindschaft der Land-Wirtschaft zu leiden gehabt, und die gesamte Industrie leidet unterder allgemeinen F i n a n z b c l a st u n g, die im wesentlichenein Werk der Agrarier ist. Die Industrie leidet aber auchunter den hohen Ärbeiterlöhnen und den Schikanen einer übertriebenen Arbeiterschutzgesetzgebuiig.(Starker Beifall undWiderspruch.) Die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Export-industrie leidet unter den L o h n st e i g e r u n g e n, dasWettrennen der Parteien in der Sozialpolitik, der Kotau vor denMassen will nicht aufhören.(Lebhafter Beifall bei einSmgroßen Teile der Versammlung.) Es muh eine Mittellinie zwischenden Interessen der Arbeitgeber und Arbeiter gefunden werden.Gewiß ist die parlamentarische Betätigung der Industriellen drin-gend wünschenswert und notwendig; aber man darf nicht der-gessen, wie knapp die freie Zeit der Industriellen ist, und mandarf auch nicht vergessen, dah die aufgestachelte Gehässigkeit derMassen meist ihre Wahl verhindern. Die Wirtschaftspolitik muhaus den Fesseln der Parteipolitik gelöst werden.(Beifall.) Eben weil der Hansabund in dieser Richtung wirkenwill, weil er Männer der verschiedensten politischen Partei aufdem gemeinsamen Boden gleicher wirtschaftspolitischer Interessenvereinigt, weil er einen gerechten Ausgleich herbeiführen will,findet er so lebhaften Anklang bei den Industriellen.(LebhafterBeifall.)— Der Vorsitzende Geheimer Rat Rießer dankt demRedner für seine Ausführungen, hebt aber hervor, dah nichtalle Versammlungsteilnehmer mit all seinen Ausführungen ein-verstanden seien, lieber sozialpolitische Fragen, besonders überdas Tempo der Sozialpolitik, seien Meigrungsverschieden-Heiken im Hansabund vorhanden. Das stehe aber fest, dahSozialpolitik im Rahmen der Tragfähigkeit der deutschen Industrieunbedingt notwendig sei.Man sieht, der Arbeiterhaß und der Herren-st a n d p u n k t. den Herr v. K i r d o r f in der Gründungs-Versammlung vertreten, lebt im H a n s a b u n d weiter. Unddamit ist auch das Urteil über seine allgemeinePolitik gefällt. Im entscheidenden Moment werden sichdie bürgerlichen und die agrarischen Arbeiterfeinde schon wiederfinden."Die großen Worte werden dann vergessen sein und derHansabund nur als eine Scharf macherorganisationmehr sich erweisen. Der Haß gegen die Arbeiter, selbstgegen ihre politischen und sozialen Mindestforderungen, hindertdas deutsche Bürgertum an jedem ernsthaften Kampfe gegendas Junkertum. Der Kampf um Demokratie und Sozial-Politik ist auf die eigene Kraft der Arbeiterklasse an-gewiesen, ist längst ein Teil ihres Klassenkampfes ge-worden.Deshalb wirkt die Harmonieduselei, die Herr L i ß k e. derstellvertretende Direktor des Vereins der Handlungskommisvon 1868 zum Besten gab, nur komisch, um so komischer,als unmittelbar vorher der Obermeister und freikonservativeAbg. R a h a r d t- Verlin das zu rasche Tempo der Sozial-Politik bejammert hatte.poUtifche Qchcrücht.Berlin, den 15. Juni 1910,Kehraus im preußischen Abgeordneteuhause.Vor kaum zwei Dutzend Abgeordneten erledigte daS A v-ggordnetenhaus am Mittwoch eine große Anzahl Petitionen.Eine eingehende Beratung war natürlich bei der Fülle des Materialsnicht möglich, aber auch die selbständigen Anträge wären mit einpaar Worten abgetan gewesen, wenn nicht die sozial-demokratischen Vertreter das Wort ergriffen hätten. Beidem Antrag Beyer und Genossen betreffend Schaffungstatistischer Nachweise über die Löhne der inder Staatseisenbahnverwaltung beschäftigten Handwerker undArbeiter, wies Genosse 2 ein er t darauf hin. daß die Arbeiternicht die geringste Veranlassung hätten, für die geringe Lohn-Verbesserung auch noch zu danken, wie es der ZentrumsabgeordneteBeyer getan hat. Leinert geißelte die Lohnverhältnisse in schärfsterWeise und kündigte für die nächstjährige Etatsberatung eine nochschärfere Kritik an.Zum Sprachenparagraph lagen sechs Anträge vor,die aber nach gemeinsamer Beratung abgelehnt wurden. GenosseLiebknecht kennzeichnete in der Debatte die rückständige Haltungder Regierung, namentlich der Landräte bei Anwendung des Vereins-gesetzes. Der sozialdemokratische Antrag betreffend Abhaltung vonVersammlungen unter freiem Himmel wurde von dem Regierungs-Vertreter bekämpft mit dem Bemerken, daß, solange die Sozialdemo-kratie das„Recht auf die Straße" proklamiere, der sonst wohl aus-führbare Antrag die Zustimmung der Regierung nicht erhalten könne.Vorher erledigte das Haus einen dringlichen Antrag Engels-mann(natl.) und Genossen, der schleunige Staatshilfe für die durchdas Unwetter der letzten Tage geschädigten Bewohner dcS Ahr-tales fordert. Der Antrag wurde, nachdem auch der Ministerv. Moltke sich für ihn ausgesprochen hatte, unter allgemeinem Beifalleinstimmig angenommen.Die Abgeordneten gingen auseinander, ohne zu wissen, ob derLandtag am Donnerstag geschlossen wird oder nicht.Tie Breslauer Polizei im Herrcnhause.In der Mittwochsitzung des Herrenhauses wurdezunächst der Erhöhung der Z i v i l l i st e e i n st i m m i g zu-gestimmt, wobei dem Byzantinerblock des Dreiklassen-Hauses vom Urjunker d. Buch ein hohes Lob gespendetwurde. Die Vorlage über den Wohnungsgeldzuschuß wurdemit der Verschlechterung für 67 000 Beamte angenommen.Finanzminister v. Rheinbaben benutzte auch dieseGelegenheit, um den 5konservattven, die ihn so gernauf dem Reichskanzlcrsessel sähen, einige auserleseneSchmeicheleien zu sagen. Eine Anzahl Pettonen wurdenerledigt, meist durch einen Wurf in den Papierkorb.Eine lebhafte Debatte gab es nur bei einer durch den FallB i e w a l d veranlaßten Petition des Breslauer Magistrats,daß in den Städten mit königlicher Polizei der Staat für diePolizei haftpflichtig zu machen sei. Der Breslauer Ober-bürgermeister Bender, der für die Ueberweisung der Petittonals Material einttat, erklärte, daß es geradezu zum Lachenoder besser zum Weinen sei, wenn die Städte haften sollenfür den Schaden, den die Polizei anrichte. Wie könne maneine Stadt schadenscrsatzpslichtig machen für ein schuldhaftesVerhalten eines ihr nicht unterstellten Beamte« beieinem Exzeß, den dieser abseits vom Schauplatz des Tumultsin Ueber schreitung seiner amtlichen Be-fugnis verübt hat. Wie der Breslauer Oberbürger-meister, der es ja wohl wissen wird, weiter behauptet, wäreder Handabhacker ermittelt worden, wenn es sich nicht unieinen königlichen Polizeibeamten gehandelt hätte. Auch GrafHutten-Czapski fand für den Fall Biewalö kräftigeWorte der Empörung. Er meinte, daß ein Schutzmann, dereinem Manne die Hand abgehauen hat und zwei seiner Kollegen,die dabei gewesen sind und die miteinander die Feigheitgehabt haben, diesen Fall zu verschweigen, entschieden un-würdig seien, dieUniform zu tragen. Wenn auchin der Debatte von den hohen Herren sehr reaktionäre An-sichten vorgetragen wurden, zu einer Beschönigung der Ver-stümnielung Biewalds erstand selbst in dieser urreaktionärenVersammlung kein einziger Verteidiger: Der Antrag Benderauf Matcrialüberweisung wurde entgegen dem Antrage derKommission mit großer Mehrheit angenommen.Am Donnerstag sollen noch vorhandene Reste auf-gearbeitet werden. Danach wird die Session geschlossen werden.Nationalliberale Scharfmacherei.Die Nationalliberalen der Rheinprovinz habenam Sonnabend einen Vertretertag in Krefeld unter dem Vorsitzdes früheren OberlandcsgerichtSpräsidenten Hamm abgehalten. Indem Jahresbericht des Generalsekretärs Peter heißt es nach Klagenüber den zunehmenden Druck der übermächtigen klerikal-konservativenReaktion:Die sozialdemokratische Agitation hat überall anAnspannung und Schärfe zugenommen, und es zeigt sich deutlich,daß die Zahl der sozialistischen Anhänger und Mitläufer allerortsin starker Zunahme begriffen ist. Daran ist in der Haupt-fache die unglückselige Reichsfinanzreform schuld, aberdie anderen Ursachen dürfen darüber nicht übersehen werden.Eine davon ist die manchmal zu weit gehende rück-sichtsvolle Behandlung, die unsere Parteifreunde derSozialdemokratie angedeihen lassen; vielleicht ist dies eine Folge«erscheinung der im Mittelpunkte unserer Aufgaben stehenden Be-kämpfung des Zentrums. Wir dürfen die entschiedene Be-kämpfung der Sozialdemokratie nicht ver-gessen, selbst da, wo uns das Zentrum als der schlimmereFeind erscheinen sollte. Wenn hier und da eine bedauerlicheEntfremdung in matzgebenden Kreisen der rheinischenIndustrie eingetreten sein sollte, so liegt das vielleichtnicht zum unwesentlichen Teile an einem Nachlassenunserer Bekämpfung der Sozialdemokraten,deren Haltung nach wie vor industrie- und damit arbeiterfeindlich ist.Wir dürfen aber keine Politik treiben, auch taktisch nicht.mit der wir die Industrie von uns stoßen, denn die national-liberale Partei würde mit der Industrie einen sehr wertvollenGrundpfeiler verlieren...Also die rheinischen Nationalliberalen wollen an Be-kämpfung der Sozialdemokratie die ostelbischen Junkernoch zu übertreffen suchen, um die Gunst ihrer Geldgeber nicht zuverlieren. Aber die Herren mögen es fich gesagt sein lassen, daß dieKosten dieser Schmutzkonkurrenz nicht die Arbeiter, sondern sie selbstbezahlen werden._Weitere Veränderungen in der Kolonialverwaltung.Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Freiherr V.Rechen-berg. soll nach in Berlin eingegangenen Drahtnackrichten nachdem Rücktritt des Staatssekretärs Dernburg telegraphisch seineBeurlaubung bis zur Erledigung des von ihm einzureichendenRücktrittsgesuchs erbeten haben. Rechenberg wurde 1906nach dem Rücktritt des Grafen Götzen zum Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ernannt und hat recht großen Einfluß auf DernburgSEingeborenenpolikik gehabt, die dieser den Wünschen der Plantagen-besitzer gegenüber vertrat. Rcchenverg wurde nicht minder heftigvon den agrarischen Kolonialpolitikern angefeindet, als Dernburg,so daß sein nunmehriger Rücktritt verständlich wäre.Als Nachfolger werden genannt: RegierungSrat v. Winter-seid, früher erster Dezernent beim Gouvernement in Dar-es-s a l a m, LegationSrat Dr. H a b e r, der gegenwärtige Dezernentfür Ostafrika im Kolonialamt und der Landrat deS Kreises Sprem-berg, Dr. Willens, der größte Grundbesitzer des Schutz-gebietes._« Mobilmachung?Eine Berliner Korrespondenz meldet:„Der Kriegs min ister hat an daS Staatsministeriumeine Vorstellung gerichtet, nach deren Inhalt er die Verantwortungfür die Schlagfertigkeit der Armee für die Dauernicht auf sich nehmen kann, wenn der antimilitaristischenAgitation unter der Jugend vor ihrer Aushebung namentlich inbestimmten Landesteilen nicht mit aller Energie gesteuert wird.Die Unterlagen zu seinem Vorgehen haben dem Ministersowohl Beobachtungen, die bei der Truppe selbst gemachtworden find, als namentlich die Berichte der beteiligtenTruppenteile aus den letzten Kaisermanövcrn im Rheinlandgeliefert. Das Verhalten eines Teils der Bevölkerung denTruppen auf dem Marsch und im Quartier gegenüber sei häufiggeradezu empörend gewesen und jedenfalls von dem. was inPreußen als gute Sitte gilt, sehr erheblich abgewichen. Dabeihätten sich vor allem die jungen Leute der Arbeitergegendendurch unfreundliche oder direkt feindseligeHaltunghervorgetan."Wenn diese Nachricht sich bestättgen sollte, so müßte Herrv. Heeringen jenes Maß von Kaltblütigkeit längst ver-loren haben, das sür seine Stellung erforderlich wäre. Denndiese Aufreizung zur„Energie" gegen die„anttmilitaristischeAgitatton" muß völlig erfolglos bleiben, da die sozial-demokratische Jugendbewegung sich mit peinlichster Sorgsaltnicht nur an die Gesetze, sondern sogar an deren behördlicheAuslegung hält. Gesetzesbruch oder neue Ausnahmegesetzewird doch der polittsch allerdings sehr zurückgebliebene Herrnicht fordern wollen I Oder doch?Unglücksmärsche.Vor kurzem wurde berichtet, daß bei einem Uebungsmarsche desInfanterieregiments Nr. 84 in Schleswig etwa 20 Mann erschöpftliegen blieben, von denen einer den Tod fand. Wie jetzt bekanntwird, hat am letzten Sonnabend eine Felddienstübung des In-fanterieregiments Nr. 85 in Rendsburg zwischen Jevenstedt undNortorf stattgefunden, wobei 30 Mann schlapp wurden,darunter 6 schwerere Fälle. Einer der Erkrankten war nocham Sonntagmorgen besinnungslos. Trotz der Erfahrungenhielten zwei Kompagnien desselben Regiments am Sonntag inglühender Sonnenhitze wieder eine Uebung ab, wobeiIV Mann schlapp wurden. Es ist unerfindlich, welchenNutzen für die Ausbildung der Mannschaften derartige Märschehaben sollen._Eine Brandmarkung.Bei den Wahlrechtsprozessen in B r a u n s ch w e i g hat sich die3. Strafkammer unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Roß-mann durch die überaus harten Urteile gegen unsere Genossen be-sonders hervorgetan. Gegen den Genossen Wesemeier erkanntesie wegen einiger„Vollsfreund"artikel auf 17 Monate, gegen denGenossen Brenner wegen eines Artikels auf 5 Monate Gefängnis.Mit allen Kräften suchte Roßmann auch den Verteidigern die Arbeitzu erschweren und nahm Genosse Dr. Jasper- Braunschwergsogar wegen„Ungebühr vor Gericht" in eine Geldstrafe von 50 M.,weil dieser bei Begründung seines Antrages aus Ablehnung derRichter wegen Befangenheit auch auf die Krankheit de? Dr. Langehinwies, die ihn zur Ausübung der Richtertätigkeit unfähig mache.Man sah den Richtern den Aerger über den Ablehnungsantragordentlich an und Roßmann bezeichnete die Erklärung des Ver-teidigers als frivol und beleidigend, beleidigte also in dem-selben Augenblick den Verteidiger, in dem er eine angebliche Be-leidigung der Richter zurückwies.Auf die Beschwerde deS Dr. Jasper wurde die Ordnungsstrafevon dem Oberlandesgcricht Braunschweig jetzt aufgehoben mit derBemerkung, daß es eine„jede Objektivität entbehrende Unter-stellung" sei, anzunehmen, der Verteidiger habe seine Ausführungenfür das Publikum oder die Presse und nicht für die Richter gemacht.Die Form der Worte des Verteidigers sei„durchaus milde"gewesen. Das Gericht sei nicht berechtigt gewesen, gegen denVerteidiger mit Ordnungsstrafen vorzugehen. denn sonstkomme man zu der Anerkennung deS in einemRechtSstaate unmöglichen Grundsatzes, daß sich die Beamtenund Behörden untereinander selbst dann zu unterstützen hätten,wenn diese Unterstützung auch nur durch Verletzung der Rechtedritter Personen möglich sei. Die Bestrafung sei eine un-zulässige Beschränkung der Verteidigung. DieKosten deS Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt.Dieser Rotzmann hat es jetzt sogar von seinen Kollegen be-stätjgt erhalten, daß er mit einer„jede Objektivität ent-behrenden Unter st ellung" gearbeitet hat. Wir denken,das genügt. Die Richter, die diesen Spruch gefällt, haben dies-mal in voller Uebereinstimmung mit dem Rechtsempfinden desVolkes geurteilt. Nur schade, daß dieses Urteil nur die Ungebührs-träfe trifft und nicht das gesamte übrige Verhalten dieses Richters.Das amtliche Wahlergebnis in Usedom-Wollin.Nach amtlicher Meldung haben bei der am S. d. M. vollzogene»ReichstagSersatzwahl im 2. Stettiner Wahlkreise(Ueckermünde-Usedom-Wollin) von 18 223 gültigen Stimmen erhalten: Landtags-abgeordneter v. Böhlendorff-Regezow(k.) 6132, Justizrat Herren-dörfer-Swinemünde(Fortschr. Bp.) 4S1S, Stadtverordneter Kuntze-Stettin(Toz.) 7768, zersplittert 4.Die amtliche Feststellung zeigt nur geringe Abweichungen Vonunserer Meldung am 10. Juni._Behördlicher Kampf gegen die Arbeiter-Tnrnvereine.Am 27. März 1909 legten wir in einem Artikel dar. daß derGeheimerlatz des Kultusministers Holle vom 7. August 1901 rechts»widrig ist, durch den die Regierungen und Provinzialschulkollegienangewiesen waren, gegen die Arbeiter-Turnvereine vorzugehen. AmSchluß des Artikels gaben wir einer Aufforderung des Redakteursder„Arbeiter-Turnzeitung", Genossen W i l d u n g, Raum, den An-ordnungen der Behörden keine Folge zu geben, welche die Erteilungvon Turnunterricht gegen Entgelt oder die unentgeltliche Erteilungvon Turnunterricht an nicht mehr schulpflichtige jugendliche Personenauf Grund der von Holle ausgegrabenen Kabinettsorder von 1834und 1839 verboten. Die beabsichtigte Folge des Artikels war eineAuflage gegen unseren Verantwortlichen Redakteur Genoffen Weberund gegen Genoffen Wildung wegen Aufforderung zum Unge-horsam gegen behördliche Anordnungen{§ 110 Slr.-G.-B.). DieStrafkammer des Landgerichts Berlin I sprach am 23. Oktoberbeide Genoffen frei, weil die behördlichen Anordnungen der Rechts-gültigkeit entbehren. Gegen dieses Urteil legte der" StaatsanwaltRevision ein. Termin zur Verhandlung über dieselbe stand amDienstag vor dem Reichsgericht an. Der ReichSanwalt trat— imGegensatz zu stüheren Ausführungen— der Auffassung der Staats-anwaltschaft bei. Das Reichsgericht beschloß, das Urteil am 23. Junizu verkünden._Bürgerliche Wahlvorbereitungen in Sachsen.Wir haben in Nr. 136 eine Aeußerung der„Natl. Korr'esp"zitiert, wonach in Sachsen Bewegungen zur Bildung eine? großenbürgerlichen Kartells gegen die Sozialdemokratie imGange sind. Diese Meldung richtete sich bekanntlich gegen die„Kreuzzeitung", die neulich erklärt hatte, daß die KonservativenSachsens für die Nationalliberalen, insbesondere nicht für dieHerren Dr. Junck, Weber und Stresemann stimmen könnten. Die„Natl. Korrespondenz" sagt zu diesen Aeußerungen des konser-vativen Blattes einiges, das von größerem Interesse ist; die Korre-spondenz meint nämlich:„Wir halten die Frage deS Zusammengehens dtr bürgerlichen Parteien im Königreich Sachsen für eine Zweckmaßigkeits.frage, da es im gesamten Königreich keinen einzigenWahlkreis gibt, in dem eine bürgerliche Parteiohne Unterstützung einer anderen den Wahl-sieg zu erringen vermöchte. Das trifft für die Konser-vativen und Freisinnigen ebenso zu, wie für die Nationallibe-ralen... Weder der Abgeordnete Dr. Wagner in Freibera,noch der Abgeordnete Dr. G i e s e in Oschatz,, noch der AbgeordneteDr. L i e b e r t in Borna oder die den Konservativen nahestehen-den reformerischen Abgeordneten für Meißen. Pirna undBautzen werden das ReichStagSgebaude in Berlin wiedersehen.wenn ihnen die nationalliberale Hilfe nicht restlos mindestens inder Stichwahl zuteil wird... Wenn daher die„Kreuzzcitung"mit dem Gedanken spielt, den nationalliberalen AbgeordnetenUngelegenheiten S» bereiten, oder ihre fortgesetzten Hetzereienden Zweck haben sollen, schließlich den sächsischen Wählern zumBewußtsein zu bringen, da« ein Sozialdemokrat ihnen ebenso liebsein könne wie ein nationalliberaler Abgeordneter, dann mögensie gefälligst daran denken, daß die ersten, ivelche eine solchePolitik mit ihrem Mandatsverlust zu bezahlen hätten, die konser-vativen Abgeordneten des Königreichs Sachsen sein würden. Echwird überhaupt höchste Zeit, daß die Herren Wagner. Dr. G'eseund Herr v. Liebert sich rückhaltlos darüber äußern, ob sie hinterdiesen Hetzerelen der„Kreuzzeitung" stehen oder nicht, da manauch nationalliberalerseits das Verhalten ihnen gegenüber danacheinzurichten gedenkt.",. �