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Lichte erscheinen. Solange Junker und Zentrum im preußi- schen Dreiklassenhaus die Mehrheit haben, wird diese Rück- ständigkeit stetig größer»vcrden. Nur das gleiche Wahlrecht kann eine Reform für Preußens Schule bringen. PolLtifcbe ücbcrficbt Berlin  , den 22. Juni 1910. Der Fortschritt zur Stichwahl in Friedberg  -Büdingen  . Der Wahlaufruf, den der Wahlausschuß der Fortschritt- lichen Volkspartei im 2. hessischen Wahlkreise hat ergehen lassen, sagt unter anderem: .. Seit dem Abgange deZ hochverdienten Fürsten Bülow seufzt Deutschland   unter dein schweren Druck einer rncksichis- losen, reaktionären Mehrheit, die mit der Reichsfinanz- reform ein nationales Unglück über unser Vaterland gebracht hat. Wir find uns darüber klar, dafi diese Mehrheit gestürch loerden muß, wenn sie nicht noch größeres Unglück anrichten soll. Für jeden liberalen Mann ist es deshalb uu in vg- lich, einen Anhänger des Bundes der Landwirte zu wählen. Anderseits wird es vielen von uns schwer werden. für einen Sozialdemokraten einzutreten. Trennt uns doch eine Weltanschauung. So lange die Sozialdemokratie an ihren seit- herigen Lehren festhält, müssen wir sie nach wie vor bekänipfen. Trotz alledem dürfen wir aber nicht vergessen, dafi es ohne die Sozialdemokratie ausgeschlossen ist, den schwarz- blauen Block zu werfen. Dieses Ziel ist bei weitem wichtiger, als die Bedenken gegen die Wahl eine? Sozialdemokraten. Wir müssen die Politik als Machtsrage betrachten. Es gilt, den in der Hauptwahl begonnenen Kampf gegen rechts fortzusetzen. Was schon alle Parteien, wenn auch zum Teil versteckt, getan haben. daS wollen wir als ehrliche Männer frei und offen tun: Wir wollen aus taktischen Gründen den Sozial- demokraten unterstützen. Nach ernster, reiflicher lieber- legung fordern wir deshalb alle liberalen Männer auf, ein- stimmig für den Kandidaten der Sozialdemo- kratie Herrn Busold-Friedberg einzutreten.. Zur Vorbereitung. Das Spiel zur allmählichen Gewöhnung der öffentliche» Meinung an die kommenden Militärforderungen beginnt bereits. Ein Berliner   Mitarbeiter der Königsberger.Harwngschen Zeitung" willan wohlunterrichteter Stelle" gehört haben, dafi die neue M i l i t ä r v o r l a g e, die ,nit dem Ouinquenatsgesetz kommen soll. an jährlichen Mehrausgaben 40 bl) Millionen erfordert. Man beachte, daß hier von den jährlichen Mehrausgaben die Rede ist. Wahrscheinlich sind damit die fort- dauernden Mehrausgaben gemeint. Die größeren einmaligen Ausgaben bleiben anscheinend vorerst noch im Hintergrunde. UebrigcnS hat Oberst Gädke imBerk. Tagebl." dieser Tage festgestellt, daß die Angabe, wonach Frankreich   über 24 Bataillone Infanterie mehr als Deutschland   verfügt, absolut nichts für eine militärische lleberlegenheit Frankreichs   beweist. Die französische  Armee kann dieses Mehr an Bataillonen nur dadurch erreichen, daß sie die Kompagnien auf bedeutend schwächeren Fuß hält als sie in der deutschen Armee sind. Deutschland   hat die stärkeren Kompagnien, weil sie für die Ausbildung und für den Uebergang auf Kriegsfuß bedeutende Vorteile bieten. In Frankreich   nimmt die Effektivstärke des Heeres, die jetzt schon um 500 000 Mann mehr als die des deutschen   ist, von Jahr zu Jahr mehr ab. Nach einer Berechnung der Rekruteneinstellungcn hat Teutschland für die Feldarmee wenigstens 250 000 ausgebildete Mannschaften mehr als Frankreich  zur Verfügung. Es fehlt also selbst vom bürgerlichen Standpunkt aus an jedem vernünftigen Grunde für eine neue Heeresvermehrung. Was er dementieren läftt. DiePost* hatte gestern erzählt, daß der Landwirtschafts- minister v. A r n i m bei der Durchführung der Polenpolitik nicht immer die Unterstützung des Ministerpräsidenten ge- funden habe. Dieser soll zu Herrn v. Arnim in bezug auf die Polenpolitik gesagt haben, daß er ein entschiedener Gegner jeder Ausnahmegesetzgebung sei. Herr v. Bethmann scheint daS Bedürfnis gefühlt zu haben, sich gegen solche Ber- dächtigung zu wehren. DieMagdeb. Ztg." meldet, fie habe an unterrichteter Stelle erfahre», daß der Ministerpräsident eine solche Aeußerung nicht getan habe. Die russische   Regierung gegen deutsche Kolonisten. WiederFr. Zeitg." aus Petersburg   telegraphiert wird, bringt die russische   Regierung eine Vorlage über Beschränkung des Landbesitzes von Ausländern im Südwestgebiete ein. Die Vorlage rächtet sich gegen die deutschen   K o I o n i st e n. die in diesem >»jebiete seit 200 Jahren ansäßig und russische   Untertanen sind. ine Kolonisten haben sich durch große Landerwerbungen, die sie ihrem Fleiße verdanken, mißliebig gemacht. DaS Memorandum zur Vorlage erklärt, die deutschen   Kolonisten seien in ihrem Herzen P a n g e r m a n e n(!) und nichts verbände sie mit Rußland  ; fie verdrängten die russische   Bevölkerung und bedeuteten für den Kriegs- fall eine große Gefahr. DieNowoje Wremja" erklärt, die deutsche Regierung und deutsche Banken unterstützten die Kolonisten aus strategischen Rücksichten. Die deutschen   Konsuln be- mühten sich, unter den Kolonisten den alldeutschen Geist zu erhalte». Die Regierungsvorlage, die von solchen Gesichtspunkten auszugehen scheint, sieht ein vollständiges Verbot des Landerwerbs oder der Pachtung durch deutsche Kolonisten im russischen   Unter- tanenverband vor. Die Vorlage bezieht sich auf die Gouvernements Kiew  , Podolien und Wolhhnien. Diese infame Ausnahmegesetzgebung ist nach dem Muster der preußischen Polengesetzgebung gearbeitet. Und wenn die deutsche Regierung gegen diese nationale Drangsalierung Protest erheben würde, die geistesverwandte russische   Regierung wäre um die Antwort nicht verlegen. Um so schärfer muß daS deutsche  Volk gegen die infamen nationalen Ausnahmegesetze im eigenen Wie im fremden Lande protestieren. Gegen die Misthandlung des Vereinsrechts. Das preußische Oberverwaltungsgericht mußte am 17. Juni schon wieder einmal die Versagung der Genehmigung zu einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel und zu einem öffentlichen Aufzuge für unberechtigt erklären. Tie Gewerkschaften von Leeste(Regierungsbezirk Hannover  ) wollten anläßlich ihres Gewerkschaftsfestes am 15. August 1909 einen Festzug und eine Bersammlung unter freiem Himmel veranstalten. Ihrer Kom- Mission wurde die Genehmigung dazu vom Landrat zu Syke   ver- sagt. Der Landrat gab zur Begründung folgendes an:Wie die Erfahrungen bei den Gewerkschaftsfesten in der der Gemeinde Leeste benachbarten Gemeinde Brinkum gelehrt haben, und wie gelegentlich auch in der sozialdemokratischen Preffe zum Ausdruck gekommen ist, haben die gelegentlich der Gewerkschaftsfeste unter Zuziehung zahlreicher ortsfremder Personen und sozialdemokrati- scher Vereine veranstalteten öffentlichen Aufzüge und Festreden unter freiem Himmel die Bedeutung öffentlicher Agitationen zu- gunsten der von der sozialdemokratischen Partei verfolgten Be- strebungen. Die ländliche Bevölkerung von Leeste und Umgegend steht diesen Bestrebungen fremd und zum Teil geradezu feindlich gegenüber, yamentlich seit dem durch das rücksichtslose, lediglich im sozialdemokratischen Parteiinteresie erfolgte Vorgehen mit Boykotterklärungen gegen einzelne Gewerbetreibende ein Teil der letzteren in ihrer wirtschaftlichen Existenz schwer geschädigt und gefährdet worden sind. Unter diesen Umständen muß ich aus der beabsichtigten Veranstaltung eines Aufzuges und einer Versamm- lung unter freiem Himmel Gefahren für die öffentliche Sicherheit befürchten und vermag die polizeiliche Genehmigung dazu nicht zu erteilen." Ter Zimmerer Bode als Vertreter der Kommission erhob gegen dieses eigenartige Dokument gesetzwidriger Denkweise Beschwerde beim Regierungspräsidenten m Hannover  . Dieser bestätigte jedoch daS Verbot mit folgender Begründung:Ten vom Landrat an- geführten Gründen kann ich nach eingehender Prüfung der örtlichen Verhältnisse nur beitreten. Die ländliche Bevölkerung in Leeste identifiziert die gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Parteibestrebungen vollkommen. Die Veranstaltung eines Auf- zuges und einer Festrede in einer Versammlung unter freiem Himmel bei dem geplanten Fest würde als eine sozialdemokratische Demonstration angesehen werden und bei der infolge des dortigen Vorgehens der sozialdemokratischen Partei erregten Stimmung der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu Ausschreitungen Ver- anlasiung geben, durch die die öffentliche Sicherheit gefährdet werden könnte." Auch der Oberpräsident schloß sich diesem parteipolitischen Schema an und verwarf die weitere Beschwerde. Darauf klagte Bode beim Oberverwaltungsgericht, vor dem ihn am 17. Juni Rechtsanwalt Wolfgang Heine   vertrat. Das Oberverwaltungsgericht gab der Klage statt und erklärte das Verbot der Versammlung unter freiem Himmel und des öffentlichen Aufzuges für unberechtigt. Es ging davon aus, daß die Behauptung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit mit konkreten Tatsachen lokaler Natur belegt sein müsse, aus denen sich nach vernünftigem Ermessen eine nahe Möglichkeit der Verwirk- lichung der Gefahr ergebe. Auch im vorliegenden Falle, so wurde in der Begründung wörtlich gesagt, seien die tatsächlichen Voraus- sctzungen, welche geeignet wären, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit anzunehmen, nicht festzustellen gewesen. Die Ver- fügung müsse daher außer Kraft gesetzt werden. Damit ist abermals festgestellt, daß in Preußen Behörden vom Landrat bis zum Oberpräsidenten das Gesetz zuungunsten von Arbeitern verletzen. Dem Minister des Innern wäre dringend zu empfehlen, zur Vermeidung ähnlicher Terrorisierungen des Ge-' setzes, den ihm nachgeordneten Beamten die Vergünstigung zu er- wirken, an einer von Sozialdemokraten geleiteten Rechtsschule teil- zunehmen. Herrn v. Heydebrauds Handlanger. Ueber den neuen preußischen Minister des Innern weiß eine Korrespondenz zu berichten: Wäre das Königreich Preußen ein parlamentarisch regierter Staat, so hätte das Portefeuille des(nach dem der auswärtigen An- gelegenheiten) wichtigsten Ministeriums dem Führer der ausschlag- gebenden Mehrheit, nämlich Herrn Dr. Ernst v. Heydebrand schon vor einem Jahre angeboten werden müssen. Aber der Ehrgeiz dieses Mannes richtet sich nicht nach einer Dieiistwohnnng in einem der Berliner   Ministerien. Er würde sich schwer in ein Abhängigkeits- Verhältnis fügen. Und er würde die Macht, die er der Regierung gegenüber in Händen hat, verringern, wenn er selbst ein Glied des Regierungsapparates würde. Dagegen sprechen viele Anzeichen da- für, daß Herr Hans v. Dallwitz auf Rat und Empfehlung des Herrn v. Heydebrand zur Nachfolge des Herrn v. Moltke  berufen worden ist. Herr v. Dallwitz ist der Vetter des Herrn von Heydebrand, genauer, der Frau v. Heydebrand, die als Mädchen Fräulein Marie v. Dallwitz hieß." Verbrauchte Handlanger. Gelegentlich der Abhalfterung Moltkeü und Arnims macht dieBerl. Volksztg." eine Ausstellung über die während der Ne- gierungSzeit Wilhelms II. in die Wüste Geschickten. Die Gesamtzahl der während der 22jährigen RegierungSzeit verbrauchten und neuernannten Minister beträgt, die zurzeit noch amtierenden eingerechnet, 86. Im Reiche hat es während dieser Zeit gegeben: 5 Reichs- kanzler, 6 Staatssekretäre des Auswärtigen, 4 Staatssekretäre des Innern, 7 Staatssekretäre des ReichkschatzamtS, 4 Staatssekretäre des Reichsjustizamts, 3 Staatssekretäre des Reichspostamts, 4 Staats­sekretäre des Reichsmarineamts und 2 Staatssekretäre des Reichs- kolonialamtes. In Preußen gab eS während dieser Zeit: 0 Minister­präsidenten, 3 Finanzminister, 9 Minister des Innern, 7 Kriegs- minister, 4 Justizminister. 6 Kultusminister, 6 Minister der Land- Wirtschaft, 6 HandelSminister und 4 Minister der öffentlichen Arbeiten. Von den gesamten entlassenen Ministern sind nur sechs im Amte gestorben. Da der Konsum an Ministern in der letzten Zeit erheblich ge- stiegen ist. steht zu erwarten, daß mit dem 25. Regierungsjahre Wilhelm II.   der 100. Minister verbraucht ist. Der Achtstundentag für die bayrischen Bergarbeiter. München  , 22. Juni. Die Kammer berät über ein neues Berggesetz. Es bringt eine Reihe von Verbesserungen namentlich in sozialer Hinsicht. Doch hatte die Reichsratskaimner den besten Punkt gestrichen, nämlich den Achtstundentag. In der Kammer der Abgeordneten dreht sich die Dis- kussion um diesen Punkt. Die Regierung spricht sich ent- schieden gegen den Achtstundentag für die Bergarbeiter aus, ganz im Sinne der Reichsratskammer. In der Abgeordneten- kammer sind die Meinungen geteilt. Von großem Interesse waren die Ausführungen des Re- gierungsvertreters. Er behauptete, daß der Achtstiiudeutag bei unseren Bergbetrieben eigentlich schon eingeführt wäre. Er behauptete weiter, daß durch die Reichsfinauzreform die In- dustrie so stark belastet wurde, daß auch unsere Bergwerke die Kosten weiterer sozialer Reformen nicht mehr tragen könnten. Unser Genosse Segitz trat diesem Herrn Regierungs- Vertreter sehr scharf entgegen. Er wies aus den Akten der Regierung selbst nach, daß nicht der Achtstundentag, sondern der Nenn- und Zehnstundentag in unseren Bergwerken ein- geführt ist. Er fragt auch den Herrn Regierungsvertreter, ob also jetzt gePlaut sei, die schlimmen Folgen der Neichsfinanz- reform auf die Arbeiter abzuwälzen. Ein Redner des Zentrums spricht sich gegen den Achtstundentag aus. Mit knapper Mehrheit wird hier- auf der Achtstundentag(wie wir bereits gestern gemeldet) von der Kammer beschlossen gegen viele Stimme» des Zentrums »ud des BauerubuudeS._ Zur Nachwahl in Frankfurt   a. O.-Lebns. In einer Sitzung des Vorstandes der n a t i o na l l i b e r a l e n Partei und der Fortschrittliche» Volkspartei deS Wahl­kreises Frankfurt-LebuS wurde beschlossen, für die bevor- stehende ReichStagsersatzwahl den Archivdirektor Dr. Winter- Magdeburg als Kandidaten aufzustellen. Dr. Winter soll zum linken Flügel der nationalliberalen Partei ge- hören._ Die verratenen Tabakarbeiter. Die Firma Engelhardt u. Biermann in Bremen  läßt ihre Filiale in Brake  (Lippe  ) eingehen. 80 Arbeiter und Arbeiterinnen werden dadurch brotlos. Wie es heißt, sollen von der Firma noch mehr Filialen eingezogen werden. So wächst die Arbeitslosigkeit in der Tabakindustrie immer noch. Die geringen Unterstützungen aber werden beschnitten und sollen in einigen Monaten ganz aufhören. Und d i e ganze bürgerliche Presse, einschließlich derarbeiter- freundlichen" Zentrumspresse, schweigt zu diesem Skandal, wie wir in unserem ArtikelDas Gegenstück zur Erhöhung der Zivilliste" in Nr. 135 richtig vorausgesagt haben. Wer übt Tcrrorismus? Das Zwickauer   Amtsblatt benutzt seinen Inseratenteil, um aufs eifrigste zum Terrorismus gegen die ihm verhaßte Sozial- demokratie anzustacheln. Es heißt dort: Von Berlin  , Leipzig  , Dresden   und den großen und kleinen Provinzstädten gehen in nächster Zeil   Scharen in die Sächsische Schweiz   zur Erholung auf kürzere oder längere Zeit. Wer sind denn die, die in der Lage sind, sich den Luxus einer längeren Er- holung zu gönnen? Die Unbemittelten sind es leider gewiß nicht Es sind die Bemittelten, die Geld sitzen lassen, und was sind diese zum größten Teile? Jedenfalls keine An- Hänger der Sozialdemokratie. Die Sächsische Schweiz  und ihre Umgebung wird jährlich von Tausenden und Abertausenden besucht, aber wie wenige denken daran, daß gerade dort in dieser herrlichen Gotteswelt die Sozialdemokratie frech und lüstern ihr Haupt erhebt, daß sie alles daran setzt, daß über Berg und Täler die rote Fahne wehen wird. Der sozial- demokratische Anhang muß endlich spüren, daß die Bürger- lichen müde sind, ihn weiter wirtschaftlich zu unterstützen. Es gilt jetzt, einen Kampf zu führen gegen jene Elemente, deren Endzweck der Um st urz ist. Es sei daher an alle Sommerfrischler die dringende Bitte gerichtet: Nur dort zu wohnen, wo sie sicher sind, daß weder beim Hanswirt noch beim Untermieter die so- z i a Id em o krati s ch e BolkSzeitung zu finden i st. Geschäfte, in denen diese oder eine andere sozial- demokratische Zeitung aufliegt, kann und darf ein Nationalgesinnter nicht unter st ützen. Der Ge- nosse mag zum Genossen gehen, aber nicht daraus Anspruch er- heben, daß er von Bürgerlichen   unterstützt wird. Die Zeiten sind nicht danach, den Anmaßungen der Genossen irgendwelche Kon- zessionen zu machen. Das Bürgertum mutz sich aufraffen und sich besinnen und sein Nationalgefühl praktisch betätigen in der Bekämpfung der Sozialdemokratie. Ein Mittel ist oben erwähnt: Kein Sommerfrischler unterstütze einen Abonnenten der sozialdemokratischen Presse, d. h. im Bezirke der Sächsischen   Schweiz einen Abonnenten derVolkszeitung". Und diese Gesellschaft kann sich nicht genug entrüsten über den Terrorismus, de» angeblich die Sozialdemolratte gegen Anders- denkende ausübt._ König Junker. Auf dem ganz in der Nähe von Breslau   gelegenen Rittergut Schönborn, das dem hochfeudalen Junker und Soziatistenfresser v. G o s s o w gehört. wurde die dortige Dorfschule auf acht Tage geschlossen, weil der unker v. Gossow billige Arbeitskräfte zum übenziehen gebraucht. Dabei ist von einer Leutenot im Dorfe und dessen weiterer Umgegend keine Rede. Oesterreick. Kritische Situation. Wien  , 22. Juni. Die Parlamentskommisfion deS PolenklubS beharrt auf der sofortigen Durchführung des Donau  » Oder-Weichfel-Kanals und will die Entscheidung dem Plenum deS Polenklubs überlassen, der noch heute abend zusammen- treten soll. Da die Regierung den Aufschub bis Herbst verlangt, gilt die Situation als kritisch. Der heutigen Audienz des Barons Bienerth wird außergewöhnliche Bedeutung beigemessen, da auch die Frage der Schließung der Session erörtert wird. frstikreick. Mandatsschacher. Paris  , 22. Jmn. Das hiesige Zivilgericht beschäftigte sich gestern mit einem durch die letzten Kammerwahlen ver- anlaßten, sehr charalteristischen Prozeß. Der sozialistisch-radikale Kandidat des dritten Pariser Bezirks C h e v a u x hatte sich durch schriftlichen Kontrakt verpflichtet, bei der Stichwahl zugunsten des gleichfalls der sozialialistisch-radikalen Partei angehörigen Kandidaten Jacquelin gegen eine Entschädigung von 30000 Fr. zurückzutreten. Jacquelin fiel jedoch durch(gewählt wurde unser Genosse Lauche) und weigerte sich nun, die versprochene Summe zu zahlen. C h e v a u r wollte dem Vertrage nunmehr auf dem Klagewege Geltung verschaffen, wurde aber abgewiesen. Kelgteti. Ein AnSliefernngSautrag der russischen   Regiernng. Brüssel, 20. Juni.  (Etg. Ber.) Die russische   Regierung verlangt wieder»ach einem ihrer Opfer, das sich ihrerGerichtsbarkeit" durch die Flucht ins Ausland entzogen hat. ES handelt fich um einen Arbeiter, den Eisendreher Galras, der von der russischen   Regie- rung des Verbrechens deS gemeinen Diebstahls beschuldigt wird und dessen Auslieferung an Rußland   nun bei der belgischen Regierung durchsetzen will. Wie aber auch bei Gericht festgestellt wurde, ist der Beschuldigte keingemeiner Verbrecher", fondern einer von den Revolutionären, die an den Expropriationen von 1907 während der Revolutionstage teilgenommen haben. Das belgische Gericht hat die Tat G a I r a S, dem u. a. von einem ehemaligen belgischen Ar- beiter wie auch von der hiesigen russischen   Kolonie daS Zeugnis eines rechtschaffenen Arbeiters ausgestellt wurde, dem ein gemeines Delikt nicht zuzutrauen ist. als ein im Zusammenhang mit politischen Ereignissen stehendes Vergehen bezeichnet und sich gegen die Auslieferung ausgesprochen. Das endgültige Urteil in der Sache ist jedoch noch nicht gefällt, aber eS steht zu hoffen, daß Belgien  , daS in analogen Fällen da» An- sinnen der russischen   Regierung, politische Flüchtlinge auszuliefern, abgelehnt hat, auch diesmal eine das Asylrecht anerlennende Ant- wort geben wird. Spanien  . Eine Amnestie. Madrid  , 21. Juni. Beim Empfang einer Abordnung der re- publikauischen Mitglieder des Parlaments erklärte Ministerpräsident Canalejas  , daß alle Vertriebenen, insbesondere auch die nach den Juliereignissen in Barcelona   vertriebenen, von der schon bekanntgegebenen teilweisen Amnestie Vorteil hätten und frei nach Spanien   zurückkehren könnten. Trotzdem bestand die Ab- ordnung darauf, daß die Regierung den CorteS einen neue» Amnestieentwurs unterbreite.