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dersagt.Die Warenerzeugung ist häufig gerade durch die Kartell- Wirtschaft forciert worden, fei eS deshalb, weil die Produzenten die hohen Syndiiatsprsise für einen möglichst großen Umsatz genießen wollten, sei eS, weil der Kampf um die Quoten den Antrieb zu ständigen Erweiterungen bildetet So wird vom Stahlwerksverband berichtet,daß jetzt jedes größere Werk im Hinblick auf die bevor- stehenden Erneuerungsverhandlungen seine Produktion auf eine breiter« Basis stelle". Ebensowenig hätten die Kartelle eine gleichmäßige Beschäftigung der Werke erzielen können. Im Gegenteil:in dem Bewußtsein, alle gleichmäßig be- handelt zu werden, warten die Käufer jetzt mit der Erteilung ihrer Aufträge so lange, bis der tatsächliche Be- darf an sie herantritt. Da aber dieser erfahrungsgemäß sich sehr ungleich zeigt, so mangelt auch den Produzenten die gleich- mäßiae Beschäftigung." Unter diesen trostlose» Umständen kehrt dasB. T." vollständig zur alten Manchesterweisheit zurück, die in der freien Konkurrenz denbesten Preis- und Produktionsregulator" erblickt, und nur weil diese schon seit Jahren ganz oder zum Teil ausgeschaltet ist, befürchtet es auS einem plötzlichen Aufgeben der Syndikate schwere Erschütterungen. So konstatiert die Praxis, daß von den überschwänglichen Hoff­nungen der kapitalistischen Theorie, die in den Syndikaten allzu optimistisch einen AuSweg aus der Sackgasse sah, in die die kapitalistische Wirtschaft geraten, rein gar nichts verwirklicht ist. Und da bleibt denn nichts weiter übrig als vollkommene Verzweifelung, vollkommene Rückkehr zu den überholten Anschauungen, die sich längst als falsch erwiesen, d. h. vollkommene- Trostlosigkeit. Die sozialistische Wissenschast hat von vornherein gewußt, daß die Kartell« trotz gewisser unleugbarer Vorteile auch nicht im- stand« find, di« Schäden der kapitalistischen Wirtschaft zu heilen und die Gesundung herbeizuführen, die eben nur durch die Planmäßigkeit der gesamten Produktion, d. h. durch den Sozialismus erreicht werden kann._ Profefloralc Lchilcklinzppen im vieoite des Kapitals. In den letzten Wochen ist auf dem Büchermarkt eine inter- essante kleine Schrift erschienen. Sie betitelt sich:Terrorismus in der Wirtschaftswissenschaft." Sie hat zum Verfasser den Pro- fessor Richard Ehrenberg aus Rostock . Seit einigen Jahren sucht Ehrenberg seine Fachkollegen davon zu überzeugen, daß die heutige Wirtschaftswissenschaft auf ganz falschem Wege sei. Abgesehen von der marxistischen Schule, die ja ganz selbstverständlich nicht die Zustimmung Ehrenbergs findet, könne auch die bürgerliche Forschung vor allen Dingen der Be- deutung des Unternehmers im Produktionsprozeß nicht gerecht werden. Denn der Unternehmer sei der Träger der Produktion. der Lokomotivführer, der den Zu� im Gange hält, der Schöpfer aller Werte, der durch seine Arbeit den Arbeitnehmern erst Lohn und Brot verschaffe. Und so müsse durch ein sorgfältiges Studium der wirtschaftlichen Einzelunternehmung die Erforschung der Wesensart der heutigen wirtschaftlichen Tätigkeit nach entsprechen- den Gesichtspunkten erfolgen, die Ehrenberg des näheren dann noch angibt. Die bürgerlichen Fachkollegen deö Herrn Ehrenberg haben feine JorfchungSmethode abgelehnt. Und als von ihm noch die Forderung aufgestellt wurde, daß jeder Forscher das Resultat seiner Unter- suchungen über WirtschaftSbctriebe vor der Drucklegung erst dem betrefsenden Unternehmer zurDurchsicht" zu unterbreiten habe, jst seine ganze Methode derexakten WirtschaftSforschunss" als Tendenzwissenschaft" bezeichnet worden. Doch Ehrenberg ist ein tatenfroher Mann. Er will Erfolge sehen, und so hat er sich denn weiter um die Entwickelung seiner Pläne bemüht. Ein Archiv und ein privates Seminar für feine Forfchungsmethode wurden ge- gründet. Dazu gehörte Geld, und so ging Ehrenberg mit dem Klingelbeutel bei den Unternehmern herum. Augenscheinlich mit gutem Erfolge, wie die Liste von Unterschriften zeigt, die nach dem Aufruf als Mitglieder beigetreten sind. Die bekanntesten Namen unserer Scharfmacher und Reaktionäre sind fast vollständig ver- treten. Wurde auch unser Tendenzprofessor von allen Seiten abge- schüttelt, so hatten doch die.Unternehmer an ihm ihre helle Freude. Das war ein literarischer Advokat ihrer Kapitalisteninteressen, wie sie sich einen solchen nicht besser wünschen konnten. So hatten sie denn auch versucht, ihren Schützling in eine staatliche Professur unterzubringen. Diese bekannte Geschichte macht die Broschüre wieder aktuell, indem sie die Schiebungen bekannt werden läßt, die in der Sache gemacht worden sind. Herr Dr. Stresemann. der Syndikus vom Verband sächsischer Industrieller, schrieb einfach an das sächsische Kultusministerium, daß sächsische und außersächsische Industrielle ein Interesse daran hätten, wenn Professor Ehrenberg eine Professur an der Universität in Leipzig bekleiden würde. Die Interessenten seien bereit, dafür jährlich 30 000 Mark auszugeben. Ueber diesen kitzlichen Punkt seiner 30 000 M.-Professur sucht sich Ehrenberg in der vorliegenden Schrift vergeblich hinweg. zuschreiben. Tatsächlich gibt er zu, was er ableugnen will. Die Industriellen wollten dem Bater Staat jährlich 30 000 M. zur Ver- fügung stellen, um EhrenbergSwahre und wirkliche" Wissenschaft zu finanzieren. Die Bombe ist geplatzt! Die bürßerlichen Pro- fessoren haben denn doch noch soviel Rückgrat gezeigt, sich gegen diesen Eindringling zu wehren. Die ganze Angelegenheit hat für uns den Vorzug, zu zeigen, mit welchen Mitteln die kapitalistische Presse bearbeitet wird. So steht nach den Mitteilungen wohlunterrichteter Gewährsmänner fest,daß Ehrenberg intime Verbindungen mit den bedeutendsten Zechen unterhält. Er liefert ihnen aus seinem Seminar die Kräfte für die theoretische und namentlich die publizistische Vertretung ihrer Interessen. Man stößt in gewissen Zeitungen und Zeit» schriften immer häufiger auf Artikel und Aufsätze, die die Inter- essen der Zechenbesitzer gegenüber Arbeitern und Konsumenten wissenschaftlich" verfechten. DaS besorgen die Schüler Ehren- bergs.... Studenten, die auf baldigen Erwerb bedacht sein müssen, und denen der Professor gute Stellungen vermitteln kann, sind ihm natürlich sehr dankbar und sie bringen vielleicht auch seinen Theorien eine gesteigerte Empfänglichkeit entgegen!" Wenn die bürgerliche Nationalökonomie aus ihrem Sumpf gerettet werden soll, so scheint auch uns ausgerechnet Professor Richard Ehrenberg nicht die am besten dafür qualifizierte Persönlichkeit zu sein. Soziales. Das Werk deS Schnapsblocks. Die schlimmen Wirkungen der Reichsfinanzreform auf die Tabakindustrie schildert der Jahresbericht der Dresdener Handelskammer für lSOS recht anschaulich. Es heißt da u. a.: Wer da gehofft hatte, daß die Mehrbelastung des Tabak« ohne wettere» dem Käufer aufgebürdet werden könne, ist in seinen Er- Wartungen arg getauscht worden. In Deutschland pflegt jedermann nur«ine gewisse Summe in Genußmitteln anzulegen und schränkt seinen Bedarf ei», wenn das einzelne Genußmittel im Preise steigt Der Verbrauch erleidet daher fast genau so viel Einbuße, als die Mehrbelastung ausmacht. Die Stockungen im Absatz führten bei den meisten Firmen zu vetrieböeinschränkungen, teil- weise sogar zu zeitweiliger Einstellung des Be- triebe«. Die geschäftslose Zeit dürste wenigsten« noch bis zum Herbst anhalten. Daß die Zigarrenindustrie aber in absehbarer Zeit wieder ihren früheren Hochstand erreichen wird, darf billig be« zweifelt werden. Welche schweren Wunden die neue steuerliche Belastung de» Tabak» der deutschen Zigarrenindustrie geschlagen hat, erkennt man so recht, wenn man sich vergegenwärtigt, wie diele Arbeiter infolgedessen aus Lohn und Brot gekommen sind. Zu Beginn dieses Jahres sollen ungefähr SO 000 Zigarrenarbeiter beschäftigungslos gewesen sein." An einer anderen Stelle heißl es: Die steuerliche Mehrbelastung hat der deutschen , insbesondere aber der sächsischen Zigarren- indnstrie einen schweren Schlag versetzt. Die Her« stellung der billigen 6 und 6 Pf.-Zigarre ist aus Sachsen heraus und nach Süd- und Ostdeutschland gedrängt worden." Dort sind nämlich die Arbeitslöhne am allermiserabelsten. Kautionsjäger. Trotz aller Warnungen seitens der Presse finden jene gefähr- lichen Elemente, die es auf die letzten Ersparnisse Stellungsnchender abgesehen haben, immer noch Opfer, die sich rupfen lassen. Das Berliner KauftiiannSgericht hatte dieser Tage gleich zwei solcher Fälle zu verhandeln. Vor der S. Kammer stand als Beklagter ein gewisser Wittchow. Er hatte die Klägerin Auguste K. in einem Obstkeller alsFilialleiterin" angestellt und ihr dafür SO Mark Kaution abgenommen. Als W. sie nach kurzer Zeit angeblich wegen schlechten Geschäftsganges entließ und ihr das Gehalt vorenthielt, bat das arme Mädchen, er möchte doch wenigstens die Kaution zurückzahlen, worauf W. ganz offenherzig bekannte, die hätte er ./verbraucht". Auch im Verhandlungstermin wiederholte der Be- klagte dies Geständnis. Erst als ihn der Vorsitzende auf die straf- rechtlichen Folgen seiner Handlungsweise hinwies, versprach er, das Geld sofort zu beschaffen. Das Gehalt wollte er aber unter keinen Umständen zahlen, und die Klägerin mußte wohl oder übel darauf verzichten, da ihr ein vollstreckbares Urteil in diesem Falle auch nichts genutzt hätte. Dieselbe Kammer verhandelte gegen den Bäckereibesitzer Max Salomon, der dem Kläger W. für eine am Schillerpark neu eröffnete Filiale gleich 400 M. Kaution abnahm. W. hat weder sein Gehalt bekommen, noch die Kaution, und wie gering die Chancen der Wiedererlangung sind, geht daraus hervor, daß im Zuschauerraum sich bereits der Nachfolger des Klägers elngefunden hatte, der auch Leidtragender" mit mehreren hundert Mark ist. Sowohl dieser wie der Kläger glaubten besonders sicher zu gehen, weil S.Haus- besitzer" ist. Der letztere zog es aus guten Gründen vor, der Verhand- lung fernzubleiben und sich auch nicht vertreten zu lassen, so daß Versäumnisurteil gegen ihn erging. Ferienurlaub als versuchter Entlassungsgrund. Die Neue Photographische Bcrgrößerungsgesellschaft m. b. H. gewährt ihrem Personal alljährlich einen 14tägigen Ferienurlaub, der in der Regel für die Arbeiter in den April fällt. Für den dort beschäftigt gewesenen Photographen L. war der Ferienurlaub auf die Zeit vom 6. bis 19. Juni festgelegt. Anfang Juni erfuhr einer der Firmeninhaber, daß einige Angestellte beabsichtigten, bei einer Konkurrenzfirma einzutreten. Der bereits festgesetzte Ferien- urlaub, soweit er in die Zeit vor dem 1. Juli fiel, wurde darauichin zurückgezogen und sollte erst nach dem 1. Juli gewährt Wersen. Der Photograph L. erhob dagegen den Einwand, daß er bereits ein Sommerquartier gemietet habe; hierdurch seien ihni an 25 M. Unkosten entstanden. Die Firma hatte sich bereit erklärt, diese Unkosten zu ersetzen. Dann wurde L. jedoch nach dem Kontor beordert, um über diese Angelegenheit zu unterhandeln. Dabei soll. weil L. sich nicht dazu bereit fand, zu versichern, daß er bis zum 1. Januar bei der Firma bleiben würde, das Versprechen, für die entstandenen Kosten einzustehen, von der Firma zurückgezogen sein. L. ging nun ohne die Genehmigung der Firma vom 6. bis 19. Juni in die Ferien. Bei seiner Rückkehr wurde er entlassen. Er klagte gestern beim Gewerbegcricht auf Zahlung des Lohnes für die Ferienzeit und eine lltägige Lohneutschädigung von zusammen 140 Mark. Da seitens der Firma der Widerruf der Zusage, für die Unkosteir einzustehen, bestritten wurde, wurde Beweis erhoben. Auf Grund der Beweisaufnahme vertraute das Gericht dem Kläger den Parteieid für seine Behauptung an. Leistet Kläger den Eid, so wird die beklagte Firma dem Klageantrag entsprechend verurteilt werden, leistet er den Eid nicht, so wird er mit der Klage kostenpflichtig abgewiesen._ Gegen Prämien für Kaffrnbetrüger. Bon der von uns oft getadelten Praxis. Kassenbetrüger durch milde Strafen zu prämiieren, wich dieser Tage da? Chemnitzer Landgericht in erfreulicher Weife ab. Gleichzeitig ging es dem Strohmännertum in nachahmenswerter Weise zu Leibe. Das Urteil erging in folgendem Fall. Der Baugewrrke Richard Riemer aus Dresden war beschuldigt, insgesamt 070,91 M. Versicherungsbeiträge den von ihm beschäftigten Arbeitern in Abzug gebracht, aber nicht zu Zwecken der Versicherung verwendet zu haben. R., der schon viermal wegen gleicher Bergehe« bestraft worden ist, bestritt, daß er in diesem Falle der Zahlungspflichtige gewesen sei und nannte als solchen den Bauherrn, Architekten Schäfer. Dieser hatte auch tatsächlich laut Protokoll des Bevoll- mächtigten der Gemeinsamen Ortskrankentasse Chemnitz die Zah- lung der Beiträge für R., der Bauausführender war. ük«rnommen, Dadurch glaubte R. sich von der Verpflichtung, sich um die Ab- führung der Beiträge zu kümmern, befreit zu haben. Der Ver- trcter der Staatsanwaltschaft stellte die Entscheidung in daS Er­messen des Gerichts; eines ausdrücklichen Antrags auf Bestrafung enthielt er sich. Nach langandauernder Beratung wurde das Urteil verkündet, das den bestimmt auf Freisprechung hoffenden Beschul- digten aus allen Himmeln fallen ließ. Es lautete auf 3 Monate Gc. fängniS und einjährigem Ehrenrechtsverlust. In der Begründungtvurde mit Recht u. a. ausgeführt, daß R. als BauavSfllhreiider firmiert habe und als solcher zu gelten hatte; besonders in bezug auf die dem BauauSsllhrenden zukommende« Verpflichtungen. Dazu gehörte die ordnungsmäßige Abführung der BersichermigSbeiträge an die zuständige Stelle, um die er auf alle Fälle besorgt sein mußte. Daran konnte auch die schriftlich zugesicherte Nebernahm« durch Sch. nichts ändern; der Verpflichtete war und blieb 91. ReichsversicherungSawt gegen BolkSgefundung. Wie verheerend die Befolgung des'von uns niedriger gehängten Erlasses deS Reichsversicherungsamtes wirken würde, der die vor- beugende Heilbehandlung eingeschränkt wissen will, zeigen folgende Zahlen über die Erfolge der Volksheilstätten für Lungenkranke. Auf Anregung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes ist unter den an der Bekämpfung der Lungentuberkulose beteiligten Stellen sLandeSverstcherungsanstalten. Heilstätte», Aerzten usw.) eineTurban- Gerhardtsche Stadieneinteilung" für Lungenkranke eingeführt worden. Dieselbe teilt die Kranken je nach bestimmten medizinischen Fest- stellungen in drei Stadien ein; in das erste Stadium gehören die leichten Erkrankungen usw. DaS Reichsversicherungsamt hat bereit» die Statistik der auf Grund des§ 13 des Jnvalidenversicherungs- gesetzeS wegen Lungentuberkulose in ständige Behandlung genommene Personen auf das Jahr 1909 nach diesem System bearbeitet. Danach sind im Jahre 1909 von sämtlichen 41 Trägern der Invalidenversicherung 29 277 Männer und 12 9SS Frauen, zusammen 42 232 Personen wegen Lungentuberkulose in Heilbehandlung ge- nommen worden. Nach Abzug jener Fälle, bei denen das Stadium noch nicht festgestellt worden ist, gehörten an bei Aufnahme dem Stadium l II III Männer.... 12015 9101 3590 grauen.... 5 820 3399 1154 Insgesamt sind 20 587<88 Proz.) Männer und 8562<32 Proz.) Frauen wieder erwerbsfähig geworden. Erwerbsunfähig blieben 4199 Männer und 1817 Frauen. Betrachtet man den Erfolg nach Stadien» so ergab sich an» Abschluß der Heilbehand« lung für daS Stadium v(gänzlich gesund)«ine Zunahme von S39 Mannern und 358 Frauen, für das Stadium II ein Zuwachs von 1489 Männern und 521 Frauen, und für die ungünstigeren Stadien natürlich eine entsprechende Abnahme. Auch in den Fällen, in denen die Erwerbsfähigkeit nicht wieder erlangt wurde, hat eine Verschiebung nach den besseren Stadien stattgefunden. DaS Reichs« versicherungSamt bemerkt dazu, daßdie Erfolge der Heilbehandlungen unverkennbar" seien. Es ist bei der ganzen Frage nicht zu übersehen, daß eS sich doch immer nur um einen geringen Teil von Kranken in dem ersten Stadium handelt, die den Vorteil der Heilstättenbehandlung genießen. Und bei diesen wird der Erfolg der Kur schnell wieder dadurch verwischt, daß sie nach der Unterbringung in die Heilstätte in ihre alte soziale Not zurückkehren müssen, die erst die Krankheit gezeitigt hat. Die Bekämpfung der Lungentuberkulose muß auf viel breitere Grundlage gestellt werden, als sie die Heilstättenbehandlung bietet. DaS beste Mittel ist die Besserung unserer allgemeinen sozialen und hygienischen Zustände.% Auf Ausbau, Vermehrung, nicht auf Einschränkung der vor« beugenden Heilbehandlung der der Invalidenversicherung unter- worfenen Personen mutz deshalb das Bestreben der VerficherungS- anstalten sich richten. Nach diesem, nicht nach dem entgegengesetzten Ziel muß auch das Streben des Neichsversicherungsamts gehen. Die Reichsversicheruiigsordlinng sollte durch gesetzliche Vorschriften das ReichSversicherungSamt hindern, anders vorzugehen. Der beste Teil der Versicherungsgcsetzgebung ist in den auf Heilung und auf Vor- beugnng gegen den Eintritt der Invalidität gerichteten Vorschriften zu erblicken. Diese gilt eS im Vollsinteresse auszubauen. Unfallschutz im Braugewerbe. Die Brauerei- und Mälzerei-Berufsgeuossenschaft gibt seil Jahren einen Sonderbericht über die Tätigkeit ihrer technischen AuffichtSbeamten heraus, welcher immer sehr interessante Aus- führungen enthält, wenn sich auch die Beamten große Zurückhaltung auferlegen müssen. So berichtet der Beamte der Sektion II<Vaden und Pfalz )) daß er in 42 besichtigten Betrieben allein 1725 Verstöße gegen die Unfallverhütungsvorschriften gefunden habe. Auch der Beamte der Sektion I V erklärt, daß er 194 Betriebe revidierte undinsgesamt 3005 Auflagen für auszuführende Sicherheitsvorrichtungen erteilte". Betriebe, in denen Schutzmaßnahmen nicht anzuordnen waren. wurden nicht angetroffen," berichtet der Aufsichtsbeamte der Sektion VIll<Sachsen). Dabei hatte der Beamte nur 71 Betriebe besuchen können. Die übrigen Beamten geben leider keine näheren Zahlen an. Der Beamte der Sektion I lElsatz) klagt, daß allein 25 Proz. der vorgefundenen Mängel auf Verkehrswege, wie Treppen, Leitern usw. entfallen.Leitern mit geflicktem Holm und fehlenden Sprossen, oder letztere nur einfach aufgenagelt, lvaren häufig anzu- treffen. Es ist somit erklärlich, daß die Unfälle, verursacht durch Fall von Leitern" jedes Jahr ein« so hohe Ziffer aufweisen." In Sektion V(Franken) fand der Beamte auffallend vielS Beanstandungen des Leitermaterials; in einigen Betrieben war von zirka 0 8 im Betriebe befindlichen Leitern auch nicht eine einzige in gutem Zustande.Die Unternehmer würden auf Vorhalt erklären, daß diese Leitern ja gar nicht gebraucht werden, die aber im Bedarfsfall« Loch genominen werden und Unfälle verursachen." Unter 20 beschäftigten jugendlichen Arbeitern wurden10 an gefahr- vollen Arbeitsstellen betroffen". Die übrigen Beamten fanden, daß die jugendlichen Arbeiter nicht an gefährlichen Maschinen usw. beschäftigt würden. Wer es glaubt. Der Beamte der Sektion VIII hatte in 292 Betrieben folgende Beanstandungen:Trans- Missionen in 428 Fällen, Aufzüge in 140, Dampfkessel und Arbeit»- Maschinen in 144 Fällen, allgemeine Einrichtungen in 240 Fällen." Und wie die Anordnungen, auch die der königlichen Gewerbe- lnspektion befolgt werden:An einer Treppe über zwei Stockwerke war. jedenfalls von der königlichen Gewerbeinspektion angeordnet. eine Handleiste anzubringen; ausgeführt wurde aber nur die Hand- leiste über eine Stockwerkshähe. Warum dieselbe auf einmal auf- hörte, wußte niemand zu sagen; erst wenn man die Fortführung der Handleiste verlangte, wurden Gründe gefunden. In einer Brauerer war eine Kellertreppe von 1,50 Meter Breite so lange ohne Reparatur geblieben, bis sie überhaupt kaum mehr gangbar war. Die Stufen waren so durch die Fässer ausgeschält worden, daß nur noch an den Seiten eine gerade Stufenlänge von zirka 20 Zentimeter übriggeblieben war, während in der Mitte die Treppe auf eine Breite von zirka 00 Zentimeter längst schon in die schiefe Ebene übergegangen war. Dabei bildete die Treppe eine Haupwerkehrsstelle." Der Beamte der Sektion IX(Dortmund ) berichtet:In solchen noch nicht revidierten Betrieben findet man selten Keller-, Tennen- und Bodentreppen, die in einem ordnungsmäßigen Zustand find. Das Geländer fehlt hier fast immer, um den Treppenausschnitt meistens stets. Auch der Fußbodenbelag der Böden ist häufig in der allerfchlechtesten Verfassung. In der Reparatur vernachlässigte Dächer gaben hier vielfach den ersten Anlaß zum teilweisen Durch- faulen derselben. Befremdend ist es auch, daß bei den erstmaligen Revisionen so viele hochliegende Schmierbühnen, Podeste aller Art, Kühlschiff-, Berieselungskondensator- und Eisberieselungsanlagen angetroffen werden, bei denen an einzelnen ungeschützten Stellen ein Absturz jederzeit erfolgen kann. Die benutzten Leitern hatten vielfach zerrbochene Holme und nur genagelte Sprossen aufzuweisen. Außerdem waren dieselben für die meisten Zwecke häufig um 75 Zentimeter bis 1 Meter zu kurz. Da außerdem auch sehr viele Leitern in Gebrauch waren, deren Sprossen zum Teil zerbrochen oder gänzlich fehlten, sich dabei auch noch als krumm erwiesen, infolgedessen keine 4 Auflegepunkte mehr zeigten und demzufolge auch keine Sicherung mehr boten gegen Ab- gleiten nnd Ausrutschen, so braucht man über die vielen Leiter- Unfälle wahrlich nicht verwundert zu sein." Für Sektion VI berichtet der Beamte:ES finden sich nach wie vor an den Transmissionen die häufigsten Mängel. Schmalen und langsam laufenden Riemen wird nicht genügend Beachtung geschenkt, dieselben werden meistens als ungefährlich angesehen, trotzdem die- selben an ihren Verbindungsstellen oft alle möglichen Arten von Schleifen, Winkeln usw. aufweisen, die leicht einen Arbeiter zu erfassen vermögen. Die Schutzmaßnahmen beim Fuhrwerks- betriebe sind namentlich in den ländlichen Bezirken in der Regel recht mangelhaft. Bei neu gelieferten Maschinen fehlen nur zu häufig noch die Schutzvorrichtungen. Erwähnt sei hier noch, daß die isobarometrischen Flaschenbiersiillapparate, wenn auch wohl mit den nötigen Schutzvorrichtungen, doch meistens nur auf Probe ge« liefert werden. Ist nun der betreffende Arbeiter in der Hand- babung deS Apparates nicht gewandt genug, so werden einfach die Schutznetze entfernt, um die Leistungen zu erhöhen. Der Vertreter der liefernden Firma selbst ordnet dies an und betont, daß in den anderen Brauereien die Schutznctze ebenfalls entfernt seien; er fürchtet aber, der Apparat könnte ihm wegen nicht genügender Handlichkeit nicht abgenommen werden. ES ivird also gar nicht erst abgewartet, bis der Arbeiter sich an die Bedienung des Appa- rates mittels Schiilivorrichlung gewöhnt hat."<l!) Sehr gefährlich ist natürlich auch der Fuhrwerksbetrieb der Brauereien.Der Fuhrwerksbetrieb mit seineu Nebenarbeiten bildet nach wie vor die Quelle für die meiste» Unfälle in unserer BerufSgenossenschaft," heißt eS auf Seite 20 des Berichts. Fast alle Beamten Ilagen, daß die Fuhrwerke mangelhaft seien. ES fehlten richtige Sitze und Tritte zum Aussteigen. Berichtet wird, daßder Zentralverband deutscher Braucreiarbeitcr, Filiale Ans« Vach , das Ersuchen an die Sektion richtete, zwei dortige Betriebs- Unternehmer zum Herstellen von ordentlichen Sitzööcken und eiserne» Fußtritten für die Bieraussuhrwagen zu veranlassen". Dem Ersuchen sei auch entsprochen worden. Auch der Magistrat zu Dinkelsbühl wurdeum Hilfe gebeten gegen Unternehmer, welche an Bierwagen keine Sitzböcke und eisernen Fußtritte an- bringen lassen wollten, e-- Die königlichen Bezirksämter zu Kemnat