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Nr. 64.

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8. Jahrg.

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Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Arbeiterschuh- Gelek­

Dienstag, den 17. März 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Reformen in England.obachtung der Eßpauſen ſehr gering. Im Uebrigen macht auf Sicherheits ausgänge in Fällen von Feuers­

II*)

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51/2 beziehungsweise, wenn Sonnabends frei, 6 Stunden Verhältniß der beschäftigten Arbeiter, in Bezug auf pro Tag fest. Obendrein ist die Gewähr für die Be S ch u hvorrichtungen an gefährlichen Maschinen, die Dunraven'sche Bill in Bezug auf die sanitären Maß- gefahr 2c. Weiter eine Klausel, welche unseren deutschen Ebenfalls in der Hauptsache auf die Schwizzarbeit be- regeln den Lokalbehörden all die Anordnungen und Maß- Textilarbeitern sehr anheimeln wird, daß jedem Arbeiter in nahmen jetzt zur Pflicht, wozu die bisherige Gesetzgebung einer Textilfabrik, der auf Stück arbeitet, so genaue An­rechnet, aber weniger durchgreifend als der Burtoni'sche, ist der sie nur berechtigte, und weiter erweitert sie die Befug- gaben über Art und Bezahlung der Arbeit geliefert wer­Gesetzentwurf, den Lord Dunraven im Hause der Lords ein- nisse der Fabrikinspektoren und sorgt auch ein erheb- den solle, daß er im Stande ist, nach gethaner Arbeit gebracht hat. Lord Dunraven war der Vorsitzende der im licher Fortschritt für einen kürzeren Instanzenzug, so- selbst sich zu vergewissern, zu welchem Lohnbetrage er Jahre 1888 eingesetzten Kommission zur Untersuchung der bald ein amtliches Eingreisen nothwendig erscheint. Findet berechtigt ist. Sehr richtig sagt das Daily Chronicle" Schäden des Schwiharbeit- Systems, und hat als solcher reichlich z. B. ein Fabrikinspektor, daß der Zustand einer Werk- bei Besprechung dieses Antrages, daß es ein bezeichnendes Gelegenheit gehabt, sowohl die Wirkungen als auch die Quellen stätte nicht den Anforderungen des Gesetzes entspricht, so Licht auf das Verhältniß zwischen Kapital und Arbeit des Uebels und ebenso die Vorschläge zu studiren, die von den soll er, statt erst reklamiren und beim Gericht Klage wirft, daß eine solche Klausel überhaupt noch nöthig ge­verschiedenen Sachverständigen zur Abhilfe in Anregung gebracht wurden. Der Bericht, den er als Ergebniß der wegen Unterlassung einleiten zu müssen, das Recht haben, funden wurde. Und nicht minder bezeichnend ist die gebracht wurden. Der Bericht, den er als Ergebniß der dem Inhaber der Fabrik eine spezifizirte Aufforderung Thatsache, daß sich die Nothwendigkeit herausstellte, eine Untersuchung ausarbeitete, stieß bereits in der Kommission zuzuschicken, die nöthigen Aenderungen vorzunehmen und, Minimalſtrafe für Zuwiderhandlungen gegen diese Vor­auf den Widerspruch der Mehrheit, er war ihr zu revo- wenn dieselben unterbleiben und die Frist des zulässigen schrift Ausgabe falscher Berechnungen 2c. einzu­lutionär", und ebenso natürlich der großen Mehrheit im Appells vorüber ist, diese Arbeiten selbst vornehmen, und führen, um der Abfindung mit bloßen Nominalstrafen englischen Oberhause". Das mag mit die Ursache sein, die Kosten exekutorisch einziehen zu lassen. Andererseits ein Ende zu machen. Schließlich verlangt ein anderer weshalb Lord Dunraven in seinem Gesetzentwurf auf dem sollen die Sanitätsbehörden, wenn sie dem Fabrikinspektor Paragraph des Entwurfs, daß von der Arbeitszeit an vierten Theil des Weges stehen bleibt. Fälle von Verletzung der gesetzlichen Vorschriften gemeldet, Sonnabenden eine halbe Stunde mehr für Reinigungs­Nach demselben bleiben alle Werkräume, in denen dieser aber Remedur unterläßt, direkt an den Minister arbeiten in Anrechnung gebracht werde. fünf Personen und weniger arbeiten, wenn dieselben des Innern Bericht erstatten. Und schließlich schlägt Lord In Bezug auf die Fälle, wo die Sanitätsbehörden einer und derselben Familie angehören, sowohl von Dunraven vor, die Altersgrenze für die Kinderarbeit in sich bei der Anordnung bezw. Ausführung nothwendiger Den fanitären fanitären als auch den auf die Arbeits - den Fabriken von 10 auf 12 Jahre zu erhöhen. Schutzvorrichtungen für die Gesundheit der Arbeiter lässig verhältnisse bezüglichen Vorschriften des bestehenden Alles in Allem geht der Entwurf, wie bereits her erweisen, spricht auch der Entwurf des Sir Henry James Fabriks- und Werkstätten- Gesetzes ausgeschlossen, werden vorgehoben, mehr darauf aus, die Schwizarbeit erträg den Fabrik- Inspektoren die Vollmacht zu, eventuell selbst­vielmehr besonderen, weniger energischen Reglements unter- licher zu gestalten, als sie auszurotten. Aber in der ständig Anordnungen zu treffen. Ebenso in Bezug auf stellt. Jeder Unternehmer, der Arbeit weggiebt, muß zu Sigung vom vorigen Freitag, wo derselbe verhandelt Schußvorrichtungen gegen Feuersgefahr und gefährliche Sänden des Fabrifinspektors ein Buch darüber führen, in wurde, erklärte auch Lord Dunraven, daß, wenn es mög- Maschinen. Der Entwurf kam am vorigen Mittwoch im das die Art und Menge der Arbeit, sowie die Namen und lich wäre, es dahin zu bringen, daß alle industrielle Unterhause zur Verhandlung, und da meinte der Minister, Adressen der mit derselben betrauten Personen einzutragen Arbeit in großen, wohlgehaltenen Fabriken und Werk- es habe doch seine großen Bedenken, den Fabrik- Inspek­find. Jedes Haupt einer Familie, das seine Wohnung stätten verrichtet würde, dies die bessere Lösung sei. toren diese Vollmacht zu geben, denn diese seien die zum Arbeitsraum macht, muß einer amtlichen Persönlich- Noch ein anderes Mitglied des Hauses der Lords, Sachwalter und Vorkämpfer der Arbeiter, und

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Feuilleton.

Nachbruck verboten.]

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keit den Beweis liefern, daß die bei ihm beschäftigten Lord Thring, hat einen Antrag eingebracht, der sich daher, was z. B. die Frage ausreichender Ventilations­Personen Mitglieder der betreffenden Familie sind, und auf die Fabrik- Gesetzgebung bezieht, da derselbe jedoch sich Vorrichtungen anbetreffe, nicht die geeignetsten Instanzen. sich eine Bescheinigung ausstellen lassen, auf der die Zahl fast nur auf die bessere Regelung der Gesundheitspolizei Es würde praktischer sein, in solchen Fällen ein Schieds­der so beschäftigten Personen und ihr Verwandtschafts- bezieht, und in keiner Beziehung weiter geht als selbst der gericht entscheiden zu lassen. Welch ein Ehrenzeugniß für verhältniß angegeben sind. Wie viel milder alsdann die Entwurf des Ministers Matthews, so kann er hier un- die englischen Fabrik Inspektoren! Nach einer Reihe Vorschriften des Gesetzes im Verhältniß zu denen des erörtert bleiben. weiterer Ausstellungen schlug der Minister dem Antrag­Fabrikgesetzes sind, geht daraus hervor, daß die Marimal- Der Entwurf des Abg. Sir Henry James, steller vor, seinen Antrag fallen zu lassen, da er, Arbeitszeit für Kinder in Räumen, in denen mehr als der sich lediglich auf die Fabriken im Sinne des bestehen- der Minister, ja einen ähnlichen einbringe, der even­drei und nicht mehr wie fünf Personen arbeiten, auf den Fabrikgesetzes bezieht, enthält eine Reihe von Vor- tuell amendirt werden könne. Sir Henry James 10/2 Stunden wirklicher Arbeit pro Tag festgesetzt ist, schriften in Bezug auf bessere Ventilation der aber wollte die Raße nicht im Sack kaufen und nämlich von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends mit felben, namentlich in Fällen, wo künstliche Feuchtigkeit" erwiderte, dazu habe er später auch noch das Recht, vor­Pausen von zusammen 42 Stunden für Mahlzeiten. Nur in die Fabrikräume eingeführt wird), wie überhaupt läufig halte er seinen eigenen Antrag aufrecht. Derselbe Sonnabends soll der Arbeitstag um 4 Uhr enden und Sicherung eines Minimums von Luftraum im hat ohnehin eine eigene Entstehungsgeschichte. Er geht 21/2 Stunden Essenspausen haben. Das Fabriks- 2c. Gesetz aus von den organisirten Textilarbeitern Lancashires und sollte setzt bekanntlich die Maximal- Arbeitszeit für Kinder auf*) Wie das z. B. bei der Verarbeitung beschwerter" Garne schon vor anderthalb Jahren eingebracht werden. Die geschicht, so daß die Arbeiter in der Regel in einer Atmosphäre * Wir bedauern, die Fortsetzung dieser, in Nr. 56 des arbeiten, die nur mit der in einem russischen Dampfbade ver- Abgeordneten der betreffenden Wahlkreise zogen es ak vor, erst eine Verständigung mit den Unternehmern Borwärts" begonnenen Artikelserie erst heute bringen zu können. glichen werden kann. was sogar ihrem Manne aufgefallen war. Denn der alte Vielleicht hätte sie, oder vielmehr ihr Manne junge, Arigaya hatte es gern, wenn seine junge Frau mit der sein können. Aber er sah es gern, wenn anz tüchtig Jugend fröhlich war, und sie war in den letzten Tagen hübsche Frau, die übrigens seinem Hauswese zu verargen, schlechter Laune gewesen. Hatte er die schöne Afra doch vorstand, sich puzte, und ihr war es schweypse stieg. Das eigentlich aus Großmuth geheirathet. Sie war die Tochter daß ihr der plötzliche Wohlstand etwas zyle 30g, verjüngte eines Freundes, der als Müller zu Pikolein im Gaderthale ge- fröhliche Leben, welches mit ihr in die fall, den sie bei den sessen, und bei einer Ueberfluthung der Gader derartig zu den Alten und war er stolz auf den gleichgültig gegen den­Schaden gekommen war, daß er sein Gewerbe hatte auf- Leuten sand, so war sie keineswęsohl bewußt und freute geben müssen und nach langem Siechthum in den dücftigsten selben. Sie war sich ihrer Reizsitolein hatte sich niemand Berhältnissen gestorben war. Afra war unter den vielen sich des Eindruckes derselben. Parme Dirne hübsch oder Aber ihre Augen waren nicht die einzigen, die auf Kindern, die er hinterlassen, die zweitälteste. Arigaya hatte darum gekümmert, ob de die schöne Müllerin und Kräften angenommen häßlich war; jetzt hießn um ihm ruhten. Auch die schöne Afra hatte ihn heraus sich der Familie nach besten ihre Gunst. Auch und gefunden; schwer war es nicht, denn seine schlanke Gestalt und auch die beiden Söhne ein Handwerk lernen lassen. Jung Alt weichelte ihrer Eitelkeit so sehr, überragte die Umstehenden, und sie preßte die weichen vollen Der ältere war Zimmermann, der andere Maurer geworden Ambros. Nichts weichste, schönste und stolzeste Bube im Lippen fest und fester zusammen. Was fand er nur an und beide verdienten jezt in der Fremde ihr Brot. Afra als daß auch er, doen Hof' machte. Er that es aber in Stasi, daß sie von ihm so plößlich und ganz vergessen wor- war stets unter den Kindern seines Freundes Arigaya's Lieb- ganzen Thale , le fortwährend reizte. Was hätte sie nicht den? Daß er auch jetzt sie nicht bemerkte? Sie hatte darling gewesen. Sie war fleißig und wirthlich und trotz der Armuth, einer Weise, biwenn sie ihn öffentlich in Gemeinschaft mit über die ganze Woche gegrübelt und musterte jezt Stafi in der sie lebte. heiteren Sinnes, und so hatte er denn nach darum gegeh Berehrern ihren Triumphwagen hätte ziehen mit jenem kritischen Scharfblick, den nur Frauen für ein- dem Tode seiner Frau sich entschlossen, sie zu heirathen. ihren ander war er jedoch nicht zu bewegen und fast schien ander haben. Nun, im Ganzen war Stafi ja leidlich hübsch, Es war Afra unter den obwaltenden Berhältnissen nicht sehen! er verlangte, daß Afra ihm schön thäte. Wenn wenn man aber jeden Theil des Gesichtes für sich betrachtete, schwer geworden, dem guten, alten Manne ihre Hand zu es, als Bursche um sie herum waren, stand er bei Seite, da fand sich doch manches auszusetzen und das Eine hätte reichen, und sie hatte auch bisher keine Ursache gefunden, es ande anders sein müssen, um zu dem Anderen zu stimmen. zu bereuen. Jerg freilich hatte zu dieser zweiten Heirath Laht des Verlangens werth, wenn er sah, daß sie von fast verächtlich. Die Frucht erschien ihm säuerlich und Nein, es war ein ganz unregelmäßiges Gesicht und nur seines Vaters scheel gesehen und Afre wußte sehr gut, daß anderen begehrt wurde, und sie hatte heimlich schon auf den ersten flüchtigen Blick konnte man sie allenfalls für er ihr und den Ihrigen nichts Gutes gönnte. Nur dies manche Thräne über die Rücksichtslosigkeit geweint, gerade nicht häßlich gelten lassen. Sie war ein ganz un zweite Heirath war Schuld gewesen, daß der Alte nach bedeutendes Ding, und dennoch gab Ambros ihm den Vor- Tode seiner ersten Frau sich nicht zur Ruhe gesetzt und die gungen der Bursche vorzuwerfen pflegte. Welches Recht er ihr das Wohlgefallen an den Huldi zug vor ihr, der schönen, vollaufgeblühten Rose. Der Ge- Sohne die Mühle abgetreten hatte. Ferg vergab schmack der Männer ist unbegreiflich! Nicht ein einziges Bereitelung seiner Hoffnung nicht und rechnete jeden hatte er dazu? Keines, wenn ihr Herz ihm keines gab. Mal war er, der seinen Freund Ferg sonst so oft besucht Kreuzer, den sie für sich ausgab, als einen Staub an seinem Ihr Herz wollte ihm aber eben so wenig wie den Anderen ein Recht einräumen. Sie spielte mit dem Feuer und wenn hatte, während der letzten Woche in die Mühle gekommen, Vermögen an.

Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol

von Robert Sa, weichel.

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