digung Deutschlands etffiachfe und diS nötigen Garantien ge. geben würden. Die Bremer „W eserzeitung" bezeichnet die Eröffnung von Verhandlungen als„jedenfalls höchst wün- schenswert". Die„Kölnische V o l k s z e i t u n g" ZeTegra- Phicrt, sie habe ein würdiges Flottenabkommen längst emp» fohlen. Die„Münchetter Ztg." würde das Ende des „unseligen Wettrüstens" begrüßen, doch müsse Deutschlands See- niachtstellung gewahrt bleiben. Der„Fränkische Courier" sagt,„die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes" würde die Verständigung mit aufrichtiger Freude be- grüßen. Die Straßburger Aürgerztg.", der„Nürn- berger Generalan z.", die Stettiner„O st s e e z t g.'. Sie „Aachener Post", der„Frankfurter Genera lanz." sprechen sich prinzipiell für ein Abkommen auS, wenn die Jntec- essen der deutschen Seemacht gewahrt blieben. Der„Hamb. Correspondent" würde den Verhandlungen mit Sym- pathie gegenüberstehen, wünscht aber Vorkehrungen dagegen, daß ein Scheitern der Verhandlungen nicht zu einer Ver- s ch l c ch t e r u n g der Beziehungen führe. Der„Lübecker Generalanzeiger" glaubt, daß die öffentliche Meinung die Verhandlungen mit Wohlwollen aufnehmen würde. Der „Hannoversche Courier" wünscht grundsätzlich eine Flottenverständigung, falls erstens ein gegenseitiger deutsch » englischer Neutralitätsvertrag geschlossen würde,„für aufgenötigte Kriege jeder Art mit dritter Macht", und falls man den Handel zwischen beiden Ländern und ihren Kolonien unter die Rechte meistbegünstigter Dritter stellte. Die Frankfurter Kleine Presse" telegraphiert:„Die Volks st immun g, wie wir sie beurteilen, wäre einem deutsch -englischen Abkommen in der Flottenrüstungsfrage günstig. Wir bezweifeln aber, daß die Machthaber hüben und drüben schon reif für eine solche Lösung sind". Die„Königsberger Hartungsche Ztg." erklärt das liberale Bürgertum sei für die Flotteiwerständigung, falls die deutschen Interessen gebührend berücksichtigt würden, und würde die Lösung des Problems als Kulturtat von wdlt- geschichtlicher Bedeutung ansehen. Die„D a n z i g e r Neuesten Nachrichten" würden einer Verständigung zustimmen, falls die Ausführung des deutschen Flotten- Programms nicht davon berührt werde. Der„Liegnitzer Generalanzeiger" sagt, nur die Säbelrassler in Teutschland und in England seien gegen die Verstän- digung. Die„Breslauer Morgenzeitung" depeschiert. die„von militärischen und höfischen Kreisen un- abhängige öffentliche Meinung wäre herzlich dankbar für eine Verständigung,,. Die„Kieler Zeitung" betont, daß England das freie Eigentumsrecht zur See anerkennen müsse; im übrigen wünschten alle liberalen Kreise ein Abkommen über die Beschränkung der Rüstungen. Die„Dresdener Zteuesten Nachrichten" erklären, daß die„überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes" eine ehrliche Verständigung, die das Nationalvermögen und die Kulturgüter mehren müßte, froh begrüßen wilrde. Das„Leipziger Tageblatt " bezeichnet die Verständigung als„wünschenswert und nützlich"; eine politische Entente zwischen beiden Ländern müsse voraus- gehen. Die„Tagespost " in Eisenach meint, Politiker und Oeffentlichkeit seien ernstgemeinten Verhandlungen geneigt. Der Stuttgarter „Beobachter" telegraphiert:„Die Bevölkerung des deutschen Südens würde nach unserer Kenntnis eine ehrliche Verständigung freudig begrüßen." Die Zeitung„Deutsch « l a n d " in Weimar spricht sich sehr warm f ü r ein Flotten. abkommen aus." Daß die Masse des Volkes mit überströmender Freude eine Verminderung der Flottenausgaben begrüßen würde, war von vornherein für jedermann klar. Die Empörung über die letzte Steuerausplünderung hat jetzt auch zum guten Teil der Bourgeoisie ein Licht über das Wesen des uferlosen Wctt- rüstens aufgesteckt. Was läge also näher, als nunmehr für die Jahre ISIl und 1912 statt der beabsichtigten je 4 Schlachtschiffe deren nur je 3 zu bauen! Tann wäre auch ein U e b e r g a n g geschaffen für die Jahre 1913 usw.. wo ja nur(wenn nicht eine neue Flottenvorlage kommt I) je 2 Schlachtschiffe gebaut werden sollen! Die Abrüstungsverständigung müßte also bald erfolgen! Boffentlich lassen es die bürgerlichen Parteien nicht an dem nötigen Druck auf die Regierung fehlen! Die Unter- stützung der Sozialdemokratie ist ihnen ja sicher! Sollten unsere bürgerlichen Parteien jedoch keine An- stalten machen, bereits für die Jahre 1911 und 1912 ein ge- mäßigtercs Bautempo durchzusetzen, so ist auch nicht die gering st e Gewähr dafür geboten, daß trotz aller Redensarten der bürgerlichen Presse nicht doch gleich nach den nächste» Reichstagswahlen eine neue Flottevvorlage kommt! ehriktliche sischitenllebe. London , 17. Juli. (Eig. Ber.) Man wird sich noch des mutwilligen Angriffs der Regierung der früheren südafrikanischen Kolonie Natal auf die Zulus und des darauf folgenden schändlichen Prozesses gegen den pensionierten Zulukönig Dinizulu vor etwa zwei Jahren erinnern.' Ein 5tachspiel zu diesem Prozeß ist hier soeben ruchbar geworden. Dinizulu war bekanntlich den weißen Farmern in Natal ein Dorn im Auge; denn um ihn scharten sich seine Volks- genossen, die noch manches schöne, von den Weißen be- gehrte Stück Land besitzen und daher nicht geneigt sind, sich als Arbeitssklaven an die holländischen und englischen Farmer zu verkaufen. Zudem wußte Dinizulu seine kriege- rischen Landsleute im Zaume zu halten, so daß sie den Weißen keine Gelegenheit gaben, das Volk der ZuluS anzugreifen. Die Naialer aber hatten bald einen Vorwand gefunden, um einen Vernichtungskrieg gegen die Zulus ins Werk zu setzen und als Dinizulu trotz dieser Angriffe auf sein Volk den Frieden hielt, vermochte man den Zulukönig auf„legale" Weise aus dem Wege zu räumen. Man ließ ihn bei Nacht und Nebel arretieren und stellte ihn vor ein Gericht, wo man eine Reihe Anklagen gegen ihn erhob, die man durch erpreßte oder falsche Zeugenaussagen zu beweisen suchte. Da aber erstand den: hilflosen Schwarzen eine tatkräftige Freundin in der Person des Fräulein Colenso, einer der Töchter des Dr. Colenso, der sich zu seinen Lebzeiten wegen des Schutzes, den er der schwarzen Bevölkerung angedeihen ließ, in Süd- afrika großen und verdienten Ruhm erworben hat. Fräulein Colenso opferte ihre Zeit und ihr Geld der Sache des bedrängten Zulukönigs; den feine Feinde vernichten wollten, und ließ aus England einen berühmten Advokaten zur Verteidigung des Angeklagten komnien. Es war bezeichnend für die Nieder- trächtigkeit. mit der dem Haupt des Zuluvolkcs der Prozeß gemacht wurde, daß dieser Advokat, angeekelt durch das par- teiische Verhalten der Richter, schon nach kurzer Zeit das Amt des Verteidigers niederlegte. Dieses Vorkommnis lenkte die Aufmerksamkeit des englischen Volkes auf den beabsichtigten Rechtsbruch mit dem Erfolge, daß die Nataler dem Dinizulu nicht daS Leben nehmen konnten. Sie hatten aber die Genugtuung, ihn auf mehrere Jahre in die Verbannung und ins Gefängnis schicken zu können, da ihm nachgewiesen werden konnte, daß er einige seiner Lands- leute, die sich vor den Gewalttätigkeiten der Nataler flüchteten, auf kurze Zeit aus Mitleid beherbergt hatte, anstatt sie den Schergen auszuliefern. Das Nachspiel zu diesem Prozeß kam mit der Gründung der Südafrikanischen Union . Der letzte Akt der eingehenden Legislatur Natals war die Schaffung eines Gesetzes, das die Stiftungen der anglikanischen Kirche einer autonomen Nataler anglikanischen Kirche überwies. Und die erste Hand- lung dieser Nataler Kirche war, daß sie die beiden Fräulein Colenso, die seit 59 Jahren auf einer kirchlichen Stiftung unter den Schwarzen wirkten, aufforderte, das Eigentuin der neuen Kirche sofort zu räumen. Zur selben Zeit kündigte sie auch allen schwarzen Fannern. die das zu den Missionsgebäudcn gehörende Land bebauten. Selten ist wohl eine unanständigere und gemeinere Tat verübt worden als diese Handlung einer rachsüchtigen„christ- licheu" Kirche, die die beiden alten Fräulein, die ihr kleines Vermögen geopfert haben, um einen Justizmord zu ver- hindern, gefühllos an die Luft setzt. Und solches Pack er- dreistet sich, den schwarzen Heiden Religion beizubringen! politische Uchcrücht. Berlin , den 20. Juli 1910, DaS Zentrum nnd die geplante neue Militärvorlage. Dem Zentrum ist es als Mitregierungspartei höchst unbequem, daß die Regierung nicht mit ihren Heervermehrungsplänen bis nach den Neuwahlen zum Reichstag warten will, sondern noch dem jetzigen Reichstag eine Reihe neuer Militärforderungen vorlegen will. Nach- dem schon kürzlich Freiherr v. Hertling die Regierung ermahnt hat, doch mit ihren Forderungen noch etwas zu warten, hat nun auch die große Oualmfackel des Klerikalismus, Herr Erzberger , eine wohlwollende Warnung an den Reichskanzler erlassen. In einer Rede in Landau sagte er:„Es wäre eine Torheit, wenn die Regierung noch dem alten Reichstage eine Militärvorlage zugehen ließe. Sie würde wie Sprengpulver für die bürgerlichen Parteien wirken und nur der Sozialdemokratie eine bequeme Waffe für den Wahlkampf sein, der auch ohne Militärvorlage der schwerste Kampf sein wird, den wir je erlebt haben." Der Appell an die bessere Einsicht der Regierung ist begreiflich. Ms Mitglied des blauschwarzen Blocks kann daS Zentrum, will es sich nicht seine mit so vielen Wortbrüchen erlaufte heutige Position wieder verscherzen, nicht gegen die geplante Heeres- Vorlage stimmen; stimmt es aber für sie, erschwert es sich den Kampf bei der nächsten Reichstagswahl. Deshalb möchte es die Vorlage bis nach der Wahl hinausgeschoben wiffen. Nach der Wahl ist das Bewilligen neuer Regimenter weniger gefährlich— hat doch das Volk ein so kurze? Gedächtnis! Und die Negierung scheint diesen weisen Ennahnungen, wenig« stenS teilweise. Gehör geschenkt zu haben. Freilich ganz möchte sie nicht auf die Einbringung der neuen Militärvorlage im Herbst ver- zichten; etwa? will sie in jedem Fall aus dem Reichstag heraus- holen; aber sie gibt doch insofern den Bedenken der Zentrums- Politiker nach, als sie nicht sofort die ganze zur Durch- führung ihrer Pläne nötige Summe zu fordern gedenkt, sondern vorerst nur erst einen verhältnismäßig bescheidenen Teil. Die„Germania ", die wohl ziemlich gut informiert sein dürfte, berichtet darüber: „Wir können auf das bestimmteste versichern, daß alle Presse- Nachrichten über die neue Militärvorlage vollkommen unwahr und unzutreffend sind. Es ist nur bestimmt, daß die neue Militär- Vorlage im kommenden Herbste dem Bundesrate und Reichslage zugehen wird; eine Verschiebung um ein Jahr, wie wir es gerne gesehen hätten, tritt nicht ein. WaS aber über die Einzelheiten der Vorlage gemeldet wird, ist ganz aus den Fingern gesogen. Die Angabe vollends, daß die Mehrausgaben 40 bis 60 Millionen Mark betragen, ist eine blanke Unwahrheit. Kein Mensch denkt an solche horrende Mehrausgaben. Wer an die Verhandlungen der letzten Militärvorlage sich erinnert, der weiß, was in erster Linie in Betracht kommt, und weiß auch, daß es sich um solche Summen gar nicht handeln kann. Sowohl der neue Kriegsminister wie der neue Reichskanzler halten sich ganz genau an die früher gegebenen Zusagen und sind mit allen Instanzen davon überzeugt, daß damit das Vaterland gerüstet ist". Also vorläufig will die Regierung noch nicht ganze 40 bis 60 Millionen Mark fordern, sondern zunächst weniger— um dann nach der nächsten ReichStagSwahl das Versäumte nachzuholen. Eine feine Spekulation! Zur Beschwichtigung ihrer Leser weiß die ehrliche„Germania " zu versichern, daß die Regierung nicht daran denkt, außer der Militärvorlage noch irgend welche indirekten Steuern vom jetzigen Reichstag zu verlangen. Mit der ihr eigenen Aufschneiderei schreibt sie: „Neue Stenern sind gar nicht nötig; unsere Finanzen sind in Ordnung; 1S09 war ein Ueberschuß von 90 Millionen Mark da, den man zur Tilgung der Blockschulden nötig hatte; 19W ist ein Gleichgewicht; 1911 spare man, und es gehl auch. Eine Not- wendigkeit neuer Steuern läßt sich gar nicht begründen.... Gegen- über den verschiedensten Meldungen können wir feststellen, daß man weder in der Wilhelmstraße noch im Bundesrat an eine neue Steuervorlage denkt, und daß man mit den genehmigten Geldern auskommen will. Die schlechten Erfahrungen, die man mit der Konferenz über die Wehrsteuer gemacht hat, find nicht ermutigend für andere Steuervorlagen." Daß keine neuen Steuern nötig find, mag glauben, wer will, werden doch auch höhere Aufwendungen für die Flotte gefordert. Dagegen ist es recht wahrscheinlich, daß die Regierung die infolge der Finanzmißwirtschast drohende neue Reichssinanzreform ebenfalls bis nach den ReichStagSwahlen hinauszuschieben gedenkt. Immer rückwärts. Die„Westfälischen Politischen Nachrichten", die die Stirn- mung der einflußreichen nationalliberalen Großindustriellen widerspiegeln, sind unermüdlich an der Arbeit, die Partei an die Seite der Konservativen und des Zentrums zurück- zuführen. Unter dem Titel„zurück zur mittleren Linie" schreibt das Blatt: „Anstatt der vorschnell an den Reichskanzler gerichteten Ab- sage der„Nationalliberalen Korrespondenz", die sich dadurch merkwürdig ununterrichtet gezeigt hat, heißt die Forderung des Tages verstehen: die vom Reichskanzler eingeleitete Politik der Sammlung der bürgerlichen Parteien unter st ützen, den Boden für eine gemeinsame Frontstellung des Bürgertums gegen die Sozialdemokratie bei den nächsten Reichstagswahlen vorbereiten. DaS ist um so mehr vonnöten, als der neue Reichstag— wie meist übersehen wird— vor allem mit w i r t s cha f t s p o l i t i s ch en Aufgaben be. faßt sein wird und den Schutz der nationalen Arbeit niemals wird bewältigen können, wenn der Nichts als Konsumenten- Standpunkt der Sozialdemokratie und des Freisinns in ihm eine erheblich vermehrte Anhängerschaft findet. Wenn die jung« liberal infizierte Presse der nationalliberalen Partei, wenn ihre ob der verlorenen Schlacht der Neichsfinanzreform sich mehr und mehr in Verärgerung festbeißende Zentralleitung diesen Gesichtspunkten keinen Geschmack abgewinnen können und ihre Aussprache geflissentlich ignorieren, so erwächst damit dem großen Teile«der Ngliviiglliberslyi ipr Lggde. welcher g» de» Txgdi« tionen der Bennigsenschen und Miquelschen Periode der Führer» schast festzuhalten wünscht, um so mehr die ernsthafte Aufgabe, ihre Stimme zu erheben, ehe es zu spät ist.... Zum Glück gibt es noch eine überaus große Zahl der alt» nationalliberalen Elemente Deutschlands , die nach wie vor ent- schieden den Block von Bebpl bis Bassermann ab« lehnen und ehrlich die Pflichten einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Mittelpartei zu erfüllen wünscht, deren unser Vaterland niemals entraten kann, daß sie es ablehnt, die Partei durch eine einseitige hilflose Anlehnung an die Linke, zumal die Sozialdemokratie, in Grund und Boden zu kompromit- lieren." Die Beschuldigung gegen die nationalliberale Leitung ist allerdings wenig gerecht. Die wird schon die von den großen Geldgebern gewünschte Politik befürworten. Bemerkenswert ist auch die Begründung dieser Politik. Es ist das gemein- same Jnteresseam Zollwucher, das die National- liberalen mit unwiderstehlicher Gewalt an die Seite jener Parteien treibt, mit denen sie seit 1887 gemeinsam ihre Volks- feindlichen Geschäfte gemacht haben. Wie stark aber dieser' Zug nach rechts ist, geht aus einem Artikel der„National-Zeitung" hervor, der sich mit der Vize- Präsidentenfrage befaßt und bestimmt ist, auf die A n n a h m e der Vizepräsidentschaft durch die Nationalliberalen vorzubereiten. Die„National-Zeitung" schreibt nämlich: „Die nntionalliberale Partei hat zu Beginn der vorjährigen Session die Ehre, im Präsidium des Reichstags vertreten zu sein, dankend abgelehnt. Vielfach wiederholen sich nunmehr die Ver. suche, der Partei die Opportunität eines Front« Wechsels klar zu machen, der mit der Annahme des Vize. präsidenten-Posten verknüpft wäre. In der nationalliberalen Partei gingen damals die Meinungen sehr auseinander und es fehlte nicht an gewichtigen Stimmen im eigenen Lager, die für die Annahme waren. Es kam dann anders. Inzwischen haben sich die Verhältnisse wesentlich geän« d e r t. Es ist ein offenes Geheimnis, daß der Reichskanzler eine Politik der Sammlung verfolgt und bis zu den nächsten Wahlen eine geschlossene Phalanx der bürgerlichen Parteien herzustellen hofft, an der sich der Ansturm der Sozialdemokratie brechen soll. Herr von Bethmann Hollweg rechnet um so mehr auf die Ver- wirklichung dieses Wunsches, da er glaubt, bei seiner Stellung über den Parteien am ehesten einen Modus zu finden, der ein gemeinsames Zusammengehen ermöglicht. Vor allem kommt eS dabei auf die Mitarbeit der Nationalliberalen an, ohne deren Eintritt in den Bethmannschen Block der Ring nicht geschlossen werden kann. Wie stellt sich die nationalliberale Partei zu dieser Frage, die über Sein oder Nichtsein einer geordneten politischen EntWickelung, vielleicht auch über daS politische Schicksal leitender Männer entscheidet? Zwei Strö« in u n gen ringen um das Oberwasser, die nach links oder nach rechts führen. Vor wenigen Tagen gingen uns die Ausführungen eines im Westen in der nationalliberalen Partei tätigen und bekannten Mannes zu, der dafür eintritt, daß die Partei ihre Aufgabe wieder in der Vermittelung des LiberaliS» mus und des Konservatismus zu erblicken habe. Die Partei solle sich auf ihre Tradition besinnen und an die Zeit dcS früheren Glanzes zurückdenken, wo sie sich mit Stolz n a t i o» na l liberal nannte und den Ehrennamen nicht unter dem allge« meinen Titel Liberalismus verborgen habe. Die Meinung anderer geht dahin, daß die Partei die im vorigen Jahre be- schrittene Bahn nicht verlassen soll, auf der sie eine große Ge- folgschast hinter sich haben werde. Wir verhehlen uns nicht, daß die Entscheidung, wie sie fallen mag, von weittragenden Folgen begleitet sein wird. Wir stehen im Herbste dieses Jahres vor einem noch bedeutsameren W e n d e p u n l t. als im vorigen Sommer. Damals zerfiel der Block, weil er gesprengt werden sollte. In wenigen Monaten müssen sich die Parteien über ihr gegenseitiges Verhältnis klar werden, muß auch der Reichskanzler aus seiner Zurückhaltung hervortreten und bekennen, mit welchen Bundesgenossen er in den bevorstehenden Wahlkampf ziehen will... Solange er nicht zu erkennen gibt, zu welchen Entschlüssen er gekommen ist, liegt für die Parteien, und vor allem für die nationalliberale, keine Veranlassung vor, voreilige Schritte zu tun und sich zu binden. Im Herbst, wenn der Reichstag versammelt ist, wird die erste Entscheidung fallen und ein Jahr später die letzte und wichtigste." Das sind viele Worte, aber der Sinn ist klar: die natio, nalliberale Partei vertraut der„Sammlungspolitik" des Herrn v. B e t h m a n n und wird den Bund zur Bekämpfung der Sozialdemokratie mit der fchwarz-blauen Reaktion ab- schließen. Herr P aa s ch e wird Vizepräsident und wir an« dern werden wenigstens den Gewinn davontragen, von dem Großblockgerede verschont zu bleiben. Die Sammlung richtet sich natürlich gegen die S o z i a l» demokratie. Wir werden einen ernsten Kampf zu bestehen haben, aber auch eine klare Situation vor« finden. Um den Ausgang des Kampfes ist uns nicht bange. Die Verfassungsfrage in Elsast-Lothringe«. Die„Straßburger Post" dringt in ihrer Morgenausgabe vom 20. Juli eine Zusammenfassung der Absichten, welche die Reichs« regierung zu der elsaß -lothringischen Verfassung hegt. Danach dürften die Vorschläge folgendermaßen aussehen: Elsaß-Lothringen bleibt Reichsland , d. h. Abänderungen seiner verfassungsrechtlichen Einrichtungen und seines Verhältnisses zum Reich können nur durch die Reichsgesetzgebung erfolgen. Der Kaiser übt wie bisher im Namen des Reichs die Landeshoheit aus. Sein Vertreter ist der Statthalter, den er ernennt. Das Reichsland erhält keine stimm- berechtigte Vertretung im Bundesrat, kann sich jedoch durch Kam- missare mit beratender Stimme im Bundesrat vertreten lassen. ES ist unwahrscheinlich, daß Elsaß-Lothringen für bestimmte Ge- biete der Wirtschaftspolitik, des Verkehrswesens usw. eine Stimm- berechtigung eingeräumt werde. Für die Landesgesetzgebung tritt an die Stelle des Bundesrates die Erste Kammer, die bis zur Hälfte durch den Kaiser ernannt werden kann. Im übrigen sollen Vertreter der Handelskammern, der Handwerkskammern, der Uni« versität, der drei konfessionellen Gemeinschaften und möglicher- weise, bielleicht erst nach reichsgesetzlicher Regelung der Arbeits- kammern, Vertreter der Arbeiterschaft in die Erste Kammer ge- langen. Auf diese Weise und durch besondere Bestimmungen soll jede Verweigerung des Budgets unmöglich gemacht werden. Die Zweite Kammer soll aus 60 Mitgliedern bestehen, die in Einzel« Wahlkreisen auf Grund des allgemeinen, geheimen, direkten Wahl- rechts mit Zusatzstimmen für das 36. und das 46. Lebensjahr ge» wählt werden. Dreijähriger Wohnsitz im Reichslande soll Reichs» angehörigen im allgemeinen daS Wahlrecht verleihen. Für gewisse Fälle wird schon der einjährige Wohnsitz genügen. DaS Wahlgesetz wird dergestalt erstmalig durch daS Reich festgelegt werden, soll aber später der Abänderungsmöglichkeit durch übereinstimmenden Beschluß der drei Jaktoren der Landesgesetzgebung, d. h. beider 5kammcrn und des Kaisers, unterliegen. Zu diesem Verfassungsentwurf äußern sich in der Straßburger „Neuen Zeitung" eine Reihe elsah-lothringischcr Politiker der verschiedensten Parteien in Interviews. Vollständig ablehnend ver- halten sich nur die Sozialdemokraten, während die Vertreter bürgerlicher Parteien, sowohl der Liberalen wie der Klerikalen und des Lothringer Blocks, immerhin noch einen Fortschritt i» djeseM Entwurf entdecken möchten. Es sind jedoch alle einflußreiche»
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