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Gemäß dieser Resolution wandte sich der Vorstand der >. D. P. vor kurzem schriftlich an die I. L. P.(Un- abhängige Arbeiterpartei) und die Fabische Gesellschaft. In diesem Briefe fragte die S. D. P. an, ob die Vorstände der genannten Organisationen bereit seien, mit dem Vorstand der S. D. P. darüber zu beraten, ob es möglich sei, irgend ein gemeinsames Abkommen über eine gemeinsame sozialistische Aktion zu treffen. Der Brief des Sekretärs der S. D. P., des Genossen Lee. fährt fort: Der Parteivorstand der S. D. P. weiß, daß der Vorstand der I. L. P. bei früheren Gelegenheiten die Ansicht geäußert hat, daß die.Labour Party "(Nationale Arbeiterpartei) ein Mittel biete, wodurch ein gemeinsames Vorgehen der Sozia- listen in dringenden und wichtigen öffentlichen Fragen möglich sei. Der Vorstand der S. D- P- ist aber, wie Sie wissen, der gegenteiligen Ansicht gewesen. Er fühlte und fühlt es noch, daß die Frage der Ratsamkeit einer Affiliierung mit der Arbeiterpartei und die des gemeinsamen Vorgehens und der Verständigung der sozialistischen Körperschaften zwei ganz verschiedene Dinge sind. Auch glaubt er, daß selbst diejenigen, die der Arbeiterpartei am günstigsten gesinnt sind, zugeben müssen, daß die Tendenz der Arbeiter- Partei in der letzten Zeit im Parlament derart gewesen ist, daß eS augenscheinlicher den» früher geworden ist, daß die Frage eines gemein- samen Vorgehens sozialistischen Körperschaften unmöglich inner- halb der Arbeiterpartei geregelt werden kann. Ich bin daher beauftragt worden, aufrichtigst die Hoffnung auszusprechen, daß, selbst wenn der Vorstand der I. L. P. nicht ganz mit der Stellung des Vorstandes der S. D. P.. wie sie oben dargelegt worden ist, ühereinstimmen kann, er sich nichts desto- weniger bereit erklären wird, in irgend einer Art Konferenz, so formell sie auch sein möge, einzuwilligen, damit in der Zukunft ein besseres und herzlicheres Einvernehmen zwischen den beiden Organisationen zustande komme als in der Vergangenheit be- stand." Der Vorstand der Fabischen Gesellschaft antwortete gleich zusagend und nannte die Namen der beiden Vorstands- Mitglieder, die er nach der angeregten Konferenz delegiert hatte. Auch der Vorstand der I. L. P. willigte ein. aber nur unter der Bedingung, daß auch Delegierte der Arbeiterpartei an der Konferenz teilnehnien sollten. In einem längeren Antwortschreiben der S. D. P-, in dem der Vorstand dieser Organisation seine Freude über den Beschluß des Partcivorstandes der I. L. P. ausdrückt, wird die von der I. L. P. gestellte Bedingung angenommen. Die S. D. P. verwahrt sich aber dagegen, die Arbeiterpartei als eine sozialistische Partei anzusehen. Die Arbeiterpartei sei nicht nur keine sozialistische Partei, sie sei auch keine Organisation in demselben Sinne wie die S. D. P., die I. L. P. oder die Fabische Gesellschaft, sondern ein Verband von Gesellschaften, die für den besonderen Zweck der un- abhängigen Arbeitervertretung bestehe. Die Formalitäten schienen somit geregelt, so daß in kurzer Zeit die angebahnte Konferenz statt- finden kann.» Was bisher einer gesunden Parteientwickelung in diesem Lande am meisten im Wege stand, war der verhängnisvolle Zug zur Sektiererei, den das englische Volk auch in früheren Jahrhunderten in den religiösen Bewegungen offenbarte. Vor Jahren konnte man in London eine Schar von 10 20 Leutchen antreffen, die sich, wenn ich mich nicht irre, den hochtrabenden TitelSozialistische Partei von Großbritannien und Irland" zulegten. Von ähnlichen Gründungen ist alle sechs Monate die Rede. Diese Liebe zur Eigenbrödelei zu überwinden, wird eins der schwierigsten Probleme sein. Dem Außen- stehenden will es scheinen, daß diese Sonderbestrebungen nur überwunden werden können, wenn die numerisch noch schwachen sozialistischen Fraktionen Anschluß an die große Masse der organisierten Arbeiter suchen und finden; denn die Masse zeigt überall das Bestreben, die Bocksprünge Einzelner zu korrigieren oder zu verhindern. Allerdings ist es leichter, einen allgemeinen Grundsatz aufzustellen, als die Wege anzudeuten, auf denen man dem Grundsatz Geltung verschaffen kann. Die sozialistischen Partei- Verhältnisse sind augenblicklich in diesem Lande so Verfahren, daß es auf allen Seiten der größten Mäßigung und des besten Willens bedarf, um eine Verständigung zwischen den Sozialisten zu erzielen. Vielleicht hätten sich die bestehenden Spaltungen schon längst überlebt, wenn ein wirksames Vcrständigungs- mittel zwischen den Führern und der Masse, eine Presse, bc- stände. Der Mangel einer Presse zeigt sich besonders drastisch bei der Arbeiterpartei. Häufig handeln zum Beispiel die Arbeitervertreter, die fast alle dem parlamentarischen Leben neu sind, nach bestem Wissen und Gewissen und glauben, etwas Rechtes geschaffen zu haben, um nun nachher zu erfahren, daß die politisch denkenden Arbeiter ganz anderer Ansicht sind. Auch fehlt dieser Partei das Korrektiv regelrechter Partei- organisationcn. die das Verhalten der Parlamentsmitglieder wie in anderen Ländern überwachen. Die S. D. P. hat bis- her als ihre Aufgabe betrachtet, in ihrem OrganJustice" die versäumte Kritik nachzuholen. Daß sie dabei häufig des Guten zu viel getan, wird wohl niemand bestreiten. Kommt die geplante sozialistische Verständigung zustande und würde damit der unausstehliche Bruderkrieg beseitigt, so müßte es die erste Aufgabe der englischen Genossen sein, ihre Presse auszubauen. Bisher hat man uns immer glauben gemacht, daß es ohne gewaltige finanzielle Mittel unmöglich sei, ein Tageblatt zu gründen. Diese Ansicht hat ohne Zweifel lähmend auf die Genossen gewirkt. Man hatte natürlich immer ein Tageblatt nach kapitalistischem Muster im Auge. Aber weshalb sollte es nicht möglich sein, dieJustice" und denLabour Leader" allmählich nach dem Muster auszudehnen, nach denl die meisten unserer deutschen sozialdemokrattschen Tageszeitungen entstanden sind? Man hält mir entgegen, daß der Engländer es liebt, seine Zeitung nur in Einzel- exemplaren zu kaufen. Jedoch vor noch nicht langer Zeit haben dieTimes" das Abonnementswesen eingeführt und gefunden, daß ihre Leser sehr wohl damit einverstanden sind. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg und in brüderlicher Arbeit und unterstützt von einer wirksamen Presse sollte es den englischen Genossen nicht schwer fallen, innerhalb einiger Jahre die große Masse des schon sozialistisch fühlenden, aber noch politisch zusammenhanglosen Proletariats Großbritanniens zu einer Partei zusammenzuschmieden, die sich den anderen sozialistischen Parteien Europas ebenbürtig zur Sefte stellen kann. poUtifcbe Gcbcrficbt. Berlin , den 2. August 1910. Der Hansabund gegen den Bund der Landwirte. Der Hansabund wird energisch. Er will strafrechtlich und zivil- rechtlich gegen jene Mitgliedschaften des Bundes der Landwirte vor- gehen, die w letzter Zeit über Gewerbetreibende, welche sich dem Hansabunde anschloffen, den Boykott verhängt haben. Er erläßt eine lange Erklärung, in der er die Bohkottierten auffordert, sich zu melden, damit die Führer des Bundes der Landwirte auf Schaden- ersatz verklagt werden können. So heißt es in der Erklärung: Der Hansabund(Zentralbureau Berlin NW. 7, Dorotheen- straße 3) fordert alle Angehörigen deS erwerbstätigen BürgertumS auf, ihm weiterhin spruchreifes und authentisches Material in allen Boykotlangelegenheiten deS Bundes der Landwirte zur Ver- fügung zu stellen. Er wird selb st Veranlassung nehmen, in geeigneten Fällen die Be« teiligten auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch zunehmen. Der Hansabund ist ferner bereit, seinen durch Verrufserklärungen und Boylotticrungen betroffenen Mitgliedern die Prozeßkosten und Anwaltsunter- stützung in den von ihm für aussichtsreich er- achteten Schadenersatzansprüchen vorzustrecken und im Bedarfsfalle auch Vorschüsse auf die Er- satzforderung selbst zu gewähren." Wir haben sicherlich nichts dagegen, wenn gegen den gemeinen Terrorismus des Bundes der Landwirte vorgegangen wird; nur müffen wir ganz entschieden dagegen Protest einlegen, daß zum Schluß ihrer Erklärung die Leitung des Hansabundes die Erwartung ausspricht, daß sowohl die Reichsregierung wie der Reichstag im Bewußtsein des durch den Boykott des Bundes der Landwirte herbeigeführten Gemeinschadens und deS Verlustes an staatS- freudiger und staatserhaltender Gesinnung auch im Wege deS Strafrechts Bestimmungen treffen werden, welche geeignet sind, derattige Bohkottandrohungen und Verrufserklärungen durch Anwendung nachdrücklicher Ahndung auszuschließen", wozu sich bei der Reform des Reichs st rafgesetzbucheS die beste Gelegenheit biete. DaS Bürgerliche Gesetzbuch genügt bollkommen, um jene Per- sonen zur Verantwortung zu ziehen, die sich ähnliche Verrufserklä- rungen gestatten, wie die Führer des Bundes der Landwirte. Die weite Auslegung und Anwendung, die der 8 82S deS Bürgerlichen Gesetzbuches gegen streikende Arbeiter gefunden hat, läßt vielmehr seine Einschränkung als nützlich erscheinen. Die von dem Hansabund geforderten strafrechtlichen Bestimmungen würden doch wenigstens gilt das von Preußen nie gegen die Junker angewandt werden, sondern nur dazu dienen, den Arbeitern ihre Lohnlämpfe zu er- schweren._ Faule Ausreden. Den Agrariern ist die Tatsache, daß die von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft nach der Internationalen LandwirtschaftS - auSstellung in Buenos Aires gesandten Rinder dort als tuberkulös befunden worden sind, höchst unbequem. Sie erfinden deshalb eine faule AuSrede nach der anderen, um zu beweisen, daß die deutsche Viehzucht mit der Sache nichts zu tun hat. Erst wurde behauptet, die zurückgewiesenen 40 Sünder wären gar nicht deutscher Herkunft; dann hieß es, die Rinder hätten sich wahrscheinlich die Tuberkulose erst unterwegs, auf dem Transport nach Buenos Aires , zugezogen, und schließlich behauptete gar die konservativeSchlesische Zeitung" mit der ihr eigenen Dreistigkeit, weder das Deutsche Reich noch die Deutsche LandwirtschaftS -Gesellschast hätten daS geringste mit dem Rinderversand zu tun, denn dieses sei ein reines Privat- unternehmen der Firma Karl Hagenbeck in Hamburg gewesen. Auf diese alberne Ausrede sandte die Firma Hagenbeck folgende Berichtigung an dieSchles. Ztg.": Diese Darstellung der Sachlage ist gänzlich unzutreffend. Die Beschickung der Ausstellung in Buenos Aires wurde seitens der Deutschen LandwirtschaftS -Gesellschast als Vertreterin verschiedener deutscher Viehzüchtervereinigungen geplant. Mit der geschäftlichen Vertretung der ausstellenden Züchtervereinigungen wurde die Firma Karl Hagenbeck , Stellingen bei Hamburg , rontralllich betraut. Die allgemeinen Vorbereitungen, wie Anmeldung der Ausstellungstiere bei der Susstellungsleitung drüben in Buenos Aires , Anträge veterinärpolizeilicher Art usw. wurden von der Deutschen Land- wirtschaftSgesellschast erledigt. Die gesamte Aktion, die den Zweck hatte, in Argentinien Interesse für deutsche» Zuchtvieh zu erwecken und dort eventuell ein Absatzgebiet dafür zu schaffen, wurde seitens des Deutschen Reiches sowie deS preußischen und olden- burgischen Staates wie auch der Deutschen LandwirtschastSgesellschast selbst finanziell unterstützt. Daß die Beschickung der Ausstellung ein rein privates Unternehmen meiner Firma war, ist im höchsten Grade unzutreffend." Auch mit dieser verlogenen Ausrede ist eS also nichts, zumal inzwischen die Deutsche LandwirtschaftS -Gesellschast selbst zugegeben hat, daß sie die Beschickung der Internationalen LandwirtschaftS - Ausstellung in Buenos Aires mit deutschem Zuchtvieh veranlaßt hat. Wie eS scheint, gedenkt sich deshalb die agrarische Preffe auf das Totschweigen des für die deutsche Viehzucht so blamablen Vorfalls zu verlegen._ Herr Martin Spahn und das Reichstagswahlrecht. Der ultramontanen Presse bereitet der Artikel des Professors Martin Spahn im Juliheft deSHochland", in dem der Sohn des großen Peter die autoritär-bureaukratische Eigenart Preußens als eine notwendige Ausgleichung des süddeutschen DemokratiSmus preist und sich gegen die Uebertragung deS ReichstagSwahlrechtS auf Preußen ausspricht, noch immer schwere Verdauungsstörungen. Zwar hat ein Teil der Zentrumspresse unter Führung derKöln . Volkszeitung" herausgefunden, daß der Artikel gar nicht gegen die Forderung deS allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahl- rechts verstößt, da Herr Martin Spahn sich nicht gegen dieses Wahl- recht an sich, sondern nur gegen dessen plötzliche, unter dem Drucke großer Wahlrechtsdemonstrationen vollzogene Einführung in Preußen ausgesprochen habe; aber allem Anschein nach glauben die meisten ZentrumSblätter selbst nicht, daß vernünftige Menschen diese faule Ausrede ernst nehmen können. DieSchles. Volksztg." hat denn auch bereits das junge Spähnchen ermahnt, sich seine Ar» Welchen etwas genauer zu überlegen. Und noch schwerer geht die ultramontane.Augsburger Postztg." gegen den bekanntlich in War- burg-Höxter als Reichstagskandidaten aufgestellten Herrn Martin Spahn vor. Sie nennt seine Ausführungeneine» Faustschlag" für die Partei und schreibt zu seiner Kandidatur: Diese Aufstellung findet statt, nachdem dieser Herr sich ge- rade noch im Julihest desHochlands" mit aller Schärfe gegen die Uebertragung des ReichstagSwahlrechtS auf Preußen ausge- sprachen und sich so mit dem ausgesprochenen Programm der Zen- trumspartei in offenen Widerspruch gesetzt hat!... Die Auf- stellung Spahns ist unter diesen Umständen ein Faustschlag für die Partei." Mag sein; aber Herr Martin Spahn hat die Gunst der feudalen Elemente de» Zentrums gefunden und diese entscheiden über die Kandidatenaufftcllung, nicht die Wahlvereine. Auch eine Störung der öffentlichen Ordnung. Daß durch die Bewilligung der 12% Millionen zur Aufbesse­rung der Pfarrergehälter in Preußen durch das preußische Drei- klassenparlament dieöffentliche Ordnung gestört" werde, haben sich die Ritter, Heiligen undchristlichen" Gewerkschaftsführer sicherlich nicht träumen lassen, als sie diese Millionen bewilligten. Aber unsere Polizei, welche die Stimmung des Volkes besser kennt, weiß, wie der Beschluß im Volk gewirkt hat und sucht nun mög- lichst zu verhindern, daß dieseTat" weiteren Volkskreisen bekannt wird. Die Bezirksleitung des Bergarbeiterver- bandes für Saarabien hat ncuerdins- ein Flugblatt hevNiFgegebkN. in dya es heißt:.._______...... Die Folgen dieser grausamen Steuern(die Warle des Zen­trumsabgeordneten M. Sch i f f e r. D. B.) lvaren, daß alle Staatsbeamten bis zum König mit Gehaltsaufbesserung an die Parlamente kamen und alle begründeten ihre Gehaltsansprüche mit den Teuerungsverhältnissen. Da aber der Landtag nicht nur das Recht hat, den Beamten Zulagen zu bewilligen, sondern auch über das Wohl und Wehe der staatlichen Grubenarbeiter ent- scheidet, reichte unser Verband 1908 eine Petition an den Landtag um Erhöhung der Löhne der preußisch-lippischen Bergarbeiter in Schaumburg-Lippe -Obernkirchen , deren Jahreslohn nur 808 M. betragen hat, ein, und da der Landtag sich in seiner Mehrheit aus Patentchristen und Ueberpatrioten zusammensetzt, aus denjenigen Parteien nämlich, für welche dieköniglichen" Bergleute stets ge- stimmt haben, muhten wir annehmen, daß der Antrag nicht nur angenommen, sondern auf sämtliche preußische Staatsbergleute ausgedehnt werde. Am 10. Januar 1909 kam der Antrag zur Verhandlung und wurde von dem sozialdemokratischen Abgeord- neten Leinert-Hannover begründet, und zwar mit demselben Hin- weis auf die Steigerung aller Lebensmittelpreise, womit die Re« gierung die Gehaltsausbesscrungen der Beamten begründet hatte. Aber was geschah? Einchristlich-nationaler" Bergarbeiterführer. ein frommer Zentrumsabgcordneter, August Brust, stand auf und sagte: Bei der schlechten Finanzlage des Staates ist gar nicht daran zu denken, den fiskalischen Bergleuten die Löhne�aufzu- bessern, um so weniger noch, da ja die Leistungen aller Staats- bergarbeiter gesunken sind. Erst sollen sie dieselbe Leistung aufbringen, wie in den Privatbergwerken, dann erhöht sich ihr Lohn schon von selbst!!! Diese Forderung wurde gegen die Stimmen der sechs Sozial- demokraten glatt abgelehnt, weil kein Geld in der Staatskasse ist. Dabei haben die preußischen Bergleute im Jahre 1908 der Staats- lasse rein verdient: 16163 710 M.. die Saarbergleute allein 12 803 722 M.! Trotzdem ist kein Geld da, ihre Löhne aufzu. bessern. Der Antrag, auf die sämtlichen fiskalischen Bergleute ausgedehnt, hätte dem Staat 7 500 000 M. gekostet, so daß immer noch 9 Millionen Uebcrschuß verblieben wären. Doch man brauchte das Geld nötiger und dieselben Herren, welche gegen die Lohnaufbesserung der Bergleute stimmten, be- willigten an demselben Tage gegen die Stimmen der sechs Sozialdemokraten 12 S00 000 M. zur Aufbesserung der Pfarrer. gehälter!!! Wieviel Millionen haben die Pfarrer dem Staat verdient? Da sucht man in der Etatsaufftellung vergeblich danach, aber dennoch erhielten sie 12 500 000 M., die Bergleute, die dem Staate Mil- lionen verdienen, erhielten nichts!!!" Dem Genossen H e t t e r i ch- Neunkirchen wurde die nach» gesuchte Genehmigung zur Verteilung dieses Flugblattes an den Grubenausgängen mit folgenderBegründung" verweigert: Neunkirchcn, den 29. Juli 1910. An den Pens. Bergmann Herrn Hetterich Hier. Die Erlaubnis zur Verteilung des anliegenden Flugblatts an den Zugängen zu den Gruben König und Heimtz-Dechen kann nicht gegeben werden. Die Stelle:Wieviel Millionen haben die Pfarrer dem Staat verdient? Da Iucht man in der Etatsauf st ellung vergeblich «nach, aber dennoch erhielten sie 12500000 M." setzt das Wirken der Geistlichkeit, dessen Zweck nicht der Geld« erwerb ist, herab und ist geeignet, bei einem großen Teil der Be- völkeruna Anstoß zu erregen. Es ist daher zu befürchten, daß durch die von Ihnen beabsichtigte Verteilung des Flugblatts die öffentliche Ordnung gestört werde. I. B.: Der Beigeordnete Wagner." Das Wirken der Geistlichkeit hat nicht den Zweck des Geld- erwerbcs, aber dennoch streben sie nicht nur nach hohen Gehälter«, sondern auch noch nach ganz ansehnlichen Nebenverdiensten. Den Anstoß nehmen dieköniglichen" Bergleute sicherlich mehr daran. daß dieMustervolkSvertreter" im preußischen Geldsackparlament alle Bergarbeiterforderungen niedertrampelten, aber dennicht Geld erwerbenden" Pfarrern die 12% Millionen bewilligten. Aber das Verbot tut seine Wirkung nicht, das Flugblatt, um das sich die Bergleute förmlich reißen, wird den Weg unter dieköniglichen" Kumpels dennoch finden und mit dazu beitragen, die saarabische Ordnung" gründlich zu stöven. Konservative Großsprecherei. Die konservative Presse benutzt den Ausfall der ReichStagSersatz« wähl in Cannstatt -LudwigSburg dazu, von neuem die Behauptung aufzustellen, daß bei den seit der letzten Reichsfinanzreform voll» zogenen ReichStagSwahlen, abgesehen von der Wahl m Oletzko- Johannisburg, nur die Liberalen Verluste erlitten, die Konservativen dagegen den Ansturm derroten Flut" glänzend abgewehrt hätten. Wie so manche anderen immer wiederholten Behauptungen der konservativen Blätter, ist auch diese nur leeres Gerede. Die Konservativen können mit den 4930 Stimmen, die trotz einer rücksichtslos betriebenen Wahlagitation die Agrarier in Cannstatt -LudwigSburg aufgeboten haben, sicherlich nicht prahlen, zumal in dieser Stimmenzahl noch mindestens 500600 Zentrumsstimmen stecken, da das Zentrum diesmal von vornherein für den Bauernbundskandidaten eintrat. Außerdem aber hat zweifellos auch ein Teil der agrarischen Rechtsnational« liberalen, dem der nationalliberal-freisinnige Kompromißlandidat Oettinger zu radikal war. für den Bauernbündler Wolff gestimmt. Zieht man dieseMitläufer" ab, dann haben die Konservativen auS eigenem noch keine 4000 Stimmen aufgebracht, während bei der Landtags- proporzwahl im Jahre 1907 auf den Bauernbund 6317 Stimmen fielen. Wenn die Konservativen solche Stimmenabnahme als glänzenden Widerstand gegen die rote Flut betrachten, müssen fie sehr bescheiden geworden sein._ Ein Mandat für Bafferman«. Nach derNeuen badischen Landeszeitung" soll für den Führer der nationalliberalen Partei der so emsig gesuchte Wahlkreis in Baden gefunden sein. Bassermann soll an Stelle des national- liberalen Abg. Beck aufgestellt werden. Sicher ist das Mandat keineswegs. 1907 wurden im ersten Wahlgang für die Konservativen 8480, für die Nationalliberalen 11 935 und für die Sozialdemolratie 6718 Stimmen abgegeben. In der Stichwahl wurde der National- liberale mit 14 685 gegen 9287 konservative Stimmen gewählt. Bei den nächsten Wahlen wird jedenfalls der Sozialdemokrat in die Stichwahl kommen. Ob der Nationalliberale überhaupt in die Stichwahl kommt, ist nicht gewiß, wenn aber, auch so hängt seine Wahl nur von der Gnade der Konservativen ab. Gefährliche Kriegsspielerei. Alljährlich, wenn der Kaiser von der NordlandSreise zurück» kehrt, macht er in Swinemünde Station, und dann werden von den Küstenbatterien Scharfschietzübungen in seiner Gegenwart ab- gehalten. Auch diesmal ist das geschehen, und der Kaiser hat seine Zufriedenheit mit diesen Uebungen dadurch zu erkennen gegeben. daß er einige Dutzend Orden an die beteiligten Militärs verliehen hat. Nicht so viel Vergnügen wird das reisende Publikum an dieser Scharfschießerei finden, denn als Montagvormittag der von Sahnitz kommende stark besetzte DampferHertha" Heringsdorf passierte. schlug eine aus der Batterie der Swinemünder Hafenbeseftigung kommende Granate knapp 200 Meter vor dem Bug des Dampfers ein und krepierte im Wasser, so daß eine mächtig« Wassersäule auf- stieg. Dem Dampfer war die Erlaubnis zum Einlaufen während des Schießens erteilt worden. Das Schießen wurde aber trotz Herannahens des großen Dampfers nicht eingestellt. Der Passagiere bemächtigte sich die größte Aufregung.