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gehen. Wenn ftch erst gezeigt hak. Kelche politischen Zustände die konservativ-klerikale Politik der letzten Zeit für Deutschland gebracht hat. dann mutz die Umkehr erfolgen im Sinne der Bülowschen Politik. Aber für den Augen blick gibt es keinen Weg zum Anschlutz nach rechts und noch viel weniger zum Zentrum." Ebensowenig will aber Herr Bassermann etwas von einem Anschlutz an den Linksliberalismus wissen: doch stellt er es der Fortschrittlichen Volkspartei frei, in den ländlichen Wahlkreisen, wo Nationalliberale mit Aussicht auf Erfolg kandidieren, schon im ersten Wahlgang für diese zu stimmen Niemand von uns denkt daran, dievolleSclbständig keit der Nationalliberalen Partei auch den links von uns stehenden Parteien gegenüber preiszugeben. Im Gegen teil. Wir sind alle davon überzeugt, datz wir als Mittelpartei berufen sind, eine gewisse Fühlung nach beiden Seiten aufrecht zu erhalten. In solchen Wahlkreisen, in denen wir gegen die Agrar-Demagogie des Bundes der Landwirte im Kampfe stehen, ist ein Erfolg nur dann möglich� Ivenn jeweils Verständigung zwischen uns und der Fortschrittlichen Volkspartei erfolgt. Das kann nur dann erreicht werden. wennauchdieseLiberalen erkennen, datz eine solche Politik nur bei starken gegenseitigen Konzessionen möglich ist. Es gibt eine Menge ländlicher Wahl- kreise, die für den Liberalismus zweifellos nur unter national liberaler Flagge zu erobern sind. Der Freisinn sollte dafür Verständnis zeigen, datz er in solchen Wahlkreisen auf eigene Kandidaturen ver z i ch t e n mutz." Armer Grotzblock der Linken, wie bist du dürr geworden Die Konservativen nehmen merkwürdigerweise diese poli tische Causerie furchtbar en.jt und antworten auf sie mr, wilden Drohungen. DieDeutsche Tageszeitung", die Bassev mann die Fähigkeit zum Parteiführer abspricht, sagt: In einem Punkte hat Herr Bassermann allerdings eine ge wisse Klarheit geschaffen. Er hat ein Zusammengehen mit den Konservativen und dem Bunde der Landwirte schlechthin und un bedingt abgelehnt. Wenn er dabei einschränkend von Konserva tiven Heydebrandscher Richtung gesprochen hat, so hat das keine Bedeutung, da es verzweifelt wenige andere Konservative gibt. Der Bund der Landwirte wird sonach in einer nationalliberalen Partei unter Bassermanns Führung eine Gegnerin zu erblicken haben. Das mutz mit zwingender Logik aus Bassermanns Worten geschlossen werden." Nicht ganz so schroff spricht sich dieKreuzzeitung " aus, aber auch sie meint, datz die Bassermannsche Taktik notwendig die nationalliberale Partei spalten müsse und daß diese Taktik es gewesen sei, die ihm die letzten heftigen Angriffe einge� bracht habe._ Zur neuen Wahlrechtsvorlage. Der fortschrittliche Abgeordnete E i ck h o f f hat in einer kürzlich gehaltenen Rede erzählt, datz der Reichskanzler die Absicht hege, sich mit den Parteiführern über eine neue Wahh rechtsvorlage zu beraten. Er(Eickhoff) jedoch meine, datz auch jede neue Wahlrechtsvorlage scheitern müsse, die nicht das direkte und zugleich geheime Wahlrecht enthalte. Es zeugt von einer außerordentlichen Be- scheide nheit des fortschrittlichen Redners, wenn er nur von dem direkten und geheimen Wahlrecht ge sprachen hat und nicht auch von der Beseitigung des infamen Klassenwahlrechts. Minder bescheiden als der Frei sinn sind die Herren Konservativen, deren Presse mit der alten und leider nur zu bewährten junkerlichen Dreistigkeit erklärt, dem Maximal- oder dem Minimalsatz näher steht. Wenn die Ver- allgemeinerung der an Zahl naturgemäß beschränkten privaten Be- richte und Eindrücke nicht ein zu grotzes Wagnis wäre, so möchte ich sagen, der Lohn des weitaus größten Teiles der Arbeiterschaft fällt mit den Minimalsätzen der amtlichen Statistik zusammen. Um von dem monatlichen Durchschnittsverdienst der Bergleute ein etwas schärferes Bild zu haben, ist das Mittel Wischen Maxi- mal- und Minimallohn der amtlichen Aufstellung mit der(Durch- schnitts-lzahl der Arbeitstage im Monat multipliziert worden. Das Resultat ist wie folgt: Minenindustrie verdienen durchschnittlich In der japanischen (pro Monat) in den Hauer....... turichter(Wäscherei).. chmelzhüttenleute.. Schlepper. Bremser usw. Handwerker..... Erzgruben Männer Frauen L3.7S 17,94 21,06 22,14 (in Mark) Kohlengruben Männer Frauen 7.54 12,43 6,23 35,07 14,50 26,25 23,03 13,90 11,25 15,50 23,50 Bei den Kohlcngräbern. Nagasaki , der westliche Hafen des Mikadoreichcz, war in frühester Zeit das einzige, wenn auch für lange Zeit ein schwer passierbares Tor für die westliche Zivilisation. Heute führt sie mächtiger denn je auf stolzen Ozeandampfern durch seinen engen Felsenpatz hindurch. Ganz natürlich, datz hier die alte und neue Zeit auf engem Terrain hart aneinander gedrängt sind. Lebt in den schmalen Gäßchen und Häuschen Nagasakis noch ein gutes Stück des feudalen Zeitalters sein Leben fast ungeschwächt fort, so hämmert und poltert und ächzt jenseits des schmalen Hafenwassers das Zeit- alter der Industrie um so mächtiger. Dem Städtchen gegenüber liegt die größte Schiffswerft des Lande?, wo mehrere Tausend Arbeiter eifrig bemüht sind, ihre technischen Lehrmeister zu über- treffen.. Südlich von der Stadt steigt ständig eine schwere Rauchtvolke auf, die vermuten läßt, datz auch dort das industrielle Zeitalter eingezogen ,st. Ob der Himmel grau oder blau, ob die Buchten, Dünen und Festen von schäumenden Seewellen oder von sanften Winden bespült werden, immer erblickt das Auge hinter der weißen Silhouette der Hafenbefestigungen den dräuenden schwerzen Rauch- ballen über dem Gewässer. Direkt darunter liegt auch die Oualm- quelle: die Kohlengruben von Takaschima. Diese Minen zählen zu den größten des Landes. Sie gehören ber Misu Bischi Kaischa, einer Kapitalistengescllschaft, der ein guter Teil der Erdschätze, Banken und Schiffswerften Japans gehören. Ein unerwünschter Gast wird den Weg zu den Kohleninseln schwer- lich gangbar finden, da die Reise dahin auf den Schiffen der Minen» besitzerin gemacht werden muß. Wie so ziemlich überall in Japan , so wurde ich auch auf diesen Kohleninseln von der Polizei des Mikado empfangen. Das konnte mich nicht mehr in Staunen setzen. Denn der japa- nische Polizeihund tauchte schon einige Tage nach meiner Ankunft in Tokio vor meinen Fenstern auf und begleitete mich auf ziemlich allen meinen Gängen. Von den lästigen Schatten fühlte ich mich erst wieder ganz frei, als ich dem Mikadoland Valet gesagt hatte. Wie immer, so stellte die Polizei auch bei meiner Ankunft auf Takaschima diverse impertinente Fragen; sie fragte nach Namen, Herkunft und nach dem Zweck der Reise. Das Resultat des Ver- höres telephonicrte sie an ihr Hauptquartier. Ist dort gegen den Besucher Juchts in Erinnerung, so kann er gehen, aber er mutz ein besonderer Glückspilz sein, wenn ein verdächtiger Schatten ihm nicht folgt. Aber besteht denn in Japan keine Freiheit für die Bürger? Gewiß. Sie ist fast so groß wie die in Rutz- Die Polizeidrangsal und das Spitzelst um ist daß jeSe neue WaUrechMorlaIe scheikerst iver�s, LIs kalsä'ch'. lich zugleich das direkte und geheime Wahlrecht enthalten werde. Am eine solche Erklärung abgeben zu können, müssen die Konservativen der Gefolgschaft des Zentrums absolut sicher sein. Denn nur mit Hilfe des Zentrums können die Junker die Verbindung von direktem und geheimem Wahlrecht abermals zu vereiteln hoffen! Aus der konservativen Kriegserklärung ist also zu ent nehmen, datz der blauschwarze Antiwahlrechts- blocknochimmerinunverbrüchlicherBundes� treue st e h t. Die Massen haben daraus zu entnehmen, wie sehr es das erste Gebot des politischen Fortschritts ist, neben den Junkern auch dem Zentrum eine zerschmetternde Niederlage bei den nächsten Reichstagswahlen beizubringen! Nationalliberal-klerikale Wahltechtelmechtelei. In einer Zentrumsversammlung in Wanne trat der Landtags- abgeordnete Dr. Grucnenberg für ein Kompromiß der National- liberalen mit dem Zentrum bei der nächsten Neichstagswahl im Wahlkreise Bochum ein. Die Parole müsse lauten:Heraus mit den Sozialdemokraten!" Ihm schloß sich Pfarrer Luft-Wanne an. In der Stichwahl müsse das Zentrum den Liberalen und umgekehrt der Liberale den Zentrumsmann wählen. Das bayerische Finanzgesetz in der Kommission. München , 4. August. (Privatdepcsche desVorwärts".) Der Finanzausschutz beriet heute über das Finanzgesetz. Die beiden Vertreter der sozialdemokratischen Partei stimmten gegen das Finanzgesetz und damit gegen das Budget. Sie gaben gleichzeitig die Erklärung ab, daß ihre Abstimmung nur für ihre Person gelte und die Fraktion nicht binde. Aus dem bayerischen Landtage. München , 3. August. Nach einer mehrtägigen Pause kehrte die Kammer der Abgeordneten zur parlamentarischen Arbeit zurück. Ihr wartete bereits die Kunde, daß das Oberhaus durch Be» seitigung des letzten Differenzpunktes die sehr gefährdete Steuer- r e f o r m unter Dach gebracht hat. Diese Kunde ist unerfreulich insbesondere für unsere Arbeiterschaft, weil für sie die Reform eine neue schwere Belastung bedeutet. Für die Jahre 1910 und 1911 bedarf die Regierung zur Be- streitung der notwendigen Ausgaben eines Steuerzuschlages zu den direkten Steuern von 22 Proz. Die sozialdemokratische Partei stellte nun den Antrag, den Mehrbedarf in der Weise zu decken, daß man die geringen Einkommen weniger, die höheren Einkommen schärfer zur Beseitigung deS EinnahmedefizitS heranzieht. Alle bürgerlichen Parteien stimmten gegen den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, die durch eine Differenzierung nichts anderes wollte als eine Schonung der wirtschaftlich Schwachen. Der 3. August war den Veamtenpetitionen gewidmet. Trotz der Beamtenaufbesserung in der vorigen Session waren 195 Petitionen hauptsächlich von Unter- und Mittelbeamten ein- gelaufen. Man verstand es, den für die Beratung dieser Petitionen gebildeten besonderen Ausschuß erst am Ende der Session zusammen- treten zu lassen, so daß die Beratung und Beschlußfassung sich als eine reine Komödie darstellte. Der Schlußakt spielte sich im Plenum in der Weise ab, daß die bürgerlichen Parteien unter dem Wider- pruch der sozialdemokratischen Fraktion beschlossen, in eine Spezial- diskussion überhaupt nicht einzutreten, weil eS die Geschäftslage des Hauses nicht erlaube. im Lande des Gottsohnes Mikado ebenso infam, als in Väterchens Reiche, nur wagt man das in Europa , wo man, kein Mensch kann sagen warum, in das asiatische Japan vernarrt ist, nicht freimütig einzugestehen. Uebcr die Tagesförderung der drei Minen auf den(Taka- chima-) Inseln wurden mir so widersprechende Angaben gemacht, datz ich zögere, sie hierher zu setzen. Die offizielle Publikation, der man nicht den Vorwurf großer Genauigkeit machen kann, gibt sie auf 16 000 Tonnen an. Das einfachste Rechenexempel zeigt, daß diese Zahl amerikanisch übertrieben ist. Die Löhne der(3000) Ar- heiter sind natürlich sehr verschieden. Es scheint, hier haben die oben angeführten Minimalzahlen weniger Geltung als anderswo. Nach den Worten der Direktion verdient der(beste) Hauer 1,70 bis 1,80 M. pro Tag(im Akkord); der gelernte Zeit- lohnarbeiter 1 bis 2 M. Frauen und kleine Madchen traf ich an der Kohlenwäsche massenhaft. Man muß schon scharf hinsehen, wenn man durch den Ruß und Schmutz hindurch an ihren Gesichtern ihr Alter erkennen will. Auch beim Verladen der Kohlen in die Ozean- dampfer sind in der Hauptsache Frauen und Mädchen beschäftigt. Ihre Tagelöhne schwanken zwischen 32 und 50 Pfennigen. Daß ihre Arbeitszeit zwölf Stunden ist, wurde schon früher gesagt. Die Umgebung der Schächte läßt glücklicherweise die Naturfarbe der Kohle vermissen. Der Boden der Inseln prangt in prächtigem Grün. Zwischen den Bäumen und Sträuchern der Anhöhen lugen die proletarischen-Behausungen hervor. Die Arbeiter wohnen sämt» lich in den Häusern der Kompagnie. Zu mieten gibts dort nichts. Hausmiete zahlen die Leute nicht. Auch für die Beamten ist eine Art Kasino errichtet. Die Lebensmittel sollen die Arbeiter kaufen können, wo es ihnen beliebt. Ein Arbeiter braucht für Speise und Trank 50 bis 60 Pfennige täglich. Nach dem Bericht des ersten Be- amten sollen die Kohlengräber enragierte Glücks- P i e l e r sein. Wenn die Luft polizeirein und Gelegenheit gegeben ei, sondierten sie die Launen Forwnas. Di« Polizeistrafe, die ihnen für diese Sünde droht, könne sie wohl vorsichtig, aber nicht dem Spiel abwendig machen. Durch das furchtbare Grubenunglück vor fünf Jahren hat Takaschima im fernen Osten eine traurige Berühmtheit erlangt. Dreihundert Mann büßten dabei ihr Leben ein. An Entschädigungen hat nach den Angaben der Direktion die Kompagnie 200 bis 800 0cn(400 bis 1600 M.) pro Getöteten ge. zahlt. Wenn dem wirklich so ist, dann ist auf Takaschima ein Arbeitcrlebcn immer noch weniger billig als in Osaka , dem japa- nischen Rtanchestcr, wo ein Fabrikant mir sagte: ein getöteter Arbeiter kostet mich 25 Uen(50 M.). Aber auch diese Summe zahle ich nur freiwillig. Eine Unterstützungs- kasse existiert auf Takaschima nicht. Hier hat der Arbeiter alle Schläge deS Schicksals ganz allein zu parieren. Die Satzungen des Minengesetzes verpflichten die Minenbesitzer, -ür Unfälle Entschädigung zu zahlen. Der Zwang durch Androhung von Strafen scheint nicht sehr groß zu sein. Und andererseits ist nach Lage der Dinge der verletzte Arbeiter, selbst wenn er Mut, Mittel und Lust dazu hätte, nicht imstande, den Unternehmer an eine Pflicht zu erinnern. Aber die Minenbesitzer sind im Interesse -)er Erhaltung ihrer Leute gehalten, die Unfälle zu entschädigen. Die Unfälle sind innerhalb einiger Jahre erschreckend gestiegen. Während von 1901 bis 1906 die Zahl der in der Minenindustrie Beschäftigten von 156 397 auf 193157 stieg, vermehrten sich Me Unfälle in dem nämlichen Zeitraum hon 577 uf 72 8 2; oder, mit anderen Worten: innerhalb der sechs Jahre vermehrte sich die Bergarbeiter schaft um '5 Proz. und die Unfälle um 1162 Proz. Im Jahre 1906 wurden in der Minenindustrie 6620 Unfälle mit 728 2 Verunglückten gezählt. Darunter waren763Getötete,der Rest war mehr oder weniger schwer verletzt. Kostspielige Germanisation. Im südlichen Teile der Provinz Posen , in den Kreisen Kro» toschin und Adelnau , besitzt d-er katholische Magnat Fürst von Thurn und Taxis Ländereien im Gesamtumfange von 25 000 Hektar. Sie wurden der fürstlichen Familie im Jahre 1817 für die Aufgabe der Postprivilegien vom preußischen König übertragen. Der preußischen Ansiedelungskommission waren nun die fürstlichen Besitzungen bei ihrer Tätigkeit im Wege und darum suchten wie dem polnisch- nationalistischenKurjer PoznanSki" von angeblich gut unter- richteter Seite geschrieben wird in den Jahren 1905 und 1906 hohe Regierungsbcamte den Fürsten zu bewegen, für 30 Millionen Mark seinen Besitz der Ansiedclungskommission abzutreten. Der Versuch scheiterte damals daran, daß der angebotene Preis der fürstlichen Verwaltung zu niedrig erschien. Im Jahre 1909 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen und zurzeit soll die Sache so gut wie perfekt sein. Ein Teil der fürstlichen Güter zehn Domänen sollen in kurzer Zeit in den Besitz der Ansiedelungs- kommission übergehen. Wahrscheinlich hat man zu dem früher ge- botenen Preis einen erheblichen Teil zugelegt und deshalb wir? die Aufforderung des polnischen Blattes, die deutsche katholische Aristokratie möge den Fürsten zum Rücktritt zu bewegen versuchen, auch wohl ohne Erfolg bleiben. Passive Resistenz im Reichsamt des Innern. Die Weigerung der Kanzleibeaintcn in den einzelnen ReffortS deS Reichsamts des Innern, außerdienstlich Schreibarbeit zu ver» richten, hat ganz unhaltbare Zustände geschaffen. Im Patentamt liegen �anze Stöße wichtiger Schriftstücke, die abgeschrieben und ver- vielfältigt werden müssen, aber einfach unerledigt bleiben. Um ein noch größeres Durcheinander zu vermeiden, ist der den Beamten zu« stehende Urlaub hinausgeschoben worden. Die Beamten in den ein» zelnen Aemtern verlangen pro Ueberstunde 70 Pf. Gegenwärtig sind Verhandlungen im Gange, um diesen unerquicklichen Zustände« ein Ende zu machen._ Spanien . Der Kulturkampf. Madrid , 4. August. 138 regierungsfreundliche Vereinigungen Andalusiens , welche 80 000 Mitglieder zählen, haben dem Minister» Präsidenten C a n e l e j a S eine Adresse übersandt, in welcher sie ihn zu seiner antiklerikalen Politik beglückwünschen. Gegen» über der für den 7. August geplanten Kundgebung der Katholiken bereitet der Republikaner Soriano eine Gegenkund- gebung in San Sebastian für denselben Tag vor. Die klerikale Agitation. Madrid , 4. August. (P.-T.) Als das Verbot der Regierung, die katholische Massendemonstration in San Sebastian nicht ab- halten zu dürfen, bekannt wurde, verließen zahlreiche Automobile San Sebastian und Bilbao , um den Bewohnern der baskischen Städte mitzuteilen, daß die De mon st ratio» doch statt» finde. Die Klerikalen bestehen darauf, trotz aller Vorbereitungen der Regierung und trotz deS Verbots. Katholische Obmänner durch- ziehen das Land, fordern zum Wider st and gegen die Regierung auf und verlangen dasselbe Recht der Ver- ammlungsfreiheit, das den Liberalen zugestanden wurde. Nach einer Meldung des San SebastianerPueblo Vasco" werden am Sonntag allein acht Sonderzüge die Demon- tränten von Bilbao nach San Sebastian befördern, ungerechnet die zahlreichen anderen Züge aus den Städten des baskischen Hinter» landes. Von den Häfen werden Dampfer die Katholiken an den Bestimmungsort bringen. Proklamationen werden im Lande ver» teilt, worin die Bevölkerung aufgefordert wird, die alte Reli» gion de» Landes zu retten und der Regierung zu zeigen. daß ihr Verhalten einen Religionskrieg heraufbeschwören mutz. Englanä. Zur Liberiafrage. London , 4. August. DieTimes" schreibt zur Liberia - frage: Es ist ein kurioses Beispiel von Ironie der Geschichte. datz im Laufe der Zeit dasjenige Land, welches die Monroe» Doktrin als den Grundstein seiner nationalen Politik gewählt hat, jetzt selbst die Hand dazu bietet, die Monroe-Doktrin zu durchbrechen und sich in die inneren Verhältnisse einer afrika » nischen Negerrepublik einzumischen. Wie eS ebenso kurioS ist, datz Monrovia , die Hauptstadt dieser Republik , ihren Namen von dem Präsidenten Monroe herleitet. Aber der amerikanische Senat läßt sich nicht verleiten durch das Vorgehen des Staats- sckretärz K n o x; der Senat ist kein Freund einer Aben- teuerpolitik, er spielt nicht mit dem Gedanken an inter » nationale Komplikationen. Man ist ohne Zweifel in Amerika itt vernünftigen Kreisen überzeugt, daß Frankreich , der Besitzer von Französisch-Guvana und der Besitzer der Elfenbeinküste gegen die beabsichtigte Aktion der Amerikaner Widerspruch erheben könnte, und ebenso ist man nicht sicher, datz England, der Be» sitzer der Sierra Leoneküste, nicht ohne Protest die Amerikaner in Afrika handeln lassen würde. foilUancl. Amnestiegerüchte in Rußland . Die Petersburger Zeitungen brachten vor einigen Tagen die Mitteilung, daß man in Regierungskreisen mit dem Plane umgehe, im Jahre 1913 anläßlich der ZVO-Jahrfeier der Dynastie Romanow eine umfassende Amnestie zu erlassen. ES sollten außer Kriminalverbrechern und Intendanten auch die politischen Verhafteten in Freiheit gesetzt werden, die an keinen terroristischen Akten teilgenommen haben. Das Ge- rücht erwies sich aber als falsch und die Regierungspresse be- eilte sich, die Nachricht der liberalen Organe zu dementieren. Charakteristisch ist die Aeußerung der offiziösenRossija ", daß die Amnestie für politische Verbrecher nicht als Gnade, fon» dern alsKapitulation der Regierung vor den Feinden der bestehenden Ordnung" angesehen werden müsse. Diese Worte sind eine gute Antwort an die liberalen Gefühlsdusler, die eine allmähliche Besserung der Zustände in Rußland er» warten. Die Regierung Nikolaus II. denkt nicht im ent» ferntesten daran, das Schandregiment aufzugeben, das allein ihre Herrschaft stützt. Cilrltei Der Boykott. v Kinstantinopel, 4. August. Der griechische Gesandte hat dem Minister des Auswärtigen ernste Vorstellungen gemacht wegen der Fortdauer des Boykotts, bei dem das Boykott» komitee als Nebenregierung handele. Der Minister wies in seiner Antwort darauf hin, daß die Pforte in dieser Sache ihr Möglichstes tue; auch die griechische Regierung müsse durch eine entsprechende Haltung helfen._ Verweigerte Auslieferung. Konstantiuopel, 4. August. Blättermeldungen zufolge sind mehrere kriegsgerichtlich Verurteilte in Rhodos an Bord eines belgischen Dam-p fers geflüchtet. Die Auslieferung der Flüchtlinge wird von feiten der Belgier verweigert, da es sich um politische Perbrechen handele.