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Betiteier, fet für Rc götb'etuflg 5er VatldluttgSgthilfet» ein­getreten wäre, im Gegenteil, man fand das Vorgehen der Hand- lungsgehilfen..unschön" undegoistisch". Den Sozialdemokraten blieb es überlassen, die Eingabe der Deutschnationalen Handlungs- gehilsen zu vertreten und gegen die Durchbrechung der Sonntags- ruhe zu protestieren; doch wurde der Antrag der Sozialdemokraten abgelehnt und das Vorgehen des Magistrats gutgeheißen. Der Köuigsberger Prinzenprozeh. Dem Leitartikel derKönigsberger Volkszeitung" Wber das Urteil entnehmen wir die folgende Stelle: Der Staatsanwalt unterstellte, der Angeklagte Marckwald habe die Strafe, nicht aber die Straftat gescheut. Bei Preß- Prozessen eine unhaltbare Behauptung! Denn eineBeleidigung", die kein Staatsanwalt und kein Gericht als solche ansieht, kann es nicht geben. Wer so schreibt, daß nach seiner Ueberzeugung niemand, nicht einmal der, welcher sich jeden Tag überlegt, ob sich in den Erzeugnissen seiner Feder nichts Strafbares entdecken läßt, eine Beleidigung darin findet, hat eben die Absicht, jede Ehr- Verletzung zu unterlassen, nicht sie zu äußern. Anders wie der Staatsanwalt urteilte das Gericht. Es meinte, nach seinen vielen Vorstrafen wegen ähnlicher Delikte habe es den Anschein, als ob Markwald sich zumMärtyrer stempeln wollte".... Wenn wir durch Strafen nach der Märtyrerkrone trachteten, dann würden wir nicht täglich das Martyrium auf uns nehmen, unsere Gedanken zu verschweigen; dann würden wir nicht den Schrei der Erbitterung über mancherlei Vorgänge jeden Tag in uns ersticken müssen, dann würden wir nicht die Wahrheit so oft verheimlichen, die Stimme unseres Gewissens, die uns mahnt, dem Volkszorn unverschleiert gum Ausdruck zu verhelfen, zähneknirschend zum Schweigen bringen müssen. Der Vorsitzende meinte, Marckwald habe Haß gegen die Mit- glieder der kaiserlichen Familie! Ein Beweis, wie weltfremd die Richter Sozialdemokraten gegenüberstehen, wie wenig sie sich in Denken und Empfinden von Sozialdemokraten hineindenken können! Wir kennen keinen der Prinzen und zweifeln nicht daran, daß unter ihnen viele sein werden, die, wenn wir sie kennen wür- den, uns trotz der Umstände, unter denen sie groß geworden sind, recht sympathisch sein würden. Wir hassen nicht die Prinzen, aber wir hassen ihre Privilegien; wir hassen nicht den König, aber wir hassen die monarchistische Staatsform; wir predigen nicht Haß den Reichen, aber wir hassen die kapitalistische Gesell- schastSordnung; wir hassen nicht die Richter, aber wir hassen das Gerichtsverfassungsgesetz, das die Rechtsprechung Männern anver- traut, die nicht vom Volke zu ihrem Amte gewählt sind; wir hassen keinen Polizeipräsidenten, aber wir hassen die polizeilichen Befug- nisse. Wir wissen, daß es keineWillensfreiheit" gibt und daß alle Menschen Produkte ihrer Zeit sind. Wir hassen keine Menschen, aber wir hassen alle jene Einrichtungen, die zusammenwirken, um das arbeitende Volk zu unterdrücken. Die hassen wir! Und dieser Haß ist unversöhnlich! Zum Schluß sei noch erwähnt, daß der Vorsitzende erklärte, die Prinzen seien der Stolz und die Freude des deutschen Volkes." Was die Herren in der Richterrobe aber auch alles wissen! Wir waren bisher der Ansicht, daß mehr als drei Millionen beut- jscher Staatsbürger die Existenz der Prinzen gar nicht weiter interessiert!> » AuS Bayern schreibt man uns zu dem Urteil: In meiner Jugend erhielt ich einmal zu Weihnachten ein Buch, das auch eine zugunsten der Hohenzollernlegende fabrizierte Er­zählung enthielt. In ihr wurde behauptet, jeder preußische Prinz müsse ein Handwerk lernen, um ihm Achtung vor der Arbeit bei- zubringen. So habe der Kronprinz gemeint war der nachmalige Kaiser Friedrich das Schreinerhandwerk erlernt und seinem Vater selbst einen Stuhl gefertigt. Seit der Zeit, in der ich diese rührende Geschichte gelesen habe, sind ungefähr 3S Jahre ver­flossen. Und jetzt mutz ich eine andere Geschichte lesen, die darauf hinausläuft, daß zwei preußische Redakteure ins Gefängnis wan- dern, weil sie gemeint haben, ein erwachsener königlich preußischer kffrinz könne auch arbeiten wie ein anderer Mensch und sich das Geld zu seinem Lebensunterhalt selbst verdienen. Da kenne ich mich nicht mehr aus! Müssen die preußischen Prinzen wirklich ein Handwerk lernen, damit sie Respekt vor der Arbeit bekommen? Wird ihnen dieser Respekt wirklich auf so drastische Art eiiigeimpft, so kann doch der Rat. daß sie arbeiten sollen wie andere Männer, nicht strafbar sein. Wenn die hohe preußische Justiz wüßte, wie derartige Urteile a la Königsberg in Süddeutschland wirken, ließe sie die Hand davon. Solange Preußen das reaktionäre Land bleibt, das es ist, wird die deutsche Einheit stets nur eine politische und in gewissen Beziehungen wirtschaftliche, aber niemals eine innerliche sein. Nicht der süddeutsche Partikularismus, son- dern die reaktionäre Wirtschaft m Preußen gefährdet die deutsche Einheit._ Poetische«Aufreizung zum Klafsenhatz". Die große Staatsaktion gegen das bekannte Dortmunder Liederbuch für Massengesang hat nun doch mit der Freisprechung des Verlegers. Genossen ll m b r e i t, geendet. ES ist bekannt, daß vor einigen Monaten in den verschiedensten Orten das Liederbuch beschlagnahmt wurde, unter anderem in Berlin , Magdeburg , Breslau , Dortmund usw. Die ganze Aktion ging von Berlin aus, wie auch die Berliner Staatsanwaltschaft die An- klage gegen den Genossen Umbreit veranlaßt hat. Unter Anklage gestellt waren die Lieder: Bet' und arbeit'(von Herwegh ), der Sozialistenmarsch, die ArbeitSmänner und die Internationale. Die Anklage war erhoben auf Grund de?§ 130 des Straf­gesetzbuches sAufreizung zum Klassenhaß). Selbst der Staatsanwalt konnte nicht finden, was im Sozialistenmarsch eigentlich Aufreizendes fein sollte und ließ hier die Anklage fallen. Das Gericht erkannte, daß bezüglich der ersten beiden Lieder(Bet' und arheit', Sozialisten» marsch) aus objektiven Gründen Freisprechung zu erfolgen habe, wegen der beiden letzten Lieder(die ArbeitSmänner, die Internationale) aber aus subjektiven Gründen. Die beiden letzten Strophen des LiedesDie ArbeitSmänner' wirkten zwar zweifellos aufreizend, ebensoDie Internationale ' in ihrem vollen Inhalt; jedoch komme in Be- tracht, daß die.Arbeiterzeitung' schon im Februar alle diese Lieder an hervorragender Stelle zum Abdruck brachte, ohne daß der Staatsanwalt etwas gegen dieArbeiterzeitung" unternommen habe. Der Angeklagte habe daher subjektiv des Glaubens fein können, daß die Gedichte straffrei feien. Aus diesen Gründen müsse auf Freisprechung erkannt werden. Der Staatsanwalt hatte 200 M. Geldstrafe beantragt. Die Beschlagnahme des Liederbuches bleibt allerdings bestehen._ PreuhischeS aus Nordschleswig. In Nordschleswig macht fich die preußische Unduldsamkeit wieder bemerkbar. Bei dem früheren Landtagsabgeordneten für den Wahl- kreis Hadersleben , I. Nielsen, befand sich seit einiger Zeit dessen Schwiegersohn, der dänische Magister Clausen auS Kopenhagen auf Besuch. AlS nun Herr Clausen am Montagabend gegen Mitter- nacht von einem AuSfluge per Wagen in die Nähe des Besitzes seines Schwiegervaters kam, wurde das Fuhrwerk von einem Gendarmen angehalten, der fragte, ob sich Herr Clausen auf dem Wagen befände. Auf die bejahende Antwort las der Gendarm mitten auf der Landstraße dem dänischen Besucher den Ausweisungsbefehl vor, und zwar sollte Clausen inner- halb 2 Stunden das Land verlassen. Da kein Zug mehr ging, durfte der Ausgewiesene bis Dienstag mittag die deutsche Luft atmen. Diese neue Gewaltmaßvegel ist um so un- begreiflicher, als Clausen lediglich eine Reihe von Abhandlungen über NordschleSweg geschrieben, die sämtlich rein wissenschaftlicher Ngtur link' """ Echt preußisch mutet auch ein anderer Fall an. In Scherte. deck, Kreis Hadersleben, gab ein Fräulein Boesen der der Schule entwachsenen Jugend Turnunterricht. Auf Grund einer Kabinettsorder vom Jahre 1834 wurde dieMissetäterin" vom Landrat in eine Strafe von 100 Mk. genommen und ihr der weitere Turnunterricht an Personen unter 18 Jahren bei An- drohung einer Geldstrafe von 200 Mk. untersagt. Das Reichs- gericht hat entschieden, daß die Kabinettsorder den Unterricht durch unbefugte Personen nur verbietet, soweit dieser als Schulunterricht" zu betrachten sei. Frl. Boesen nahm daher ihre Turnstunden ruhig wieder auf. Der Landrat von Tondern verhängte darauf die angedrohte Strafe von 200 Mk., und da Frl. Boesen nicht bezahlte, wurde sie i n H a f t genommen. Der holländische Einspruch gegen die Schiffahrts- abgaben ist nichtaktuell". In einem Artikel desNeuen Rotterdamschen Kourant" wurde kürzlich kategorisch erklärt: Das geplante preußisch-deutsche Schiffahrtsabgabengesetz ist für Holland unannehmbar I Diese Erklärung ist der preußischen Regierung sichtlich unangenehm; diePost" gibt sich zum Verbreiter der folgenden, sicher von der Regierung bezogenen Weisheit her: Wie wir demgegenüber(gegenüber dem holländischen Ein- spruch) hören, ist die Frage, ob Holland sich mit der Erhebung solcher Abgaben einverstanden erklären will oder nicht, gegen- wärtig nicht aktuell. Der vom Bundesrat angenommene Gesetzentwurf wird dem Reichstage vorgelegt werden, und erst, nachdem der Reichstag ihn angenommen hat und der Entwurf Reichsgesetz geworden ist, wird die deutsche Re- » gierung mit Holland und mit Oesterreich, das wegen des Ober- laufs der Elbe zu den Interessenten gehört, in Verhandlungen treten. Wie diese Verhandlungen ausgehen werden, läßt sich heute natürlich noch nicht sagen, aber in Berlin hält man an der Erwartung fest, daß es schließlich doch gelingen werde, sowohl mit Holland wie auch mit Oesterreich zu einer Verständigung zu gelangen." Wenn man einen Vertrag lösen und einseitig über Vertrags- gut bestimmen will, ist eS sonst üblich, sich mit den Kontrahenten zu verständigen und erst nach erfolgter Lösung des Vertrages an die Neuordnung der Dinge zu gehen. Die preußisch-deutsche Re- gierung hält aber offenbar für gut, Holland und Oesterreich einfach vor fertige Tatsachen zu stellen in der Erwartung, ihren Willen durchsetzen zu können. Verurteilter Wahlrcchtsdemonstrant. Weil er einen nicht genehmigten öffentlichen Aufzug geleitet haben soll, verurteilte das Schöffengericht Magdeburg den Partei­sekretär Genossen Holzapfel zu 100 Mark Geldstrafe. Der öffentliche Aufzug wurde in der Wahlrechtsdemonstratron am 10. April gesehen. Aus der Tatsache, daß der Angeklagte die Schlußparole weitergegeben hatte, in Verbindung damit, daß er die der Demonstration voraufgegangenen Versammlungen ein- berufen hatte, schloß das Gericht die Schuld des Angeklagten. Daß er vor Beendigung den Zug verlassen und auch nicht an die Spitze getreten sei, wolle bei der bekannten strammen Disziplin der Sozialdemokratie nichts sagen. Bei den Sozialdemokraten genüge bekanntlich ein Wort der Führer, um größere Massen zu leiten. Wenn es dank dieser guten Leitung auch zu keinen Ausschreitungen gekommen sei, so sei die Strafe doch so hoch bemessen, weil leicht durch irgend eine Unvorsichtigkeit ein großes Unglück hätte ent- stehen können._ Italien . Eine Betrugsaffäre. Rom , 11. August.(Eig. Ber.) Durch eine geradezu unfaßliche Leichtfertigkeit der Schuldigen ist man im Ministerium der öffent- lichen Arbeiten einer seit Jahren spielenden Betrugsaffäre auf die Spur gekommen. Ein Beamter hat einen Brief gefunden, an den Bureaudiener di Giacomo gerichtet, in dem zu lesen stand:Laß mich wie üblich die Namen der Bewerber für die zu vergebende Straßenarbeit in der Provinz Potenza für die Summe von 248 000 Lire wissen." Zum Ueberflutz trug der Brief noch den Namen der Firma Mafi! Der Bureaudiener hat gestanden, mit einem Kollegen durch falsche Schlüssel die Sekretäre geöffnet zu haben, in denen die Dokumente für die Submissionsbewerber waren, und sie seit Jahren der Firma Mast mitgeteilt zu haben. Die betreffende Sub- Mission war wirklich dieser feinen Firma am 8. August d. I. über- tragen worden, allerdings mit einem Angebot von Proz. unter der Minimalofferte der anderen Bewerber. Trotzdem ist der Ver. trag annulliert worden. Die bis jetzt bekannten Schuldigen sind verhaftet.- Portugal . Die republikanische Bewegung. Die Lage der portugiesischen Monarchie, deren Vertreter seit der Ermordung des Königs und des damaligen Kronprinzen An vorigen Jahre ein ganz junger, für die Regierung unvorbereiteter König ist, verschlechtert sich zusehends. Zu allen den alten Be- fchwerden über Rückständigkeit und Korruption sind eine Reihe finanzieller Skandal« getreten, in die eine Anzahl Offi- ziere und Vertraute des früheren Königs verwickelt sein sollen. Von den nächsten Wahlen erwartet man trotz dem reaktionären Wahlgesetz(Zensussystem) einen großen Erfolg der Republikaner . Nach einem Bericht desPeuple " erwartet man, daß die republika- nische Partei, die mit großem Eifer und Erfolg in die Wahlbewc- gung eingetreten ist, mindestens 15 Abgeordnete, davon 7 in Lissa­ bon , durchbringen werde. Für unsere Genossen, die in der Haupt- stadt eine kräftige Organisation und ein eigenes Gebäude besitzen, scheinen danach noch keine Aussichten zu bestehen. Zu den übrigen Schwierigkeiten der Regierung dürfte nun auch noch ein Kon» flikt mit der Kirche kommen. Der Justizminister plant die Einführung der obligatorischen Zivilstandsregistcr anstatt der Kirchenbücher. Die Geistlichkeit setzt sich aber dagegen zur Wehr. So ist auch die portugiesische wie die spanische Monarchie zurzeit zwischen zwei Feuern. Vielleicht versucht man auch dort, durch einen energischen Vorstoß gegen den heute noch übermächtigen Klerikalismus die fortschrittlichen Kräfte vom Kampfe gegen die Monarchie abzulenken und sie mit der Regierung zu verbinden. Klus Industrie und Handel. Ein Bürgermeister gegen de» Fleischwucher. Im Jndustriebezirk wirkt die Fleischnot so außer» ordentlich beängstigend, daß sogar schon ein Bürgermeister öffentlich Anklage und Protest erhob. Die Kundgebung ist um so bedeutsamer, als sie in einer Stadt mit überwiegend katholischer Bevölkerung erfolgte, die durchweg zur Anhängerschaft des Zentrums zählt. Es war in der letzten Stadtverordnetensitzung in Castrop , wo Beschluß darüber gefaßt werden sollte, wie der 7700 M. betragende Fehlbettag des städtischen Schlachthofes zu decken sei. Von einer Seite war der Vorschlag gemacht worden, die Schlachtgebühr zu erhöhen. Dem widersprach der Bürgermeister Wynen mit aller Entschiedenheit. Er bemerkte dabei: Der Arbeiter sei heutzutage kaum noch imstande, ein Pfund Fleisch zu kaufen. So wie es jetzt sei, könne es einfach nicht bleiben. Die Arbeiter litten tatsächlich an Unterernährung. Die hohen Fleischpreise seien in der ver- kehrten Wirtschaftspolitik zu suchen. Besonders seien die hohen Zölle daran schuld. Die Schlachtgebühren herauf- zusetzen, ginge nicht an, sonst könnten die Arbeiter über- Haupt nicht mehr an Fleischnahrung denken. Die Aushebung der Grenzsperre möge die Regierung endlich in die Wege leiten. Die Presse möge ein übriges tun, helfend eingreifen. Die Arbeiterschaft befinde sich in großer Unzufriedenheit und das mit Recht. Er scheue sich nicht, dies einmal öffentlich auszusprechen. So weit der Bürgermeister, der von einigen Stadt- verordneten lebhaft unterstützt tvurde. Einer meinte, von dem preußischen Landtag in seiner jetzigen Zusammensetzung dürfe man nichts Gutes erwarten!!! Selbst ein Grubeninspektor von ZecheErin" erklärte, die Notlage sei groß, er könne beobachten, daß die Frühstücks der Bergleute immer schlechter würden. Die trefflichen Ausführungen des Bürgermeisters Wynen verdienen Anerkennung und Beherzigung. Vor allen Dingen sollten sie beachtet werden von der katholischen Arbeiterschaft Castrops, damit sie erkennt, daß sie immerfort vom Zentrum belogen und be- trogen worden i st. Das Zentrum vor allem ist für die entsetzliche Notlage verantwortlich zu machen. Zur selben Stunde, als Bürgermeister Wynen so tapfer den Fleischwucherern die Wahrheit sagte, war in Dort- mund die Fleischerinnung versammelt und beschloß, von Sonnabend, den 13. August ab, die Preise für sämtliche Fleisch- und Wurstwaren zu erhöhen. Grund: die uner- schwinglich hohen Viehpreise_ Ankündigung weiterer Preissteigerung. DieDeutsche Fleischer-Ztg." beeilt sich, mitzuteilen, daß durch das von dem österreichischen Handelsminister erlassene Ausfuhrverbot von Schlachtvieh die Fleischpreise besonders für Süddeutschland noch weiter steigen würden. Die großen süddeutschen Viehmärkte, wie besonders München und Nürnberg , waren auf die Einfuhr öfter« reichischen Rindviehes stark angewiesen. Für München z. B. betrug der wöchentliche Zumeb an Großvieh aus Oesterreich stets zirka 600 Stück, und dieses österreichische Vieh stellte auch die bei weitem besten Qualitäten an Fleisch dar. Auch auf den sächsischen Vieh« Märkten wurde stets österreichisches Vieh gehandelt. Hoffentlich wird Bayern seinen Einfluß dahin geltend machen, daß Schritte getan werden, um durch uubeschränlte Einfuhr auS allen Länder» der Fleischnot in Deutschland zu steuern. » Wien , 12. August. Wie dieRathauSlorrespondenz' meldet. hat der Handelsminister ein wegen der Fleischteuerung an ihn ge- richtetet Telegramm deS Vizebürgermeisters von Wien dahin be« antwortet, daß er den telegraphischen Auftrag erteilt habe, unver« züglich Verhandlungen über ein Ausfuhrverbot von Schlachwieh und Fleisch einzuleiten. Gleichzeitig habe der Handelsminister den Ministerpräsidenten ersucht, dem Leiter des AckerbauministeriumS entsprechende Weisungen zukommen zu lassen. Redensarten. Die preußische Regierung hat auch schon eingegriffen mit Redensarten. Das preußische Ministerium für Landwirtschast hat nämlich soeben an die Landwirtschaftskammern einen besonderen Erlaß ergehen lassen, in dem darauf aufmerksam gemacht wird, daß die Entwickelung der Viehzucht trotz der festgestellten Ver» Minderung des Bestandes in einzelnen Tiergattungen zufolge der Vermehrung bei der Zahl der Schweine und auch der Zunahme der jungen Tiere. die im Laufe dieses oder des nächsten Jahres schlachtreif werden und zufolge der über« Haupt fortschreitenden Verbesserung der Qualität des Viehstandes(? I) eine noch ausreichende Deckung des Fleischbedarfes gewährleistet ist. ES wird aber doch darauf hingewiesen, daß nichts verabsäumt werden dürfe, in der Haltung der Schweine eine größere Stetigkeit zu er« reichen. Daneben erscheint es dem Ministerium besonders Wichtig, der Riudviehhaltung eine weitere besondere Auf« merksamkeit zuzuwenden. Besonders ist darauf hingewiesen. daß eine vermehrte Einstellung von Jungvieh mit allen Mitteln gefördert werden müsse. Zu diesem Zwecke wird eine stärkere Förderung des Futterbaues auf dem Ackerlande und den Wiesen und hauptsächlich eine vermehrte und bessere Anlegung von Vieh« weiden, eine noch weitergehende Besserung der Bullenhaltung und eine stärkere Förderung der genossenschaftlichen Viehverwertung i» Betracht gezogen. Das klingt wie eine bewußte und gewollte Verhöhnung der Konsumenten._ 18 Prozent Dividende im Krisenjahr 1909. Es muß aufreizend wirken, daß zu Zeiten der schlechten Konjunktur, wo die Arbeiter hungern nud darben, wo ihnen die Löhne gekürzt, die Steuern gesteigert und die Lebensmittel ver- teuert werden, die Aktionäre in der Industrie höhere Divi- d e n d e n einzustreichen in der Lage sind. Ja. es ist die Tatsache zu konstatieren, daß die Aktionäre des Eisen- und Stahlwerks Hösch in Dortmund den höchsten Ge. winn erzielten, den je erreicht wurde. Man hat im letzten Jahre einen Reingewinn von 8 011 Wh M. gegen 7 461 227 M. im Vorjahre herausgewirtschaftet. Verteilt wurden 18 Proz. Dividende, gegen 14 im Vorjahre. Allerlei Zuwendun» gen zu verschiedenen Unterstützungskassen wurden gemacht, doch ist für diese Zwecke, trotz des höheren Gewinns, kein Pfennig mehr bewilligt worden als im Vorjahre. ES ist gut so. Der Schein der Arbeiterfreundlichkeit kann die aufreizende Verteilung des Arbeitsertrages nicht mindern. Das Hösch-Werk hat sich in der letzten Zeit einen Ruf erworben durch die sich unge, mein häufenden Unfälle. Zu Protest fordern die Ver» träge heraus, die die Stadt Dortmund mit dem Werk abgeschlossen hat, weil sie eine schwere Schädigung der Bürger« schast bedeuten. So müssen beispielsweise die Bürger die höchsten Preise für Wasser bezahlen, welches man an Hösch bedeu- tend unter dem Selbstkostenpreis liefert. Und durch kniffliche Be- stimmungen, die dev Vertrag enthält, sucht das Werk den nie» d r i g e n Preis noch niedriger zu drücken. Hat es doch jüngst wieder ca. 36 000 M. von seiner Rechnung gestrichen zum Schaden deS Stadtsäckels. Das Werk weigert sich einfach, den von der Stadt verrechneten Betrag zu zahlen. Der Abgeordnet« Haarman sagte ganz richtig: die großen industriellen Werke haben keinem Bürgersinn! Ihnen liegt daran, Arbeiter und Kommune im Interesse einiger Kapitalisten auSzu» beuten. So ist es auch in Dortmund , wo die Generaldirektoren und Direktoren der großen Werke matzgebenden Einfluß in der Ge- meinde ausüben zum Schaden der steuerzahlenden Bürger. Im Kampfe gegen die Monopolgelüste des Oel-TrusteS richtet der Verein Berliner Kaufleute der Koloniallvarenbranchen an feine Mitglieder folgende Mitteilung:Seitens der D. A. P. G. und der mit ihr verbündeten D. P. V. G. wird jetzt gelegentlich AuS- zahlung der Rückvergütungen versucht, die größtenteils ohnehin noch bis 81. Dezember 1011 laufenden Schlüsse auf Jahre hinaus zu verlängern. Wir warnen Sie, sich neuerlich zu verpflichten, weil Sie sich dadurch auf Jahre die Möglichkeit nehmen, günstige Kon« junkturen für den Einkauf auszunutzen und mit dem Vertrage nicht zuletzt der Zweck verfolgt wird, die von den obengenannten Gesell« schaften vollkommen unabhängige, sehr leistungsfähige österreichisch« Konkurrenz vom Markte auszuschließen.'