MSzWnvruch vor. Die Tatsache läßt sich nicht kestreiten. aber es gibt Situationen, in denen man einen DiSzi- plinbruch begehen darf. Wir hätten einen unverantwort- lichen Schaden für die badische Partei heraufbeschivoren, wenn wir anders gestimmt hätten. sSehr richtig) Wir haben einen Disziplinbruch begangen, jedoch in der Hoffnung, datz wir in der Partei auf soviel Vernunft rechnen durften, daß sie sagte: Wenn wir auch den Disziplinbruch nicht billigen, wir verstehen aber die Handlungsweise. Daß man uns politische Streikbrecher nennen würde, datz man so weit gehen würde, uns nicht mehr als Sozialdemokraten anzuerkennen, daran dachte kein Mensch von uns.(Sehr richtig 1) Welchen Schaden hatte die Partei davon, daß wir für das Budget gestimmt haben? Der Schaden kam erst, als man diesen Krakeel darüber machte. («ehr richtig!) Dah jedesmal solche Krakeele kommen, ist kein Zu- fall, er wird nicht der erste und nicht der letzte sein. Diesen Kamps müssen wir in der Partei durchkämpfen. Selbst angenommen, die Theorie von dem gewaltsamen Zusammenbruch wäre richtig, dah eines schönen Tages eine groffe blutige Auseinandersetzung zwischen Proletariat und Kapitalismus stattfindet, datz das Proletariat siegreich wäre und die Macht ergreifen könnte, ist dann aber der Sozialismus verwirklicht? Dann sangen wir dort an, wo die anderen aufgehört haben, dann müssen wir auch reformieren.(Sehr richtig I) Wer anders denkt, denkt nicht marxistisch. Marx sagte, es geht keine Gesellschaft unter, die nicht vorher zur höchsten Blüte sich entfaltet hat, und Keime der kommenden Gesellschaft muh die alte Gesellschaft schon in sich tragen. Wer Augen hat zum sehen, der sieht, datz»wir schon mitten in der Revolution feit vielen Jahren drin stehen.(Sehr richtig I) Die Frage geht nicht dahin, ob wir Sozialisten sind oder nicht, sltndern die Frage ist, auf welche Art wir unsere Grundsätze aus die praktischen Ver- Hältnisse übertragen können. Alle Fragen der Taktik kann man nicht im voraus mit ganz bestimmten Normen lösen. Da gibt es nur all- gemeine Regeln, von denen man abweichen kann, sobald es die Ver- Hältnisse gebieterisch fordern.(Sehr richtig!) Bei uns in Baden liegt die Sache so, datz. wenn wir das Budget abgelehnt hätten, nur einer daran seine Freude gehabt hätte, nämlich das Zentrum. (Lebhafte Zustimmung.) Das Zentrmn hätte wieder im Sattel gesessen und wäre geritten. Und die Regierung hätte fich auf das Zentrum stützen müssen. Nicht weil wir glauben, datz diese Regierung uns so sehr angenehm ist, haben wir für das' Budget gestimmt, sondern um die Regierung nicht zu zwingen, sich dem Zentrum an den HalS zu werfen.(Sehr richtig!) Wir wollten die Regierung sühlenlassen, datzsievon unS abhängig ist, wir wollen, datz in Baden überhaupt keine Regierung mehr denkbar ist, die nicht weitgehende Rück- ficht auf die Sozialdemokratie nimmt. Aber wenn wir das wollen, dann dürfen wir nicht die Geschäfte des Zentrums besorgen. Datz wir mit der Hofgäugerei die Monarchie als staatliche Einrichtung an- erkannt hätten, ist Unsinn. Wenn die Sozialdemokratie«it der Monarchie ihr Kompromiß abschließt, dann zwingt sie die Monarchie, sich vor der Sozialdemokratie zu beugen und nicht umgekehrt macht die Sozialdemokratie ihre Reverenz vor der Monarchie. Das ist überhaupt die falsche Kautskysche Logik. Die Erfolge, die wir erringen, find kein Entgegenkommen gegen die herrschenden Klassen. Wenn wir in Baden uns die jetzige Stellung erobert haben, bedeutet das kein Entgegenkominen gegenüber den bürgerlichen Parteien, sondern es bedeutet ein Ent- gegenkommen der bürgerlichen Gesellschaft gegen die Sozialdemokratie.(Sehr richtig!) Wenn eS sozial« demokratische Minister gibt, so sind diese sozial- demokratischen Mini st er ein Entgegenkommen der bürgerlichen Gesellschaft gegen uns. Wir bekommen auch kein Präsidium in einem Parlament, wenn wir unS diese Stellung nicht erzwingen. Wir find zum feierlichen Schlutz- a k t des Landtags hingegangen, nicht, weil es uns Spatz machte. sondern um etwas zu erreichen. Ich kann darüber nicht weiter sprechen. In Württemberg hat man sogar bei der Eröffnung des Landtags mitgemacht und den Versassungseid in die Hände des Königs geschworen.(Hört! hört!) Kein Mensch hat an der republikanischen Ueberzeugung dieser Genossen gezweifelt. Es ge- hört mehr republikanische Ueberzeugung dazu, einem Monarchen gegenüber seine republika- nischen Ansichten zu verteidigen, als in Volks- Versammlungen mit Phrasen zu operieren.(Sehr richtig I> Wir sind überzeugt, datz das, was wir getan haben, richtig war, wir glaubten der Partei zu nützen. Deshalb sind wir beschimpft worden, deshalb hat man uns mit Aus- schlutz gedroht. DaS ist nicht die richtige Art, wie man in der Paetei einen Bruderkampf führen darf. Wir dürfen niemals an unserer gegenseitigen ehrlichen Ueberzeugung zweifeln. Wir appellieren an Sie, denn Sie haben uns das Vertrauen geschenkt.» Ich erkläre im Name» der LandtagSfraktion: ES ist unS nur möglich, weiterzuarbeiten, wen» Sie uns auch weiter Ihr Vertrauen entzegeubringen. Wen» Sie uns recht geben, dann werden wir den Parteitag in Magdeburg ersuchen, den Beschluß von Nürnberg aufzu« heben, wenn Sie uns aber ein Mißtrauensvotum ausstellen, dann werden wir mit aller Ruhe unsere Konsequenzen daraus ziehen. (Stürmische Beifallskundgebungen.) Für die Minderheit der LandtagSfraktion sprach als Korreferent Reichs- und Landtagsabgeordneler Geck- Offenburg. DaS grotze und uneingeschränkle Lob, das der gesamten Fraktion des LandiagS ausgesprochen worden ist. ist ein sehr beschämende«. ES drängt sich tu jeder Versammlung auf und«S sieht beinahe so aus, als wäre jetzt die Zeit zu solchem Lobe besonders angetan. Die früheren LandtagSfraktionen haben dasselbe geleistet und die Situation ist heute nicht viel ander«. Es ist der sozialdemokratischen Landtagsfraklio» in Baden allein unmöglich etwas durchzusetzen. Wir waren auch schon früher das Zünglein an der Wage. Die Sozial- demokratie hat immer geprüft, von Materie zu Materie, wie weit sie einem Gesetz ihre Zustimmung geben kann. Ist es in« letzten Landlage anders geworden? Dem, was Ko lb vor- getragen hat, war zu entnehmen, datz wir nirgends anders handeln konnten, als das Zünglein an der Wage zu sein. DaS von der Fraklion angenommene Schulgesetz wird die En twickelung auf konfessionellem Gebiet nicht hindern. Was haben wir überhaupt mit unseren Arbeiterforderungen in der Kammer erreicht? Das bitzchen wirtschaftliches Entgegenkommen wird so gut wie aufgehoben durch das politische Un- recht, daS man in Baden gegen die Arbeiter und Nnterbeamten noch begeht. Die Ouvertüre zu unserer Stellung gegenüber der Re- gierung war der P r o t e st d e S Genossen D r. F r a n k gegen die verfassungswidrige Behandlung sozialdemo- kratischer Arbeiter und Beamten. Es lag kein L n l a tz vor, diese Haltung gegenüber der Regierung irgendwie zu ändern. Die infolge der Reichöfinanzreform arbeitslos gewordenen armen Tabakarbeiter hat die badische Regierung mit Er- wägungen und Erhebungen in der Zukunft ver« tröstet. Die Regierung begegnete uns auch mit s ch r o f f st e m Widerspruch, als wir verlangten, datz der Fleischnot ein Ende gemacht würde. Im Bundesrat, in dem diese rein agrarischen Bestimmungen beschlossen werden, sitzt auch die badische Regierung, sie nimmt denselben junkerlichen Standpunkt dort ein wie die preutzische Regierung. Gerade det Minister des Innern von Bodman hat Baden im Bundesrar vertreten. Wir haben auch verlangt, datz die Aus- gaben für die Gesandtschaften gestrichen werden. Dieses Geld würde schon hinreichen, um den Tabakarbeitern einen Not- Pfennig zu gewähren. Für einen grotzherzoglichen Hof- wagen wurden dagegen 120 000 M. gefordert. Auch dieses Geld hätte den Bettelpfennig für die Tabakarbelter etwas fetter ge- macht. Die svzialdemokratische Fraktion hat eS beinahe an der notwendigen Energie fehlen laffcn, um diese Forderung zu bekSmpsc». Unser Redner hat nicht grundsätzlich diese Ausgabe zurückgewiesen, sondern nur im Hinblick auf die gegen- wärtrge Finanzlage.(Widerspruch.) Auch unsere Forderungen auf dem Gebiete des Steinarbeiterschutzes sind abgelehnt worden.(Widerspruch.) Man hat uns Baukontrolleure aus dem Arbeiterstand nicht gewährt.(Stürmischer Widerspruch.) Trotzdem hat man das Budget bewilligt. Zuerst sollte es abgelehnt werden, aber nicht, weil Minister v. Bodman gesogt hatte, SozialZ demokraten könnten keine Bezirksräte werden, sondern die Fraktion hatte erklärt, die politische Ehre verbiete für das Budget zu stimmen, weil in Baden die Sozial« demokraten immer noch nicht gleichberechtigt seien und weil die Regierung die Unterstützung der Arbeits- losenversicherung abgelehnt hatte. Kann eS ein schreienderes Unrecht geben, als wenn die Regierung mit 100 000 M. für die Arbeitslosenversicherung kargt und 120 000 M. ausgeben will für einen dritten Salonwagen des GrotzherzogS? Da mutzte die Fraktion beim Finanzgesetz mit der Regierung abrechnen und dieses Gesetz ablehnen. Am 4. Juli hatte die Fraktion erklärt, die politische Ehre verbiete, das Budget zu bewilligen. Die Bewilligung wird nun be- gründet mit der herrlichen Rede deS Herrn v. Bodman . Ich sage, die Bewilligung ist längst vorbereitet gewesen, sie lag schon lange in der Luft. Wir hätten unS ja schon auf dem vorigen Parteitag aussprechen können, da aber wurde be« schloffen, über allen Wipfeln Ruhe zu halten, da wurde das Wort Budget auS unseren Verhandlungen direkt gestrichen. Wer von Ihnen hatte nicht den Eindruck, datz dieses prophylaktische Vorgehen lediglich den Zweck hatte, Ruhe zu haben. Damals hätte die Fraktion den Parteitag nicht täuschen dürfen.(Widerspruch und Unruhe), dann würde sie heute anders dastehen. Gewitz, der badische Wahlkampf war ein großer Sieg für die Sozialdemokratie, den Wahlkampf aber hat der Hunger geschlagen, die Empörung der aufgepeitschten Massen über die Reichsfinanzreform, auch über die Sünden der National- liberalen. Die 30 000 Wähler, die zu unS gekommen sind, sind gekommen wie die Massen zu Jesus kamen, die zu essen haben wollten. Da sagte Jesus , dann niützt Ihr vorher die Zustände ändern und die Pharisäer und Schriftgelehrtcn zum Teufel jagen. Diese Leute, die zu uns kamen, sind nun sehr e.n t t ä u s ch t und sogen, von Euch wollen wir jetzt auch nichts mehr wissen, denn Ihr geht ja mit den National- liberalen durch dick und dünn(Widerspruch), Ihr geht mit Euren grötzten Feinden zu- sammen, die sogar das Sozialistengesetz mit- gemacht haben.(Unruhe.) Ueber daS Bündnis bei den Wahlen will ich nicht streiten. Aber nachdem die Gefahr einer Zentrumsmehrheit abgewendet war, mutzte der alte Urständ der Dinge wiederhergestellt werden. Ich kann mit dem besten VergrötzerungSglas» nicht ein- sehen, was unS jetzt noch für autzerordentlich große Ver- pflichtungen obliegen sollen. Der G r o tz b l o ck ist nun von den Wahlen übertragen worden auf die Taktik in der Kammer. Der Grotzblock ist eine R e- gierungS stütze geworden und die Nationalliberalen verlangten, datz wir ihm Folge leisten. Der nationalliberale Führer Neb - mann hat uns direkt verhöhnt, er sagte, die Sache sei ausgezeichnet gelungen, man habe die Sozialdemokratie herübergezogen zu einer Partei, die die heutige Gesellschaft anerkenne.(Lachen.) Die Sozialdemo- traten hätten Konzessionen gemacht.(Widerspruch.) Gewitz, die Nationalliberalen haben kein Programm, aber um so trauriger ist eS, datz wir mit einer Partei zusammengehen, die kein Programm hat.(Lachen und Zustinnnung.) Die Nationalliberalen mutzten von Anfang an annehmen, datz sie die S o z i a l d e m o- k r a t'i e beherrschen würden.(Widerspruch.) Sie lehnten mich als Vizepräsidenten ab und verlangten einen, der ihnen besser in den Kram paßte. Da schon war das Rückgrat der Fraktion gebrochen, man ließ mich fallen. So ging es eine ganze Zeit hindurch. Der Grotzblock war eine viel intimere Gesellschaft als es nach auhen schien. Und nun die famose Rede des Ministers v. Bodman ! Datz eine Partei wie die Sozialdemokratie mit über 3 Millionen Wählern, die so E m i n e n t e s g e l e i st e t hat auf allen Kultur- gebieten, eine grotzartige Erscheinung ist. das müßte selbst ein Papagei zugeben. Was aber hat der Minister denn überhaupt gesagt, hat er gesagt, datz er einen Sozialdemokraten in die Regierung berufen wolle, hat er sich für sozialdemokratische Grundsätze ausgesprochen? Nein, er sagte, er will u n S weiter bekämpfen, nur will er uns da haben, wo er uns braucht, nämlich wenn daS Zentrum einmal nicht will. Deshalb fiel die Fraktion plötzlich unt. Die Hinrickitung deS politischen Ehrbegriffs hat nicht zehn Minuten gedauert. Was wäre denn geschehen, wenn das Gemeindegesetz gefallen wäre? Es wäre noch nicht einmal ge- fallen, denn auch daS Zentrum stiijimte für das Gesetz. So ist denn der Schlutz genau dem Anfang angepatzt gewesen. Die N a t i o n a l l i b era l en haben ihren Willen durchgesetzt. Es ist kein Zweifel, datz die.sozialdemokratische Fraktion durch diese altung zum Budget sich iii Widerspruch setzte mit den esetzen der Partei und mit dem proletarischen Empfinden.(Widerspruch.) ES liegt Disziplin bruch vor. Man meint ja jetzt, daß die Hofgängerei besser unterblieben wäre, und die Mehrheit der badischeu Parteigenossen hat sich gegen sie ausgesprochen. WaS wird nun aber, wenn der Partei- tag die Budgetbewilligung gutheißen wird? Es wird ja geschehen,-denn man hat eine Agitation ent- faltet, von der man sagen kann, datz sie k ü n st l i ch toar.(Widerspruch.) Es wird den Leuten ja nicht alles Ma- terial unterbreitet.�(Zuruf: Aber den Norddeutschen!) Die Norddeutschen sind so frei und lesen alles. (Widerspruch.) Wer hat denn K a u t s k y S Artikel überhaupt gelesen? Aber Sie wollen sich jetzt in den Wettstreit einmischen. Keine zwei Prozent haben das gelesen. Sie kommen alle hierher mit Vorurteilen. DaS sind ja alles hiek nur mimische Hilfsmittel, die bei diesem traurigen Drama in Szene gesetzt werden. Das soll alles wirken, um von der Hauptsache die Blicke abzulenken. Der Schwerpunkt liegt darin: Wie kommen wir vor dem deutschen Parteitag in Magdeburg durch? Da werden Sie selber sagen müssen, daß Disziplinbruch vorliegt und datz die Hofgängerei nicht nötig war. Ich kann unmöglich, so sehr ich mich nach Miltein der Ueberzeugung sehne, mir vorstellen, was in Magdeburg werden wird, wenn der Parteitag den Disziplinbruch bestätigt. Wie meine beiden anderen Kollegen aus der LandtagSfraktion darüber denken, weiß ich nicht, sie haben mich allein gelassen. Aber ich bin nicht isoliert, hinter mir steht die grotze deutsche s ozi a l d em okr a tische Partei mit Ausnahme vielleicht der Heilbronner. In ganz Teutschland ohne Ausnahme hat man daS Verhalten der Fraktion verurteilt, sogar die Nürnberger sind schwer gegen uns zu Felde gezogen. Wenn Sie eine Resolution für die Budgetbewilligung annehmen, wie sollen sich unsere Vertreter in Magdeburg verhalten? Innerlich ist die Scheidung bereits da, es ist auf dem jetzigen Wege nicht mehr weiterzukonimen. ES wird vielleicht versucht werden, eine Sanierung herbeizuführen. Wenn es nicht anders möglich sein wird, dann chaffen Sie sich doch eine grotzherzoglich badische Sozialdemokratie, trennen Sie sich einmal ab und marschieren Sie Ihre eigenen Wege. Irgend etwas mutz doch geschehen, wenn der deutsche Parteitag in Magdeburg den Nürnberger Beschlutz aufrecht erhält. Höchstens kann eine lieber- brückung versucht werden bis zu den nächsten Reichötagswahlen, aber wenn die hinter uns liege», dann beginnen die Differenzen von neuem. Wir können nicht zu den französischen Zuständen kommen, wo jedes Departement seinen eigenen Sozialismus hat. Unsere Stärke bestand in unserer Einigkeit, unsere Macht in unserer Geschlossen- heit und unsere Erfolge bestanden in der Disziplin und in der Disziplinierung der grotzen Masse. Die bei uns zu behalten und aufzuklären, das ist unsere wichtige und grotze Aufgabe, die einzige, wahre Aufgabe, die die deutsche Sozialdemo- kratie zu erfüllen hat. Wenn wir Disziplin und Schulung von den Massen verlangen für den grotzen Moment, dann müssen wir auch geschulte Führer haben. Der jetzige Zustand mutz ein Ende nehmen. Es mutz in Magdeburg zu einer entschiedenen Aussprache, zu konsequentem Handeln kommen, und wenn wir die Konsequenzen tragen wollen, so bitte ich Euch, das auch auszusprechen.(Teilweiser Beifall und Unruhe.) In der Debatte kam zuerst Sauer- Karlsruhe zum Wort: Der 10. Badische Reichstagswahlkreis, den Geck im Reichstag vertritt, protestiert gegen die Unterstellung, bei seiner Haltung gegenüber der Budget- bewilligung der LandtagSfraktion einer künstlich inszenierten Agitatton gefolgt zu sein. Wir sollen schlecht informiert sein, dabei hat Geck selbst den Beweis erbracht, datz er über wichtige Aktionen im badischen Landtag nicht informiert ist.(Sehr richtig.) Was er über die Haltung der badischeu Regierung in der Arbeitslosenversicherung gesagt hat, ist durch keinerlei Sachkenntnis getrübt. Im Gegenteil, wir sind der badischen Regirrung dankbar für die in der Denkschrift niedergelegten Anregungen. Unsere Stellungnahme mutz diktiert sein von der gesamten Tätigkeit der Fraklion. Als wir die 20 Mandate eroberten, tauchte bei uns allen wohl der Gedanke auf, datz es diesen zwanzig möglich sei, das große in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Diese Frage können wir heute ruhig bejahen. Der „V-oj: w är ts* hat die ganze Angelegenheit auf ein falsches Gleis geschoben. Er sprach von D i s- ziplinbruch. Und ganz Preutzen schrie es»ach. Wir müssen aber auch Stellung nehmen gegen die Aus- schlußdrohung und gegen den Vorwurf, unsere Ab« geordneten seien nicht mehr würdig, weiter Abgeordnete zu sein. Wir wählen unsere Abgeordneten selbst und wir allein haben daS Recht, sie zu kritisieren. Dieses Recht lassen wir uns niemals nehmen.(Lebhafter Beifall.) In diesem Saal trägt niemand den Gedanken in seinem Herzen, eine Partei- Zersplitterung herbeizuwünschen. Wir fühlen uns eins mit der deutschen Sozialdemokratie. Weil wir das auch in Zukunft wollen, deshalb müssen wir uns Respekt von den deutschen Parteigenossen mit allem Nach- druck verschaffen.(Lebh. Beifall.) Geck fragt. WaS nach dem Magdeburger Parteitag geschehen solle. Um ungelegte Eier kümmern wir uns nicht, wir tun heute, was notwendig lst. das andere wird sich schon selbst finden.(Lebhafter Beifall.) Arnold-Mannheim : Von einer künstlichen Mache darf nicht ge- sprachen werden. Erst als in Preutzen von Buxtehude bis Katzenellenbogen Protestresolutionen gegen uns angenommen waren, haben wir in unseren Versammlungen unserer Fraktion das Ver- trauen ausgesprochen. Es ist der G i p f e l der Dreistigkeit, wenn Preutzen darüber bestimmen sollte, wem wir unser Ver- traueti geben wollen. Die übergroße Mehrheit der badischen Partei ist mit der Fraktion einverstanden. Mcrkel-Mannheim : Die Budgetbewilligung ist keine badische Parteiangeleaenheit. Nachdem der Nürnberger Beschlutz vorliegt, erfordert die Einheit der Partei, daß die Partei- genossen sich diesem B e s ch l u tz fügen. Der Parteitag in Magdeburg wird Mittel und Wege finden müssen, um diese m Beschlutz Achtung zu verschaffen. Durch K o l b S Rede ging wie ein roter Faden die Furcht vor dem proletarischen Sieg. Wenn diese Dinge nicht gekommen wären, dann hätten bis zum Wiederzusammentritt deS Landtags nach den nächsten ReichStagswahlen unsere zwanzig Abgeordnete mit der verstärkten sozialdemokratischen NeichStagsfraktion eine ganz andere Stellung gehabt als jetzt nach dein Versuch, die Partei zu zerfleischen.(Unruhe.) D i e bürgerliche Gesellschaft gibt uns nur das., was wir ihr abtrotzen, alles andere sind Scheinerfolge. Die bürgerliche Gesellschaft steht uns geschlossen gegenüber. Wir müssen hier wenigstens mit einer möglich st großen Minderzahl erklären, datz wir auf dem Boden der deutschen Sozial- demokratie stehen.(Vereinzelter Beifall.) Rausch-Heidelberg : Auch ich mutz protestieren gegen die außer- ordentlich geringe Wertschätzung der Delegierten des Parteitages durch Geck. ES steht einem Abgeordneten schlecht an, die parlamentarische Arbeit so herabzusetzen. Das ist ein schlechter Vogel, der sein eigenes Nest so beschmutzt. Geck sagte, es wäre früher ebenso gewesen, als wir fünf Abgeordnete hatten. Wozu haben wir dann überhaupt den Wahlkampf geführt?(Sehr richtig I) Geck kennt kein Ueberganzsstadium, keine Konzessivnspolitik. Die Alles- oder Nichtspolitik war von jeher eine schlechte Politik. Geck kann sich eben mit der modernen Politik nicht befreunden. Die Er- klärung der 63 Süddeutschen aus dem Nürnberger Parteitag wurde stillschweigend sanktioniert.(Wider- spruch.) Bei unS ist es gelungen, den schwarz-blauen Block auf ein totes Gleis zu bringen und Gesetze zu verabschieden, die von liberal- fortschrittlichem Geist erfüllt sind. In Norddeutschland ist man weit über das Ziel hin« au s g e sch o s s e n, da hat man sich nicht mehr auf die Kritik beschränkt, sondern uns geschulmeistcrt und uns als Trottels hingestellt. Ich halte es für eine Beleidigung des Parteitages, daß heute hier nach Offenburg eine Volksversammlung einberufen worden ist, in der Rosa Luxemburg über die Budgetbewilligungsfrage referieren soll. DaS war bisher in der Geschichte der Partei noch nicht da. ES dürfte nur wenigen Personen beschieden sein, etwas derartiges zu unter- nehmen.(Lebhafter Beifall.) Parteivorstandsmitglied Müller-Berlin: Als ich im.Berliner Tageblatt" die Nachricht von der Budgetbewilligung laS, war ich keinen Moment im Zweifel, datz diese Erörterungen losgehen ivürden. WaS aber die Preßdebatten anlangt, mutz ich doch im großen und ganzen zugeben, datz sie sachlich geführt wurden. Man kann auch nicht sagen, datz die norddeutsche Presse die süddeutschen Stimmen totgeschwiegen hätte. Aber das mutz ich auch sagen, wir haben diesen Streit als häuslichen Streit aufgefatzt, und deshalb bedauere ich, daß er heute hier in einer öffentlichen Volksversammlung er« örtert werden soll.(Lebhafter Beifall.) ES handelt sich hier um eine Parteifrage, die nur die Partei- genossen angeht, und in einer so strafforganisierten Partei tvie der Sozialdemokratie darf das nur unter Parteigenossen geschehen.(Lebhafter Beifall.) Ob Grotzblock oder nicht, ist gar nicht der Streitpunkt. Wer hat sich denn in Norddeutschland gegen den Grotzblock ausgesprochen?(Zuruf: Kautsky !) In Norddeutschläud hat man sich nur gegen di.e Budgetbewilligung auS- gesprochen. Wenn die Fraktion gegen das Budget ge- stimmt hätte, so würde das die Arbeit des Groß« block nicht ausgeschlossen haben.(Widerspruch.) Es wäre den Massen sehr wohl verständlich gewesen, wenn die Fraktion das Budget abgelehnt hätte. Ob die Budgetbewilligung eine Frage des Prinzips oder ver Taktik ist, darüber kann man streiten. Nachdem aber die Mehrheit der Partei entschieden hatte, daß es eine Frage des Prinzips ist, mußte daS auch für Baden gelten.(Sehr richtig!) Gründe für die Ablehnung des Budgets gab es auch in Baden noch immer über- zenug. ParteitagSbeschlüsse sind dazu d», datz ie gehalten werden. Ich kann nicht zugeben, daß daran die Erklärung der 66 Süddeutschen irgend etwas geändert hätte. Der Parteitag hat sie zu Protokoll genommen, weiter nichts. Ich gebe ohne weiteres zu, daß nach den augenblicklichen Verhältnissen in Deutschland ein Rede wie die des Ministers v. B o d m a n in den meisten übrigen Bundesstaaten nicht gehalten werden könnte. Aber v. Bodman
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