Vorort- J�acb richten.EHarlottenburg.Wie die Kirche das Sterben besteuert. Ein CharlottenburgerBürger, der seit langen Jahren in Charlottenburg wohnt, teilt der„Neuen Zeit" folgendes mit:„Aus Anlaß einer Familienfeierkam mein Sohn mit seiner Frau und seinem dreiviertel Jahrealten Kinde zu mir nach Charlottenburg zu Besuch. Nach einigenTagen erkrankte das Kind. Nachdem wir im Hause unter Hinzu-ziehung von drei Aerzten alles versucht, schafften wir das Kindauf Anraten des Arztes in das Kaiserin-Auguste-Viktoria-Kinder-und Säuglingsheim in Charlottenburg. Aber auch hier war alleHilfe vergebens: unser Liebling starb.— Nun muhte das Kindbeerdigt werden. Der zuständige Friedhof für das Säuglingsheim,in dem der Kleine gestorben, ist Stahnsdorf, obgleich ich nach meinerWohnung, die ich seit 16 Jahren inne habe, in Charlottenburg zurLuisengemeinde gehöre, die am Fürstenbrunner Weg ihren Be-gräbnisplatz hat, aus dem auch bereits zwei meiner Familien-ungehörigen, meine vor zehn Jahren verstorbene Frau, die leib-liche Großmutter des Kindes, und mein vor 16 Jahren verstorbenerSohn ruhen. Ich bat nun, man möchte mir gestatten, auch meinenkleinen Enkel auf diesem Friedhofe zu beerdigen, da doch nach demReglement Nichtparochianen auf dem betreffenden Kirchhofe Ruhe-stätten erhalten können, wenn Blutsverwandte bereits dort liegen.Da wurde ich belehrt, daß zwischen Großmutter und Enkel einederarige Blutsverwandtschaft nicht existiere. Diese bezieht sich nurauf Ehegatten und Geschwister; was darüber ist, ist vom Uebel!Wenn ich aber 263,66 M. entrichten wolle, so könnte ich auf demalten Luisenkirchhofe eine Grabstätte erhalten! Und das alles,weil das Kind zwei Tage nicht in meiner Wohnung war und nichtdort starb. Wir haben es vorgezogen, lieber die Eisenbahn, alsdie Kirche, das Geld verdienen zu lassen, und schafften das Kind136 Kilometer weit von Charlottenburg nach seinem Heimatsort.— Das kostet rund 166 M. weniger!"Und bei einem solchen Gebaren wundert sich die Kirche nochüber den Massenaustritt aus der Landeskirche. Aus dem Schreibenerhellt aber außerdem, daß es dringende Pflicht der städtischen Be-Hörde ist, die Anlage eines städtischen Friedhofs zu beschleunigen!Bon einem tragischen Schicksal ist die Familie Scalla, StuttgarterPlatz 13, betroffen worden. Wie noch erinnerlich sein dürfte, verübteim September 1666 der Obersekundaner Kurt Scalla gemeinsam miteinem Freunde Selbstmord, dessen Beweggründe bis heute noch nichtaufgeklärt sind. Der Verlust des Sohnes untergrub den Gesund-heilszustand der Mutter derartig, daß sie im Frühjahr dieses Jahresvöllig zusammenbrach und vor etlva einem Monat ihrem Leidenerlag. Diesen doppelten Schicksalsschlag vermochte der Gatte derVerstorbenen nichl zu überwinden; seit dem Tode seiner Fraukränkelte er und ist nun ebenfalls vor einigen Tagen verstorben. Vonder ganzen Familie ist nur noch eine neunjährige Tochter übrig ge-blieben, die von Verwandten aufgenommen worden ist.Auf dem Internationalen ArdcitslosenversicheningS-Kongreß inParis vom 18. bis 21. September wird die Stadt Charlottenburgdurch den Stadtrat Professor Dr. Spiegel, den Direktor des Statisti-schen Amtes Dr. Badtke und den Bürgerdeputierten Professor Dr.Jastrow vertreten sein. In Charlottenburg hat eine Deputation aufGrund einer ausführlichen Denkschrift des Direktor? Dr. Badtke unddes Professors Dr. Jastrow die Beratungen über die Einführungeiner Städtischen Arbeitslosenversicherung fast zu Ende geführt, sodaß sich Magistrat und Stadtverordnete in den kommenden Monatenmit der Frage beschäftigen werden.Rixdorf.AuS den letzten Magistratssitzungen. Der Magistrat erklärt sichgrundsätzlich damit einverstanden, an Verhandlungen der größerenBerliner Gemeinden teilzunehmen, die die Aenderung der Post- undFernsprechamtsbezirke in Groß-Berlin zum Gegenstande haben. Mitdem von dem Oberpräfidenten der Provinz Brandenburg übersandtenEntwurf eines neuen Mietsentschädigungstarifs der Volksschullehrer undLehrerinnen der Provinz Brandenburg ist der Magistrat einverstanden.Mit der Entgegennahme der Auflassung des Elisabeth-Kinderhospital-Grundstücks bereits im Laufe des September 1616 erklärt sich derMagistrat einverstanden.— Dem Entwürfe einer Ergänzung derStraßeuordnung vom 7. August 1666 wird unter der Voraussetzungeiner allgemeinen Regelung der Materie für ganz Groß-Berlin undmit der Matzgabe zugestimmt, daß die Fahrzeuge der städtischenStratzenreinigung, der Feuerwehr und die Sprengwagen von derneuen Bestimmung nicht betroffen werden sollen.— Die Anschaffungvon weiteren zehn Kühen zur Erhöhung der Milchproduktion für dasstädtische Krankenhaus und die Ersatzbeschaffung für sieben Kühe fürBrusendorf wird genehmigt.Zeugengcsuch. Am 24. Februar d. I. mittags wurde in Rixdorfin der Bergstrahe an der Kirchhofstratze ein Kind von einem städti-schen Omnibus überfahren. Passanten, welche den Vorgang gesehenhaben, werden dringend gebeten, ihre Adresse bei E. Schmacht, Rix-darf, Niemetzstr. 4, abzugeben.Schöneberg.Selbstmord eincS Defraudanten bei der Verhaftung. Nach Ver-Übung größerer Unterschlagungen � es handelt sich angeblich umzirka 2ö 666 M.— hat gestern der 3ljährige Kaufmann SiegfriedWongtschowski, Goltzstr. 31 wohnhaft, seinem Leben ein freiwilligesEnde gemacht, in dem Augenblick, als er von Schönebergcr Beamtenverhaftet werden sollte. W., der unverheiratet ist. und bei seinerMutter, einer Witwe wohnt, war seit einer Reihe vonJahren bei einer bekannten Damenkonfektionsfirma in derKrausenstratze beschäftigt und hatte sich durch seine Tüchtig-keit das unbedingte Vertrauen seiner Chefs erworben. Ihmwurde deshalb vor etwa zwei Jahren der Kassiererposten übertragen.Er unterschlug im Laufe der Zeit eingehende Gelder und verwandtesie für sich. Auf die Anzeige der Geschädigten hin sollte in derNacht zum Mittwoch die Verhaftung deS Defraudanten erfolgen.Gegen 12 Uhr erschienen zwei Schöneberger Kriminalbeamte in derWohnung des Wongtichowski, der noch nicht zu Bett gegangen war.Der Aufforderung der Beamten, ihnen zu folgen, leistete W. auchohne weiteres Folge. Auf der Treppe aber jagte er sich eine Kugelin die rechte Schläfe, die ihn schwer verwundete. Der Desraudantwurde als Polizeigefangener nach den, Schöneberger städtischenKrankenhause übergeführt, wo er am gestrigen Mittwochnachmitlagverstarb, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.Nieder-Schönetveide.Ueber Parlamentarismus und Sozialdemokratie referierte inder letzten Mtgliederversammluna des Wahlvereins Gen. I e s e-r i ch- Mariendorf. Nach dem Referat entspann sich eine regeDiskussion, in deren Verlauf auch der badische Disziplinbruchscharf verurteilt wurde. Den Bericht von der Generalversammlungdes Kreises erstattete Genosse Dehnel. Die vom Kreis beschlosseneBeitragserhöhung auf 46 Pf. wurde bekämpft. Sollte der erhöhteBeitrag doch eingeführt werden, so sei es notwendig, daß dieSammellisten wie auch die Bons in Wegfall kommen.Nenenhagen-PetershagenIn einer gut besuchten öffentlichen Versammlung, welche amSonntag.in Petershagen tagte, referierte Genosse Stxöbel über:.Was will das Volk?" In einstündiger Rede zeigte Redner, wasvon dem großen„Wahlsieg" des Jahres 1667 übrig geblieben ist.Der Katzenjammer, der über die Sieger gekommen ist, berechtigtuns zu d?n schönsten Hoffnungen. An den Einnahmen de? Reicheszeigte der Redner, was es mit der Vaterlandsliebe der Schnaps-Hrennex und Jndustriemagnaten auf. sich hat. Im weiteren Ver-iaufe seiner Ausführungen schilderte er die Segnungen unsererKolonialpolitik.— Mit der Aufforderung an die Versammelten.sich den Organisationen anzuschließen, schloß der Redner seine treff-lichen Ausführungen.Kalkberge- Rüdersdorf.AuS Anlaß der von dem Odersteiger und dem Direktor derhiesigen Kalkberge gehaltenen Reden und anderer Begleitumständebei Gelegenheit des am 23. Juli befohlenen Bergfestes hatten unsereGenossen für den 7. August eine Versammlung arrangiert, die sehrstarl besucht war. Die Direktion der Kalkberge befürchtete vielleichteinen gewaltsamen Umsturz. Um das zu verhüten, hatte sie einenganzen Trupp von Beamten zur Versammlung delegiert.Wie aber gleich bemerkt werden mag, beliebten die Herren,dem Vortrage des Genossen Düwell sehr aufmerksam zuzu-hören und sich auch im übrigen trotz wiederholter Aufforderung, ander Debatte teilzunehmen, vollständig passiv zu verhalten. MitHinweis auf die vom Obersteiger in einer Ansprache an die Berg-leute geforderten Tugenden der Dankbarkeit, des Gehorsams, derTreue usw. und im Hinblick darauf, daß die Knappen zu dieser Ver-anstaltung von der Direktion befohlen waren, die Leute zum Appellerscheinen mußten, ihnen für den nächsten Tag auch ein Kirchgangzur Pflicht gemacht worden war und für Nichtbefolguna sogarStrafen verhängt wurden, ohne daß es jemanden einfiele, die Leutefür die ausgewendete Zeit zu bezahlen, charakterisierte derRedner das Arbeitsverhältnis als ein solches, das mit denheutigen Verhältnissen in schreiendem Widerspruch stehe. Weiterwies er nach, daß die Löhne bei verschiedenen Kategorien derArbeiter gesunken seien, die Herren Redner auf dem Fest, die ganzallgemein behauptet hatten, die Löhne seien gestiegen, mithinobjektiv Unwahres behauptet hatten. Wie aus einer uns nach«trüglich zu Gesicht kommenden Nummer der»Niederbarnimer Nach-richten" bekannt wird, haben diese sich im Schweiße ihres Angesichtsgequält, die einwandfreien Feststellungen des Referenten etwas zuverrenken. wodurch sie auch dem Direktor des Werkes Veranlassunggegeben haben, sich ebenfalls in dem Blatte zu äußern, wobei erallerdings so vorsichtig ist, in Frage zu ziehen, ob das'Blatt richtig berichtet habe. Solche Zweifel sind aller«Vings auch vollständig berechtigt. Düwell hatte ganz aus-drücklich betont, daß der Direktor der Kalkberge keingrobschlächtiger Scharfmacher sei, sondern sich mehr als einPatriarch fühle, der väterlich für seine Kinder sorgen wolle,im übrigen aber auch Gehorsam verlange. Auch habe er der Ge-horsamstheorie des Obersteigers durchaus nichl widersprochen undauch geduldet, daß die Leute zu den Festveranstaltungen befohlenund wegen Nichterscheinens bestraft wurden. Jedenfalls zeigen dieAnstrengungen, die nun gemacht werden, um die Bergarbeiter nochweiter am Gängelbande zu führen, daß man von unserer Bersamm-lung eine stark gegenteilige Wirkung befürchtet. Das kann fürunsere Genossen nur eine Weisung sein, in der Agitation nicht zuerlahmen.Weihensee.Zwei Defraudanten wurden vorgestern von der hiesigen Polizeifestgenommen. Auf einem Patrouillengang durch das BötzowerViertel beobachteten Schutzleute zwei elegant gekleidete Herren,dse die Merkmale der steckbrieflich verfolgten Neu-Ruppiner Defrau-bauten besaßen, die vor einiger Zeit bei der dortigen Sparkasse 26 666Mark unterschlagen hatten und geflüchtet waren. Die Schutzleutenahmen daher die jungen Leute fest und brachten sie nach demnächsten Polizeibureau, wo sie ein umfassendes Geständnis ablegten.Bei den Burschen wurden noch etwa 16 666 Mark in barem Geldevorgefunden. Die fehlenden 1666 Mark hatten sie zum Ankaufneuer Kleidungsstücke verwendet.Grüna«.Klagen über die hiesigen Schulverhältnisse werden seit einigerZeit umer den Einwohnern laut. So wird berichtet, daß zuweilender Unterricht erheblich gekürzt an die Kinder erteilt worden sei.Als vor einiger Zeit ein Lehrer zu einer längeren militärischenUebung eingezogen wurde, sei der Unterricht, um einen Ausgleich zuschaffen, wesentlich gekürzt worden. Eine Anzahl Eltern der dieSchule besuchenden Kinder sind mit Recht der Ansicht, daß durcheinen solchen Unterricht die Kinder gegenüber anderen Orten zurück-bleiben müssen. Die Schuld an diesem Zustand wird dem htesigenSchulleiter beigemessen. Seine Aufgabe wäre es, daß unter be-sonderen Umständen der Schulunterricht keine Einbuße erleidet. Daßder Herr sonst sehr auf dem Posten ist, beweist ein anderer Fall.Als der Arbeiterturnverein für die Kinder unter bewährter Leitungbesondere Turnstunden und Ausflüge veranstaltete, verbat er denKindern in allen Klassen, fich hieran zu beteiligen, angeblich aufVeranlassung der vorgesetzten Bcbörden. Dagegen ist den Bewohnernnichts bekannt, daß der Herr Rektor für die zirka 366 Schulkinderschon einmal eine Turnhalle beansprucht hätte. Diesem dringendenBedürfnis soll jedenfalls auch erst wieder durch das fortgesetzteDrängen der hiesigen Arbeiterschaft abgeholfen werden. Ein un-baltbarer Zustand ist es auch, daß eS noch Klassen gibt, in denenbis zu 63 Schulkinder unterrichtet werden. Unter solchen Zuständenist es nicht zu verwundem, wenn der Ort in seiner Entwickelunggehemmt wird.Zehdenick.Familiendrama. Infolge schlimmer Vermögenslage versuchteder Zigarrenfabrikant Alfred Panitsch seine Gattin Hertha geboreneSchulz durch zwei Revolverschüsse zu töten. Die Frau wurde schwerverletzt. Dann tötete er fich selbst durch einen dritten Schuß. Diebeiden zwei und ein Jahr alten Kinder deS Ehepaares wurden vonden Schwiegereltern aufgenommen.Wilhelmsruh.DaS Opfer einer Messerstecherei ist ein Steinträger Otto Moffkeaus der Lessingstr. 2 geworden. Moffke wurde am Sonntag bei einerSchlägerei durch Messerstiche verwundet. Er wurde nach dem Virchow»Krankeuhause gebracht, wo er gestern infolge der schweren Verlegungenstarb. Die Leiche wurde beschlagnahmt. Der Täter ist verHaftel.Potsdam.Ein Betriebsunfall ereignete sich am Sonnabend gegen Abendauf der Baustrecke der städtischen Straßenbahn zu Potsdam. Vordem Hause Alte Luisenstraße 23 war der 18 Jahre alte ArbeiterErich Rettig mit dem Anziehen einer Spannschraube des Leitungs-drahtcs beschäftigt und stand dabei auf einer Leiter. Da es nichtmöglich ist, bei den Arbeiten am Leitungsnetz sich Jsoliermittclzu bedienen, war auch R. ohne jeden Jsotierschutz. Er kam demstromführenden Draht zu nahe und erhielt einen leichten Schlag,der ihn von der Leiter hcrabwarf. Durch den Sturz erlitt R. eineVerstauchung beider Füße und durch die Berührung mit demGleichstrom eine Handverbrennung an der rechten Hand. Er wurdevon einem Arzt sofort untersucht und dann in seine WohnungLennestraße 26 gebracht.Zur Zurückzahlung von fast 20006 Mark Umsatzsteuer an dieGrundbesitzer ist der Kreis Niederbarnim gezwungen. Der Kreissuchte sich vor vier Jahren durch schleunige Einführung einer Umsatz-steuer, noch ehe ein dahingehendes Recht den Keeisverwaltungen zugestanden war. eine nicht unbeträchtliche Einnahme zu sichern. DieGrundstücksspekulanten, welche noch rasch Abschlüsse zu machenstrebten, um der drohenden Umsatzsteuer zu entgehen, mußten dieKreisumsatzsieuer zwar zahlen, bestritten aber deren Rechtsgültigkeit.Das Oberverwaltungsgericht gab ihnen recht, erklärte die einenMonat zu ftüh eingeführte Umsatzsteuer für gesetzwidrig undordnete deren Rückzahlung an die betreffenden Grundbefitzer an.Jngendveranstaltunge«.Lichtenverg-Friedrichsfelde. Der Jugendausschuß für Lichtenberg«Friedrichsfelde hat für das nächste Winterhalbjahr schon jetzt ein außer-ordentlich gehaltreiches Programm ausgestellt. Außer der Einsührungsseier,zu der Max Grunwald das Referat und Herr Ludwig Hart eine Rezitationübernommen hat, schließt sich ein Kursus über NaturcrkennttiiS mit Licht-bildern von Engelbert Gras an. Der Kursus umsaßt vter Vorträge. An-schließend daran ersolgt ein Museumsbesuch. Dann ein Reuter-Abend mttWilliam Burr als Rezitator. Dem schließt fich ein Mufikabend au. derder theoretischen Erläuterung der Mufik, Skulptur, Poesie, Malerei gewidmetist. Vortragender ist Herr Dr. Hugo L-ichtcntritt. Am Klavier Herr LeoKestenberg. Diesem folgt ein einleitender Vortrag sür die Theater.Vorstellung am 12. Februar 1611:„Gespenster". Frau Wallt Zepter alsVortragende. Der erwähnten Theatervorstellung folgt dann eil» vier Vor«ttäge umjaffender Kursus neuere deutsche Geschichte. Hieran schließt fichwieder ein Museumsbesuch und dann als Schlußakt eine Frühlingsseier, beider Paul Göhre als Festredner, Frl. Marianne Geyer als Lautenfchlägerinund Herr Emil Kühne als Rezitalor mitwirken werden.Boxhagen-Riiinmelsburg-Stralau. Die Jugendlichen, deren Elter»sowie die Mitglieder des Jugendheims werden auf die am Sonntag, den4. September, nachmittags 3 Uhr, stattfindende Besichtigung der Späthsche»Baumschule ausmerlsam gemacht. Treffpunkt 1« Uhr im Jugendheim. All-Bo. Hagen 56, vorn I. Abmarsch 2 Uhr. Im«nfchluß an die Besichtigungfinden Waldfpiele statt._ Der Jugendausjchuß.6mcbt9- Zeitung*Schnelle Justiz.Der Briefträger Friedrich Wilhelm Ludwig Bergmann, deram 28. Juli d. Js. auf dem am Schlesischen Bahnhof belegenenPostamt 17 in so kecker Weise zwei Wertsendungen mit 56 666 M.unterschlagen und dann das Weite gesucht hatte, stand bereits heute.noch nicht vier Wochen nach der Tat, vor der 1. Ferienstrafkammerdes Landgerichts I. Die Generalpostkasse hatte zum Zwecke vonGcbaltszablungen dem Postamt 17 am 27. Juli den Betrag von56 666 M. überwiesen, von wo er an das Bahnpostamt 4 weitergehensollte. Das Gehalt traf spät abends beim Postamt 17 ein. mußtewährend der Nacht dort liegenbleiben und wurde in einem ver-siegelten Beutel und einem Räume aufbewahrt, in welchem währendder ganzen Nacht Beamte tätig sind. Am nächsten Morgen erhieltBergmann, der als pflichttreuer Beamter bekannt war, den Auf-trag, den Geldbeutel aus dem Aufbewahrungsort zu holen unänach der Briefausgabe zu bringen. Ihm wurde das Geld auchausgehändigt, obgleich er es nach der bestehenden Borschrift nurhätte erhalten dürfen, wenn er sich in Begleitung eines Post-sekretärS befand. Bergmann benutzte die günstige Gelegenheit undmachte sich mit der Riesensumme aus dem Staube.— Seine Fluchtund Verhaftung sind bekannt.Im heutigen Termin gab der Angeklagte zu, sich deS Amtsverbrechens schuldig gemacht zu haben. Er ist 33 Jahre alt, unver-heiratet und Vater eines unehelichen KindeS. Er hat in den.Jahren 1865 bis 1893 beim Husarenregiment Nr. 17 in Braun-schweig gedient, war danach Landarbeiter. Kutscher und späterPostillon. Vom 16. Juli 1666 bis 2. Dezember 1661 hat er alsFeldpostillon an der ostasiatischen Expedition teilgenommen. Da-nach wurde er Postbote und 1666 zum Briefträger ernannt. Biszum 8. Januar d. IS. ist er in Wilmersdorf beschäftigt gewesenund dann disziplinarisch nach dem Postamt 17 am Schlesischen.Bahnhof versetzt worden, da einige Klagen wegen UnPünktlichkeitlaut geworden waren. Sein Gehalt betrug monatlich 139 M.,davon wurden 16 M. monatliche Abzüge gemacht. Die Schilderung.die der Angeklagte von den Vorgängen bei und nach Ausübungder Straftat gab, stimmten im wesentlichen mit den bisherigenErmittelungen überein. Als er im Auftrage des PostassistentenHolstein am Morgen des 28. Juli die beiden im Packraum währenddeT Nacht aufbewahrten Geldbeutel von dem Postassistenten See,mann erbat, soll dieser gesagt haben:„eigentlich müßten es jazweiBeamte sein, wenn eine so große Summe ausgehändigt werde»soll". Ein anwesender Beamter habe ihn aber beruhigt, indem ersagte:„Das ist ja so schwer, damit wird er wohl nicht ausrücken".Der Angeklagte behauptet, daß erst, nachdem er die beiden Geld-säcke in einen größeren Sack gesteckt hatte und damit zum Post-assistenten Holstein zurückgehen wollte, ihmganz plötzlichder Gedanke gekommen sei, sich die große Summe anzueignen.Unterwegs wollte er umkehren, aber die bessere Regung siegte nichtbei ihm: das Geld lockte ihn zu mächtig. Er beabsichtigte, mittelsdeS Autos, welches er am 36. Juli bestellt hatte, nach Hamburgzu gelangen, dort zu versuchen, sich Legitimationspapiere zu ver-schaffen und über den großen Teich zu gehen. Zur Reise hatte ersich bereits bei Wertheim equipiert und sich daselbst einen Koffer,einen Regenmantel, Wäsche, einen Spazierftock, eine Reisemütze,eine Automobilbrille und Stiefel gekauft. Die Automobilfahrtsollte am nächsten Morgen 7 Uhr beginnen, in der Nacht aber wurdeer verhaftet. Er hatte schon eine Ahnung, daß er emsig verfolgtwürde, denn er hatte schon die Zeitungen gelesen und war des-halb doppelt vorsichtig. Trotzdem ist er in die Falle gegangen.—Auf die Frage des Vorsitzenden, LandgerichtSdirektorS Schmitz, er,klärte der Angeklagte: er wisse selbst nicht, wie er zu der ver-brecherischen Tat gekommen. Er habe keineswegs zu üppig gelebt«die Mädchen, mit denen er Umgang gehabt, hätten ihn zu beson,deren Ausgaben nicht verführt. Er habe eine große Passion fürdas Theater gehabt. Kunststätten besucht, auch selbst Musik undGesang betrieben und sich auch für die Reitkunst interessiert. Dar-auf sei der Spitzname„Rittmeister" zurückzuführen, den man ihmin Wilmersdorf zugelegt hatte. Die Offiziersuniform, die bei ihmvorgefunden wurde, habe nur Theaterzwecken gedient.— DerZeuge. Postassistent Holstein, bestätigte, daß nach einer bestehendenVorschrift des Postamts, wo solche Sendungen mehrfach eingehen,die Abfertigung nur an zwei Beamte erfolgen soll, sobald eS sichum Summen von 56 666 M. auswärt? handelt. Als der Angeklagteam Abend des 27. Juli von dem Zeugen den Auftrag erhielt, dasGeld nach dem Packraum zu bringen, habe er schon allein damitweggehen wollen, der Zeuge gab ihm aber einen zweiten Beamtenmit und bedeutete ihm, daß er auch am nächsten Morgen, wenner da? Geld wieder abholte, sich einen zweiten Begleiter erbittensollte. Er hat da» aber nicht getan und in der geschilderten Weisevom Postassistenten Seemann die Geldbeutel erhalten. Letztererkann von Glück sagen, daß noch eine so große Summe bei demAngeklagten vorgefunden wurde. ES fehlten nur 1176 M., auSden Kleidungsstücken und Goldsachen, die der Angeklagte gekauft.werden noch 376 M. zu erlangen sein, so daß der Beamte nur nochin Höhe von 866 M. haftbar gemacht wird.— Staatsanwalt AssessorDr. Jacobi beantragte mit Rücksicht auf den gröblichen Vertrauens-bruch, den der Angeklagte begangen, ferner darauf, daß er nicht ausNot gehandelt, sondern nur seinen Passionen nachleben wollte�andererseits aber, mit Rücksicht darauf, daß der Schaden, den erangerichtet, nicht so sehr bedeutend ist,2 Jahre Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust.Der Gerichtshof erkante nach diesem Antrage.AuS dem Zuchthaus— inS ZuchthauSlWie schwer es einem entlassenen Zuchthäusler wird, in ge-ordnete Arbeitsverhältnisse zu gelangen, suchte gestern der ArbeiterRichard Gruschke in längerer Rede der 1. Ferienstrafkammer deSLandgerichts I darzulegen und dadurch das Mitleid deS Gericht»zu erregen. Der Angeklagte ist ein alter Schlafstellendieb, der einauffallend langes Strafregister, auf welchem auch mehrere Zucht,hasstrafen verzeichnet sind, aufzuweisen hat. Nachdem er die letzteZuchthausstrafe außerhalb verbüßt hatte, begab er sich nach Berlinund befand sich bald wieder hinter Schloß und Riegel, da in ganzkurzer Zeit sechs Fälle des Betruges, Diebstahls und der Urkunden.fälschung gegen ihn zur Anzeige gebracht wurden.— Unter derAngabe, daß er Postbeamter. Eisenbahnassistent oder dergleichensei. mietete er fich.in verschiedeve« Gegenden möblierte Zimmer�