Das Aentralkomliee hat Maxwell- Glasgow zum Präsidenten wiedergewählt. Maxwell schloß den Kongreß, der von der schwedi- schen, englischen und rumänischen Regierung offiziell beschickt war. mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die Genossenschaften. JüternatlMaler Sslzarbtittr- Kongreß. Kopenhagen , 6. September. Den Vorsitz führen Gran- Dänemark und L e i p a r t- Deutsch- land. Leipart teilt nnt, daß er nicht nur die Holzarbeiterorgani- sationen eingeladen habe, die der internationalen Union angeschlossen sind, sondern auch solche, die ihren Anschluß noch nicht bewirkt haben. Von diesen ist allerdings mir eine Organisation aus Bul - garien erschienen. Auf eine Anfrage von Richter- Wien, ob diese Einladung direkt oder nur durch das Bulletin der internationalen Union er- folgt sei, da er dagegen protestieren miißre, wenn etwa auch Ver- treter der tschechischen Separatisten hier erscheinen würden, antwortet Leipart, daß die Einladung nur durch das Bulletin ergangen sei. Eine Ausnahme habe er nur bei den kleinen Organisationen in Kopenhagen gemacht, die er auch direkt geladen habe. Dann erstattet er als Sekretär der Holzarbeitenmion Bericht. Seit dem Kongreß in Stuttgart 1007 haben 12 nckie Verbände ihre» Beitritt zur internationalen Union erklärt, der zurzeit 37 Ver- bände angehören, die sich auf 20 Nationen verteilen. Mit der Organi- sation der Holzarbeiter in Russisch-Polen hat der Sekretär in der Berichtszeit in Verbindung gestanden, der Anschluß der dortigen Organi- sation an die Union mußte jedoch der russischen Gesetze wegen unterbleiben: auch die Korrespondenz ist in der letzten Zeit ein- geschlafen. Die Versuche, eine dauernde Verbindung mit den Holz- arbeitergewcrkschaften in Amerika anzuknüpfen, haben noch zu keinem Eriolge geführt. Von den zahlreichen Organisationen der Holz« arbeiter in Groß-Britannien gehört nur der Möbelarbeiterverband der Union an, da die anderen Verbände sich zum Beitritt nicht haben entschließen können. Als einen Erfolg der Union bezeichnet eS der Bericht, daß es heute selten oder gar nicht mehr vorkommt, daß von örtlichen Streikleitungen Sammellisten bei Streiks direkt in das Ausland geschickt würden. Solche Aktionen würden jetzt nur durch den Vorstand des ZentralverbandeS vermittelt. Die Mitwirkung des internationalen Sekretärs ist wiederholt von den Zentralorganisationen in Anspruch genommen worden, besonders um den Berufskollegen in anderen Ländern von bestehenden Streiks Kenntnis zu geben, und den Zuzug fernzuhalten. In mehreren Fällen hat der Sekretär Ausrufe zur materiellen Unterstützung Streikender erlassen und zwar sind in der Berichts- Periode sür Belgien 253g M., für Frankreich 3435 M. und fiir Holland 1000 M. gesammelt worden. Sehr wertvoll ist das Bulletin der internationalen Union, das als wichtigstes Binde- glied zwischen den Organisationen gelten kann. Es erscheint ,n unregelmäßigen Zwischenräumen in vier Sprachen, deutsch , französisch, englisch und schwedisch und bringt Berichte über wichtige Vorgänge in den verschiedenen Ländern. Im letzten Jahre ist eine größere Abhandlung über die.Deutsche Taktik' darin erschienen, die die Methoden auseinandersetzt, wonach der Deutsche Holzarbeiterverband arbeitet. Diese Artikelserie hat viele Beachtung gesunden, und cS besteht die Absicht, die Einrichtungen der Organisationen in den anderen Ländern in ähnlicher Weise zu schildenr. Der italienische Zentralverband der Holzarbeiter hat infolge syndi- kalistischer Umtriebe aufgehört zu existieren. Auch in Oesterreich hat der Verband unter der Agitation der tschechischen Separatisten gelitten. Der in Stuttgart beschlossenen Erhöhung des Beitrages zur internationalen Union haben�alle Organisationen zugestimmt. Ebenso ist gegen die beschlossene Statutenänderung, die den Ueber- tritt der Mitglieder in andere angeschlossene Verbände betrifft, kein Einspruch erhoben worden. Es wird aber zu prüfen sein, ob und in welcher Weise diese Beschlüsse durchgeführt sind. Der Kassenbericht der internationalen Union wird von König- Berlin vorgelegt. Die Einnahmen betrugen in den letzten drei Jahren 13 733 M., die Ausgaben 15 371 M. In der Diskussion findet es D U p o n t« Deutschland , Bildhauer, auffällig und bedauerlich, daß der österreichische Bildhauerverband, der seinen Beitritt zur interiiationalen Union in Aussicht gestellt hat, diesen Beitritt noch nicht vollzogen habe. Redner ist ein Freund des Zusammenschlusses zu Jildnstricverbänden, von denen man leider in Dänemark mit seinen viele» selbständigen kleinen Branchen- organisalioneil noch weit entfernt sei. Weltner- Ungarn verspricht, künftig für bessere Bericht- erstatinng ans seinein Lande zu sorgen. G e s s i p- England erwidert auf eine Anfrage DupontS, daß die englischen Bildhauer dem von ihm vertretenen Möbelarbeiterverband angehören, dessen beste Mitglieder sie seien. Odenthal - Dänemark sBildhaner) ist gleich Dupont ein Freund deS Jnduslrieverbairdes; doch hätten sich der Verschmelzung deS Dänischen BildhaucrverbandeS mit dem Holzarbeilerverband bisher noch zu große Schwierigkeiten entgegengestellt. Groß- Wien berichtet über die separatistischen Bestrebungen der Tschechen , die sich abgesondert haben, obwohl der Oesterrcichische Holzarbeiterderband ihre sprachlichen Bedürfilisse in weitem Maße berücksichtigt hat. � Die Spaltung der Organisation ist um so uu- Verantwortlicher, als sich die Unternehmer in Oesterreich stramm zentral organisieren. Redner legt dem Kongreß eine Resolution vor, die die Absplitterung verurteilt. Der neue tschechische Holzarbeiter- verband hat Bücher eingeführt, die denen deS österreichischen Holz- arbeiterverbandeö gleichen. Daraus möge beim Auszahlen der Reise- Unterstützung geachtet werden: denn diese Mitgliedsbücher haben nur den Zweck, die ausländischen Organisationen zu täuschen. Petersen sDänischer Tischlerverband): In Dänemarl besteht die Absicht, die kleinen Branchenorganisationen zu einem Industrie- verband zusammenzuschließen. Der Anfang ist mit den Kopenhagener Bautischlern gemacht, die sich dem Holzarbeiterverband wieder an- ' geschlossen haben, nachdem sie einige Jahre außerhalb der Organi- sation gestanden haben. Die Arbeitszeit der Holzarbeiter in Däne- mark betrage noch zehn Stunden, nur in Kopenhagen sei sie auf neun Stunden verkürzt. Die dänischen Tischler sind keine Gegner der Akkordarbeit; sie haben auch schon verschiedene Tarife eingeführt, aber der Zeitlohn ist niedrig, es werden oft nur 40 bis 45 Oere pro Stunde gezahlt. R a i t h- München(Holzarveiterverband): Die Verhältnisse in Italien sind unhaltbar. Wir haben ein große? Interesse an einer guten Organisation in Italien , da die Unternehmer von dorther mit Vorliebe Streikbrecher beziehen. Der internationale Sekretär� sollte mit der Zentralstelle der italienischen Gewerkschaften in Verbindung treten, um geeignete Wege zu suchen, der italienischen Holzarbeiter- organisation wieder aufzuhelfen. Für diesen Zweck muß die inter - naiionale Union , wenn nötig, Mittel bereitstellen. Kratkch(Oesterrcichischer Holzarbeiterverbands-Prag. Redner, der selbst Tscheche ist. berichtet, daß sich der böhmische Holzarbeiterverband, der seit dem Jahre 1832 besteht, sofort dem österreichischen Verbände angeschlossen habe, als dieser 1305 gearündet wurde. Damals trat auch die tschechische fozialdemokrattsche Parteileitung für die Zentralisation ein. Jetzt wird uns das Gegenteil geschrieben. Wir können da« nicht verhindern. Trotz des Beschlusses des Inter - nationalen Sozialistenkongresses wird, wie aus Prager Berichten hervorgeht, die OrganiiationSzersplitternng dort weiter gefördert. Ob die Holzarbeiter Böhmens diesen separatistischen Bestrebungen auf die Dauer widerstehen können, erscheint zweifelhaft. Der Kampf für die Scparierung der Tschechen wird jetzt so intensiv geführt, daß die Agitation für die Gewinnung neuer Mitglieder dagegen ganz in den Hintergrund tritt. S p l i e t h- Berlin(Tapeziercrverband): Wir � brauchen der tschechischen Frage hier keine größere Bedeutung beizumessen. Die Separatisten gehören nicht mehr zu uns. Die Erfahrung, daß es nicht leicht ist, von den amerikanischen Gewerkschaften eine Antwort zu erhalten, hat auch unser internationaler Sekretär gemacht. Aber 'die Versuche, mit drüben eine Verbindung anzuknüpfen, sollten nicht aufgegeben werden. In seinem Schlußwort stimmt Leipart der Anregung zu, die Auflage des„Bulletins" so zu erhöhen, daß nicht nur die Zentral- vorstände, sondern auch alle örtlichen Zahlstellen das Blatt in einem Exemplar erhalten. Mit der italienischen Gewerkschaftszentrale will sich der Sekrelär in Verbindung setzen und auch den Versuch nicht aufgeben, die Amerikaner zu gewinnen. Ein Fehler sei es, daß die deulschen Zimmerer der Holzarbeitminion nicht angehören, denn das erschwere den Beitritt der amerikanischen Organisation der Zimmerer und Bautischler. Dem Sekretär und dem Kassierer werden Decharge erteilt und ihre Entschädigung auf 400 und 100 M. jährlich bemessen. Eine skandinavische Sprache soll ständig als Kongreßsprache zugelassen werden. Das Bulletin soll jede Zahlstelle erhalten. Die Resolution der Oesterreicher wird in folgender Fassung angenommen: „Der Internationale Kongreß der Holzarbeiter nimmt mit Bedauern Kenntnis von der Spaltung der einheitlichen gcwerk- schaftlichen Organisation der Holzarbeiter in Oesterreich . Diese Spaltung ist um so bedauerlicher, als sie nicht aus gewerk- schaftlichen oder taktischen Gründen erfolgt ist. Eni- sprechend dem Beschluß des internationale» Sozialisten- und Arbeiterkongresses erklärt der internationale Kongreß der Holzarbeiter, auf der einheitlichen gewerkichaftlichen Organisation der Holzarbeiter zu beharren. Der Kongreß macht es dem internationalen Sekretär zur Pflicht, überall dort, wo noch eine Zersplitterung der gewerkschaftlichen Kräfte be- .steht, mit allen Mitteln für eilten Zusammenschluß zu wirken, Organisationen, die sich von bestehenden Zentralverbände» lostrennen, um diese zu schädigen, nicht anzuerkennen und in die inter - nationale Union der Holzarbeiter nicht aufzunehmen." Nach dem Bericht der MandatsprüfungSkommissioit sind auf dem Kongreß 11 Länder mit 24 Organisationen durch 48 Delegierte ver- treten. Darunter sind 2 Organisationen, nämlich die Holzarbeiter aus Bulgatteit(die weitherzige Nichtuntz) und der Verband der finnischen Sägewerksarbeiter der Union nicht angeschlossen. S a ka s o ff- Bulgarien (von der engherzigen Richtung) bean- tragt, das andere bulgarische Mandat für ungültig zu erklären, den Delegierten aber als Gast zuzulassen. Karoloff- Bulgarien weist darauf hin, daß seine Organi- sation die ältere und stärkere sei, während die andere Richtung über ihre Tätigkeit unrichtige Berichte an die internationale Union geliefert habe. Sämtliche Mandate lverden schließlich für gültig erklärt. 2. Internatjouale Konfertn; der Arbeiter in öffentlichen Ketrieben. Kopenhagen , den 6. September 1310. In der Sitzung vom Montag wurde zunächst der Bericht vom Internationalen Sekretariat entgegengenommen, den M o h s er- stattete. In der Diskussion war man sich darüber einig, daß zur besseren Ausgestaltung der internationalen Beziehungen eingehende Pflege der Statistik über die bestehenden Lohn- und Arbeitsverhält- nisse in den einzelnen Ländern, sowie eine bessere finanzielle Fun- diertmg des Internationalen Sekretariats notwendig seien. Zur AuSgestaltlmg des Internationalen Sekretariats im speziellen legte dann M o h s folgende Anträge des Internationalen Sekretariats vor, die auch die Billigung des deutschen Staat- und Gemeinde- arbeiterverbandes gefunden haben. I. Anschlußberechtigt an daS Internationale Sekratariat sind alle Organisationen der Arbeiter öffentlicher Betriebe, die eine Verbesserung der Lage ihrer Mitglieder durch Anwendung der Kampfesmittel der modernen Arbeiterbewegung erstreben. II. In anbetracht des derzeitigen Standes unserer internationalen Verbindungen sieht die zweite Konserenz der Arbeiter öffentlicher Betriebe von einer bestimmten Regelung des Unterstützungswesens bei Lohnkämpfen ab, empfiehlt aber den einzelnen Arbeiterorganisationen mehr wie bisher in der finanziellen Unterstützung größerer Kämpfe zu tun und die Gelder durch das Internationale Selrctariat gehen zu lassen, damit eine Uebersicht der vollzogenen Leistungen ermöglicht wird.— Bei Streiks und Aussperrmigen im eigenen Lande verpflichten sich die angeschlossenen Verbände, dem Internationalen Sekretariat sofort Mitteilung von diesen Konflikten zu machen sowie nähere Details anzugeben über die Ursachen derselben und den sonstigen Stand der Dinge, insbesondere über Ausdehnung des Kampfes und Ein- stellung von Arbeitswilligen. III. Die Mitteilungen deS Internationalen Sekretariats erscheinen nach Bedarf. Alljährlich ist ein gedruckter Geschäftsbericht herauszugeben. IV. Die Konfercnzdelegation bleibt den einzelnen Organi- sationen überlassen. Bei der Abstimmung über Anträge ist jedoch die wirkliche Mitgliederzahl maßgebend. Hierbei wird nach dem Grundsatze verfahren, daß jeder Organisaton mit einem Mitglieder- bestand bis zu 2000 eine Stimme eingeräumt wird. Von 2000 bis 5000 Mitgliedern wird eine weitere Stimme und für jede ferneren 5000 Mitglieder noch je eine Zusatzstimme eingeräumt. Für die Berechnung der Mitgliederzahl werden die gezahlten Bei- träge— 13 Wochen oder 3 Monate pro Quartal— zu Grunde gelegt. V. Zur Bestreitung der Unkosten deS Internationalen Sekretariats sind pro Mitglied und Jahr 3 Pf. vorschußweise an das Sekretariat zu bezahlen. Der hierdurch entstehende Fonds dient dem Sekretariat zur Deckung der Unkosten. Im übrigen werden die Kosten des Sekretariats durch Umlageverfahrcn ge« deckt." Die Debatte über diese Vorschläge wurde am Montag noch nicht beendet. Sie ging bor allem um die Frage der Aiischlußberechtigung. Schließlich wurde zu dem oben mitgeteilten Antrag des Inter - nationalen Sekretariats folgender �nsatzanirag Johannsen- Kopenhagen(vom Allgemeinen Arbettsmannsverband) einstimmig angenommen: „Abteilungen, die jetzt einer anerkannten Landesorganisation innerhalb der bestehenden Arbeiterpartei angehören, und die Landcsorganisation in rechtmäßiger oder unrecktmäßiger Weise verlassen, können nicht in daS Sekretariat aufgenommen werden, ohne daß die Landesorganisation, aus der die Abteilung aus- geschieden ist, ihre schriftliche Zustimmung dazu gegeben hat." Zu dem zweiten Antrag deS So>kretariatS wurde ein Antrag M a r o k e- Frankfurt a. M. angenommen, der die angeschlossenen Verbände verpflichlet. auch über den Ausgang von Lohnbewegungen und über die errungenen Verbesserungen dem Sekretariat Mitteilung zu machen.— Von der Herausgabe eines gedruckten Geschäftsberichts wurde Abstand genommen, die Mitteilungen des Sekretariats sollen wie bisher nach' Bedarf erscheinen und nur alle drei Jahre ein ge- druckt« Bericht. Zur Bestreitung der Unkosten des gitternationalen Sekretariats wurde die Erhebung von 3 Vf. pro Mitglied und Jahr beschloffen. Der Antrag des Sekretariats, baß darüber hinaus- gehende Kosten durch Umlageverfahren gedeckt werden sollen, wurde abgelehnt. Ei» ausführlich« Antrag Lyngsies- Kopenhagen, der im Anschluß an die Beschlüsse des Internationalen Kongresses der Transportarbeiter spezielle Borschläge für ein Statut des Inter - nationalen Sekretariats bringt, wurde dem Sekretariat als Material überwiesen, um von diesem gemeinsam mit den von der Konferenz selbst gefaßten Beschlüssen zu einem Statut verarbeitet zu werden, das dann den angeschlossenen Verbänden vorgelegt werden soll. F«it« faßt? die Künfcrenz zur Frage des KoalitionS- und Streikrechts eine Resolution, in der ganz energisch gegen alle Maß- nahmen protestiert wird, die für die Arbeit« öffentlicher Betriebe eine Schmälcrung ihres KoalitionS- und StreikreckUS bedeuten. Der letzte Punkt der Tagesordnung:„Unsere Forderungen an die Verwaltungen öffentlicher Betriebe auf Verbesserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse" wurde der nächsten Konferenz zur Er- lediguiig überwiesen. Es sollen zunächst durch stattsttsche Umlagen die'Verhältnisse in den einzelnen Ländern klargestellt werden. Der Sitz deS Internationalen Sekretariats bleibt in Berlin , die nächste Konferenz findet wieder im Anschluß an den Internationalen Sozialistenkongreß 1313 in Wien statt. Internationale Konferenz für Sozial- Versicherung. Haag, 7. September. Te l eg r aph i s ch e r Bericht. Zweiter Berhandtungstag. Im Mittelpunkt der Diskussion stand auch in ihrem weiteren Verlauf die Frage der freien Arztwahl. Dr. Marcchlcr-Prag erklärt sich in Ergänzung zum Bericht Schnitzler gegen die freie Arztwahl. Die Aerzte werden selbst erkennen, daß die freie Arztwahl ihnen nicht die gewünschten materiellen Verbesserungen bringe. Wenn den Kassenvorständen die Verantwortung überlassen wird, werden die schon selbst das beste Arztsystem heraussuchen.(Lebhafter Beifall.) Dr. Pcyscr-Berlin steht auf dem Standpunkt der Herren Mugdan und Lcnnhoff. Ebenso Dr. Nied. Hardogh(Holland ). Dr. Guggenheim«, Direktor der Maschinenfabrik Augsburg: In der Aerztcfrage gehen die deutschen Arbeitgeber Hand in Hand mit den deutschen Arbeitnehmern. Für die Mehrzahl der deutschen Arbeitgebcrschaft kann ich diese Erklärung hier abgeben. Es ist kein Zweifel, daß den Krankenkassen durch die freie Arztwahl das Sclbstverwaltungsrecht entrissen wird.(Widerspruch und Beifall.) Man muß die prakttschen Verhältnisse beachten. In Deutschland sind die schlimmsten Wirkungen eingetreten.(Oho!) Es wird ein Simulantcntum großgezogen.(Lärmender-Widerspruch seitens der anwesenden deutschen Aerzte.) Ter Redner bittet, ihn nicht fortwährend zu unterbrechen, sondern ihm mit sachlichen Gründen entgegenzutreten. Wenn Sie uns die freie Arztwahl bringen. müssen die Krankenkassen die Familienfürsorge aufgeben.(Wider- spruch.) Auch für die Rekonvaleszentenfürsorge wird nichts mehr übrig bleiben. Wir wünschen und verlangen nichts anderes, als daß das große Werk der Sozialversicherung geschaffen wird sür alle und nicht zugunsten einer kleinen Minderheit der Aerzte. Des- halb stehen die deutschen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in diesem Punkte, in dem erfreulicherweise zwischen ihnen keine Differenzen bestehen, geschlossen und werden sich mit aller Kraft gegen die Aerzte wehren.(Stürmischer Beifall und heftiger Widerspruch.) Dr. Gumpcrh-Berlin bezeichnet die freie Arztwahl als ein Schlagwort, aus dem sich die schlimmsten Folgen namentlich aus dem Lande ergeben werden. Auch die Arztwürde könne nicht gut für die freie Arztwahl ins Feld geführt werden. Der Leipziger Verband sei bestrebt, die Sozialversicherung in Deutschland zu hintertreiben.(Oho! Große Unruhe; Beifall und Unterbrechungen; großer Lärm.) Dr. Richard Freund-Berlin: Am Vormittag ist ein Wort über die deutsche Aerzteschaft gefallen, das nicht unwidersprochen bleiben darf. Der Vorwurf, daß die deutsche Aerzteschaft gegen die llieichsversicherungsordnung arbeite und deren Weiterentwickclung zu vereiteln suche, ist durchaus ungerecht und falsch.(Sehr richtig! und Beifall.) Die deutschen Aerzte haben eine große Opferfreudig- keit an den Tag gelegt und in ernster Weise an der Durchführung der Arbeitecversicherung mitgearbeitet.(Beifall.) In der Sache selbst sei er ein Gegner der freien Arztwahl und ein Gegner des Leipziger Verbandes.(Hört! hört!) Rechtsanwalt Mayer-Frankenthal i. Pf.: Man dürfe dann aber auch nicht den scharfen Angriff übersehen, den ein über» eifriges Mitglied des Leipziger Verbandes heute vormittag gegen die Krankenkassen geschleudert hat.(Sebr richtig!) Wenn man zur Ruhe mahnt, sollte man diese Aufforderung auch zur anderen, Seite richten.(Beifall und Unruhe.) Er müsse im Sinne der Arbeitgeber hervorheben, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welcher Kassenform sie auch angehören, Schulter an Schulter gegen die Auffassung der Aerzte stehen.(Zwischenrufe und Unruhe bei den Aerzten.) Die Worte, die heute Fabrikdirektor Guggenheimer als Vertreter der Pflichtkrankenkasse an die Konferenz gerichtet hat, dürsten vielleicht eine Aenderung geben, daß die einzelnen Verbände einander' nähertreten, um eine kraftvolle Macht gegenüber den Uebergriffen und den maßlosen Forderungen der Aerzte zu bilden. (Hört! hört! Beifall und Unterbrechungen.) Wenn die deutsche Gesetzgebung jemals zu einer Fixierung der freien Arztwahl kommen sollte, dann müsse auch der Kurierzwang die notwendige Folge sein.(Lebhafter Beifall und heftiger Widerspruch.) Sonst erhalten die Aerzte eine unerträgliche Monopolmacht.(Lebhafter Beifall und Widerspruch.) Mit der Fixierung der freien Arzt- Wahl ohne Kuricrzwang Ivürden die Krankenkassen und die Sozial- Versicherung tot sein.(Widerspruch und Beifall.) Er wünsche den anderen Nationen, daß ihnen derartige Gewitterstürme, die in Deutschland bisher zwischen Aerzteschaft und Krankenkassen ge- herrscht haben, erspart bleiben.(Lebhafter Beifall.) Reichsratsabgeordneter Eldersch- Wien: Was die Aerzte- Vereinigung Oesterreichs fordert, ist den Krankenkassen unerschwing- lich. Wenn dem gesetzlich Rechnung getragen werden sollte, so be- deute das den Bankrott der Sozialversicherung in Oesterreich . (Stürmischer Beifall und Widerspruch.) Die Aerzte müssen doch Rücksicht nehmen auf die Leistungsfähigkeit der Versicherten.(Leb- hafter Beifall.) Dr. Zacher-Berlin , Direktor des Kaiserlichen statistischen Amtes, spricht sich gegen die freie Arztwahl aus, von der er eine finanzielle Ueberlastung der Versicherungsträger befürchtet. Professor Dr. ManeS-Berlin: Es ist ein fundamentaler Irr- tum, die deutsche Versicherung in den Krankenkassen als ideal hin» zustellen. Unzufriedenheit herrscht auch in der Unfallv«sich«rung. Scheinbar ist also das System falsch. Dagegen erscheint mir daS norwegische System, die Vereinigung von Arbeitnehmer, Arbeit- geber, Staat und Reich als das beste. Da können diese rein Wirt- schaftlichen Machtkämpfe nicht vorkommen. Der Redner wendet sich dann dagegen, daß die Professoren der medizinischen Fakultäten an den Universitäten zur Reichsversicherungsordnung Stellung ge- nommcn haben und bezeichnet dtes als einen Mißgriff. Die Wissenschaft solle bei der Wissenschaft bleiben und sich nicht in wirtschaftliche Fragen einmischen.(Beifall und Widerspruch Un- ruhen.) Wie würde«S den Aerzten gefallen, wenn die Professoren der anderen Fakultäten auch so anmaßend wären, ebenfalls dazu Stellung zu nehmen. Wir wissen nicht, ob den Aerzten das gefallen würde, ob das. in dem Sinn der Aerzte ausfallen würde.(Zuruf: Dann werden wir uns zu trösten wissen! Beifall.) Pollender-Leipzig , Vertreter des Leipziger Ortskrankenkasscn- Verbandes, lehnt die gesetzliche Festlegung der freien Arztwahl ab, ist aber für eine vertragliche Organisierung der freien Arztwahl. (Hört, hört!) Jedoch müssen die A«zte die freie Arztwahl durch die Krankenkassen erträglich zu machen suchen und eine Aus- beutung unterbinden. Den Aerztcstandpunkt vertraten noch Dr. Munter, Professor Dr. Lennhoff und MiindanÄerlin, Dr. Eckstcin-München und Dr. Pick-Aussig , den gegenteiligen Standpunkt Redakteur Brot-Wien. Dr. Bosch-Bochum : Aus den Vorgängen in Deutschland können die Aerzte der anderen Länder lernen, wie es gemacht werden oder wie cS nicht gemacht werden muß. Der Leipziger Verband wolle nur seine Mitglieder zur freien Arztwahl zulassen.(Widerspruch.) Die Krankenkassen werden dadurch auf Gnade und Ungnade der Aerzteschaft überliefert.(Unterbrechungen.) Vergewaltigung der Kassen und Koalitionszwang sind die Endziele des Leipziger Ver- bandes.(Ohok Unruhe und Beifall.) Selbstverständlich müssen auch die Aerzte einen Schutz gegen die Willkür der Kassen Häven. (Aha! Unrube.) Dieser läßt sich aber durch Schiedsgerichte auf dem Boden der beschränkten Arzttvahl durchführen. Geheimrat Dr. Zachcr-Berlin , Direktor der Abteilung für Arbeiterstatistik im Kaiserlichen statistischen Amt: Die Sozialver- sicherung hat daS Arbeitsgebiet der Aerzte nicht verengt, sondern
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