8r.23i wito 2. Ktilllgt iles Jonirtf Kerlilltt UllldsdlM.»!N"» 2IS..,-.WIMParteitag der deutschen Sozial-demokratie zu liiagdeburg.(Schluß aus der 1. Beilage.)Nachmittagssitzung.Den Vorsitz führt Dieb.DieDebatte über die Budgetfragetvird eröffnet. Eingegangen sind die Anträge 83 und 94*) undfolgende Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion deswurttembergischen Landtages, die von der 16 Mit-glieder zählenden Fraktion mit allen gegen eine Stimme be-schloffen ist:„Die sozialdemokratische Fraktion des württembergischenLandtages ist der Ueberzeugung, daß im Interesse wirksamerGeltendmachung ihres Einflusses in den Fragen der Landes-Politik ihr die Entschlußfreiheit in Sachen der Budgetablehnungoder-Annahme gewahrt sein muß und richtet daher an denParteitag die dringende Bitte, eine Abänderung des Beschlussesdes Nürnberger Parteitages in der Richtung vorzunehmen, daßeine aus zwingenden Gründen notwendige Zustimmung zu einemBudget den Landtagsfraktionen erleichtert wird."Kabrnstein-Stralsund: Die badischen Genossen haben ihreHaltung mit besonderen Gründen der politischen Lage erklärt, aberdiese besonderen Gründe haben früher nicht vorgelegenund sie haben trotzdem für das Budget gestimmt, und zwar zueiner Zeit, in der sie in der schärfsten Opposition zur Regierunggestanden haben. Es kann also nicht stimmen, daß es bloß dieheutige politische Konstellation war, sondern es ist die gesamteStellung, die unsere Genossen dort und unter ähnlichen Verhält-nissen den Regierungen gegenüber einnehmen, und ich glaube, daßdiese Haltung sich ganz wohl erklärt aus gewissen Verhältnissen,die Sie ja alle kennen, aus der nicht ganz so scharfen Zu-spitzung der sozialen und politischen Gegensätze, und weiterdaraus, daß unsere Genossen, zumal in Deutschland, politisch über-aus anspruchslos sind. Die deutschen Arbeiter sind nur zu sehr ge-neigt, entgegenzukommen, wenn etwas mildere Saitenausgezogen werden. Man müßte solche Dinge ja eigentlich ver-Ichleiern, aber die preußische Regierung hat ja glücklicherweise nichtjso viel Intelligenz, um die Taktik ihrer süddeutschen Kollegen nach-guahmen.(Heiterkeit.) Eine freundliche Behandlung von oben,sofern sie nicht erkämpft ist, liegt gar nicht im Interesse der Partei.(Sehr richtig!) ES ist wünschenswert, daß die unüberbrückbarenIGegensätze zwischen der Sozialdemokratie und ihren Gegnern denMassen jederzeit im Bewußtsein bleiben. Ich halte es für wün-sehenswert, daß der Bogen recht straff gespannt wird, um so schärferfliegt der Pfeil aus der Sehne.(Sehr richtig!) Die bevorstehendenschweren Kämpfe erfordern äußerste Kraftanstrengung. Wie deriGroßherzog von Baden, der persönlich ja als nicht unsympathischbezeichnet wird, der Freund, Vetter und Bruder seines Kollegenvon Preußen ist, so ist die badische Regierung nichts anderes, a l Sein detachiertes Fort der norddeutschen Befesti-g u n g. In Fragen der Reichspolitik hat die badische Regierungebenfalls keine Sonderstellung eingenommen. Sie hat die früherenAusnahmegesetze und die neueren Finanzmatzregeln gebilligt.Alles hat sie mitgemacht, und sie verdient, wie jede andere deutscheRegierung, die allerschärf st e sozialdemokratischeOpposition. Eine Gleichberechtigung der Sozialdemokratie be-steht auch in Baden nicht. Selbst wenn wir eine wirkliche Demo-kratie hätten, müßten wir das Budget verweigern. Höchstens, wenndie Regierung gewählt wäre, könnte man anderer Meinung sein.n Baden haben wir genau dasselbe aristokratisch-bureaukratischehstem wie in anderen Staaten. Selbst ernsthafte bürgerliche Par-iteien müßten demgegenüber zu den allerschärfsten OppositionS-Mitteln greifen. Solange unsere Partei eine Minderheit ist, ist dieBudgetablehnung eine Demonstration, oder, wenn man will, einBekenntnis. Beim Zusammengehen mit den bürgerlichenParteien mutz man um so mehr Gewicht auf die klare Heraus-arbeitung des grundsätzlichen Gegensatzes legen. Vor allem kommtdie Rücksicht auf die Genossen der eigenen Partei.(Sehr richtig!)Die badischen Genossen aber haben einen Keil in die Partei ge-jtrieben.Unsere Kraft liegt nicht in momentanen Erfolgen,fondern darin, was Sie Masse aus der Partei macht. Die Folgeder Fortsetzung der badischen Taktik würde die Verwischung desUnterschiedes zwischen diesen Genossen und dem linken Flügel desBürgertums sein, und die weitere Folge wäre dann die Entstehungeiner starken, antiparlamentarischen anarchistischen Partei nebender unseren.(Bravo!)Hildenbrond- Stuttgart: Mr stehen vor einer folgenschwerenEntscheidung. Schon 1884 auf dem Frankfurter Parteitag erhobGenosse v. V o l I m a r seine warnende Stimme und warnte vorcineni haltlosen Beschluß, der nur die Quelle fortwirkender Zwie-tracht werden würde. Ich wiederhole heute aus meiner persönlichen Erfahrung heraus diese Warnung. Auch wenn Sie heutedie Resolution des Parteivorstandes mit großer Mehrheit an-iiiehmen, ist die Frage der Budgetabstimmung für den deutschenParteitag keineswegs erledigt.(Hört! hört!) Die Ver-hältnisie einzelner Staaten im Reiche halten es auf die Dauergar nicht mehr auS, einen derartigen ablehnenden Standpunktausnahmslos einzunehmen. Keine zweite sozialdemokratischePartei außer der deutschen hat daS Verhalten ihrer parlamentarischen Vertreter zum Budget grundsätzlich festgelegt. Alle Par-teien mit Ausnahme der deutschen haben bis heute diese Fragenach den jeweiligen Verhältnissen entschieden und haben wegendieser Angelegenheit unter sich keinerlei Streitigkeiten gehabt. Zudiesem Standpunkte wird, glaube ich, die Praxis auch die«deutschen»Äenoksen"bekehren. Auch Bebel hat inLübeck erklärt daß, wenn die Sozialdemokratie in eine Mchrheits-ftellung einrückt, unmöglich der grundsätzliche Ablehnungsstandpunktaufrecht erhalten werden kann. ES müsse dann selbstverständlichdas Budget airgenommen werden, obgleich damit keineswegs derCharakter deS Klassenstaates beseitigt ist. Ich bcdaure eS, daß derPartcivorstand und die Mehrheit der norddeutschen Parteigenossensich sogar keine Gedanken darüber machen, wie die süddeutschenparlamentarischen Genossen trotz aller linterschiede des Tempera-incnts, der Anschauung mit ganz wenigen Ausnahmen auf demStandpunkt stehen, daß die grundsätzliche Stellungnahme in dieserFrage auf die Dauer nicht aufrecht erhalten werden kann. Selbstwenn der Parteitag die Verschärfung der Resolution annehmen*)g3. Zubeil und Genossen. Zusatz zu Resolution 98(einzufügen am Schlüsse des zweitletzten Absatzes hinter„aller-schärfste Mißbilligung auS"):�„und erklärt, daß diejenigen Partei-genossen, die dieser Resolution zuwiderhandeln, sich damit ohneweiteres außerhalb der Partei stellen".94. Müller-Münchcn und Genossen.„Um dieMiederholung der die Parteibewegung hemmenden Konfliktezwischen einzelnen Landtagsfraktionen und der Gesamtpartei zuverhindern, beschließt der Parteitag, eine Kommission zumStudium der budgetrechtlichen Verhältnisse deS Reichs und derBundesstaaten einzusetzen.Dieser Kommission sollen, außer einem Delegierten desParteivorstandes, Vertreter der Parteiorganisationen aller Bundes-ftaaten angehören.Das von der Kommission gesammelte und durchberateneMaterial ist rechtzeitig vor dem nächsten Parteitag zu veröffent-liehen."sollte, die für die Zukunft die Abstimmung für das Budget mitdem Ausschluß bedroht, selb st dann wird diese Fragenicht für alle Zukunft erledigt sein. Der Parteitagsollte sich solchen Schritt um so mehr überlegen, weil doch niemandin der ganzen Partei von irgend einem Budgetanhänger eineparteischädigende Absicht'annehmen wird.(Sehr richtig!) Wirhaben doch wahrlich andere Gelegenheiten genug, um unsere Oppo-sition gegen den Klassenstaat in der schärfsten Weise zum Aus-druck zu bringen. Gerade solange wir an einen Parteitagsbeschluhgebunden sind, nehmen unsere Gegner die Budgetabstimmung nichtals Ausdruck unserer Ueberzeugung an. Die Wucht der Ablehnungwird um so größer sein, wenn sie freiwillig aus unserer Ueber-zeugung heraus erfolgt und nicht auf eine gegebene Marschroutehin. Ich protestiere auch im Namen vieler Parteigenossen gegendie Auffassung, daß die Sozialdemokratie erst recht gebüttelt wer-den muß, um vorwärts zu kommen. Wir brauchen nicht unterder Fuchtel zu stehen, um mit aller Schärfe für unsere Prinzipieneinzutreten. Soll etwa unsere ganze Propaganda, unsere Stoß-kraft davon abhängen, ob wir mehr boder weniger geschurigeltwerden? Mit Recht hat der Genosse Adler gesagt, daß manbindende Beschlüsse auf das Notwendigste beschränken muh.(Sehrrichtig!) Wir haben Ihnen einen Antrag unterbreitet, der dieFrage unter einem allgemeinen Gesichtspunkt prüft. Die ganzeFrage ist ja eigentlich noch völlig ungeklärt. Die Ver-fassungshestimmungen in den einzelnen Ländern sind völlig ver-schieden. Also, ganz abgesehen von der Sache der Badenser, vor-langen wir vom Parteitag, daß nach eingehendem Studium einmaleine gründliche Erörterung der materiellen Seite des Staats-budgets auf einem Parteitage stattfindet. Bisher haben wir immernur dekretiert. Will der Parteitag gerecht sein, muß erunseren Antrag annehmen. AuS der Klärung der Sache wirdhoffentlich eine Stellungnahme herauskommen, die allen Partei-genossen die Möglichkeit gibt, einheitlich für die Gesamtpartei zuwirken.(Bravo!)LipinSki-Lcipzig: Frank hat in ganz geschickter Weise eineAeußcrung Bebels aufgegriffen, um glauben zu machen, daß diebadischen Abgeordneten gutgläubig gegenüber den ParteigenossendeS ganzen Reiches gehandelt haben. Das bestreite ich auf dasallercntschiedenste.(Unruhe bei den Süddeutschen.) Von einerGutgläubigkeit und einem Irrtum kann bei diesem plan-mätzigen Vorgehen keine Rede mehr sein, das die Parteizwingt, sich in der jetzigen Situation wieder mit dieser Frage zubeschäftigen. Man hat die Partei in die Zwangslage ver-setzt, eine Frage in einer nicht genehmen Situation zur Eni-scheidung zu bringen. Die badische Fraktionsmehrheit hat be-w u ß t die Partei vor diese Frage gestellt unter der Voraussetzung,daß der Parteitag sich hüten würde, in der gegebenen Situationdie Konsequenzen zu ziehen, daß er gutmütig darüber hinweggehenund den Irrtum entschuldigen wird. Auch wir wollen die Einheitder Partei. Wir sind von Dresden an immer gutmütiggewesen. Nun wird aufS neue die Spekulation auf die Gut-niütigkeit versucht. Man sucht die ganze große Frage der Disziplinals nebensächlich, harmlos hinzustellen. Die Badenser sagen sich:uns kann ja gar nichts geschehen, jeder Parteitag erteilt uns Abso-lution und dann sind wir natürlich wieder einig. So kann esaber nicht weitergehen. Handeln die Badenser fortgesetzt gegenPartcitagSbeschlüsse, so haben sie sich ohne weiteres außerhalbder Partei gestellt.(Sehr richtig!) Wird die Einheitlichkeitder Partei aufgelöst in dieser Frage, dann wird es auf diesem Wegkein Halt mehr geben, dann zersplittern wir uns in Atome unddann stellen wir uns, wie daS Wollmar schon 1891 in Erfurt dar-gelegt hat, auf den Boden bürgerlicher Politik.—Was die positive Arbeit betrifft, wo ist sie denn vernachlässigtworden? Kalb versucht die ganze Tätigkeit der Partei auf einenbürgerlich-dcmokratischen Standpunkt zu stellen, wie ja auch Auerin Hannover sagte: warum muß denn immer das Endziel amTaschentuche oben baumeln? Das kann so nicht weitergehen. Unddarum haben wir den Zusatzantrag zu der Resolution des Partei-Vorstandes gestellt. Bebel hat sich dagegen gewandt. Aber washaben wir erreicht, wenn fortgesetzt der Parteitag beschließt: cSist ein Irrtum passiert, die Parteigenossen waren wieder einmalunschuldig, die Angelegenheit ist erledigt. Dann geht auf jedemParteitag die Sache von neuem los. Organisation und Partei-arbeit werden aufs schwerste geschädigt und uns wirdkostbare Zeit geraubt. Darum sind wir der Meinung, daß die, diederartige grundsätzliche Parteibeschlüsse nicht anerkennen, sich ohneweiteres von selbst außerhalb der Partei gestellt haben.(Sehrrichtig!) Stellen Sic sich außerhalb der Partei?(Zurufe bei denBadensern: Nein!) Dann können Sie natürlich Ihren kleinbürgerlichen Standpunkt nicht weiter vertreten.(Oho-Rufe bei den Süddeutschen.) Nehmen wir die Resolution Bebel an, sohaben wir natürlich keine Veranlassung, eine Studicnkommissioneinzusetzen. DaS würde heißen, daß wir Beschlüsse gefaßt haben,für die uns die Unterlagen gefehlt haben.(Sehr richtig!) DieResolution Bebel muß mit unserem Zusatzantrag angenommenwerden. Dann wird der Verkleisterung ein Endeg e m a ch t und klar gesagt, was ist.(Lebhafter Beifall und Wider-spruch.)Witti-München: Genosse Bebel hat uns bayrischen Genosseneinige Komplimente gesagt. Er kündigte an, er wolle evtl. nachMünchen übersiedeln und dort seine Tage beschließen. Wir heißenSie, Genosse Bebel, aufs herzlichste willkommen, und wenn Siewollen, daß wir Ihnen einen Empfang bereiten(Bebel: Na,Kinder, macht keine Geschichten, dann komme ich nicht! StürmischeHeiterkeit). Kommen Sie nur, Genosse Bebel, Sie werden finden,daß die Luft der bayrischen Hochebene ein wenig freier und angc-nehmer ist, als die Luft der Mark Brandenburg. Bebel hat gleich-zeitig die Versicherung abgegeben, daß er nie Revisionist werde,aber ich glaube, daß Bebel, wenn er nach München kommt, Re-v i s i o n i st werden wird.(Stürmische Heiterkeit.) Bebel hatdann weiter gemeint, wir bayrischen Genossen seien ganz nette Kerle,aber wir seien verweichlicht und lassen uns kneten, man könne mituns machen, was man wolle. Ob wir so leicht knetbar sind, dar-über mag die Geschichte urteilen.(Bebel: Das hat ja Auergesagt!) Bei den letzten Blockwahlen waren die Bayern im Wahl-kämpfe die Einzigen, die durchweg an Stimmen zu-genommen haben.(Zurufe: Auch die Badischen, auch die Ber-liner!) Ich wünsche den preußischen Genossen im allgemeinen unddenen der Mark Brandenburg im besonderen, daß sie sich auch sodurchkneten lassen, wie wir unS haben durchkneten lassen.(Heiter-keit.)— L i p i n S k i hat bewiesen, daß er so wenig in der Lage ist,objektiv zu urteilen, wie die sächsischen Gerichte.(Zu-stimmung bei den Süddeutschen.) Wenn Sie die Resolution desParteivorstandes annehmen wollen, tun Sie cS in Gottes Namen.(Große Heiterkeit.) Aber Sie haben damit keine Gewähr dafür,daß in Zukunft die Quelle von Streitigkeiten versiegt. Die Reso-lution enthält die gleichen allgemeinen Redewendungen wie die Be-schlüsse von Lübeck und Nürnberg. Wenn die Budgctabstimmungeine prinzipielle Sache ist, dann muß sie eine prinzipielle Sache seinin unserer gesamten Parteitätigkeit. Was soll denn nun in derGemeinde geschehen. Wir herben ja gesehen, daß man selbst imunentwegten Preußen entgleisen kann. KautSkh erklärt: jadie Gemeinde, daS ist etwas ganz anderes. Dabei beläuft sich daSVermögen, das die Gemeinden verwalten, auf Milliarden. In demGemeindeetat befinden sich auch Positionen für Militär,Polizei, für festliche Zwecke usw. In Bayern werden wirwohl bei den nächsten Landratswahlen Vertretung in denLandräten bekommen. Welche Haltung hat nun die Partei beiden Landräten zu den Etats einzunehmen? Studieren Sie dieSache ohne Haß und Voreingenommenheit und treffen Sie Maß-regeln, die der Partei dienen, nicht aber persönlichen Stim-vungen entsprechen. Wir stehen vor schweren Kämpfen undhaben hierauf die Kräfte zu konzentrieren. Das dient bedeutendmehr der Partei, als wenn Sie sämtliche Badener auffressen.(Beifall.)Zubcil-Berlin: Die Resolution des Parteivorstandes hat eineklaffende Lücke, sie sagt kein Wort davon, was in Zukunftgeschehen soll, wenn wieder ein Teil der Genossen die Beschlüssedes Parteitages unberücksichtigt läßt. Die übergroße Mehrzahl derdeutschen Genossen und auch ein Teil von Süddcutschland ver-steht das nicht; wir haben es endgültig satt, daß die kost-bare Zeit des Parteitages in der Weise verbracht wird. In dersozialdemokratischen Partei darf nicht mit zweierlei Maß gemessenwerden. Nach unten heißt es auch in Baden: wer sich nicht fügt,der fliegt, aber nach oben: ja, Bauer das ist ganz was anderes.Da wird Rücksicht nach jeder Hinsicht genommen. DieResolution der Parteileitung in Verbindung mit unserem Zusatz-antrag ist das mindeste, was hier beschlossen werden mutz.(Lebhafte Zustimmung.) Hunderttausende von organisierten Ge-nassen haben sich in den letzten Monaten gesagt: jetzt ist das Maßvoll, jetzt läuft es über.(Sehr wahr!) Wir müssen Kautelendagegen schaffen, daß wir uns in ein oder zwei Jahren wiedermit denselben Sachen und denselben Personen beschäftigen müssen.Wer glaubt, sich nicht fügen zu können, dem st ehe» die Türenoffen.(Sehr richtig!) Nehmen Sie unseren Zusatzantrag mitmöglichst großer Mehrheit an.(Bravo!) Warum haben denn dieGenossen Frank und Kolb nicht die erneute Behandlung der Budget-frage auf dem Leipziger Parteitag beantragt.(Zuruf: DerAntrag wäre ja doch abgelehnt worden!) DaS wäre noch die Frage,und wenn er abgelehnt wäre, hätten sich eben die Badener fügenmüssen, wie andere sich fügen. Jetzt, wo den Badenser»das Feuer unter den Nägeln brennt �Lachen bei den badischen Dele-gierten), stellen sie den Antrag aus eine Untersuchung über dieBudgetfrage. Damit soll die ganze Frage verschoben werden.(Sehr richtig!) Aber die Majorität des Parteitages wird unbe-kümmert um diesen Antrag die Stellung einnehmen, die sie ein-nehmen muß, wenn sie nicht'die Achtung von Freund und Feindverlieren will. In Bayern hat sogar ein großer Teil der l i b e-ralen Wähler ihren eigenen Abgeordneten die bittersten Vor-würfe über ihre Budgetbewilligung gemacht.(Hört! hört!)� Wasdie Badenser erreicht haben, haben wir i n B e r l i n l ä n g sterreicht, ohne daß wir für das Budget gestimmt haben. Abernatürlich, Berlin ist ja nur eine Kommune, nicht ein deutscherEinzelstaat mit einem Grotzherzog an der Spitze.(Heiterkeit.)Hat nicht Herr v. Bodman erst ein paar Monate vor derBudgetbewilligung einen Bund zwischen Liberale und Zentrumgegen die Sozialdemokratie zustande zu bringen versucht,und nun die Budgetbewilligung wegen einiger liebenS-würdiger Worte! Die Badenser täuschen sich, wenn siegläuben, daß Nationallibcrale und Zentrum auf die Dauer sich alsFeinde gegenüberstehen würden. Nicht lange dauert es, und sieliegen wieder Brust an Brust. Dann hat der Mohr seine Schuldig-keit getan, dann kann der Mohr wieder gehen.(Frank: Wirgehen aber nicht!) Er wird selbstverständlich noch im badischenLandtag bleiben, fragt sich nur in welcher Stärke.(Frank: Dasist unsere Sorge!) Ohne die Referenten in den Berliner Versamm-lungen wären die Resolutionen viel schärfer ausgefallen.(Sehr richtig!) Es ist auch nicht ganz gleichgültig, wie sich diegroßen Zentren, wie Berlin, Hamburg usw. in der Sache äußern.Sie haben die Munition geliefert, mit denen die Süd-deutschen ihre Kämpfe liefern. Die Bayern waren ganz außerstandegewesen, das Geld aufzubringen.(Widerspruch bei den bayerischenDelegierten.) Wenn es den Badensern Spaß macht, sollen sie sichaußerhalb der Partei stellen. Die Achhing vor den Parteitags-beschlüssen muß erzwungen werden, sie mutz von den angeblichenFührern der Sozialdemokratie verlangt werden, ob sie nun imNorden, Süden oder Osten sind. Würde unser Partcivorstandöfter und schärfer zugreifen, würde er der Presse mehr Aufmerksam-keit schenken, besonders der süddeutschen Presse a la Kolb, dannwürden wir in diese elenden Zustände nicht hineingeratensein.(Lebhafter Beifall!)Engler- Freiburg: Ich wußte schon, daß man sagen wird,was seid ihr denn, wenn ihr den Berliner Geldbeutel nicht mehrhabt. Damit schreckt man uns aber nicht. Wir sind wohl imstände, die Mittel für unsere Kämpfe aufzubringen. Von unserenbadischen Genossen wird ein ganz anderer Opfermut ver-langt, als von den Genossen in den Großstädten. Wir habenGegenden, wo zur Verteilung von Flugblättern eine TageS-reise nötig ist. Wenn wir wegen ein pemr Ministerworten um-gefallen wären, wären wir Jammerlappen.(Sehr richtig!) DieBehauptung ist nicht wahr und wird auch durch die Wiederholungnicht wahr. Die Budgetbewilligring hat sich mit Notwendigkeitaus der Politik ergeben, wie sie in Baden betrieben wurde. WennBebel sagt, daß wir nichts von den preußischen Wahlrcchtskämpfenverstehen, so dürfen wir auch wohl sagen, daß die preußischen Ge-nassen nichts von unseren Dingen verstehen. Wir wissen wirklich,wie wir unsere Politik zu betreiben Hatzen. Jetzt sucht man dieGetvcrkschaften gegen uns scharf zu machen. Wenn auf den Ge«werkschaftskongressen verfahren wäre, wie auf dem NürnbergerParteitag, so wären in den neunziger Jahren die Tarifgemein-schaften wegdekretiert worden. Aber der Gewerkschaftskongreßgreift nicht so in die einzelnen Berufsstände ein, wie der deutscheParteitag in die bundesstaatlichen Verhältnisse. Genossin Luxem-bürg hcit in Lahr mit dem eisernen Willen des Parteitages gedroht.Aber die Parteitagsbeschlüsse sind von Delegierten gefaßt worden,die aus Bundesstaaten stammen, für die die Budgetbewilligungkeine Bedeutung hat. Daß die Delegierten der in Betracht kom-Menden Bundesstaaten fast geschlossen zusammenstehen, sollte dochzu denken geben. Mir wäre es ja auch lieber, wenn wir nicht24 Vaterländer hätten, aber wir müssen mit den gegebenen Ver-Hältnissen rechnen. Dadurch, daß die Fraktion zuerst die paarMinistcrworte zum Vorwand nehmen wollte, um das Budget abzulehnen, hat sie bewiesen, daß sie gern dem Willen des Partei-tags Rechnung trägt, wenn sich nur ein Ausweg finden läßt. DieEinheit, die Lipinski aufrechterhalten will, ist die Einheit nachLeipziger Muster. Wenn wir die Frage als taktische behandeltwissen wollen, so bedeutet das nicht, daß jeder machen kann, waser will, sondern daß die betreffende Fraktion stets die Möglichkeithat, zu tun, was der Moment gebietet. Auch wenn Sie den An-trag Mauerer ablehnen, wird trotzdem auf jedem Parteitage dieFrage von neuem wieder aufgerollt werden.(Lebhafter Beifallbei den badkschen Delegierten.)Hanfe- Königsberg i. Pr.: Ich hatte vom Genossen FrankKlarheit darüber erwartet, wie die Badenser in Zukunft sichstellen werden. Darauf hat er eine bestimmte Antwort nicht ye-geben.(Hört! hört! und Sehr richtig!) Die Parteigenossen imLande und die Mehrheit der hier anwesenden Delegierten wollenaber keine papiernen Resolutionen, sondern Kautelengegen die Fortsetzung des Parteihaders.(Lebhafter Beifall.)Darum ist der von 288 Delegierten unterschriebene ZusatzantragZubeil gestellt worden. Bebel hat sich zwar dagegen gewandt, aberseine Ausführungen deckten sich inhaltlich mit den Forderungendes Antrages.(Sehr richtig!) Auch wir denken nicht daran,unsere badischen Freunde ausschließen zu wollen. Wir müssenaber Klarheit darüber haben, was geschehen soll, wenn die badischenGenossen sich wieder über Parteitagsbeschlüsse hinwegsetzen sollten.Frank verlangte Rücksicht auf eine immerhin kompakte Minderheit,die anderer Auffassung ist. Aber er kann überzeugt sein, daß dieMehrheit, der Parteivorstand und der Referent Bebel stets aufdas sorgfältigste und gewissenhafteste die Gründe der Minderheiterwogen haben. Aber das kann Frank doch nicht verlangen, daßdie Mehrheit ihre Ansichten preisgeben soll zu gunstender Minderheit. Genosse Frank und alle Badener mußtensich der Tragweite der Budgetbewilligung bewußt sein. Die ein-fachste parteigenössische Rückficht gehyt namentlich ig dieser Zeit