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Kr. 221. 27. Jahrgang. 3. DcilU des Jutniirfs" Kerlim DslksdlsU. Wwoch> 2l. Zeplmder lSll>. Msx Schippe! als Protehtlonitt. Jsegrim-Schippel hat wieder einmal das Bedürfnis gefühlt, die Partei zu verunglimpfen. Er lagert deshalb in den Dr. Joseph Blochschen Heften zu allmonatlicher Begeiferung der Partei einen Artikel ab, der den sehr hochtrabenden TitelTeuerung und Weltwirtschaftliche Entwickelungen. Oeko- nomisch-historische Betrachtungen" trägt." Der Inhalt dieser schriftstellerischen Leistung besteht jedoch einzig in halbversteckten Ver- böhni�igen der Partei. Der Sinn des Artikels ist der: die gesamte Partei steht dem Problem der Teuerung ratlos gegenüber und wiederholt nur das freisinnige ABC des Freihandels. Schippel redet deshalb vonmarxistischem Tiefergraben", von einemZurück- gehen auf tiefere wirtschaftliche Strömungen, deren Folgeerscheinungen sehr reale politische Mächte und nicht nach subjektivem oder parteiischem Belieben hinwegzuleugnen sind." Doch leider, statt desTiefergrabens" ist des edlen Schweißes Frucht nur ein Kokettieren mit dem Ringelschwänzchen des nationalen Sckweines, das nach Versicherung Isegrims, des Unentwegten, nur unter dem Schutze des Zollwuchers gedeihen kann. Die Sozial- demokratie soll den Kampf gegen Lebensmittelzölle aufgeben, weil ohne diese die deutsche Landwirtschaft nicht bestehen kann, das ist der Schluß Schippelscher Weisheit. Wer auch nur die geringste Aufklärung über das Problem der Teuerung in diesem Artikel sucht, täuscht sich. Er kennt eben die feine Manier von Schippel-Jsegrim nicht. So einEdelmarxist" das ist der neueste Witz, k la commis voyageur, der dem geist- reichelnden Aestheten einfällt setzt sich auf die Hosen und sucht die Preisgestaltung zu untersuchen; aber solche Arbeit überläßt unser Schön- geist den Kautsky, Otto Bauer  , Hilferding   und tutti quanti. Er ist über das Vorurteil solcher Arbeit erhaben. Er zieht es vor, Witze zu reißen z. B. in der Weise: Da rufen die Leute nach Abschaffung der Grenzsperre und der Viehzölle und nun kommt Oesterreich   und hat die schönste Fleischnot, doch von da kommt kein Fleisch. Aetschl Und dann folgt die Moral also: Man sieht, es ereignen sich in dieser Welt noch ganz andere Dinge als gute oder schlechte Zollgesetze, glückliche oder Unglück- liche Handelsverträge, und den parlamentarischen Kretinismus, der von allen großen, grundlegenden Welt- wirtschaftlichen Umgestaltungen nichts sieht und nichts hört als d-n Zoll und Preis und hinter dem Zoll und dem Preis nur die jeweilige miserableRegterung.souren wir ruhig den alten freisinnigen ABC-Büchern überlassen: den alten, weil bereit? seit Jahren in den jüngeren linksliberalen Aeußerungen viel fortschreitende Erkenntnis des wirklichen Wechselspieles von Ursachen und Wirkungen während der letzten Jahrzehnte und Jahre sich wieder- spiegelt. Wenn Schippel etwas mehr Gewiffenhaftigkeit haben würde, müßte er hinzusetzen, daß die Fleischteuerung in Oesterreich   eben die Folge schlechter Zollgesetze und nicht unglücklicher, sondern nieder- trächtiger Handelsverträge ist. Denn es weiß jeder ABE- Schütze. daß die plötzliche Fleischteuerung in Oesterreich   die Folge der von den Agrariern erzwungenen Sperrung der Einsuhr von Vieh aus den Balkanländern ist. Daß ferner die miserable Regierung in Oesterreich   vor allem daran schuld ist, wenn Milliarden für Rüstungen ausgegeben werden, während die Verkehrswege über alle Maßen verwahrlost sind, und infolgedeffen Agrardistrikte von großem natür- lichen Reichtum, wie das östliche Galizien   und die Bukowina, ihre Produktion nicht entwickeln, während der Westen der Monarchie nur Mangel an Ackerbauprodukten leidet. Besteht darin diemarxistische Tiefergrabung", daß man statt handgreifliche Dinge zu fassen, mit tönenden Worten, wie.große, grundlegende weltwirtschaftliche Um- gestaltung' um sich wirst? kleines Feuilleton. Josef Kainz   Tausendmal hat er auf den Brettern mit dem Tode gerungen: er ist den Bühnentod des klassischen Dramas, er ist den Tod der modernen Bübnenkunst gestorben. Die letzten Monate aber war's ein fürchterliches Ringen um den letzten Tod: jenen, der uns Menschen für immer von der Bühne des Lebens hiuunterfegt. Josef Kainz   ist nach einem langen, schmerzhaften Ringen, dessen Ernst ihm bis in die letzte Zeit verHein, licht worden, Dienstag früh Uhr in Wien   einem Krebsleiden erlegen. Nach einer großen Gastspielreise, die den interessantesten der deutschen   Schauspieler dieses Frühjahr noch einmal an die alten Stätten seiner Triumphe geführt halte, war er im Mai krank nach Wien   zurückgekehrt. Er wurde am Darme operiert. Die Aerzte er- kannten wohl schon damals die Schwere der Krankheit, aber Kainz schien wieder zu gesunden. Aber der Rückschlag kam, unentrinnbar, wie es bei den tückischen Krebsleidcn zu sein pflegt, und Kainzens Schicksal war besiegelt. Während alle Eingeweihten wußten, daß er mit dem Siegel des Todes gezeichnet war, suchten die Aerzte und die Presse im Einvernehmen mit einander, dem Sterbenden die Illusion der Heilung zu erhalten. Welch' eine tragische Komödie! Die Lakaien des Personaltratsches, der besonders in Wien   sein Wesen treibt, haben seit Monaten die Presse mit dem elendesten Schnickschnack über Kainz, seine Kontrakte, seine Krankheit und anderes erfüllt. Wie die Schmeißfliegen fielen sie über das Opfer her. und in ihrem angeborene» Byzantincrtum suchten sie die Vor- stellung der Größe und Bedeutung von Kainz zu wecken, indem sie uns Kammerdienerintimitäten austischten. Nun ist der Tote wenigstens vor dieser Sorte von Bewunderern gefeit. Nicht ganz£>3 Jahre ist der große Schauspieler geworden, der als Zwanzigjähriger(1873) zum ersten Male in Berlin   auftrat und später im Engagement oder als Gast zu wiederholten Malen in die preußische Hauptstadt zurückkehrte, wenn ihm die bayerische  oder die österreichische längere oder kürzere Zeit gehalten hatte. Groß war sein Talent, groß sein Fleiß, bewundernswert seine körperliche Beweglichkeit, fem Gebcrdenspiel, vor allem jedoch seine Sprachtechuik, so daß er trotz seiner schmächtigen Figur Erfolge er- zielte, wie sie nur wenigen Schauspielern beschieden sind, lieber den Stil seines Spiels, über die Auffassung dieser und jener seiner Rollen läßt sich streiten, aber den Stil, den er gab, die Auf- sassung, die ihm richtig schien, beherrschte er meisterhast, zumal nachdem er sich im Verlaufe seiner künstlerischen EntWickelung allerlei launische Unarten hatte abgewöhnen lassen. Er spielte Moliöre und Grillparzer  . Goethe und Scribe  , Kleist und Suder- mann, Shakespeare   und Rostand  , Schiller   und Nestroy  . In ernsten wie in lustigen Rollen stand er seinen Mann, und als er sich vom Karl zum Franz Moor und schließlich zum Mephisto durchgearbeitet hatte, da begann seine Künstlerschaft sich der Reife zu nähern. Kainz   war am 2. Januar 13S8 in Wieselburg   in Ungarn   ge- boren, aber in Wien   erzogen. Mit sechzehn Jahren betrat er die Bühne. Sein ungestümes Temperament bestinimte ihn zum jugcnd- lichen Helden. Bei den Meiningern fand er Verständnis. In München  , wo ihn der schwärmerische Ludwig II.   eine Zeitlang um- freundete, und dann im neugegrllndeten Deutschen   Theater in Berlin   erregte er wachsendes Interesse. Sein kühner Bruch mit allen Traditionen half ihm den Charakter des Interessanten zu geben, den der moderne Künstler braucht, vor allem in Berlin   braucht, um bekannt zu werden. Das typische Große, grundlegende wirtschaftliche Umgestaltungen vollziehen sich in der Tat vor unseren Augen. Das hervorragendste Merkmal dieser Umgestaltung ist, daß mit unheimlicher Beschleunigung die monopolistischen Gebilde, die Trusts, die Herrschaft über Produktion und Warenumsatz an sich reißen, und daß dadurch die Anarchie der kapitalistischen   Wirtschaft nicht etwa ein- geschränkt, sondern gefördert wird. Die immensen Extraprofite, die auf diese Weise entstehen, bewirken unter anderem, daß das verfügbare Kapital vollständig von den Industrien absorbiert wird, in denen die Vertrustung am weitesten fortgeschritten ist und es an Kapital mangelt, um die landwirtschaftliche Produktion zu fördern, die Agrarländer zu erschließen, die Landwirtschaft in den alten Kultur- läudern auf höhere Stufe zu heben. Dies einer der wichtigsten Umstände, die es bewirken, daß zurzeit der Mangel an Getreide, an Fleisch, an Wolle, Baumwolle und Häuten sich fühlbar macht, die Preise dieser Produkte steigen und dank den Schutzzöllen zuweilen zu schwindelhafter Höhe getrieben werden. Nicht übersehen darf dabei werden, daß infame Regierungen das ihrige dazu tun, das Chaos zu verschlimmern. Millionen Bauern sind von der zarischen Regierung ins Elend gestoßen und so die russische Landwirtschaft ruiniert; die Regierungen der südamerika  - nischen Staaten, diese Banden von Jndustrierittern, sind bestrebt, die Geschäfte der Wucherer zu besorgen und legen der EntWickelung jener Staaten schier unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen; in Westeuropa   ist Brot- und Fleischwucher Trumpf. So wird jenes Uebel verschärft. Ist aber das Steigen der Preise für Agrarprodukte das charakte- ristische Zeichen der EntWickelung in dm letzten Jahren, so wird der Schutzzoll zum offenen Hohn auf die Vernunft. Steigende Weltmarktpreise durch Wucherzölle künstlich in die Höhe zu treiben, das ist wucherischer Wahnsinn. Aber gerade die Art, in der das deutsche Proletariat die Folgen dieser Wucherzölle schwerer denn je zu fühlen bekommt, sucht sich der famose Max Schippel   aus, um folgende niedliche Behauptung aufzustellen:Bei der Vieh- und Fleischproduktion haben die kontinental-europäischen Länder zum Teil, Deutschland   an der Spitze, sogar glänzende Fortschritte erzielt. Aber doch nur auf Grund der staatlich verbesserten Preise". Und in einer Note wird endlich das große Wort gelassen ausgesprochen: In der Behandlung der deutschen   Viehstatistik findet man oft die seltsame Behauptung, die große, obwohl für den noch rascher gewachsenen Konsum immer noch ungenügende Viehzunabme be- weise, daß der Zoll vollständig überflüssig sei. Sie beweist doch wohl nur, daß sich unter Preisen, wie sie sich durch Grenzsperren und Zölle stellen, ganz gut reichlicher produzieren läßt. Daß aber unter dem Wegfall dieser Preise ganz anders produziert werden würde, sollte man doch niemand erst zu sagen brauchen. Ach nein, Verehr tester! Man muß es doch sagen, daß von den kontinentalen europäischen   Ländern nicht jene ihre Fleischproduk> tion am stärksten gesteigert'haben, diestaatlich verbesserte", d. h. durch Wucherzölle künstlich gesteigerte Preise haben, sondern Däne- mark, Holland  , Belgien  , die keine Sperren und Zölle kennen; daß die größte Produktionssteigerung auf diesem Gebiete im frei händlerischen England eingetreten ist. Wenn schon geflunkert werden muß, dann doch etwas geschickter. Schippel ereifert sich über diespottschlechten Muster" der freisinnigen Freihandelsagitation. Er hat recht. Sie sind spottschlecht und sind auch in der sozialdemokratischen Agitation nicht angewendet worden, außer in einem Handbuche, das ge- radezu von solchen freisinnigen Argumenten strotzt, nämlich in demSozialdemokratischen Reichstags-Hand- buch" von 1902, das Max Schippel   zum Verfasser hat, und das er geschrieben, nachdem er 1893 auf dem Parteitag von Stuttgart   mit dem Schutzzoll kokettiert hatte. Heute würde er sich Berliner  , traditionslose, moderne Berliner   Bourgeoispublikum erhob Kainz auf den Schild. Seine glänzenden Mittel, der Gesang der Stimme, die Elastizität des Körpers bestachen. Ein Kontraktbruch am Berliner   Theater schloß Kainz 1889 von den kartellierten Bühnen auS. Er gastspielerte an kleinen Theatern, ging nach Amerika  , fand schließlich in L'Arronge einen wogemutigen Direktor, der ihn 1892 dem'Deutschen Theater wieder zuführte. Kainz beherrschte die Situation und konnte 1899 in die Wiener Hofburg   übertreten. Auch hier wurde ein förmlicher Kultus mit ihm getrieben und die Allianz mit der Presse begründet, die all' seinen Eigenarten willig folgte. Gastspiele erhielten seine Popularität bei den oberen Zehntausend in Berlin  . Aber die letzten Jahre zeigten doch, daß die Zeit des jugendlichen Helden trotz eminenter Mittel vorbei waren und daß der Charakteristiker Kainz bei aller blendenden Virtuosität häufig ins Gesuchte und Forcierte verfiel und die Gefahren des paradierenden Solospielers nicht ver- mied. Es war ein Uebergang: Der Tod hat den Künstler Kainz verhindert, uns die letzte, große Harmonie von Können und Intellekt zu geben. Was eine Operetten-Jnszenierung kostet. Den gewaltigen Ein- nahmen, die eine erfolgreiche Oper oder Operette den �Zlutoren und den Theaterleitern bringt, stehen die ungeheuren Kosten der moder- nen Inszenierung gegenüber, die in den letzten Jahren immer mehr emporgeschnellt sind. Der Laie macht sich nur selten eine Vor- stellung von den großen Summen, die geopfert werden, um seine Schaulust zu befriedigen. Eine englische Wochenschrift gibt einige Zahlen, die heute wohl als typisch gelten können. Die Inszenierung derDollarprinzessin  ", die seit einem Jahre im Londoner Daily Theater gegeben wird, hat allein 200 000 M. für die Ausstattung verschlungen, ehe der Vorhang zum erstenmal emporgehen konnte. Nur die Entwürfe und die Aufrichtung der Dekorationen ohne Möbel haben über 20 000 M. erfordert; dazu treten die Kosten der Möbelstücke, die weitere 20 000 bis 30 000 M. kosteten. Doch die Dekoration und die Ausstattung der Bühne ist bei weitem nicht das, was die größten Opfer erfordert. Das meiste Geld wird für die Kostüme des Chors ausgewandt. Im ersten Akt derDollar- Prinzessin" treten 3S Chordamen auf, im zweiten Akt die gleiche Zahl, und im dritten Akt gar SS. Wenn man dabei in Rechnung setzt, daß einige von ihnen im selben Akte die Kostüme wechseln, so ergibt sich, daß allein für die Damen nicht weniger als 160 Kleider und Toiletten nötig werden. Diese Kostüme, die ehedem noch aus billigem Material gefertigt wurden, das im Rampen- lichte wie echt wirkte, werden heute nur noch aus den kostbarsten echten Stoffen hergestellt. In der Tat werden für eine Toilette einer Chordame durchschnittlich 400 M. angelegt, so daß allein die weibliche Statisterie der Aufführung eine Schneiderrechnung von 50 000 M. repräsentiert. Dazu treten nun noch die Hüte, die durch- schnittlich 6080 M. kosten, die seidenen Strümpfe und die Fuß- bekleidung, für die die Direktion mehr als 5000 M. ausgeben muß. Die Kleidung der männlichen Statisten stellt sich zwar Verhältnis- mäßig viel billiger, aber gut und elegant sollen sie alle angezogen sein. In derDollarprinzessin  " treten 20 Choristen auf, die in jedem Akt verschiedene Kleidung anlegen müssen. Für den Anzug werden gewöhnlich 80 100 M. angesetzt. Dazu treten nun noch Hüte, Wäsche, Strümpfe und Fußbekleidung, so daß bei der Lon- doner Aufführung derDollarprinzessin  " allein die Kostümierung des Chores 120 000 bis 140 000 M. erforderte. Man sieht, wie- viel für ein Nichts verschwendet wird. Trugsonnen. Die verhältnismäßig seltene und merkwürdige Naturerscheinung von Trugsonnen ist am 10. September an offenbar anderer Muster bedienen. Er würde nämlich allem An- schein nach seine Argumente für den Schutzzoll aus dem Argu- menten-Arsenal   des Bundes der Landwirte holen, wie obiges Zitat beweist. Schippel beruft sich in seinem Artikel mit großem Wohl- gefallen auf seine Stellung auf jenem Parteitage von 1898. Aber Verehrtester! nochmals: wenn schon geflunkert werden muß, dann doch mit mehr Geschick! Soviel wir wissen, hat Schippel selbst 1893 eine Resolution vorgelegt, die fordert:weitere Ermäßi- gung und schlietzliche Aufhebung aller unserer Lebensmittelzölle, welche gerade die ärmsten Schichten der Bevölkerung am schwersten be- drücken und in der Erhöhung der Lebenshaltung hemme n." Heute verteidigt er diestaatlick verbesserten Preise", die zur Verschärfung der Unterernährung führen und tut dabei so, als hätte er Grund, auf seine Haltung im Jahre 1898 sehr stolz zu sein.Marxistisches Tiefergraben  " ist das sicher nicht, aber wenn man will, Tiefer-Verbuddelung in den Sumpf eigener Konfuston und eigener Widersprüche._ Hus der Partei. Die Stuttgarter   Genossen zum Bndgetantrag der württembergischen Landtagsfraktion. Am Sonnabend tagte in Stuttgart   eine Parteibersammlung, die sich auf einen Antrag Schumacher mit dem Vorgehen der württem- bergischen Landtagsfraktion in Sachen der Budgetbewilligung befaßte. Genosse Landtagsabgeordneter Fischer gab darauf den Wortlaut der Resolution bekannt, die die LandtagSstaktion an den Parteitag gerichtet hat.(Sie wird in unserem heutigen Parteitagsbericht mit- geteilt.) Dann ergriff Genosse Landtagsabgeordneter Hilden- b r a n d zur Verteidigung der Fraktion das Wort. Wir entnehmen über die Reden dem Bericht derSchwäbischen Tagwacht": Landtagsabgeordneter Hildenbrand: Die Angelegenheit ist in sensationeller Weise aufgebauscht worden; die Folgen werden sich noch recht unangenehm fühlbar machen. Die Stutt- garter haben zu der Budgetfrage Stellung genommen, aber uns, den Abgeordneten, muß auch das Recht gegeben werden, unsere Meinung zu sagen. Wir können nicht alle in Magdeburg   sein. Unsere Resolution wurde verfaßt, um zu verhüten, daß man unseren Fraktionsmitgliedern entgegenhält, sie sprechen nur für ihre eigene Person. Es soll auch der Anschein vermieden werden, als ob sich die Fraktion unter einen besNmmten Willen beugen mutzte. Uns steht die Budgetangelegen- heit nicht an erster Stelle, sondern die Einigkeit der Partei. Diese Einigkeit wird aber so lange nicht vorhanden sein, so lange der Parteitag nicht einen Beschluß faßt, nach dem sich alle Fraktionen richten können. Die Wirkung des Schreibens an den Parteitag wird nicht verändert, wenn Sie auch heute dazu Stellung nehmen. Sie können beschließen, was Sie wollen, die Fraktion wird handeln, wie sie es für richtig hält.(Stürmischer Widerspruch.) Die Fraktion verlangt nicht die Freiheit, um jeden Preis für das Budget zu stimmen; es können aber Fälle eintreten, die eine Zustimmung notwendig machen. Wir verlangen, daß die Entschlußfreiheit sicher gestellt wird. Es handelt sich für uns darum, den gegen- wärtigen unhaltbaren Zustand zu beseitigen. West meyer: Die Sache sollte nicht, wie es von dem Vor- redner abermals geschehen ist, aus das persönliche Gleise ge- schoben werden, dazu ist sie denn doch zu ernst. Das steht fest, daß die Partei ihren Willen mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, sie muß ihm auch Nachdruck verleihen. Es ist total falsch, wenn man sagt, wir wollten unseren Abgeordneten nicht Bewegungsfreiheit lassen. Diese Freiheit hat aber ihre Grenzen an den Grundsätzen und an den Beschlüssen der Partei. Man hat auf die parlamentarischen Ersahrungen hin- gewiesen. Wir achten die Ersahrungen, wenn sie als lauter Gold der südenglischen Küste bei Eastbourne  (östlich von Brighton  ) beobachtet worden. DieNature  " empfängt darüber einen ein« gehenden Bericht. Das Schauspiel war danach etwa von 1 bis 2 Uhr nachmittags sichtbar. Etwas vor 1 Uhr beobachtete der Gewährs« mann einen leichten Dunst am Himmel, indem einige sehr dünne und ziemlich gleichmäßig über den Himmel verteilte Wolken zu schwimmen schienen. Er bemerkte nun weiter einen leuchtenden Kreis von weißem Licht um den Zenith, in dessen Umfang die wirkliche Sonne stand, während zwei andere Stellen des Kreises durch außerordentlich leuchtende Flecken ausgezeichnet waren. Außerdem aber war noch ein zweiter weit schwächerer und kleinerer Kreis sichtbar, der sich um die Sonne als Mittelpunkt herumwand und von einem glänzend gefärbten Band berührt wurde. Das farbige Band durchschnitt den große» Kreis in zwei Punkten, die von der Sonne gleichen Abstand hatten. An diesen Schnittpunkten waren die Farben von besonders starkem Glanz. Ihre Anordnung war überall so, daß der rote Farbenstreif der Sonne zunächst gelegen war. Das Lichtband war nur noch mit Schwierigkeit über den großen Kreis hinaus zu verfolgen. Die ganze Erscheinung war von ungewöhnlichem Glänze, der wenigstens zwanzig Minuten ungeschwächt anhielt. Nach dem Bericht eines anderen Augenzeugen war der Kreis um die Sonne Haupt- sächlich blau gefärbt, der andere Kreis weiß mit Ausnahme der beiderseitigen Schnittpunkte, wo die Negenbogenfarben austraten. Dieser Beobachter will sogar noch drei andere Kreise mehr oder weniger deutlich unterschieden haben. Nach seiner Angabe wäre die? die zweite derartige Naturerscheinung an der Südlllste von England seit etwa 70 Jahren. Musik. SchnitzlerSLiebelei" als Oper. Aus Frankfurt am Main   wird uns geschrieben: Man ist heute, in den Tagen, da Richard Wagners Kunstanschauung vorherrscht, gegen eine moderne Opernhandlung, die mitten aus dem gesellschaftlichen Leben der Gegenwart gegriffen ist, voreingenommen. Warum, weiß eigentlich niemand recht. Kaum ist in der modernen dramatischen Produktion ein Werh in dem die einfachste Handlung so mit dem Auge eines Dichters ge- sehen ist, wie in Artur Schnitzlers dreiaktigem SchauspielLiebelei". Eine einfache Lebensskizze mit den tiefen Atemzügen der Wirklichkeit. Diese Handlung fordert zur Steigerung durch die Musik direkt auf. Wenn man den zweiten Akt liest, fehlt die musikalische Illustration, das Festhalten dieser latenten poetischen Stimmung. Wenn bislang dieLiebelei" ist 189S erschienen kein Komponist zu diesem Textbuchs griff, so mag das zum Teil daran liegen, daß unsere dramatischen Koniponisten für tragische Stoffe des schweren Wagnerpathos nicht entbehren können, dann mag auch eine gewisse Schwierigkeit im einheitlichen Stil dieses Werkes, der Uebergang vom Heiteren zum Ernsten, manchen abgeschreckt haben. Nur in der Form und Art etwa Puccinis war eine Komposition derLiebelei" möglich. Franz Neumann  , in Frankfurt   und auch an anderen Bühnen als Opernkapellmeister geschätzt, hat einen 'olchen Stil für seine Komposition derLiebelei" gewählt und uns eine wertvolle Bereicherung der modernen Opernliteratur damit beschert. Neumann beherrscht mit sicherer Meisterschaft die Komposition, wertvoller scheint noch der Hinweis, daß er ausgesprochen musikalisch- dramatisch empfinden und vor allem gestalten kann. Die Uraufführung in der Frankfurter Oper am 13. September gestaltete sich zu einem großen Erfolge. Der Komponist wurde mit Artur Schnitzler über ein Dutzend Mal ge- rufen. Vf.