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nicht mal einen Teil der in den letzten Jahren vom Handel vor- genommenen Prei-auffchläge ausmachen würde. Preissteigerung. Mit der Verteuerung fast aller Lebensmittel sind auch die Preise für Fische hinaufgeschnellt. Besonders gilt das ftir Flußfische, während Seefische teilweise billiger geworden sind. Versolgt man die Preisnotierungen für Flußfische nach dem Marktbericht der Zentcalmarkthalle m Berlin bis gum Jahre 18SS, so ergibt der da- malige JahreSdurchschnittSprei« ,m Vergleich zum durchschnittlichen Preisstand in den letzten Monaten bei nachstehenden Fischsorten folgende erhebliche Preisdifferenz für lebende Fische pro Psund in Pfennigen. 189S 1910 Preisdifferenz Hechte... 72 125+ 53= 73,6 Proz. Zander... 71 110 4- 39= 54,9 Barsche... 58 100-- 42= 72,4. Karpfen.. 83 110+ 27= 32,5. Schleie... 92 110+ 18= 19,6. Bleie.... 50 75+ 25= 50,0 Aale.... 06 115+ 19= 19,8. Die starke Preissteigerung, die sich in den letzten 15 Jahren vollzogen hat, entstammt dem Umstände, daß der Fischreichtum der Binnengewässer nicht in gleichem Maße mit der Nachfrage nach Flußfischen gewachsen ist. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, daß jeder wirtschaftliche Fortschritt zugleich Nachteile zeitigt. Die Re- gulierung der Flüsse, der lebhafte Verkehr' auf den Wasserstraßen und ihre Verunreinigung durch die Zunahme der gewerblichen Ab- Wässer sind der Vermehrung deS Fischbestandes in den Binnen- gewäffern hinderlich, die um so mehr anzustreben wäre, als er eine weitere große Unabhängigkeit in der Nahrungsmittelversorgung vom Auslände bedeuten würde, daS heute selbst rund 75 Proz. deS deutschen Seefischkonsums deckt. Zwar hat die Fischzucht in Teichen und Seen im Binnenlande in letzter Zeit weiter an Ausdehnung gewonnen, doch an eine Verbilligung der Süßwasserfische ist wohl kaum ernstlich zu denken. Haben doch auch die großen Fischzüchter bereits die Ringbildung gelernt, die im laufenden Jahre den Weihnachtskarpfen um 20 M. für den Zentner im Großhandel der- teuern wird._ Mehl-Kleie-Einfuhrschcine. Dem93. T.' wird aus Petersburg berichtet: Der Petersburger Getreidebörse steht ein skandalöser Millionenprozeß bevor, in den viele namhafte russische Getreide- firmen verwickelt sind. Die Klage gegen die Börse basiert darauf, daß eine Reihe von Getreidefirnien unter Deklarierung vonWeizen- michl* Kleie in sehr großen Ouantnäten nach Finnland exportiert habe. Da die russische Regierung zur Förderung deS russischen MüllereiwesenS für den Export von Mehl 20 Proz. Prämie zahlt, so haben die Getreidefirmen die russische Regierung im Laufe einiger Jahre um über 10 Millionen Mark betrogen. Es steht eine Reihe schwerer Kriminalprozesse bevor. Der Borfall erregt allgemeine Sensation.' Die Ausfuhr von Kleie aus Rußland nach Deutschland hatte im Jahre 1908 einen Wert von 46 Millionen Mark, im Jahre 1909 einen Wert von 59 Millionen. Sind die Angaben zutreffend, dann dürfte sich ergeben, daß erhebliche Mengen dieser als Mehl der- äußerten Kleie deutschem Getreide entstammt, das unter Inanspruch­nahme der Ausfuhrprämie nach Rußland gegangen ist. Hotelbesitzer und Fleischteuerung. Die 39. stark besuchte General- Versammlung der Internationalen Hotelbesitzervereiniguug in Baden- Baden hat eine Resolution gutgeheißen bezüglich der Flcischteuerung, die nach dem Vorschlage de« auf dem SltzungStage anwesenden Heidelberger Prof. Gotheim dahin erläutert wurde, daß die Re- gierung namentlich in Errichtung von Schlachthäusern, Zoll- ermäßigunge» und ähnlichen Mitteln den Fernbezug deS Fleffches wesentlich erleichtern könnte._ Städtische und ländlich« Genossenschaften im Dentsche» Reiche. In den von der Preußischen Zentral-GenoffenschaftSkaffe heraus- gegebenenMitteilungen zur deutschen Genossenschastsstatistik' werden die Genossenschaften u. a. auch nach ihrem überwiegend städtischen oder ländliche» Charatter gruppiert. Eine reinliche Scheidung zwischen diesen beiden Arten ist zwar nicht durchführbar; der Haupt- fache nach sind aber nachstehende Auseinanderhaltungen zutreffend. ES wurden ermittelt� a) Genossenschaften überwiegend Genossenschaften Mitglieder städtischen Charakters: 1904 1908 1904 1908 Kreditgenossenschaften..... 1 885 2 022 834 207 948 356 Rohstoffgenossenschasten.,,. 190 296 6 908 11 964 Wareneinkaufsvereine..... 72 142 3 261 6 475 Werkgenossenschaften..... 221 389 18 735 27 204 Gen. z. Besch, v. Masch, u. Geräten 2 4 249 761 Magazingenossenschaften.... 51 81 1 746 4 544 Rohstoff- u. Magazin-Genoffensch. 115 130 3 967 4 856 Produktivgenosienschaften.,, 176 276 22172 30 874 Konsumvereine....... 1768 2111 891 114 1 224109 Wohn.« u. Baugen., eigentliche.. 537 747 112 220 147 229 Wohn.- u. Baugen., Bereinshäuser 51 96 5 737 14 915 Sonstige Genossenschaften... 152 194 27 047 33 407 zusammen.. 5 710 6 48» l»77 ZöZ 7 454 694 d) Genossenschaften überwiegend Genossenschaften Mitglieder ländlichen Charakters: 1904 1908 1904 1908 Kreditgenossenschaften(DarlehnS- kaffenvereine)....... 11796 14 084 1056 577 1326 477 Rohstoffgenossenschaften.... 1 487 1 841 128198 167708 Werkgenossenschaften..... 233 401 5 564 8 909 Gen. z. Besch, v. Masch, u. Geräten 6 7 479 578 Magazingenossenschaften.... 215 310 29 216 48 008 Rohstoff- u. Magazin-Genoffensch. 20 23 2379 3 434 Produklivgenossenschaften... 2 982 3 480 216 016 283117 Zuchtgenossenslbaften..... 158 161 11 563 11 794 Sonstige Genossenschaften... 21 68 912 3 486 zusammen.. l69l»70Z7» 1450907 1853511 Die durchschnittliche Zunahme der Genossenschaften von 1904 bis 1908 betrug bei den städtischen 24,53, bei den ländlichen 20,43 Proz. In den einzelnen Gruppen nach dem Gegenstande des Unternehmens, die sowohl mit Genoflenschaften überwiegend städtischen wie ländlichen Charakters besetzt sind, treten bezüglich der Höhe der durchschnittlichen GenossenschastSzunahme nach der städtischen bezw. ländlichen Seite hin erhebliche Abweichungen zutage. Von 1904 zu 1908 betrug sie z. B. bei den Kreditgenossenschaften überwiegend städtischen CharatterS nur 7,27, bei denen übcriviegend ländlichen Charakters aber 19,40 Proz., bei den Rohstoff- und Magazingenossen- schaften.13,04 bezw. 15.00 Proz. und bei den sonstigen Genoffen- schaften 27.63 bezw. 223,81 Proz. Umgekehrt war die durchschnitt- liche Genossenschaftszunahmen bei den Rohstoffgenoffenschaften über« wiegend städtischen Charakters 55,79, bei denen überwiegend ländlichen Charakters aber nur 23.31 Proz., bei den Werkgenossenschaften 76,02 bezw. 72,10 Proz., bei den Magazingenossenschaften 58,82 bezw. 44,19 Proz. und bei den Produltivgenoffenschaften 56,82 bezw. 16,70 Proz. Die durchschnittliche Mitgliederzunahme ist bei beiden Gruppen annähernd gleich<27,36 bezw. 27,75 Proz.). In den einzelnen Ge- nossenschaflSgruppen nach dem Gegenstande des Unternehmens treten aber wie bei der durchschnittlichen Genossenschaftszunahme auch be- züglich der durchschnittlichen Mitgliederzunahme.nach der städtischen bezw. läudlicheu Seite hin erhebliche Abweichungen auf. Sie be- trug von 1904 zu 1908 z. B. bei den Kreditgenossenschaften über- wiegend städtischen Charakters nur 13,63, bei denen überwiegend ländlichen Charakters aber 25.24 Proz., bei den Werkgenossenschaften 45,20 bezw. 60,12 Proz,, bei den Rohstoff- und Magazingenoffen- schaften 22,41 bezw. 44,35 Proz. und bei den sonstigen Genossen« schaften 23,51 bezw. 282,24 Proz. Umgekehrt war die durchschnitt- liche Mitgliederzunahme bei den Rohstoffgenossenschaften überwiegend städtischen Charakters 73,19, bei denen überwiegend ländlichen Charakters aber nur 30,82 Proz., bei den Magazingenossenschaften 160,25 bezw. 64,32 Proz., bei den Produktivgenossenschaften 39,25 bezw. 31,06 Proz._ Hus der frauenbewegung. Versammlungen Veranstaltungen. Zentralvrrband der Hausangestellten. Sonntag, den 2. Oktober, abends 6 Uhr: Große Dienstboten-Versammlung im Volkshaus Charlottenburg, Rosinenstr. 3. Vortrag von Frau Luise Zietz : Können die Dienstboten mit ihren Arbeitsverhältnissen zu- frieden sein?' Freie Aussprache. Nachdem gemütliches Bei- fammensein. Die Arbeiterschaft wird ersucht, alle ihr bekannten Dienst- boten auf diese Versammlung aufmerksam zu machen. Der Bund für Mutterschutz hat sich die Aufgabe gestellt, ledigen Müttern nicht nur augenblickliche Hilfe angedeihen zu lassen, sondern vor allem auch ihnen in jeder Beziehung durch Nachweis von Be- schäftigung im Haushalt, Bureau, Fabrik, Filialen, Anfertigung von Schreibmaschinenarbeiten, Erteilen von Unterricht in Sprachen, Malen. Musik, als Hausdame, Reisebegleiterin usw. bei der Gründung einer neuen Existenz zur Seite zu stehen. Er bemüht sich ferner, den Müttern die in Berlin so schwierige WohnungS- frage zu erleichtern und bittet alle, die geneigt sind, eine Mutter mit Kind gegen Hausarbeit und geringem Entgelt aufzunehmen oder auch nur ein Kind als Pflegling, ihre Adressen und Be- dingungen dem Bureau deS Bundes mitzuteilen. Ferner bittet er Damen und Herren, welche geneigt sind, Vormundschaften zu über- nehmen sowie Pflegestellen zu besichtigen, um Angabe ihrer Adreffe. Sprechstunden täglich von 91 Uhr, außerdem Dienstag und Freitag abends von 79 Uhr. Briefe sind an Frau Franziska Schultz zu richten. Gleichzeittg spricht der Bund für Mutterschutz die Bitte um Unterstützung an Geld, Wäsche, Kleidung auS. Bei dem großen Andränge der Hilfesuchenden ist jede Gabe sehr willkommen. kommunales. Aus der Stadtverordnetenversammlung. Der Kampf um das Tempelhofer Feld ist zu Ungunsten Verliiis entschieden, und nur ein Epilog loar's, der ihm gestern noch in der Stadtverordnetenversammlung ge- widmet wurde. Ein dringlicher Antrag der Freisinnigen, der den Magistrat um Auskunft über die Angelegen- heit ersuchte, stand auf der Tagesordnung. Die Antragsteller verzichteten auf die Begründung, die in der Tat nicht nötig war, und so gab der Magistrat sofort die gewünschte Aus- kunst. BürgermeisterReicke. der in dieser Frage den Magistrat zu vertreten hatte, schilderte klagend die geradezu schmähliche Behandlung, die die Stadt sich vom Kriegs» Ministerium hat gefallen lassen müssen. Schärfere Worte fand der Stadtverordnete Cassel, der Führer derAlten Linken", der in der Debatte den Reigen der Redner eröffnete. Er verglich die Handlungsweise des Kriegsministeriums mit den Praktiken, die im Pfcrdehandel üblich seien. Und bitter beklagte auch er sich, daß die Reichshauptstadt und ihre Ge- meindevcrwaltung von den Reichsbehörden eu canaillv be» handelt werde. Ungefähr auf denselben Grundton waren die Ausführungen des Stadtverordneten Imberg gestimmt, der für dieNeue Linke" sprach. Den Standpunkt der sozial- demokratischen Fraktion legte unser Genosse Borg mann dar. Mit wuchtigen Hieben geißelte er die Junkerklique, und er zeigte, daß hauptsächlich ihrem Treiben Berlin diesen Ausgang des Kampfes um das Tempelhofer Feld zu danken habe. Die Städtefeindschaft dieser Kligue sei geradezu zu einer Bolksfeindschast geworden, und es sei an der Zeit, daß endlich einmal der übermächtige Einfluß des Junkertums ge- brochen werde. Die Debatte endete mit den Ausführungen des Sozialfortschrittlers P r e u ß, der dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung ihren Mangel an Mut zur Selbsthilfe vorhielt. Er äußerte die Besorgnis, daß nur zu bald alles wieder vergessen sein werde. Da kann er lejder Recht behalten._ Soziales. Bersicherustgsanstalt und Heilverfahren. Der Ukas des Reichs-VersicherungSamteS auf größere Spar» samkeit in der Gewährung des Heilverfahrens hat auf die Nerven der Herren Landesräte in den meisten Versicherungsanstalten ge- wirkt. Willig, sogar eilfertig kam man diesen reaktionären Ge- lüften entgegen. Welche Blüten diese Maßnahmen der oberen Behörde zeigen, wurde auf dem Jahreskongreß der OrtSkranken- kaffen von Hessen -Naffau zu Haiger von Genoffen Gräf-Frank- furt a. M. zur Sprache gebracht. Anwesend war auch der nationalliberale Landtagsabgeordnete Dr. Schröder-Kassel, welcher als LandeSrat der VersicherungS» anstalt dortselbst in großer Verlegenheit den Klagen der einzelnen Kassenvertreter zuhörte. Kleinere Landkaffen beklagten sich bitter darüber, daß dir BersichernngSanstalt so selten das Heilverfahren gewähre und vielen jugendlichen Kranken die letzte Hoffnung nehme. Für Frankfurt a. M. hatte man sich nach langen Kämpfen auf folgendes System geeinigt, welches auch die ganzen Jahre zur beiderseitigen Zufriedenheit praktisch geübt wurde. Um die über- lange Wartezeit nach Möglichkeit abzukürzen, verpflichtete sich die Ortskrankenkaffe zu Frankfurt a. M.. kleinere Kuren in Bad Orb usw. gleich in die Hand zu nehmen. Sprach sich auch der Ver» trauenSarzt der Krankenkaffe für die Notwendigkeit der Knr aus, so wurde der Kranke, wenn dieser die Hilfe der VersicherungS- anstalt wünschte, zum Vertrauensarzt der Versicherungsanstalt, Dr. Roth, noch geschickt. Dann reiste der Erkrankte in das Bad ab und wartete die Krankenkaffe auf den Bescheid der Ver- sicherungSanstalt. Dadurch war dem Kranken sehr viel geholfen, der im ersten Stadium seiner Krankheit schon die nötige Kur be­kam, die Krankenkasse hatte viele Wochen an Krankengeld erspart und die Versicherungsanstalt verhütete eine chronische Erkrankung und sparte dadurch viele Renten. Ein Risiko war damit für die Versicherungsanstalt auch nicht vorhanden, denn die Krankenkasse verpflichtete sich, im Falle einer Ablehnung die gesamten Kur- kosten und auch noch das Obergutachten des königlichen Gerichts- arzteS zu zahlen. Mehr konnte man doch nicht verlangen. Räch dem BremSrrlah kündigte nun aber der Borstand der Lersicherung». anstalt dieses Uebrrrinkommen kurzerhand auf und verlangt jetzt wieder, daß der Kranke geduldig zu warten habe, bis ihm von der Versicherungsanstalt nach Wochen oder Monaten der Ab- lehnungSbcscheid erteilt wird. Darüber waren die Krankenkassen natürlich sehr aufgebracht und wurde eine scharfe Protestresolution angenommen. Landesrat Dr. Schröder fand auch keine eigent- lichen Gründe für diesen Beschluß. Seine Verlegenheit wurde aber noch größer, als ihm Genosse Graf einen weiteren Ukaö der Versicherungsanstalt vorhielt. Bekanntlich redet man den Fragen bei ihrer VerheirälMg guk zs, daß sie auf die Rückerstattung ihrer Beiträge verzichten sollten und ihre Mitgliedschaft aufrechterhalten sollen. Man brauche ja gesetzlich nur jedes Jahr 10 Beitrags- marken zu kleben und sichere sich nicht allein die Rente, sondern auch, waS noch viel wichtiger sei, ein Heilverfahren, welches eine drohende Invalidität verhindere. Auch den sonstigen Mitgliedern hat man dies gepredigt, wenn sie aus der Versicherungspflicht ausschieden. Jetzt kommt dieselbe Versicherungsanstalt her und schrieb einem Antragsteller, daß die Uebernahme des nachgesuchten Heil« Verfahrens abgelehnt worden sei, weil nach einem Beschluß des Gesamtvorstandes der Versicherungsanstalt die Uebernahme der Krankenfursorge unter anderem auch von einer regelmäßigen Markenverwendung abhängig gemacht werde. Bei einer Beitrags- entrichtung für 12 13 Wochen jährlich kann aber von einer auch nur einigermaßen regelmäßigen Markenverwendung nicht die Rede sein. Und was antwortete der angegriffene Landesrat auf diesen Fall? Er bedauerte selbst diesen Beschlutz des Vorstandes, in welchem doch die Versicherten gar keinen Einfluß haben, und mußte dem Genoffen Gräf recht geben, daß gerade die Uebernahme des Heilverfahrens, die richtige Versorgung der Familie dieser Kranken usw. erst das an sich so verhaßte Gesetz den Versicherten nähergebracht habe. Wir sind neugierig, ob nun die VersicherungS- anstalt diesen eigenartigen Beschluß wieder aufheben wird oder gar dazu übergeht, jetzt auch noch die Höhe der zu verwendenden Beitragsmarken vorschreiben möchte? Stellenvermittlung" des Deutschen Technikerverbandes. Aus Architektenkreisen wird uns geschrieben: Vor mir liegt ein Blatt der Zeitung, die sich stolz did Deutsche Technikerzeitung" nennt. Darin heißt es mit fettgedruck, ter Ueberschrift:Unsere Stellenvermittlung ist eine der wichtigsten sozialen Wohlfahrtseinrichtungen, die der Verband zum Wohls und Nutzen seiner Mitglieder geschaffen hat. Sie vermittelt kosten- loS allen stellensuchenden Verbandskollegen eine ihren Leistungen entsprechende Stellung und weist Staatsbehörden usw. bestquali« ftzierte technische Arbeitskräfte nach." Wenn ein Uneingeweihter dies liest, wird ihm selbstverständlich der Gedanke kommen: das scheint ja eine ausgezeichnete Einrich- tung mit dieser Stellenvermittlung zu sein. Als Laie wird er den Kopf schütteln über die. dennoch herrschende angebliche Stellungslosigkeit und Misere des technischen Standes. Ist er aber Ingenieur oder Techniker, so tritt er womöglich dieser Vereinigung, die ihm so nett eine seinen Leistungen entsprechende Stellung ver- spricht, als Mitglied bei. Bald aber ändert sich ihm das Bild. Denn die in so schönen Worten angepriesene Stellenvermittlung sieht folgendermaßen aus: auf dem dort befindlichen Tische liegen drei Mappen aus. Die eine enthält die Baufach-Vakanzen für Berlin (nicht einmal das Datum des Eingangs ist angegeben), die feite die Baufach-Vakanzen für außerhalb und die dritte die Ma. inen- und elektrotechnischen Vakanzen für Berlin und außerhalb. kommen nun jeden Tag die vielen Stellensuchenden und sehen die Listen ein, um hernach bei den betreffenden Arbeitgebern wis ein Rudel hungriger Wölfe über die wenigen Stellen herzufallen. Da geht eS natürlich wie bei allen anderen Gelegenheiten des Lebens: wer die stärksten Ellenbogen hat und nebenbei über die nötige Redemaschinerie verftigt, wird engagiert, die übrige große Zahl der Bewerber zieht enttäuscht ab. Das Spiel beginnt bald wo anders von neuem. Unter solchen Umständen ist die Mehrzahl der Stellensuchenden schließlich gezwungen, um nicht zu verhungern« eine ganz minderwertige, d. h. schlecht bezahlte Stellung cmzuneh- men, und kann von Vermittlung einer den Leistungen entsprechen. den Stellung an alle stellensuchenden Berbandskollegen also gar keine Rede sein. Ich kenne Stellensuchende im Alter von Mitte 20 bis Anfang 30, die schon seit Ansang dieses Jahresmit Hilfe' besagterStellenvermittlung' eine ihren Leistungen entsprechend« Stellung suchen. Der Satz:Sie vermittelt kostenlos allen stellen- suchenden Kollegen eine ihren Leistungen entsprechende Stellung' ist also weiter nichts als eine hochtönende Phrase, dazu geeignet» die Massen zu ködern. Der mehrfach erhobene Wunsch, die Stellensuchenden möchten chronologisch notiert werden und wenn sie an der Reihe wären, dem Arbeitgeber einzeln, bezw. in ganz beschränkter Zahl ins HauS geschickt werden, wurde als völlig undiskutierbar abgelehnt, da sich die Arbeitgeber dann angeblich auf anderem Wege, wie Zeitungs- inserate usw. ihre Arbeitskräfte suchen würden. Wie aber bei solchen Verhältnissen den Herren Arbeitgebern der Kamm schwellen muß, wenn sie sehen, daß auf Grund ihrer eventuell monatelang in der Vakanzenliste verbleibenden Nachfrage ihnen Tag für Tag Arbeitsuchende das HauS einlaufen, bedarf wohl kaum der Er­wähnung. Unter solchen Umständen schrauben sie ihre Anforde» rungen an Vorbildung, Praxis, Spezialkenntnisse und Leistungen unverhältnismäßig hoch und drücken selbstverständlich das Gehalt auf das ticfstmSgliche Niveau hinab. Sie können es sich ja leisten, denn dieStellenvermittlung" des Technikerverbandes betrachtet es als Ehrensache, ihneix immer wieder neue Kräfte zuzuführen. Für- wahr, ein erhebender Zustand! Der Wert unserer Stellenvermittlung ist längst erwiesen,' so heißt es auf der Rückseite des eingangs erwähnten Titelblattes. Der Wert einer solchen Stellenvermittlung ist allerdings erwiesen! Die Kruppsche Sparlottcrie. Wie in ihrem Werke in Essen hat die Firma Krupp auch für die Arbeiter in ihren linksrheinisch gelegenen Werken im Kreise Moers eine Spareinrichtung getroffen, und zwar hat sie, um zu fleißigerem Sparen anzuregen, zu der Sparlotte des Herrn August Scherl gegriffen, d. h. zu einer Prämienvcrlosung, obwohl diese von allen öffentlichen Sparkassen abgelehnt worden ist. Die Firma nimmt die Spareinlagen der Arbeiter in Empfang resp. zieht sie gleich bei der Lohnzahlung ab und legt sie bei den Bürgermeisterei- Sparkassen in Hochemmerich und Friemersheim auf den Namen der Firma an. Mindsteinzahlungssatz: eine Mark. Die Sparkassen verzinsen die Einzahlungen mit 4 Proz., und zur Aufmunterung zum Sparen legt die Firma noch 1 Proz. zu, so daß die Gelder im ganzen mit 5 Proz. verzinst werden. Auch die Berwaltungskosten trägt die Firma. Das Sparjahr läuft immer vom 1. April bis zum 31. Marz. Nur für dies ganze Jahr wird der Zinssatz gezahlt. Aber am Ende des Jahres resp. am Anfang deS neuen findet eine Verlosung eines weiteren Zuschusses der Firma statt, je nach der Höhe der Einzahlungen. Im letzten Jahre betrug vieser Ver- losungSzuschuß 1350 M. und es kamen zur Verlosung je eine Prämie von 200 und 100 M. lind 21 Prämien von je 50 M. Für diese Verlosung erhält jeder Sparer für voll eingezahlte 25 M. ein LoS. Wer also 100 M. eingezahlt hat. erhält 4 Lose. Da» ganze ist ein Mittel, um die Arbeiter und Beamten trotz anderer Unannehmlichkeiten mit der Aussicht auf den Aewiny vor, Prämien lange an das Werk zu fesseln., Hiie aller Alelt. Die Cholera in hfeapel. Rom , 27. September. (Eig.©er.) Endlich hat man sich entschlossen, den seit Wochen in Neapel austretenden Fällen akuten Magen- und Darmkatarrh» offiziell den ihnen zukommenden Namen zu geben und von Cttolora aaiatioa zu sprechen. Eine offizielle Note an die verschiedenen Staaten gibt einen Cholerafall in Neapel zu. Leider steht eS so. daß man an diese Eins getrost zwei Nullen hängen kann, ohne sich der Uebertreibung schuldig zu machen. Allein in der Irren­anstalt sind 40 Fälle konstatiert. Daß man die seit Ansang August sporadisch austretende Krank« heit so lange zu verheimlichen gesucht hat, erklärt sich aus der