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Nr. 245. 27. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 19. Oktober 1910.

Wieder eine Grubenkatastrophe.

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meistens von der Berufsgenossenschaft die Unfallentschädigung ver- dakteurs: Nun werden wir abrechnen". Der Redakteur schlug dem Tangen. Um eine doppelte Entschädigung in zu weitem Umfange Staplan jedoch den Revolver aus der Hand. Der schießluftige Gottes­zu vermeiden, schreibt der Entwurf der Reichsversicherungsordnung streiter zog es nun vor, die Abrechnung auf eine spätere Zeit zu vor, daß die Krankentajie wenn nicht andere Vereinbarungen verschieben, denn er rückte aus und zog sich in das Kloster zurück. mit den Berufsgenossenschaften getroffen sind- den Verletzten die Das versuchte Attentat auf den Redakteur wird noch ein gerichtliches ftatutengemäßen Leistungen gewähren muß. Dafür steht der Staffe Das versuchte Attentat auf den Redakteur wird noch ein gerichtliches ein Anspruch auf den Erjag ihrer Leistungen an die Berufsgenossen- Nachspiel haben. schaft zu, die dann ihre Leistungen an die Verlegten in demselben Maße fürzt.

Nächste Sigung morgen.

Hus aller Welt. Wellman gelandet.

Neues Unwetter auf Kuba  .

schäßt. In den Provinzen sind Tausende obdachlos.

Auch die Halbinsel Florida  , die südlichste Spize Nord­ amerikas  , ist von dem Unwetter schwer getroffen worden. Die Eisen­bahn ist meilen weit überflutet oder weggeschwemmt. Die letzte telegraphische Meldung aus Key West   besagt, daß das Waffer im Begriff ist, in das Telegraphengebäude eine zubringen. Menschenleben sind auf der Halbinsel nicht ver­nichtet worden, jedoch wird der Schaden auf 1 Million Dollar angegeben.

Der Tod hält im deutschen   Bergbau reiche Ernte. Nach dem erst am Montag mehrere brave Bergknappen auf 3 e che Shamrock ihr Leben lassen mußten und eine größere Anzahl Bergleute im Interesse des Kapitalismus zu Strippeln geschlagen wurden, fommen schon wieder Nachrichten über ein schweres Grubenunglück. In dem Schacht des Kaliberg- Der Anspruch auf diesen Ersatz foll aber nach dem Entwurf Nachdem erst vor einigen Tagen ein Orkan auf der Infel Kuba werts Siegfried in Groß- Giesen bei Sarstedt   ausgeschlossen sein, wenn er nicht spätestens sechs Monate nach große Verbeerungen angerichtet und viele Menschen zum Opfer ge­( Provinz Hannover  ) erfolgte am Dienstag früh sechs Uhr Beendigung der Kassenleistungen bei dem Träger der Unfall fordert hatte, ist am Montag wieder die Jusel durch einen Sturm eine Dynamiterplosion, durch die wahrschein versicherung geltend gemacht wird. heimgesucht worden. Wie aus Havanna   gemeldet wird, stieg lich fünfzehn Arbeiter getötet wurden. Das Das ist eine Verschlechterung des geltenden Rechtes, in die Wafferhöhe in der Stadt infolge des Orfans derart, daß das dem die Frist auf drei Monate festgesetzt ist. Dabei hat die nördliche Stadtviertel überschwemmt wurde. Unglück ereignete sich 750 Meter unter Tage dem die Frist auf drei Monate festgesetzt ist. Dabei hat die Erfahrung gezeigt, daß die fürzere Frift bei ordnungsgemäßer Ge- Die Städte Martinas, beim Sprengen von Salisalzen. Es wird Guana le Grifa, Punta schäftsführung der Krankenkessen völlig genügt. Je länger aber die bermutet, бав eine Kiste des des zum Sprengen der Frist ausgedehnt wird, desto nachteiliger ist das für die Verlegten, Carpes, Cortez und der größte Teil von Artemisa sind Salzblöcke benutten Dynamites explodiert ist und die deren Rente nachträglich noch gekürzt wird. Auf Antrag der zerstört worden. Die Zahl der bei dem Sturm ums Statastrophe herbeiführte. Die von den Kameraden der Ver- Sozialdemokraten wurde die Frist wieder auf drei Leben Gekommenen und Verletzten wird auf etwa 1000 ge­unglückten in opferwilligfter Weise vorgenommenen Rettungs- Monate beschränkt. arbeiten wurden durch die im Schacht befindlichen Explosions­gase so sehr erschwert, daß zwei zur Rettung in die Tiefe Gestiegenen durch Einatmung der Gase erstickten. Bis zur Stunde ist es erst gelungen, einen der Verunglückten tot ans Tageslicht zu bringen. Als feststehend ist leider an­zunehmen, daß auch die übrigen zwölf Mann, die auf der Sohle beschäftigt waren, der Explosion zum Opfer gefallen Zwei Tage lang waren die Amerikaner, die erst über das immer find. Mit heroischem Mute versuchen die Rettungsmannschaften wieder aufgefchobene Flugunternehmen ihres etwas reflamefüchtigen immer wieder, in den Schacht einzubringen, um den untröst- Mitbürgers spotteten, über den Verbleib Wellmans im unklaren. lichen Anverwandten der Verunglückten Gewißheit über das Die Funkenstation in Siasconset hatte sich mit allen durch draht­Schicksal ihrer Lieben zu geben. Doch die furchtbare Hiße lose Telegraphie erreichbaren Schiffen in Verbindung gesetzt, aber und die entwickelten Gase treiben die Heldenmütigen stets nichts über den Aufenthalt des Ballons in Erfahrung bringen wieder zurück. Von den Rettungsmanntschaften sind die tönnen. Man hegte große Besorgnis, daß Wellman vom richtigen meisten an Erstickungsanfällen ertrantt. Wege abgekommen sei, weil sein Ballon fast vom Augenblick des Die fönigl. Bergbehörde teilt am Dienstag über das Aufstieges an vom Rebel eingeschloffen war. Die Besorgnis um das schwere Unglück folgendes mit: Heute früh gegen 6 Uhr er- Leben Wellmans und seiner Begleiter war grundlos, denn ein eignete sich auf dem Kalisalzbergwerk der Gewerkschaft Sieg- drahtloses Telegramm des Kapitäns des Dampfers" Trent" meldet fried" in Groß- Gießen, Landkreis Hildesheim  , eine Gruben- nach New York  , daß Wellman und seine Begleiter sich explosion. Ein Arbeiter und zwei Rettungsleute sind tot an Bord des Dampfers befinden. Der Kapitän sichtete und geborgen, etwa 12 Leichen sind noch zu gestern früh 5 Uhr den Ballon" Amerika  ", der signalisierte, daß bergen. Art und Ursache Ursache der Explosion sind noch er hilfe brauche. Nach dreistündigem Manövrieren bei starter nicht feststellbar; man nimmt an, daß eine Explosion Brise wurde die Luftreisegesellschaft an Bord des Dampfers gebracht. zum Schießen gebrauchten Dynamitfiften erfolgt Der Ballon wurde nach der Ausschiffung der Insassen seinem Schicksal ist. Die Bergungsarbeiten der Leichen sind im Gange, werden überlaffen. Die Rettung erfolgte ungefähr 400-500 Seemeilen aber durch die Explosionsgase sehr erschwert. Schacht und südlich von Sandy Hook etwa unter dem 35. Breitengrade und dem Grubenbau sind mit Ausnahme des Ortes der Explosion un- 68. Längengrade. Azuweit hat sich demnach der Ballon nicht vom versehrt. Oberbergrat Müller und Bergrat Richert be- Festlande entfernt. finden sich seit heute früh an der Unfallstätte und leiten die Rettungsarbeiten.

der

Kleine Notizen.

Ein am Sonntag in Saarbrücken   aufgestiegener Ballon wurde während seiner Fahrt nach Frankreich   abgetrieben. Nach Angabe der Fahrtteilnehmer erhielt der Ballon über dem Fort bon Verdun in der Nacht Feuer von französischen Der Führer osten; die Balloninsassen blieben aber unverletzt. fuchte darauf höhere Luftschichten auf, um aus Frankreich   heraus­zukommen. Nach 24stündiger Fahrt landete der Ballon glatt in der Nähe von Eltville am Rhein  . Bei einer Kirchweihfeier in Straubing   in Bayern   fam es im Gasthause zum bayerischen Hof zu einem Streit zwischen dem Wirt und zwei tumultuierenden Gästen. Der Wirt griff zum te volver und erfchoß den einen, der zweite wurde durch alvei Sugeln id wer berlegt.

Eisenbahnunfall. Bei der Einfahrt in die Station Tauf­tirchen stieß ein von Diesenhofen in Bayern   abgegangener Lotal­bahnzug infolge lleberfahrens des Saltefignals auf einen rangierenden Güterzug. 13 Personen wurden leicht verlegt. 11 Wagen find beichädigt.

Um 65 000 kronen betrogen wurde die Lemberger Filiale der österreichischen Kreditanstalt von einem zugereisten Fremden. Der Tod in den Wellen. Er zeigte an der Kaffe ein gefälschtes Auftragschreiben vor und Während eines Sturmes auf der Ostsee   ist wahrscheinlich erhielt die Summe anstandslos ausgezahlt. Von dem Schwindler

Aus der Reichsversicherungsordnungs- der ber Samburger Reederei Sirſten gehörige Dampfer fehlt jede Spur.

Kommiſſion.

Sizung vom 18. Oftober.

Die Beratung des 5. Buches zog sich sehr in die Länge. Es handelte sich um die Beziehungen der Versicherungsträger zu einander und zu anderen Berpflichteten".

,, Valeria" untergegangen. Das Schiff ist seit zwei Tagen überfällig und befand sich auf der Rückfahrt von Petersburg  . Von der Besatzung sind vier mit Rettungsgürteln bersehene Leute auf der Insel Defel als Leichen angetrieben worden. Das Schicksal der übrigen zwölf ist unbekannt.

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Auch aus Südamerika   bringt der Telegraph die Meldung über den Untergang eines Dampfers. Der einer argentinischen Reederei gehörende Dampfer Port Marnad" hat bei Sap Frio Schiffbruch erlitten. 8wölf Per fonen sind umgekommen; das Schiff ist verloren. Ein Kaplan als Revolverheld.

Dazu hatten die Berufsgenossenschaften eine ganze Reihe von Anträgen eingereicht, die Abg. Semmler aufnahm und durch zubringen suchte. In einigen Punkten wurde dann auch wirklich der Entwurf nach den Wünschen der Berufsgenossenschaften berschlechtert, freilich waren die Alenderungen durchweg von geringerer Bedeutung. Auf der anderen Seite werden auch die meisten Verbesserungs- In der ungarischen Gemeinde Csorna   stellte der Kaplan Sütö anträge der Sozialdemokraten abgelehnt. Besonders hervorzuheben ist aus der Sigung nur folgendes: den Redakteur des dortigen Wochenblattes auf offener Straße zur Wenn ein Arbeiter infolge eines Betriebsunfalles verlegt ist, steht Rede, weil er sich durch einen Artikel des Blattes getroffen fühlte. ihm nach Ablauf der ersten 13 Wochen für die Zeit seiner Krankheit Im Verlaufe der Auseinandersetzung richtete der Kaplan den Lauf der Anspruch an seine Krantentassen zu, und außerdem kann er eines Revolvers mit der Bemerkung gegen die Brust des Re­

Moderne Journalíftík.

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St.

Eingegangene Druckfchriften. Die Juden in Deutschland  . Von einem jüdischen Deutschen  . 1 M. Curtius, Berlin   W. 35.

Die Spielerin, Roman von N. Saudet. 4 M., geb. 5 M. Verlag von Karl Reißner in Dresden  .

Gerechtigfeit! Ein altes Wort an die moderne Christenheit von . Stutter. 2,50 M., geb. 3,50 W. Im Kampf um die Chriftnsmythe. Bon F. Steubel. 1,50 M. Das werdende Degma vom Leben Jeju. Bon S. Lublinsfi. 3 W., geb. 4 M. Sie müffen! Ein offenes Wort an die christliche Gesellschaft von H. Kutter  . 2,50 M., geb. 3,50 M. E. Diederichs, Jena  .

Die Tätigkeit der sozialdemokratischen Partei in Steiermark  . 26 Seiten. A. Lindner, Graz  .

Das schwarze Buch der Renttion. Herausgegeben vom Zentral borstand der Demokratischen Vereinigung. 24 S. Angestellte und Demokratie. Bon S. Aufhäuser und H. Lüdemann. 29 S. Demokratische Vereinigung, Schöneberg  , Stolonnenftr 54.

Fischers Bibliothet zeitgenöfftscher Nomane. Bd. 1. Zrrnugen, wirrungen. Roman von Kh. Fontane.- Mary. Roman von Björnstjerne Björnson  . Frauenseelen. Novellen von Gabriele Reuter  . Einzelband 1 M., geb. 1,25 M. G. Fischer, Berlin  , Bülowstr. 90

Da ich des Rätsels Lösung nicht finde und nicht zufrieden bin tempel tobt die Stimmung bis an die Decke. Enganeinander gedrückt mit dem armseligen Resultat meiner historischen Untersuchungen sißt die Gesellschaft. Entzückende Frauen und die dazu gehörenden ( ich lebe immer noch gegen 1960), schlage ich alte Zeitungsjahrgänge Männer legitimen und illegitimen Charakters lachen und trinken nach, dicke Bände aus vergilbtem Holzpapier. Mit gierigem Eifer und fingen die Refrains der Walzer mit, die eine lustige Wiener  durchblättere ich Monat auf Monat der damals angesehenen Vos- Kapelle spielt. Herrgott san mer lustig!... Auf den Gängen tanzen Manchmal begehe ich in dieser oder jener albernen Träumerei fischen", das damals einflußreiche Berliner Tageblatt", und des die Paare und stoßen die Sektflaschen mit den Ladstiefeln fort, daß die Torheit, mir einzubilden, daß ich fünfzig oder hundert Jahre damals bei Hofe gelesenen Blatt Scherls. Ich trachte ein Bild sie herumfollern wie die Murmeln.. Ich bin so müde! Das es ist um Settfriße zu werden," sagt später lebe. Dann nehme ich die Bücher der bedeutendsten Autoren, der damaligen großen Ereignisse in Deutschland  , Frankreich  , Leben ist hart ( Edmund Edel  .) die hervorragendsten Zeitschriften, die bekanntesten Tagesblätter des Spanien  , Portugal  , Rußland   zu gewinnen, nötigenfalls ein photo- Giampietro als Gardeleutnant... längst verflossenen Jahres 1910 zur Hand und wundere mich, graphisch- journalistisches Bild und ich entdede wohl sensationelle Ich blättere weiter auf meinem Sofa im Jahre 1960, Tese wundere mich entseßlich. Ich wundere mich mit dem Erstaunen Telegramme, Spalten voll" Neuester Nachrichten", aber das zehn Beilen über zirka zweitausend Arbeiter, die arbeitslos find, eines denkenden Menschen, eines einfach denkenden Durch- Hauptsächlichste, Bedeutendste, Markanteste und Prägnanteste jener weil eine momentane Ueberproduktion in der Industrie vor­schnittsmenschen aus dem Jahre 1960 oder 1970 über die Zeit steht hinter einer spanischen Wand verborgen, um weniger herrschte" und daneben ein packend geschriebenes, literarisch­literarische Produktion der herrschenden Klasse um 1910. Sind fie Aufmerksamkeit zu erregen, wird mit feiner Fronie" behandelt forgfältiges Feuilleton über Essen und Trinken: denn vor fünfzig Jahren( träume ich) alle dem Bogel Strauß gleich oder totgeschwiegen. So gut wie die berüchtigte Glendsmalerei"" Nicht lange mehr und der Frad ist wieder das einzig unent­gewesen, daß sie nicht sehen wollten oder nicht zu sehen wagten, aus der Kunst hinweggefegt ist, so gut werden auch die hervor- behrliche Kleidungsstück. Blicken wir jetzt schon tapfer dieser Zu­oder stedte die gewaltigste gesellschaftlich und geistige Bewegung, cagendsten Zeitungen mit Arbeiterangelegenheiten und Arbeiter- funft ins Auge. Nur wenige Wochen noch, und sie ist wieder die mächtiger als das Christentum und grandioser als alle früheren intereffen so viel wie möglich verschont. Die bemerkenswertesten Gegenwart. Dann harren sie wieder unser: die Bouillon in Tassen, revolutionären Strömungen über die Welt zog, damals im Jahre Proteste des Proletariats, Protestversammlungen und Aufzüge, das Filet von Seezunge mit gebackenen Austern, der Rehrücken und 1910 noch so tief in den Kinderschuhen, war sie noch so unbedeutend internationale Beschlüsse und Massenkundgebungen, wie sie in keiner die getrüffelte Bute, die kurzen dicken Spargel, Gis, Pudding und und hilflos, genoß sie noch so wenig Ansehen, daß die meisten noch anderen Geschichtsperiode, nicht einmal in den Revolutionstagen die Käseschüssel, die der Konditor herrichten muß, daß sie nicht nach nichts von ihr wußten oder sich ihr gegenüber spöttisch verhielten? der Bourgeoisie selbst zu finden sind, werden bei Wiederholung mit Käse aussieht, sondern eher wie Petit four. Und um die Tische Ich schlage die Werke der besten Autoren, der allerrenommiertesten, ein paar Zeilen in einem unwichtigen Artikelchen vertuscht. Wenn wandeln sie wieder, jene Männer, deren Exterieur ganz dem unseren auf, und suche vergebens nach der schwächsten Widerspiegelung des ein Riesenstreit oder eine Ausschließung länger als einen oder drei gleicht, nur daß sie( Hört, Leser!) Baumwolle an den Händen gigantischen Zusammenstoßes zwischen Kapital und Arbeit. Hat Tage währt, scheint das in den Jahren um 1910 herum die Leser tragen und in den Händen eine Flasche, aus der es schäumt, und ( frage ich 1960) Hauptmann nach seinen Webern nicht mehr zu langweilen, sucht man vergeblich einen schlichten Bericht. Wenn die zum größten Teil durch eine Serviette perdeckt wird. Teils gelebt? Hat er nichts gesehen, nichts beachtet, nicht entrüstet ge- der französische   Eisenbahnerstreit nicht tägliches Ungemach mit damit man nicht merkt, mit welcher Marte man zu kämpfen hat litten beim Ringen derer, die nach oben zu gelangen trachteten? Reisenden, Gepäck und Briefen gezeitigt hätte, würde man schon und sie erst am anderen Morgen je nach der Art der Kopfschmerzen bermute ich: 1960. erkennt. Teils, damit man nicht sicht, daß die Flaschen nie boll Welch ein entsetzliches Blindekuhspiel trieb man denn in jenen wieder über etwas anderes geredet haben Tagen, daß so viele Helle Köpfe, so viele Männer mit ursprünglich Die Energie, der Mut, die Aufopferung Zehntausender, das prächtige find. Und schließlich, damit die Herren in den Baumwollenen sich bedeutsamem Talent, nichts gehört, nichts begriffen, nichts er- Schulter an Schulter marschieren spielt keine Rolle. Ein durch ungestört den beträchtlichen Rest jeder Flasche selbst einverleiben gründet, nichts vorempfunden haben. Ich nehme( immer um 1960) einen Säbelhieb getöteter Arbeiter kommt nicht in Betracht. fönnen. Die Gßouvertüre ist vorbei, die Saison hat uns wieder!" die Romane und Dramen von Fulda  , Sudermann, Wedekind, Leonidas, der mit seinen dreihundert Spartanern im Paz von Hirschfeld, Schnitzler, v. Wolzogen, Klara Viebig, Hermann, Termophylä tämpfte und starb, ist ein Held, ein von Gott   erforener Thomas Mann  , Gabriele Reuter  , und wie sie sonst noch heißen, in Großer die modernen Proletarier, die tagtäglich ohne viel Ge die erstaunten Hände und suche nach einem Echo, einem Reflex, schrei, ohne äußere Aufdringlichkeit gegen einen mächtigeren Feind einer erzürnten Stimme. Nichts. Nicht der leiseste Widerhall. standhalten, die oft aus Solidaritätsgefühl ihre Familie verhungern Und weil mir diese überraschende Uebereinstimmung bei den besten lassen und aus Solidaritätsgefühl zu den schönsten Taten gelangen, dieser Dichter, so gegen 1910, unerklärlich erscheint, und ich anderer- Taten, die eines Homer würdig wären, heißen nicht Helden, nicht feits doch gezwungen bin, aus den anschwellenden Ereignissen jener bortreffliche Menschen, sie nennt man Baterlandsverräter, unzu­Tage anzunehmen, daß die Alarmglocken damals doch fast jeden, friedenes Gesindel, Ausschuß, wofür die Maschinengewehre noch zu und sicher die Intelligentesten, wach geläutet haben müssen, suche gut sind.

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( Kurt Aram  .) Jch blättere weiter, überfliege ganze Monate, lese endlose Spalten über Morde, Betrug, aufsehenerregende Prozesse, Theater Spalten über Morde, Betrug, aufsehenerregende Prozesse, Theater und Börse ich lese von dem welterschütternden Ereignis, daß eine Dame aus Berlin  - Westen zu ihrem Vergnügen, nicht des Geldes wegen, in einem Berliner   Kabarett auftritt- ich lese tausenderlei, aber ein wahres, unverfälschtes Bild von dem, was sich im Volke zuträgt, im arbeitenden Volt, das den Hauptteil jeder Nation ausmacht, bekomme ich nicht. Sonderbar, unerklärlich,

um 1910

ich nach einer Erklärung. Was war die Ursache? Wie kam das? Jch blättere weiter in der Journalistik aus 1910.. Ich lese dieses unbewußte und zum Teil bewußte Lügen, Schweigen, Nicht­Warum lebten so viele außerhalb ihrer Gemeinschaft, außerhalb in einem Telegramm von vier Zeilen über eine Grubenerplosion beachten oder völlige Einverstandensein mit dem, was vorgeht, bei bes Besten ihrer Zeit? Warum wirften sie, trotzdem die metften irgendwo in Amerika  , wobei 200 Bergarbeiter umgekommen find. allen Dichtern", Literaten, Journalisten von ihnen finanziell unabhängig waren, ausschließlich für die herr- In vier kurzen, kaum die Aufmerksamkeit erregenden Reihen steht Wenn ich dann genug geträumt und gegrübelt habe, halte ich schende Klasse, für ihren eigenen Ruhm, ihre eigenen Interessen, es da, die Todesnachricht von 200 Menschen und gleich daneben ihre eigenen Freuden? Warum waren sie durch ihre neutrale" wird ausführlich und anregend in stattlich- breiten Spalten die Be- den Kopf unter die Brause, und der Wirklichkeit von 1910 Haltung Feinde des Proletariats und der proletarischen Lebens- fchreibung einer Metropoltheaternacht" gegeben. In derselben zurückgegeben, frei von dem unsinnigen Vorauseilen" meiner anschauung? Warum wagte sich keiner der modernen" Dichter Nacht ist ein neues Luruslokal, wo nur Seft getrunken werden darf, Gedanken, zwinge ich mich zu praktischer Arbeit und beginne eine um 1910 in das Gedränge einer politischen Arbeiterversammlung? das" Trocadero"( Unter den Linden  ) eröffnet worden. Man höre Studie im Geist unseres Freundes Diebgen über Klaffenegoismus, Warum...? Warum hüllten sich die besten Zeitschriften in die was der Journalist mit verklärten Augen darüber schreibt: Trocadero und Eßouvertüren", in der Hoffnung, daß die Groß­Clownskleidung der Objektivität", warum berhielten sie sich 23 Uhr nachts. Jch size im Trocadero" und muß die Füße industriellen, die bei der Hundertjahrfeier der Universität fobiel vornehm über den Parteien stehend", warum nahm die Politit" hochhalten, weil unter mir eine Flasche Seft auf dem neuen Teppich Geld für wissenschaftliche Forschungen zur Verfügung gestellt, es bei ihnen neben Romanliteratur, Theater- und Kunstkritik usw. ihr Dasein aushaucht. Gott   sei Dant habe ich zu ihr nicht die ge- auch mir ermöglichen werden, nach dieser Richtung hin weitere ringsten Beziehungen. Aber in diesem fleinen gelben Vergnügungs- Forschungen anzustellen. eine untergeordnete Stelle ein... 2 Heinz Sperber

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