Einzelbild herunterladen
 

jäöc angenemüun, doch wurde der sozialdemolratische Antrag, den neuen 8 172 t ganz zu streichen, angenommen. Es standen 13 gegen 13 Stimmen, zwei Abgeordnete ein Pole und ein Freisinniger enthielten sich der Abstimmung. Da jedoch über die Aufrechterhaltung des Beschlusses erster Lesung abgestimmt wurde, galt die Ein- fchränlung der Oeffentlichkeit für abgelehnt. ES bleibt demnach bei den geltenden Bestimmungen. Zu nichtöffentlichen Verhandlungen lann das Gericht einzelne Personell zulassen, ohne die Beteiligten darum anhören zu müssen. Die Kommission beschloh in erster Lesung, daß nur den Parteien, die ein besonders berechtigtes Interesse an der Verhandlung haben, der Zutritt gestattet werden kann. Die Ver- trcter der Presse würden danach immer zu kurz kommen. Es lag deshalb ein Antrag der Nationalliberalen vor. diese Neu- bestimmung wieder zu streichen und es beim geltenden Recht zu belassen. Dieser Antrag wurde gegen ö Stimmen an- genommen. Ein weitergehender Antrag unserer Genossen wurde abgelehnt; ebenso ein konservativer Verschlcchterungs- antrag. Beim 8 180, der dem Gericht das Recht gibt, gegen einen Rechtsanwalt als Verteidiger eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. zu verhängen, brachten unsere Genossen einige in jüngster Zeit an Berliner Amtsgerichten passierte Fälle vor, in denen Richter in ganz unerhörter Weise von ihrem Recht, Ordnungsstrafen zu erteilen, Gebrauch gemacht haben. Ein sozial- demokratischer Antrag forderte deswegen die Streichung des Z 180. ES war recht bezeichnend, daß die Regierungsvertreter nicht ein Wort der Abschwächung oder Kritik fanden, um dieSchneidig- keit" der betreffenden Berliner Richter zu entschuldigen oder zu verurteilen. Gegen die Stimmen unserer Genossen wurde der ' Antrag abgelehnt. Ebenso wurden alle weiteren auf die Ordnungstrafe sich beziehenden sozialdemokratischen Anträge ab- gelehnt. * In der heutigen Donnerstagsitzung des Bundesrats wurde der Entwurf eines Gesetzes betreffend die durch die neue Strafprozeßordnung veranlaßten Aenderungen des Ge- richtzkostengesetzes angenommen. Mtet zum AahIKampf. ' Gar nicht früh genug können unsere Genossen im Lande damit beginnen, sich ernstlich auf die kommende ReichstagSwahl vorzu- bereiten. Denn nicht nur muß man als selbstverständlich an­nehmen, daß unsere Gegner insgesamt, die Regierung an der Spitze, schon jetzt krampfhaft danach suchen, uns irgendeine un- liebsame Ueberraschung zu bereiten, sondern die bürgerlichen Par- teien haben bereits mit der Bearbeitung der Wähler angefangen. Da dürfen auch wir nicht länger zaudern. Aus diesem Grunde ist es zu begrüßen, daß der Parteivorstand ein Handbuch über die Finanzreform von IVOS herausgegeben hat, das den Genossen die notwendigen Informationen zum Wahlkampf geben soll. Leider ist das Buch nicht so geglückt, wie wir das gedacht und gewünscht haben. Es wird seinen Zweck, die Agitatoren schnell zu orientieren, nur dann in vollem Maße erfüllen können, wenn alle, die es an- geht, sich beizeiten sehr intensiv darin vertiefen. Denn erstens fehlt das Inhaltsverzeichnis, vermutlich ein Versehen des Buch- binderS, das aber gerade bei einem Nachschlagewerk unter keinen Umständen hätte passieren dürfen. Zum Glück ist wenigstens ein Stichwortregister vorhanden. Aber es wird denen, die auf der Reise und im alltäglichen Kampf von dem Buche Gebrauch niachen wollen. doch nichts anderes übrigbleiben, als sich nun selbst vorher ein Inhaltsverzeichnis anzufertigen. Vielleicht aber kann die Buch- Handlung das Verzeichnis noch nachliefern? Das wäre natürlich weit besser. Nicht vorteilhaft zum Gebrauch in der Agitation ist auch der übermäßige Umfang deS Buches: über 400 Druckseiten! Weniger wäre hier mehr gewesen, denn eS wird den Agitatoren sehr schwer werden, die ganzen 400 Seiten durchzulesen. Wo sollen sie die Zeit dazu hernehmen, zumal auch der Stil, in dem das Buch ab- gefaßt ist, nicht gerade zu den leichtest verständlichen gehört. Aber da ist nun nichts zu machen, das Buch muß Min einmal so wie es ist seine Dienste tun, und um dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, gibt es nur das eine Mittel, das wir oben schon nannten: recht schnell, sofort mit der Lektüre beginnen und den gebotenen Stoff beizeiten intensiv durcharbeiten. Dann wird er schon im Wahlkampf den gewünschten Nutzen bringen. Wie wertvoll da? Buch bei richtigev Verwendung fein kann, das wollen wir an einem beliebig herausgegriffenen Beispiel zeigen. Unsere Gegner machen bekanntlich ein großes Wesen mit den so- genanntenBesitzsteuern ". Sie wollen dem armen Volk einreden, daß die Besitzenden im vorigen Jahre den größten Teil der neuen Lasten selbstlos auf die eigenen Schultern genommen hätten. So wird z. B. in einer vom Zentrum herausgegebenen Flugschrift über die Stempelabgabe bei Grund st ücksverkäufen behauptet, das sei eine Steuer von 40 Millionen, die allein der Grundbesitz zahle. Um das zu beweisen, wird dann weiter nur vom ländlichen Grundbesitz geredet. Die ganz kleinen Acker- grundstücke im Preise bis zu SOOO M. bleiben steuerfrei, wenn der Käufer nicht mehr al» SOOO M. Jahreseinkommen hat es sei denn, daß ein Spekulant sie kmift. Umgekehrt aber hätten sich die ganz großen Gutsbesitzer, die Besitzer der Fideikommisse, geradezu danach gedrängt, auch zu dieser Steuer beizutragen. Ein Fi-dei- kommiß kann bekanntlich nicht verkauft werden, würde also von einer Abgabe, die nur beim Verkauf eines Grundstücks erhoben wird, nie getroffen werden. Da hätten nun die Besitzer solcher riesigen Güter keine Ruhe gehabt, als bis das Gesetz bestimmte, sie sollten auch alle 30 Jahre einmal eine Steuer zahlen, die dem Reich mindestens ebensoviel einbringt wie der Verkaufsstempel. Wenn nun, gerührt von so viel Edelmut, die Tränen fließen und man wehmutsvoll das sozialdemokratisch« Buch über denselben Gegenstand zur Hand nimmt, so erfährt man daraus, daß bei diesen Angaben kleine und doch sehr wichtige Einzelheiten leider weggelassen sind. Nach Mitteilungen, die der Reichs schatzsekcetär Sc,dow am 23. Juni 1009 machte, beträgt in Preußen der Wert des Grund- besitzes in den Städten 21 000 Millionen Mark, auf dem Lande aber nur 14 000 Millionen Mark. Der städtische Grund- besitz- wechselt seinen Besitzer im Durchschnitt alle 10 Jähre, der ländliche nur alle 25 Jahre. Schon hieran sieht man, daß es mit der Aufopferung der Besitzer von Fideikommissen doch nicht gar so weit her sein kann. Denn sie wollen ja nur alle 30 Jahre die Abgabe zahlen, während der sonstige ländliche Grundbesitz sie im Durchschnitt schon alle 25 Jahre zahlen muß. Berechnet man nun aber die obigen Zahlen, so ergibt sich: in Preußen(und die Zustände im ganzen Reich werden kaum viel anders sein) werden vom städtischen Grundbesitz 21000 Mil- lionen Mark alle 10 Jahre einmal umgesetzt, jedes Jahr also 2100 Millionen: auf dem Lande dagegen 14 000 Millionen alle 25 Jahre einmal, jedes Jahr also 560 Millionen. Es zeigt sich demnach, daß in städtische Grundbesitz ungefähr viermal soviel zu der Steuer beitrogeii muß wie der ländliche. Das mag aus den ersten Blick nicht weiter auffallen, wenigstens dem nicht, der an den städtischen Bodenwuchcr denkt und dem agrarischen Gerede Glauben schenkt, wonach der ländliche Besitz oder wenigstens das Einkommen aus ländlichem Besitz zumeist die Frucht saurer Arbeit sein soll. Doch selbst, wer die Statistik kennt und aus ihr die riesigen Spekula- tionsgewinne erfahren hat, die auch beim Verkauf und Einkauf von Landgütern gemacht werden, selbst wer an die Hungerzölle denkt, die den Agrariern das Geld zu Hunderten von Millionen mühelos in den Schoß geworfen haben, wird doch leicht geneigt sein, den Grundstücksstempel für eine innere Angelegenheit der besitzenden Klassen zu halten: ob die städtischen oder die ländlichen Grundbesitzer das meiste davon zahlen, kann uns schließlich gleich- gültig sein, solange nur die Masse des armen Volks davon verschont bleibt, solange es nur wirklich eine Steuer auf den Besitz bleibt. Aber gerade hier liegt der Haken, der durch den Redeschwall in der Flugschrift d«s Zentrums verdeckt werden soll: wozu wird denn der städtische Grundbesitz fast ausschließlich verwandt? Zum Wohnen. Und glaubt denn ein vernünftiger Mensch, daß die Hausbesitzer in den Städten diese Steuer% Proz. von 2100 Millionen, das sind etwa 7 Millionen jährlich aus der eigenen Tasche zahlen werden? Sie werden sie natürlich auf ihre Mieter abwälzen, sie wenden die Mietspreife erhöhen. Ja wahrscheinlich werden sie n o ch m e h r auf die Mieten aufschlagen, als die Steuer beträgt; denn das haben wir noch überall erlebt, daß solche Ab- gaben dazu benutzt werden, den Besitzenden noch einen Extraprofit auf Kosten der Konsumenten zu verschaffen. Das Ende vom Liede ist also, daß der Grundstücksstempel zum allergrößten Teil von der Masse derjenigen bezahlt wird, die Woh- nungenbrauchen und die zu 96 Proz. arme und unbemittelte Leute sind. Das ist so ein Beispiel von dem, was die bürgerlichen Parteien des gegenwärtigen Reichstags uns unter dem Namen vonBesitz- steuern" serviert haben. Sißtator Briand und das Seiet?. Aus Paris wird uns geschrieben: Die Eisenbahner besitzen das gesetzliche Strcikrecht. Der Senat hat, nach einer Intervention des radikalen Führers Bourgeois, im Jahre 1893 ausdrücklich abgelehnt, es ihnen zu nehmen. Und als vor einem Jahre am 7. Juli 1909 bei der Beratung des Pensionsgesetzes der konservative Senator T o u r o n die Pensionsberechtigung denjenigen Be- amten entzogen wissen wollte, die sich einer vereinbarten Ein- stellung der Arbeitschuldig" gemacht hätten, erklärte Herr Bartho», damals Minister der öffentlichen Arbeiten, wörtlich: Es ist anerkannt, daß die Beamten nicht in den Streik treten dürfen. Was aber die Arbeiter und Ange st eilten der Eisenbahnen anlangt jawohl, meine Herren, ich will alles sagen, was ich denke, denn niemand hat ein Interesse daran, daß von dieser Debatte eine Zweideutigkeit zurückbleibe und an mir soll es nicht liegen, wenn sie alle zerstreul werden. Ja, meine Herren, Ivelches auch die parlamentarischen Konsequenzen sein mögen, die Sie meinen Worten folgen lassen, was Sie auch von meiner Meinung und meiner Haltung, die auch die Meinung und Haltung der Regierung ist, denken mögen, ich spreche cS laut auö, daß die Ei sen b a hn a n g e st e l It e n den Beamten nicht gleichgestellt werden können, sondern den Arbeitern der Privatindustrie gleichgestellt werden müssen.(Bei- fall links, Widerspruch auf einem großen Teil der Zentrums- bänke und rechts.) Ja, ich verstehe Ihre Bedenken und ich bin verpflichtet, darauf zu erwidern. Ich erivarte jetzt. daß man mir beweise, daß die Arbeiter und Angestellten der Eisenbahnen nicht das gesetzliche Recht haben, in Streik zu treten. (Sehr gut l Sehr gut l links, Widerspruch im Zentrum und rechlS; Herr T i l l a g e ruft:Ein unvorsichtiges WorlI" Herr Clemencenu, Ministerpräsident:Wo ist denn der GcsctzeStext, der ihnen dieses Recht versagt?") Herr Tivage, eS gibt kein unvorsichtiges Wort, wenn es sich um die W a h r h e i t, die L o y a l i t ä t und die Pflicht handelt,(wiederholtes Sehr gut!) und ich für mein Teil ziehe es vor, mögen Sie welche Konsequenzen immer aus meiner Stellung ziehen, meine Meinung herauszusagen, statt sie hinter leeren Phrasen zu Verstecken.(Beifall links.) Clemenceau : Und ivir nehmen die Verant- Wartung für unsere Worte auf unsl Lassen wir indes die persönliche Verantwortung. Herr Barthou kann sich ebensoentwickelt" haben wie unsere Ex- genossen Briand, Millerand und Viviani. Wenn er als Justiz- minister vermutlich umder Wahrheit, der Loyalität und der Pflicht" willen die Eisenbahner einsperren und verurteilen läßt, so reiht ihn das sicher würdig unter die Charakterköpfe der bürgerlichen Republik ein, aber die interessanteste Frage ist doch, wie eS überhaupt mög­lich ist, einen so klaren Gesetzessinn ungcscheut zu mißachten. Da gebührt nun unserem Briand die Ehre, den Kniff heraus- bekommen zu haben. Das Streikrecht selbst bleibt unangetastet, nur seine Ausübung wird verhindert. Als Mensch darf der Eisenbahner streiken, aber als Reservist soll er zur Arbeit gezwungen werden. Das Streiken ist nicht verboten, aber eS ist strafbar. HSrr Briand macht es wie der Mann in der klassischen französischen Komödie, der nicht Tuch verkauft, sondern es nur anderen Leuten für Geld überläßt. Und weil der Streik Widcrruflichkeit gegen die militärische Einberufung ist, so ist jede Agitation für ihn verboten, und Briand telegraphiert allen Präfekten , alle Streikagttatoren zu ver- haften und alle mitgeführten Streikgelder zu konfiszieren. Im Anfang wurde freilich eine Ungeschicklichkeit begangen. Die Verhaftung der Streikkomiteemitglieder auf der Redaktion derHumanits" war nur mit dem Hinweis auf die boshaften Störungen des Bahnverkehrs begründet worden und an- gesichts des offenkundigen Mangels eines Zusammenhangs war das auch für die strebsamsten Untersuchungsrichter und Staats- anwälte eine schwere Zumutung, wenngleich die bürgerliche RegterungSpraxiS in Frankreich mit der Einleitung von Straf- Verfolgungen, die keine juristische Möglichkeit haben und nur der Festhaltung unbequemer Bürger in langer Untersuchungs- hast dienen, von jeher vertraut ist. Seither aber ist die Ein- berufungSorder zur speziellen Waffe gegen die Eisenbahner geworden, wogegen dieSabotage"-Formel, namentlich in ihrer neuesten Präparatton alsKomplott" gegen die anderen Propagandisten der Bewegung dient, so gegen die Redatteure derGuerre Sociale". Immerhin blieben noch einige Kleinigkeiten zu bedenken, zum Beispiel, daß eine Straffälligkcit der Reservisten vor 14 Tagen nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes wirklich aus­geschlossen ist. Jedoch mit derlei Kleinigkeiten gibt sich Briand nicht ab. Das Gesetz will, daß wir uns beugen, nstr aber wollen das Gesetz beugen denkt stramm ntetzscheanisch der alte Anarchist. Nebenbei freilich läßt er durch seine Preß- Husaren unter der Hand aussprengen, daß er eigentlich die Verhaftungen der Streikführer gar nicht gewollt habe, sondern nur M i l l e r a n d habe nachgeben müssen, der darauf be- standen habe. Denn während der großen Ordnungsrettung gehen immer die kleinen Kabinettsintrigen des persönlichen Geschäfts einher und Briand lebt in der Angst, Millerand könnte am Ende Zugestänkmisse vsn dsn Gesellschästsn erhatten mid als Friedensstifter erscheinen. Natürlich setzt sich das von oben gegebene Beispiel der Willkür nach unten vergröbert fort. Der sonst noch einiger- maßen zurückgehaltene Polizist feiert seine Saturnalien. In Chaumont wird das Automobil, das die Ortsauflage der Humanitö" bringt, von Polizisten überfallen, die Blätter werden weggeschleppt, der begleitende Genosse verhaftet. In Paris fallen Schutzleute die Kolporteure derGuerre Sociale" an, reißen ihnen die Blätter aus der Hand und verhaften sie, wenn sie protestieren. Streikkundmachungen und Versamm- lungsanzeigen werden abgerissen, trotzdem sie den Plakat- stempel tragen usw. Das Bild wäre unvollständig, wollte man des ebenso flinken wie schneidigen Waltens der Justiz nicht gedenken. Bei der nennten Strafkammer, vor die die ersten Fälle der Bedrohung von Arbeitswilligen" gebracht wurden, klappte es allerdings nicht. Das Gericht sprach einen Arbeiter frei, der einen Streikbrecher gefragt hatte, ob er denn kein Blut in den Adern habe, und dergleichen zwei Kameraden, die sich ähnlicher Ausrufeschuldig" gemacht hatten. Man konnte glauben:Es gibt noch Richter in Paris ". Jetzt allerdings muß man den Satz ergänzen: Es gibt preußische Richter in Paris . Ein Streikender, der Streikbrechern zuruft:Ihr Taugenichtse, es ist Streik I Ihr dürft keine Züge führen I" wird zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt, weil, wie es in der Urteilsbegründung heißt,die Natur dieser Worte, ihre Heftigkeit und die Umstände sowie die Gelegen- heit, bei der sie gebraucht wurden, in der Absicht ihres Ur- Hebers den Zweck einer Einschüchterung verfolgen, die auf den- jenigen, dem sie zugedacht ist, Eindruck machen und Furcht vor"Repressalien erregen kann". Ein Eisenbahner, der die in die Werkstatt in Paulin eintretendenStreikbrecherznJnformations- zwecken votiert hat, wird zu 29 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte erklärt, eine materielle Drohung sei nicht nötig, eine moralische genüge. Ob der Edle wohl auch die Direktoren anklagen wird, die ja ihrer- seits die Ausständigen notieren und nicht nur symbolischmit Repressalien bedrohen"? Für eine Drohung nnt der Faust erhält ein anderer Arbeiter zwei Monate Gefängnis. Damit die bekanntlichunabhängigen" Richter wissen, woran sie sind, hat der Justizminister die Staatsanwälte angewiesen, gegen alle Freisprüche vonStreikvergehen" Appell zu erheben. * Nach dem Streik. Paris , 29. Oktober. Der Toulouser Ausschuß der Eisenbahner hat gegen den Beschluß des Pariser Aus- standskomitees, die Arbeit wieder aufzunehmen, Protest eingelegt. Er erklärt in einem Aufruf, die Eisenbahner ließen sich durch einen solchen Verrat nicht entmutigen. Einschränkung des Koalitionsrcchts? Paris , 29. Oktober. In Fortsetzung der Aussprache über den Eisenbahnerausstand und seine Folgen madhen heute niehrere, dem Ministerpräsidenten Briand nahestehende Zei- tungen, insbesondere dieAction" undRadical" Anden « tungen, wonach man an eine Einschränkung der Koalitionsrechte der Arbeiter denke, in dem Sinne der Verhütung der Sabotage. Die Sabotagelügen werden überflüssig. Paris , 29. Oktober. Im Ministerrat berichtete Briand . daß Vorkommnisse, die auf Sabotage zurückzuführen sind, immer weniger erfolgen, und daß der Dienst wieder einen normalen Verlauf nimmt. Eine Schandermär.> Paris , 20. Oktober. Aus Eorbeil(Dep. Seine et Oise ) wird berichtet: Heute nacht wurde auf dem Eisenbahngleis der furchtbar verstümmelte Leichnam eines Mannes aufgefunden, der ein Bündel in der Hand trug, welches nach Ansicht der Bahnbediensteten(!) eine Bombe enthielt. ES wird vermutet, daß der Verunglückte in dem Augenblick, als er die Bombe auf das Gleis legen wollte, von einem Zuge erfaßt und zermalt worden ist. Gendarmen sind beaustragt, den Leichnam bis zum Eintreffen der Gerichtsbehörde zu überwachen. In der Provinz sind bei zahlreichen Anarchisten HauS« s u ch u n g e n vorgenommen worden, welche zu neuen Per- Haftungen führen dürften. Haussuchungen und Konfiskationen. Toulon , 20 Oktober. Im Arsenal sind in den Schubfächern mehrerer Arbeiter, die für den Eisenbahnerausstand Propaganda gemacht hatten, Nachsuchungen vorgenommen worden, die zur Beschlagnahmung einer Anzahl anarchistischer Schriften sowie von Communiques der Konföderation der Arbeit und des Streikausschusses betreffend Organisation des Solidaritätsstreiks führten._ politircbe Qcbcrfkbt. Berlin , den 20. Oktober 1910. NeaktionSre Fieberphantasien. Die Hetzleistungen der scharfmacherischen Presse werden immer konfuser und alberner. Verschiedene konservative Blätter, allen voran das Organ des Herrn v. B e t h m a n n H o l l w e g, die«Norddeutsche Allgemeine Zeitung", bringen einen gleichlautenden Artikel, in dem gegen den Transport- arbeiterverband gehetzt wird. Der Artikel stammt von unterrichteter" Seite, also vermutlich von der Polizei oder vom Reichsverband gegen die Sozialdemokratie . Nachdem dieSünden" des TransportarbÄterverbandes aufgezählt sind, heißt eS: Man wird... mit den schärfften gesetzlichen Mitteln den sozialdemokratischen Ausschreitungen begegnen und politi. scheu Strolchen das gemeingefährliche Hand. werk legen müssen, um Vorgänge, wie in Moabit , zu vermeiden. Vielleicht kann man schon mit den bestehenden Ge» setzen bei der ersten Ausschreitung von Streikposten in einem Betriebe das Streikpostenstehen in eben diesem Betriebe für die ganze Dauer des AuöstandeS verbieten und dann noch vorkommende Brutalitäten mit allem Nachdruck ahn- den." Wenn dieses Gerede einen Sinn hat. dann kann es nur heißen, daß zwar das Streikpostenausstellen nicht an sich ver- boten werden soll, wohl aber während der Dauer eines Streiks. Ein prächtiger Gedanke! »« » Bis zu welcher Höhe die verlogene Mache bereits gediehen ist, zeigt eineRevqlutionäre Etappen" überschriebene Notiz derDeutschen Zeitung" des Herrn Dr. Friedrich Lange. Die Herausgabe einer von Dr. A. Conradh verfaßten«Geschichte der Revolution", eines seit Jahren vorbereiteten« ernsten