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Wissenschaftrichen WerZes, durch die VorwSrtS-Nuchr,anNung gibt dem die Teutschtiimclei als seine Spezialität betreibenden Blatt Anlaß zu folgendem Fiebergcschwätz: Die Revolutionäre im Lande jubilieren Sie wähnen ihre Zeit bald herangekommen. Ihre Mineure sind eifrigst an der Arbeit, unter die Grundfesten der bestehenden Ordnung ihre Bomben zu legen. Ohne Scheu und ungehindert dürfen die Wortführer von Etappe zu Etappc das Marschziel weisen. Wer das alles geht der erhitzten roten Phantasie noch nicht schnell ge- nug. Die Nevolutionierung der stopfe muß noch gründlicher besorgt werden. Deshalb hat man sich jetzt ein neues Rüstzeug ersonnen. Auf blutrotem Papier gedruckt erlätzt die Vorwärts- Buchhandlung eins Einladung zum Abonnement auf ein neues sozialdemokratisches HandbuchGeschichte der Revolutionen vom niederländischen Aufstand bis zum Vorabend der französischen Revolution von A. Eonradh, reich illustriert in 50 Lieferungen zu 20 Pf."... In Fabrik und Werkstatt in jeder Versammlung und son- stigen Zusammenkunft soll für das neue Werk geworben werden. Die blutige Aufmachung des Einladungszettels es sind nicht weniger als drei Hinrichtungsszenen, darunter die Hinrichtung des englischen Königs Karl I. als doppelseitiges Blatt, darauf abgebildet läßt für diekünstlerische Ausstattung" der Zivanzigpfennighefte bisher Unerreichtes ahnen. Auch die blut- rünstigste Phantasie wird dabei auf die Kosten kommen, und die Nick Cartephefte erhalten einen ernsthaften Konkurrenten." Kalte Einpackungen und auf den Schädel einen EiSbeutell Vielleicht hilft's noch. Kardinal Fischers Triumph. Nach einer Meldung derRhein. °Westf. Ztg." hat vor- läufig der Kölner Erzbischof, Kardinal Fischer, über seinen streitbaren Gegner, den Fürstbischof Kopp von Breslau, einen Sieg errungen, Der Vatikan betrachtet das von dem Titular- bischof von Zama, Msgr. Purdini, in der Kölner Diözese gegen Fischer gesammelte Untersuchungsmaterial als nicht ausreichend, um gegen den Erzbischof Fischer wegen Häresie oder wegen dogmatischer Verfehlungen wider die Lehre und Dis- ziplin der katholischen Kirche irgend einVerfahren zu eröffnen. Weder die Leitsätze der EnchclicaPascendi", noch die imMotuproprio" erscheinen geeignet, daraufhin den Erzbischof Fischer des Modernismus anzuklagen, gc- schweige zu überführen. Darüber ist denn auch sein An- klüger, der Kardinal-Fürstbischof G. v. Kopp in Breslau , in den letzten Tagen nicht im unklaren gelassen worden. Unter Rücksichtnahme auf das außerordentliche Vertrauen, welches der Fürstbischof an allerhöchster Stelle in Berlin genießt, wurde seinem Eifer, die Lehre und Ueberlieferung der hl. Kirche rein zu erhalten, volle Anerkennung zuteil, andererseits mußte ihm jedoch auch bedeutet werden, diesen Eifer zu zügeln, künftighin besondere Vorsicht wal- ten zu lassen und von weiteren Angriffen Wider feinen Amtsbruder abzustehen, weil in letzter Instanz die Entscheidung dem Heiligen Vater in Person zustehe._ Zentrumsabgeordnete für ein Pluralwahlrecht. Für die Einführung des ReichStagSwahlrechts zum neuen Landtag in Elsaß-Lothringen , den die' Verfassungs- reform bringen soll, jedochergänzt" durch AlterS-Plural» stimmen,zu denen ja jeder einmal gelangen könne, wenn er alt werde," sprachen sich dieser Tage zwei elsässische Zen- trumsabgeordnete bei verschiedenen Gelegenheiten aus. Erst der Vertreter von Straßburg -Land, Abbö Dr. Will, in einer Zentrumsversammlung zu SchUtigheim bei Straßburg , dann der Vertreter von Erstcin-Molsheim, Pfarrer D e l s o r, in einer Zentrumsversammlung zu Düttlcnheim. Beide Abgeordnete sprachen sich zugleich für die Einrichtung einer Ersten Kammer mit Ständevertretung, zusammengesetzt aus Ver« tretern der beruflichen Organisationen, der Kulte, der großen Städte usw. aus. Nur die Ernennung von Mitgliedern dieser Ersten Kammer durch den Kaiser wird abgelehnt. Zur Ablehnung der von der Sozialdemokratie geforderten republikanischen Staats- form exemplifizierten beide Redner mit rührender Uebereinstimmung auf Portugal , das jetzt auf dem Lande den Popanz bilden muß. Mit Bezug auf die kommenden Reichstagswahlen empfahl Ab- geordneter Delsor mit köstlicher Naivität seinen Anhängern,sich vor allem gegen die künstliche Schürung der Unzufriedenheit zu wappnen, wie sie bezüglich der Steuern und Fleischteuerung jetzt in Szene gesetzt wird", und dieHauptfrage", die religiöse Frage in den Vordergrund zu rücken. Das möchte dem Zentrum allerdings gefallen!_ Die Schlächtermeister und die Biehteuerung. In Halle a. S. fand gestern der Fleischerobermeistertag von Anhalt und Sachsen statt, der nach längerer Beratung folgenden vom Obermeister Schlick-Halle beantragten Beschluß annahm: Der Fleischerobermeistertag von Sachsen und Anhalt richtet das dringende Ersuchen an die Landesregierungen, unverzüglich Maßregeln zu ergreifen, die geeignet find, den Notstand in der Fleischverforgung zu lindern' und erträgliche Verhälmisse zu schaffen. Als notwendig empfiehlt er: 1. Einfuhr von Schlacht- und Zuchtvieh aller Art zu mäßigen Zollsätzen, gegebenenfalls zu denen des alten ZolltarifeS; 2. Aufhebung der Quarantäne- Pflicht und Tuberkulinimpfung für Schlachtvieh; S. Abschaffung der Getreide- und Aussuhrprämien; 4. zollfreie Einfuhr von Futtermitteln; 6. Erschwerung oder höhere Besteuerung viehlo'er Wirtschaften, oder sonstige geeignete Maßaahmen zur Vermehrung und Verbefferung der Viehhaltung im Jnlande." Ferner wurde noch folgender Zusatz des FleischermeislerS und ReichStagsabge ordneten Kobelt-Magdeburg angenommen: Der Fleischerobermeistertag ist ferner der Ueberzeugung, daß die gegenwärtige allgemeine Lebensmittelverteuerung eine not- wendige Folge der jetzt befolgten Wirtfchasts- Politik ist; er kann eine dauernde Besserung nur in einer Be- seitigung aller LebenSmittelzölle und Verbrauchssteuern erblicken." Der Protest gegen das System Moabit . Gegen die reaktionäre Hetze wandten sich in K ö l n am Mitt- Wochabend vier stark besuchte Versammlungen, die gegen die reaktiv- nären Bestrebungen, die Vorgänge in Moabit gegen die Arbeiter auszuschlachten, protestierten. Im Volkshause geißelte Genosse Dr. Erdmann unter stürmischem Beifall der Versammelten das niederträchtige Benehmen des Zentrums. Wenn es nach dieser Partei ginge, dann hätten wir heute noch nicht das Koalitionsrecht für ge- werbliche Arbeiter. Ein Vertreter der freien Jugendbewegung wies die Behauptung der Scharfmacherpreffe zurück, daß die freie Jugend an den Vorgängen in Moabit beteiligt gewesen sei.---- Eine Protestresolution wurde einstimmig angenommen. In einer überfüllten Versammlung zu Hagen i. W. referierte Genosse D i t t m a n n- Solingen. In ivirkungSvoller Weis«'verstand eS der Redner, oft von tosendem Beifall unterbrochen, die Vorgänge in Moabit und deren Ursache sowie daS Vorgehen der Polizei zu schildern und denNotschrei" der reaktionären Presse und des Scharf- machertums nach KnebclungSgesetzeu gegen die Arbeiterschaft zu kennzeichnen. Eine Protestresolution fand einstimmige Annahme. Weiter beschäftigte sich die Versammlung mit dem in letzter Zeit geradezu auffälligen Verhalten der Hagener Polizeiverwaltung gegen die Arbeiterschaft. Ebenso einstimmig gelangten die Versammelten zu folgendem Entschluß: Die Versammelten wehren sich entschieden gegen die unerhörte Dreistigkeit der Hagener Polizeibehörde, die das Recht für sich in Anspruch nimmt, trotz gegenteiliger B-stinunungen des Reichs- Vereinsgesetzes, Mitglieder Versammlungen zu überwachen, wie das vor kurzem bei der Generalversammlung des Metallarbeiter­verbandes geschah. Sie fordern das Oberhaupt der Hagener Polizeiverwaltung, Herrn Oberbürgermeister Cuno, auf zu er- klären, wie er das Vorgehen der Polizei mit seinen früheren Aeußerungen über das liberale Reichsvereinsgesetz in Einklang bringen will. Volksversammlungen mit dem ThemaDie Not des Volkes und die Reden des Kaisers", die von der sozialdemokratischen Partei- leitung einberufen waren, fanden in den reußischen Landgemeinden st ritz, Harpersdorf , NiederböhmerSdorf und W n r z b a ch statt. In allen Versammlungen wurden namentlich die belannten Forderungen zur Bekämpfung der Fleischteuernng erhoben._ Eine Sozialistendebatte in der Hamburger Bürgerschaft. Am Mittwochabend gelangte in der Hamburger Bürgerschaft der Antrag der Linksliberalen auf Einführung eines staatlichen Arbeitsnachweises zur Beratung. In fach- kundiger Weise schilderte Dr. Petersen die Hamburger Art der Arbeitsvermittelung mit ihrem wirren Durcheinander und ihren Auswüchsen, und verlangte den staatlichen Arbeitsnachweis unter paritätischer Verwaltung. Das wäre, meinte er, ein Weg, die Kluft zwischen Arbeiter und Unternehmer wenigstens in diesem Punkte zu überbrücken. Als Argumente für seinen Antrag führte er an: Wir wollen nicht, daß der Arbeitsnachweis ein Kampfobjekt zwischen Unternehmern und Arbeitern sei; wir wollen nicht, daß die Stellen- vermittelung gewerbsmäßig ausgebeutet wird; wir wollen aber durch gemeinsames Zusammenwirken von Unternehmern und Ar- heitern unter Ansticht des Staates die Interessen sowohl der Arbeiter und Angestellten wie der Arbeitgeber wahrnehmen." Gegen diesen philanthropischen Illusionär zogen nun die Ver- treter der Unternehmerinteressen wütend zu Felde, indem sie nach bekanntem Muster von dem Terrorismus der organisierten Arbeiter fabulierten und das Schreckgespenst des Zukunftstaates an die Wand malten. Alte abgedroschene Phrasen wurden aufgewärmt, um zu beweisen, was bei einer paritätischen Zusammensetzung eines solchen Arbeitsnachweises herausspringen würde. Die mächtigen Gewerk- schaften würden bald die Oberhand gewinnen, die Unorganisierten zurückgesetzt werden, denn es brauche nur ein Unternehmer umzu. fallen, und aus wäre es mit der Parität. Dieses grause Bild wurde von einem Sozialistentöter noch weiter ausgemalt, der, als auf Süddeutschland hingewiesen wurde, pathetisch ausrief:Ja, dort sind auch die Soziali st en ganz andere Leute! Wenn wir mal hier so vernünftige Sozialdemokraten hätten, die mit sich reden lassen, die für das Budget st i m m e n, dann würden wir auch anders reden." Auf den Zuruf aus den Reihen der Sozial-' demokraten, man solle doch das Klassenwahlrecht abschaffen, er- widerte dieser Ordnungskämpe:Vorläufig haben wir noch das Heft in der Hand." Genosse Bartels rechnete mit den Scharfmachern gebührend ab, ebenso auch die Genossen Weinheber und Hense. Dr. Petersen bezeichnete die von den Scharfmachern vom Zaune gebrochene Sozialistendebatte als eine politische Unklugheit, weil auch sehr prominente Personen z. B. der Handelsminister Dr. Delbrück solche Arbeitsnachweise fordern. Der Antrag wurde an einen Ausschuß verwiesen. frauhmd). Die Wahlreformvorlage. Paris , 20. Oktober.. Die Kommission der Kammer für die Wahlreform hat gestern ihre Arbeiten endlich begonnen. Auf Antrag des Vorsitzenden Buisson wurde mit 20 gegen 6 Stimmen beschlosseil, am Prinzip der Verhältnis- wähl festzuhalten. Auf Antrag des Abgeordneten Joseph Reinach beschloß dann aber die Kommission, auch ihrer Spezialberatung den Wortlaut der Regierungsvorlage zu- gründe zu legen, welche bekanntlich nicht die reine Verhält- niswahl vorschlägt, sondern nur bis zu einem gewissen Grade die Vertretung der Minderheiten sichern will. Die Kommission wird Montag die Spezialberatung beginnen. Neubesetzung des AckcrbauministeriumS. Paris , 20. Oktober. Der heutige Ministerrat wird sich voraussichtlich mit der Frage der Besetzung des infolge der Erkrankung Ruaus erledigten Ackerbaumini st e- riums beschäftigen. Außer dem Obmann der Zoll- kommission, Gcneralberichterstatter Klotz, werden die Depu- tierten Clömentel und Fernand David als Kandidaten ge- nannt. DaS Gerücht, der Ministerpräsident wolle den Rück- tritt Ruaus zu einer teil weisen Umgestaltung des Kabinetts benutzen, wird an maßgebender Stelle als durch- ausunbegründctbezeichnet. ßelgten. Gegen Wilhelm II. Brüssel, 20. Oktober. (Privat-Tclegramm desVor- wärts".) Unsere Parteigenossen haben beschlossen, anläßlich des Besuches Wilhelms II. ein P r o t e st m e e t i n g ab- zuhalten. In dem Meeting soll dem deutschen Volke die Sympathie des belgischen Volkes bezeugt werden, aber diese Sympathie sei unvereinbar mit der' Huldigung für einen absolutistischen Kaiser, um dessentwtllen so zahlreiche Parteigenossen in deutschen Gefängnissen wegen angeblicher Majestätsbeleidigung schmachten müßten. Portugal . Abschaffung des Eides. Lissabon , 20. Oktober. Ein heute erschienenes Dekret der Regierung schafft den religiösen Eid ab und ersetzt ihn durch die einfache Formel:Ich schwöre bei meiner Ehre."_ Schlechtes Gewissen. Lissabon . 20. Oktober. Der Direktor der staatlichen Münze hat sich erschossen, als er die Aufforderung erhielt, vor dem Untersuchungsrichter zu erscheinen, um über seine Verwal­tung Rechenschaft abzulegen. Spanien . Tumulte in einer Kirche. Madrid , 20. Oktober. In der Kirche von Corcubion(Probinz Eorogna) hielten zwei Jesuiten eine Rede, in welcher sie heftige Angrisse gegen den Ministerpräsidenten Tan al es aS und die liberale Presse richteten. Die Anwesenden erhoben dagegen leb- haften Protest und es kam schließlich zu einem furchtbaren Tumult und einer Schlägerei. Die beiden Jesuiten wurden von den Anwesenden furchtbar verprügelt. Mehrere Mönche sowie der Pfarrer der Gemeinde ergriffen die Flucht. MS die Behörden an Ort und Stelle erschienen, waren die beiden Jesuiten verschwunden. Italien . Landarbeiter und Latifundienbesitzer. Rom , 20. Oktober. In der Provinz R a v e n n a kam es zu neuen Unruhen, die sich gegen die Großgrundbesitzer rich­teten. 800 sozialistische Arbeiter drangen in das Anwesen von Grundbesitzern in Santa Sachaniha ein. Es wurden Revolverschüsse gewechselt; mehrere Personen sind verletzt worden. Eine Anzahl von Verhaftungen wurde von der Gendarmerie vorgenommen. Zu derselben Zeit zerstreuten die Truppen mehrere 100 Arbeiter, welche gemeinsamen B e- sitz von Gemeindeländereien nehmen wollten. Die Lage ist eine sehr ernste. EnglanÄ. Flottentreiberei. London , 20. Oktober. Die konservative Presse begrüßt mit Beifall Balfours gestrige Flottenrede, wiederholt seine Argumente und tadelt die Unterlassungssünden der Regierung. Daily Telegraph " erklärt, die Rede rechtfertige Balfour gegen- über den Angriffen unzufriedener Konservativer.Morning Post" erblickt in der Rede einen Erfolg der Agitation der Jung- konservativen. Die liberalen Zeitungen bekämpfen die Aus- führungen Balfours lebhaft.Daily Chronicle" beklagt seine auf parteipolitische Gründe zurückzuführenden Uebertreibungen. Sie erklärt es als einen gefährlichen Unsinn, zu behaupten, daß der Zweiwäcs'ie-Standard gegenwärtig nicht einmal annähernd gewahrt sei. Balfour handle absurd, wenn er die älteren Schiffe übersehe. Seine Behauptung, daß England eine Ueberlegenheit von nur vier Schiffen besitze, sei eine so ungenaue, daß sie an Gewissenlosigkeit grenze. England wolle eine ausreichende Sicherheit und nichts mehr.Daily News" betont, wenn Englands Ueberlegenheit im Jahre 1905 gesunken sei, so sei Balfour selber dafür verantwortlich. Das Blatt weist darauf hin, daß in Deutschland gegenwärtig nicht eine Beschleunigung, sondern eine Verlangsamung des Baupro- gramms eingetreten sei. Es zitiert für diese Behauptung denNew Dork Herald", denn von den vier Schlachtschiffen des deutschen Bau- Programms für 1910 seien bis Ende September drei noch nicht auf den Kiel gelegt. Ein übergroßes englisches Bauprogramm allein könne ein neues deutsches Flottengesetz herbeiführen, perkien. Die Antwort an England. Teheran , 20. Oktober. Die persische Regierung hat bisher noch keine Antwort auf die Note der britischen Regierung abgesandt. Ans guter Quelle wird über den Inhalt der Antwortnote, die wahrscheinlich morgen oder am Sonnabend überreicht werden wird, folgendes berichtet: Die persische Regierung führt die Unordnung im Lande hauptsächlich auf die Anwesenheit der fremden Truppen zurück, sie habe die unbeabsichtigte Wirkung, daß sie die Reaktionäre zu falschen Hoffnungen auf die Wiedereinsetzung des früheren Schahs ermutige. Die Regierung führt die Unordnungen ferner auf die Tatsache zurück, daß sich die bisherigen Versuche, Geld aufzunehmen, als erfolglos erwiesen hätten, und daß sich infolgedessen im AuS- lande die Ansicht verbreitet habe, daß die persische Re- gierung der pekuniären Hilfsquellen ermangele. Die Be- mühung, ein gemeinschaftliches Darlehen von England und Rußland zu erhalten, sei sehlgeschlagen, weil die politischen Bedingungen unannehmbar gewesen sein, von deren Erfüllung die Gewährung de« DarlchnS abhängig gemacht worden sei. Ein darauf folgender Versuch, von einem Finanzsyndikat Geld zu erhalten, sei wegen anderer, in der Hauptsache ebenfalls politischer Gründe er- folglos geblieben. In der Antwortnote wird ferner aufdie Verhandlungen Bezug genommen werden, die jetzt zwischen der Regierung und einem Londoner Hause stattfinden, und erklärt, daß man beabsichtige, den größeren Teil der durch diese Transaktion erlangten Geldern auf die Wiederherstellung der Ordnung zu verwenden. Man hoffe, daß die britische Regierung diese Verhandlungen günstig aufnehmen werde. Der wichtigste Punkt der Antwortnote wird das Ansuchen an die britische Regierung sein, daß sie einer Erhöhung der Zölle um 10 Proz. zustimmen solle. Im Falle der Zustimmung werde die persische Regierung die Verpflichtung übernehmen, den Ueberschuß zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Ordnung zu verwenden. Die persische und türkische Auffassung. Konstantinopel , 20. Oktober. Englands Ultimatum an Persien verursacht hier Sorge und gespannte Aufmerksamkeit. Man ver­hehlt sich die eminente Gefahr nicht, welche eS für daS ganze M e s o- potamien birgt, wenn Südpersien als Pufferstaat in englische Verwaltung übergeht und England in direkteste Nachbarschaft zu den türkischen Golfprovinzen tritt. Ein Redakteur desJeune Turque" hatte eine Unterredung mit einem hiesigen diplomatischen Vertreter Persien s, aus dessen Aeußerungen besonders hervorzuheben ist, daß die Engländer durch daS persische Abkommen mit Rußland diesem eine Bar- riere nach Indien vorschoben und dadurch erreichten, daß Tibet für sie ein Feld freier Betätigung würde. Jetzt suche England die Animosität der Perser gegen Rußland zu steigern, um Rußland zu zwingen, seine Truppen, deren Entfernung Pcrsien reklamiert, nicht zurückzuziehen. Rußland solle dadurch zu einer Politik gegen die Türkei gedrängt werden. fBcdeute doch die miltärisch« Besetzung von Kermanschah durch Rußland eine fort- gesetzte Bedrohung der Türkei . England hat bei seinem Vorgehen auch die Frage der Bagdadbahn , welche eine stete Sorge Eng- lands bedeutet, scharf im Auge. England wollte lediglich indirekt die Türkei und Deutschland bedrohen, da es wohl wisse. daß kein Interesse es sonst drängt, heute persisches Territorium zu besetzen, denn Persien ist nicht in derselben Lage wie Aegypten . Der persische Diplomat versicherte, daß Persien diese ausländische Herrschaft niK dulden und die Perser es vorziehen würden, unter- zugehen, Kmerlki». BestcchungSversnche. New Aork, 20. Oktober. Die Untersuchung seitens der New Aorker Legislatur ergab, daß Renn bah ninter- essenten eine halbe Million aufgebracht haben, um die Annahme eines Gesetzes, das die Wettrennen verbietet, zu verhindern,