Sog matt eZ nt btefcitt TeseZ mß einer gWaUlgettErschwerung des Handelsverkehrs zu tun hat, soweit er sichder deutschen Ströme bedient. Der Kampf für und widerdie Schiffahctsabgaben wird deshalb auch in der kommendenReichstagssession zweifellos ein überaus heftiger werden.poUtiscbe(leberficbt.Verlin. den 27. Oktober 1910.Bodmans Gewaltftreich.Die Maßregelung Arnspergcr ist selbst für preußisch-deutsche Lerhältnisso ein widerlich-tückischer Streich. Manbedenke, hier wird ein nationalliberalcr Parteimann gemäß-regelt, ein Mitglied der Regierungspartei, der engere Partei-freund des maßregelnden Ministers, der eingeschriebenes Mit-glicd desselben Vereins ist, in dem der.Gemaßregcltg ge-sprachen hat. Und diese Maßregelung erfolgt, weil Arnspergerfür dieselbe Großblockpolitik eingetreten ist. als derenStütze Herr von Bodman der Oeffentlichkeit galtund deren Nutznießer das badische Ministerium gewesen ist.Nun wird ein nationalliberaler Befürworter dieser Politikgleichsam aus dem Hinterhalt überfallen und für eine Rodegemaßregelt, von der er nicht einmal ahnen konnte, daß siein die Politik des Herrn v. Bodman nicht mehr passe. HerrArnspergcr erleidet Strafe, weil er die Charakterfestigkeitdieses Ministers überschätzt hat und nicht rechtzeitig erkannthat, daß diese„komplizierte Natur" auch vor dem häßlichstenGewaltakt nicht' zurllckscheut, wenn es gilt, die eigene Stellung zufestigen. Diese„komplizierte Natur" hat sich damit allerdingsals sehr einfach erwiesen. Herr v. Bodman wendete anunsere Genossen ein paar schöne Worte, als er glaubte, dasGewinnen ihrer Stimmen werde seiner Karriere nützen, und erzögert keinen Moment, durch eine empörende Tat seine Wortezu verleugnen, sobald er die Ueberzeugung gewonnen hat, aufdiese Weise seine Stellung zu festigen. Die„komplizierteNatur" erweist sich so als skrupelloser bureaukratischer Karriere-macher, der sich von einem preußischen Kollegen höchstensdurch den Mangel an Offenheit unterscheidet.Doch über diesen Mann braucht man weiter kein Wortzu verlieren und wir stinunen ganz mit unserem StuttgarterParteiblatt überein, das schreibt:„Die schärf st e Kampfansage gegen diesen Minister istdas einzige, was der Würde der sozialdeniokratifchen Partei ent-spricht. Jetzt wird sich zeigen müssen, ob der Großblock in Badeneine politische Macht bedeutet. Er ist mit dem Fall desnationalliberalen Arnsperger vor die wichtigste Ent«scheidung seit seinem Bestehen gestellt."Die badischen Nationalliberalen sind natürlich gezivungen,gegen die Maßregelung ihres Parteigenossen Stellung zunehmen. Die„Nationalliberale Korrespondenz" konstatiert zu-nächst, daß diese Maßregelung letzten Endes die national-liberale Partei selbst trifft und spricht dann als einmütigeUeberzeugung der badischen Nationalliberalen folgendes aus:„ES muß betont werden, daß die Haltung der Regierung indieser Frage gegenüber den vom Norden kommendenEinflüssen, denen sie sich scheinbar nicht entziehen konnte,einmal eine Unkenntnis der tatsächlichen politischen Verhältnisseund Anschauungen in Baden, zum anderen aber auch eine b e-dauerliche Schwäch« gegenüber den größten Gegnern derliberalen Regierung verrät, die man bei einem so modern undliberal gerichteten Mann, als den das badischs Volk in laug-jähriger parlamentarischer Arbeit den Minister v. Bodman keimenlernte, nur bedauern mutz, die aber für ihn insofern zu sehrschwerwiegenden Komplikationen führt, als dasVertrauen zur Politik der Regierung stark ins Wankengeraten ist."Und der Karlsruher jungliberale Verein hat eine Resolutionbeschlossen, in der dagegen protestiert wird, daß den Ver-waltungsbeamten noch der letzte Rest staatsbürger-licher Freiheit entzogen würde.Wenn abxr bei irgend einer Partei, so sind bei dernationalliberalcn Worte und Taten zweierlei I Und man wirddie Taten abzuwarten haben, um zu sehen, ob eS denNationalliberalcn mit ihrem Protest wirklich ernst ist.Unsere erwägnngsvolle Negierung.Das deutsche Volk kaun sich einer Regierung rühmen, diean Weiser Voraussicht, Fürsorglichkeit und Geschäftstüchtigkeitalle Regierungen der anderen europäischen Staaten um mehrereansehnliche Nasenlängen übertrifft. Seit ungefähr einemJahrs steigStt die �leischpreise und über die Notwendigkeiteiner Oeffnung der Grenzen für die Vieh- und Fleisch-einfuhr sind unzählige Leitartikel in der Presse er-schielten; doch erst jetzt findet die Regierung in ihrerVielbeschäftigkeit die nötige Muße, die bekannten be-rüchtigten Erwägungen darüber anzustellen, ob nicht vielleichtdie Einfuhr von gekühltem und gefrorenem argentinischemFleisch ül Deutschland unter gewissen Bedingungen und inbeschränktem Maße, das heißt in einem Umfang, der denProfitinteressen der viehzüchtenden Agrarier keinen Abbruchtut, gestattet werden könne. Allerdings sofort will sie sich,da Ueberstürzung leicht schaden könnte, auch jetzt noch nicht insolche Erwägungen stürzen, sondern erst im nächstenFrühjahr."Zunächst will sie in Weiser Geduld ab-ivarten, welche Erfahrungen man in Oesterreich mit der Ein-fuhr von argentinischem Fleisch macht, dann will sie dieösterreichische Regierung um Auskunft bitten, darauf nack-prüfen, ob die österreichischen Gesichtspunkte auch für Deutsch-land Gültigkeit haben, und wenn diese Formalien mit der er-forderlichen Gründlichkeit erledigt sind, endlich gewissenhafterwägen und untersuchen, ob tatsächlich in Anbetracht dervorzüglichen Versorgung der deutschen Schlachtviehmärkte mitvaterländischem Rind- und Hammelvieh eine Einfuhr vonargentinischem Fleisch nötig ist und innerhalb welcher Grenzensolcher Import ohne Gefährdung der Volksgesundhcit oder,lvas weit wichtiger ist, des agrarischen Profits möglich ist.So schnell ist also auf die Gestattung der Einfuhr von gekühl-tem und gefrorenem Fleisch nicht zu rechnen— möglicher-weise im Sommer nächsten Jahres oder noch etwas später.Das kuriöseste au der Sache aber ist, daß die Regierungihre Absicht, im nächsten Jahre Erwägungen anstellen zuwollen, auch noch als Beweis ihres Wohlwollens für dieärmeren Volksschichten offiziös verkünden läßt. Eine hiesigehalboffiziöse Korrespondenz meldet nämlich:Die Versuche, die jetzt in Wien mit importiertem argentini-schem Fleisch angestellt tverden, werden in den deutsche» Regie-rungslreisen mit lebhaftem Interesse verfolgt. Wie wir höre»,wird die österreichische Regierung ihre Erfahrungen mit diesenVersuchen, die im Dezember fortgeführt werden, der deutschen Ne-gierung zugänglich machen. Wie es scheint, hat das argentinischeFleisch die gehegten Erwartungen bis jetzt nicht erfüllt.Eine höchst anerkennenswerte Gründlichkeit, die genügendbeweist, welches kostbare Juwel wir an unserer Regierung be-sitzen. Zwar wird mancher Nörgler meinen, die Regierungkönne sich leichter Aufschluß verschaffen, wenn sie kine Studien-kommission nach England schicke, das seit vielen Jahrenargentinisches Fleisch einführt, von den deutschen General-konsulatcn und Konsulaten in England Bericht einfordereoder sich auch nur den Bericht der nach England entsandtenösterreichischen Studienkommission ansehe— doch wer sospricht, der kennt nicht das tiefe gewalsige Verantwortlichkeits-gefühl unserer Herren Minister und ihre zärtliche Fürsorge fürAgrarier und Rindvieh._„Zuverlässige" Richter.Voraussichtlich im November werden die Anklagen wegen Land-sriedenSbrnch aus Anlaß der Moabiter Vorgänge zur Verhandlunggelangen. Wir haben dargelegt, daß— ähnlich wie früher politischzweifelhafte Dachen durch Umstellung der Namen der Angeklagtenauf den ftaatsanwaltltchen Akten an die B r a u s e w e t t e r- oderOppermann« Kammer dirigiert wurden— jetzt, wiewohl nun-mehr der GeschäftSplan bei mehreren Angeklagten die alphabetischeReihenfolge für Bestimmung der zuständigen Kammer maßgebendsein läßt, die Staatsanwaltschaft den Versuch unternommen hat,alle Sachen von der Lieber scheu Kammer aburteilen zu lassen.Gegen das eingeschlagene Verfahren haben die Verteidiger der An»geklagten folgende telegraphische Eingabe an den Justizminister gerichtet:„In Strafsachen wegen Moabiter Streikunruhen hat Staats-anwaltschaft I gegen jeden Angeschuldigten besonderes Verfahreneingeleitet und getrennte Anklagen erhoben, hierauf zunächst An-klage gegen Hagen der 4. Straslammer zur Eröffnung des Haupt-Verfahrens vor 3. Strafkammer sVorsitzender Landgerichtsdirektor Lieber) gemäß GeschäftSplan vorgelegt. WeitereAnklagen hat Staatsamvaltschast als NachtragSanIlagen bezeichnetund ebenfalls der 4. Strafkammer vorgelegt. GeschäftSplanschreibt alphabetische Verteilung vor, weshalb 4. Straf-kammer verweigerte. Hauptverfahren vor>. Strafkammerauch gegen die Angeschuldigten ztt eröffnen, die nachalphabetischer Folge nicht vor 3. Strafkammer gehören.Darauf verteilte Staatsamvaltschast die einzelnen Sachen nachder alphabetischen Reihenfolge vor die zuständigen ErösflinngS-kammern und beantragte be» diesen Verbindung mit der SacheRaM-Frozeß.Bochum, im Oktober.„Nu, da habt Ihr eben nich jerieselt, nich? Na, und habt auch'n bißchen jefälscht beim Versetzen der Hohlräume, niS? Na, därflIhr'n dat'i So, bat war der Jejenkumpel, da wißt Ihr nischt von,hm. Nu, jetzt mach'» wa mal ne Pause. Bei der hohen Temperaturist die achtstündige Schichtdauer schmi überschritten. Jerichtsdieuer,sorgen Sie mal'n bißchen für Bewetterung..So gemütlich und humoristisch, beinahe ein bißchen pickwickischleitet Herr Landgerichtsdirektor Zimmermann die Verhandlung. Abund zu gibt'S fröhliches Schmunzeln über feine echt rheinischenBonmots. es ist alles ganz reizend nett und manvergißt momentan vollständig, daß es sich hier um dieUrsachen handelt, die urplötzlich daS Gebirge über 3ö0Kohleugrübern zusammenstürzen neßen.... Aber schließlich, eSist nicht jedermanns Sache, die D!:,g« so ernst zu nehmen. Und eSbraucht uns wenig zu kümmern, wie sie der Herr Vorsitzende nimmt.wenn dos auf die Verhandlungsführung keinen Einfluß hat. Bondieser aber ist ohne weiteres anzuerkennen, daß sie tadellos ist.ES bedurfte zwar einer Revision durch das Reichsgericht und feinetfestes Auftrages, den Beweis nickt bloß für zwei Zeile» deS ArlikelSder„Vergarbeiterzeitüng" zuzulassen— aber nun, wo dieser Aus-trag ergongen ist, wird dem Beweis keine Schranke gezogen. Undallgemein ist der Eindruck, daß die Zeche nicht geklagthätte, wenn sie diese Reichsgerichtsentscheidung hätte ahnenkönnen. Denn schon bisher ist weit mehr zutage gekommen, alidas Bergarbeiterblatt behauptet hat. Nur die Opfer von Radbod,die kommen lebend nicht mehr zutage.«Nur gelegentlich wird man daran erinnert, daß nicht bloß dieZeche geklagt hat, sondern auch der Staatsanwalt. Stundenlangsitzt der Herr dort völlig ruhig auf seinem Platz im Winkel nebe»den Nicklern. ohne sich bemerkbar zu machen. Und wenn er einmalspricht, so ist das fast immer kurz nach einer VerhandlungSpause, dievielleicht auch die Gelegenheit gibt, mit dem Herrn Nebenkläger, den«Zechendirektor und dem Sachverständigen kgl. Berginspektor in Ver-bindung zu treten. Dann kommt eS, bei all der merkwürdigenSanftmut Lwses öffentlichen Anklägers auch vor, daß er sich etwasvorwagt, wenn auch nur. um bekunden zu lasten, daß die Ver-antwortlichen an dem Unglück unschuldig sind. ES fft da»» nichtimmer angenehm, vom Borsitzenden höflich, aber deutlich zurück-gewiesen zu werden. Immerhin— daß die Sleiger ganzandere Lohne eintrugen, als die Leute wirUich be-kommen, daß sie„Vorschüffe" auf schon bezahlte AGrit voneinbehaltenem Lohn gaben, daß im Wetterbuch stets und ständig„alles rein' ist. das scheint den Herrn Staatsanwalt weniger zuinteressieren als die Uebertretung einer Polizeivorschrift, die diegefährdeten Arbeiter eines Schlagwetterwinkels begingen, indem sieselbst LüftnngSmaßregeln trafen, statt erst(im Akkordlohn I) dreiviertel Stunden weit zum Steiger zu laufen, der ihnen gesagt hätte:„Wißt Ihr nicht selbst, was da zu tun ist?" Aber mit solchenkleinen Avancements blitzt der Herr Staatsanwalt sogar bei Herr»Hallender ab.Herr Hallender ist die Hauptperson in diesem Prozeß. Herrollender redet nicht nur oft und viel, um zu zeigen, daß alles inrdnung war, sondern er leitet auck die Vertretung der Anklage.So wie beim ersten Radbod-Prozeß tritt er ja freilich nicht mehrauf; damals erklärte der verantwortliche Aufsichtsbeamte stolz wie einSpanier, dem angeklagten Redakteur der„Bergarbeiter-Zeilung"mangle ja die nötige Vorbildung, um mit ihm die Sicherheil aufRadbod zu diskuliere». Das hat man dem Herrn Berginspeklorschon abgewöhnt. Aber es ist doch interessant, den unausgesetztenKontakt zwischen dem Zechendirektor Äudree und dein Herrn Alst-sichtSbeamten zu beobachten. Wenn Herr Andres z. B. sich darinirrt, worüber ein von ihm geführter Zeuge aussogen soll, gleichbringt ihn Herr Hollenbek durch leises, aber eifriges Einreden ausdie richtige Spur. Auch wenn ein Arbeiier die Zeche belastet, kannman diele intimen und intensiven Konferenzen beobachten, nachdenen Herr Hallender allsogleich das Wort ergreift zu einem Versuch.solch unmigenedme Aussogen zu entkräften. Ist daS nicht eigenartig?An Leute, die nichts Schlimmes wissen, hat der Herr Aussichlsbeamtefast nie eine Frage. Allerdings— auch ihm fiel ja nie auf Radbodetwas auf bei seinen 30 Kontrollbefahrungen in eindreiviertel Jahren.Hört man den Herrn AufsichlSbeamten, möchte man wirklich Radbodfür einen Jdealbetrieb halten. Staub gab's überhaupt nickt, Schlag-weiter nie über das zulässige Minimum. Und daß selbst dann insWetterbuch»icktS eingetragen wurde, wenn die Arbeiter den Steigernzeigten, daß sich der unheimliche„Zopf" an der Lampe bildete, auchdarin sieht der staatliche Aussichtsbeamte nichlS Arges. Zu solchenEintragungen waren ja die Steiger nicht verpflichtet, wenn sie nurfür Abführung der Gase gesorgt hatten. Schade, daß der alte HerrOberbergrat Kaltheuner trotz aller Bemühungen des Herrn Andreehier die Verordnung nicht anders verstehen wlll als der VerteidigerHeine. Dann— schließt sich Herr Hollender völlig dem GutachtendeS Gutachten des höheren Beamten an.,»ES gibt zweierlei Zeugen. Gewiß ist es nur Zufall, daß die,die noch auf Radbod sind, nicht von dem häufigen Versagen derBerieselung, nichts von den starken Schlagwetteransammlungen,nicht» von bloß verdeckten Hohlräumen, nichts von willkürlichenLohnreduzierungeu, kurz, überhaupt gleich jenem, besten Name Hase ist,Hagen und Eröffnung bor 8. Strafkammer, tleber Zusilssigkettdieses Verfahrens soll morgen, Freitag, Besprechung der Straf»kammervorsitzenden, vielleicht Präsidiaisitzung, stattfinden.Als Verteidiger einzelner Angeschuldigter beantragen wirStaatsanwallschaft anzuweisen nach Gesetz und Geschäflsplan zuverfahren und jede Maßnahmen zu nnterlassen, die die Au»geschuidigten ihrem gesetzlichen Nichter entziehen könnten.Selbst wenn Zusammenhang der einzelnen Sachen bestände,was nicht der Fall ist, wäre Verbindung erst in der Haupt-Verhandlung nach H 233 St.-P.-O. möglich. Wäre aber selbst jetztVerbindung zulässig, so muß nach Geschäftsplan alphabetischeNamensfolge der Angeschuldigten entscheide».Verfahren der Staatsanwaltschaft bewirkt Wiederherstellungde? Zustandes, zu dessen Beseitigung alphabetische Reihenfolge imGeschäftsplan vorgeschrieben ist, und ermöglicht gegen Gesetz undGeschäflsplan Auswahl eines bestimmten Richters.gez.: Die Neckitsamvälte Dr. Oskar Cohn, WolfgangHeine, Dr. Hugo Heinemann, Theodor Liebknechtrmd Dr. K n r t R o s e n f e l d.Von einem justizministeriellen Eingriff erwarten wir nichts.Man darf gespannt sein, ob die Unabhängigkeit der Richter starkgenug sein wird, um dem Versuch mit Entschiedenheit entgegenzu-treten, Angeklagte ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen.Amtliche Uriasbriefe!„Bei Ihrem Namen steht bereits im schwarzen Buch einDoppelkreuz..." Mit diesen Worten eines Häscherscharakterisiert in seinem köstlichen Poem„Haussuchung" derDichter Franz Frhr. Gaudy das vormärzliche System derpolizeilichen Gesinnungsbespitzelung.Der Vormärz liegt über 60 Jahre hinter unS— aberdie Methoden der hohen Polizei„zur Wahrung der öffentlichenRuhe, Ordnung und Sicherheit" haben sich seitdem nur weniggeändert. Das schwarze Buch für die Leute von unvor-schriftsmätziger Gesinnung existiert heute noch in den Polizei-stuben, die Bespitzelung des Bürgers wird noch ebenso eifrigbetrieben wie vor 1848, wie wir aus den behördlichen„Fest-stellungen" über die Gesinnung der Rekruten wissen. Daß aberdiese Feststellü«gen von einigen Polizeibehörden nicht bloßfür die amtlichen Akten, sondern auch zur Fabrikation amt-licher Uriasbriefe gemacht tverden, das zeigt das folgendeFormular für ein polizeiliches Führungs»zeugnis, das unS vorgelegt wurde.J.-Nr..... Schinkel, den........... 19. iZum Schr. vom.............geboren...................................Hierselbst wohnhaft....................................... ist, soviel mir bekannt,1. nicht bestraft,2. an ordnungsfeindlichen Bestrebungen und Vereinen nichtbeteiligt gewesen und hat sich3. in seinen bisherigen Lebensverhältnissen achtbar und un»bescholtcu.................................,geführt,.......................Stempel) Der GemeindevorsteherGemeinde Schinkel........-dm'.......**Landkreis Osnabrück Luhrmann, Beigeordneter.Das Formular war ausgefüllt mit Datum und demNamen der Person, die sich das Führungszeugnis ausstellenließ, wir haben diese Angaben hier natürlich fortgelassen.Ob solche Zeugnisse bloß in der Landgemeinde Schinkelbei Osnabrück ausgestellt tverden? Es will uns scheinen, daßdie Führung des Formulars auf eine allgemeine Anweisungschließen lasse. Allerdings hat man bisher von solchen Zeug-nissen aus anderen Orten nichts gehört wenigstens seitrund einem Jahrzehnt nicht. Aber liegt das vielleicht daran.daß der Beigeordnete zu Schinkel sich vergnffen hat und demum das Attest Nachsuchenden ein Formular in die Hand ge»drückt hat, das nicht zum Verkehr mit dem Publikum.wenigstens nicht mit dem gewöhnlichen Publikum bestimmtist, sondern zum Verkehr mit Behörden und allenfalls—Unternehmern?Sollte es sich hier trotz aller Vereinzelung des Fallesum eine preußische Eigentümlichkeit handeln? Vielleichtfindet das Blatt des Herrn v. Bethmann Hollweg, wenn eSgerade mal von der reichsverbändlerischen Beschimpfung derSozialdemokratie ausruht, die Zeit. Auskunft zu geben, wases mit diesem Schinkcler Formular auf sich hat und ob derpreußische Minister mit seiner Verwendung einverstanden ist!Evekttnell kann ja auch die amtliche„Berliner Korrespondenz"bemüht werden.von nichts wissen— und daß es durchwegs von Radbod abgekehrteArbeiter sind, die alle diese schlimmen Vorzeichen beobachtet haben.ES kann und darf nur Znfa» sein, denn niemals sind Arbeiterhinausgeflogen, weil sie sich beschwerten oder belastende Aussagenin der Untersuchung der Katastrophe machten. Herr Andree wider»holt eS öfters und sein Anwalt Kotigen stellt es durch Fragen andie noch auf Radbad Verbliebenen unwiderleglich fest.»Aber leider— die Zeugen des Angeklagten, der hier zum An»kläger wird, lassen sich nicht irre machen.„Herr Andree, machen Siedoch den Mann nichl bange." mußte der Borsitzende gleich am ersten oderzweiten Tage abwehren, als Herr Andree einem unbequemen Zeugenvorhielt, was er hier beschworen habe. MeinetdSauzeigenscheinen ja denen, die auf Radbod alle« stets in Ordnung fanden,geläufig zu sein. Der von Heine abgelehnte Sachverständige Berg»rat Riederstei» hat gleich gegen zwei der Geretteten vonRadbod Meineidsanzeigen eingereicht wegen der die Zeche belastendenAussagen. Die StoalSanwaltschaft sandle die Anzeigen dem Herrnzurück. ES sollte nicht sei», daß die, die man aus den zusammengebrochenen GebirgSmassen befreit hatte. inS ZnchihauS geiperrtwurden. Aber von der Zeche flogen fünf Mann der besten Kolonne— wo man ihnen eine Slunde nach ihrer Vernehmung durch dieAufsichtsbehörde vorhielt, daö hätte» sie nicht zu sagen brauchen.Doch eS nützt nichis. Selbst die Steiger müssen manchmal.wenn die stereotypen Antworten aus die stereotypen Fragen alles inOrding gezeigt haben, zögernd und erinneruugSschwach dies unddas zugeben, was die erschütternden, bestimmten Angaben derArbeiter Thomas. Rettich, Hohmeyer, Pilgrim, LewandowSki usw.bestätigt. Die Zecke, denen die Arbeiterlisten, gewiß die de« ganzenRuhrrevicrs, zur Verfügung stehen, kann nur wenige Leute bringen,die sich an die Mißstände— nicht entsinnen können. Und mehrals einnial koniittn ihre Zeugen die Ankläger nicht widerlegen, weilsie nicht deren Schichtlameraden, sondern deren„Gegenkumpels"waren. Dafür hat es sich nun schon einigenial ereignet, daßdie Zeugen der Zeche selbst die Verteidigung auf neue Streckenführten, die bisher noch unbekannte belastende Momente an« Lichtförderten.Mit leidenschaftlicher Spannung, die sich trotz aller Vermahmmgenmanchmal Luft machen mutz, verfolgen Hunderte Bergarbeiter dieVerhandlung. Stehend harren sie dichtgedrängt, im Ueberrock�auch»och, in dem heißen Saale aus. Ackt. neun Stunden im Tagedauert der Prozeß. Die Leute opfern die Ruhepausen zwischen deySchichten, um iabei zu sein. Und begierig erwarten draußen auf denZechen Tausende rmd Abertausende die Zeitung. Duo. res agitar—es ist doch ihre Sache, ihr Leben, die Existenz i h r« r Liebet�um die in dem Saale dort in Bochum verhandelt wird.Wer schafft das Gold zutage...