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Nr. 277. 27. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 26. November 1910.

86. Sigung, Freitag, den 25. November, nachmittags 1 hr.

Am Bundesratstisch: Dr. Delbrüd, v. Schorlemer. Die Besprechung der

Interpellation über die Fleischnot

wird fortgefeßt.

Abg. Hildenbrand( Soz.):

Der Verlauf der bisherigen Diskussionen läßt bereits erkennen, daß die Mehrheit des Reichstags nicht gewillt ist, das einzige Mittel gegen die allgemein zu konstatierende Fleischteuerung, die bei der Arbeiterschaft in eine Fleischnot übergeht, zu ergreifen. Unsere Inter­pellation beschränkt sich nicht, wie die der Konservativen, auf die Fleischteuerung. Denn tatsächlich sind fast sämtliche Lebens mittel an der Teuerung beteiligt. In der Diskussion ist dies, veranlaßt durch die Konservativen, etwas in den Hinter­grund getreten und deshalb muß besonders stark betont werden, daß bei der Teuerung sämtlicher Lebensmittel es den Arbeitern nicht möglich ist, mit ihren Familien so zu leben, wie es nötig ist, um die durch die aufreibende Arbeit verbrauchten Kräfte zu erfezen. Charakteristisch ist, daß die Rechte die Not des Boltes mit Spott behandelt,

Teuerungsdebatte hatten, von Wahlen keine Rede war. Wir brauchen einzelne Grenzen geöffnet werden. Wenn uns eine solche Seuchen­uns auch keine Agitationsmittel zu schaffen, dafür arbeiten Sie( nach gefahr drohen foll, warum stirbt dann das frans rechts) das ganze Jahr in der ausgezeichnetsten Weise, unterstützt zösische, dänische und holländische Bolt nicht von Instrumenten des Himmels.( Sehr gut! bei den Sozialdemo- an dem Genuß ihres einheimischen Fleisches. fraten.) Es wird Sache der deutschen Arbeiterklasse sein, dafür zu( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Im übrigen brauchen sorgen, daß ein Reichstag zustande kommt, wo nicht die Junker, wir mit der Gesundheit unseres Viehes gar nicht besonders sondern die große Masse des Volkes entscheidet. zu renommieren und wir sind selbstverständlich

auch das

Wenn Herr Rupp die Notlage der Winzer ausspielte, so leiden für, daß genügende sanitäre Vorsichtsmaßregeln bei der Zufuhr aus auch diese außerordentlich unter der Fleischteuerung, denn auch sie ländischen Viehs ergriffen werden. Die Regierung will aber auch müssen das Fleisch kaufen. Die Haltung des Zentrums war zweifel- nicht einmal die Zufuhr ausländischen Fleisches in Erwägung ziehen. Tos stark beeinflußt durch die politische Situation, das Verhältnis Sie beruft sich auf den§ 12 des Fleischbeschaugefeges. Dabei ent ausdrücklich erklärt, daß das Zentrum sich die Inaugurierung der und die Regierung hat damals in allen Stadien der Verhandlung zwischen Zentrum und Konservativen. Herr Herold hat wieder hielt der Regierungsentwurf des Gesezes diefes Berbot gar nicht, Bollpolitit von 1878 als Verdienst anrechnet. das Zentrum auch die Verantwortung für die Wirkungen dieser Boll auch damals Damit übernimmt diesen Paragraphen für unannehmbar erklärt. Es wurde politik. Daß, wie Herr Herold behauptet, der§ 12 des Fleisch Handbuch des Bundes der Landwirte, daß in dem Augen­ausdrücklich erklärt und steht heute noch im beschaugesezes nur veterinärpolizeiliche Gründe habe, glaubt blic, wo die Ernährung notleidet durch dieses Verbot, es auf. ihm doch niemand. schrieben, daß durch die Kommissionsberatung anstatt der veterinär- Wenn die Regierung trotzdem mit folcher Zähigkeit an dem ihr Die Regierung selbst hat damals ge- gehoben werden soll.( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) polizeilichen wirtschaftspolitische Tendenzen bei dem Gesetz in den damals aufgezwungen Baragraphen festhält, so beweist das, daß fie Vordergrund geschoben seien. Nicht so sehr die Angst vor den noch vielmehr in die Abhängigkeit der Junker gekommen ist.( Sehr Seuchen, sondern die Angst vor der auswärtigen Kon- wahr! bei den Sozialdemokraten.), Dem Reichskanzler muß der turrenz war für die Agrarier dabei maßgebend. Der zweite Vorwurf gemacht werden, daß er diesen Teil der Frage nicht dent Redner des Zentrums hat dann im zweiten Teil seiner Rede den Ernst der Situation entsprechend gentigend gewürdigt hat. Wir gegenteiligen Standpunkt vertreten wie Herr Herold. dürfen erwarten, daß er diese seine Stellung noch revidiert, zumal Um dies zu verdecken, fuchte er die Aufmerksamkeit des Hauses doch selbst unsere deutschen Marinesoldaten mit indem der Redner hier von einem Fleischnotrummel sprach. auf die französischen Sozialisten zu lenken. Er hätte lieber diesem ausländischen Fleische versorgt werden. Gegenüber dieser Verhöhnung muß hervorgehoben werden, daß nicht die Stellung der christlichen Arbeiter zu dieser( Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) von einem künstlichen Rummel die Rede sein kann, sondern von der Frage anführen sollen.( Sehr gut! bei den Sozialdemo- Die Regierung ist doch auch bestrebt, die Handelsbeziehungen gerechten Entrüstung der deutschen Arbeiter.( Lebhafte 8u fraten.) Daß er das nicht getan hat, war für uns mit anderen Staaten zu verbessern. Diese Bemühungen fönnten stimmung bei den Sozialdemokraten.) In der amtlichen Denk biel interessanter als feine Bemerkungen über Herrn wesentlich unterstützt werden, wenn wir z. B. Argentinien Entgegen­schrift der Regierung wird selbst die schon feit Jahren Schulz und die französischen Sozialisten. Was diefe tun, ist Sache tommen bei der Einfuhr des Fleisches zeigen. Auch sonst noch bestehende Unterernährung konstatiert, die zur Degeneration der Franzosen , unsere Fraktion ist einmütig in der Abficht, alles vom hätte der Reichskanzler Gelegenheit, ohne Benachteiligung der des Volkes führen muß. Da hätte die Regierung doch Deutichen Reichstag zu verlangen, was geeignet ist, die anerkannten deutschen Landwirtschaft auf die Verbilligung der Preise hin­die Verpflichtung, alles zu tun, um dieser Schädigung entgegen zu Nachteile für die Ernährung der Arbeiterklasse zu verhüten. Auch zuwirken, zum Beispiel durch Ermäßigung der Eisen­wirken. Aber weder die Regierung noch die Mehrheit wenn Herr Trimborn dann mit poetischen Worten die bahntarife. Nun fagt man, über dem Gebot der Ver­des Reichstages will die der Teuerung ent Deffnung der Grenzen von Frankreich und Holland verlangte, billigung der Lebensmittel steht das Gebot der Produktions­sprechenden Maßregeln ergreifen. Das ist eine so fo stand das im direkten Gegensatz zu der Behauptung des steigerung. Warum hindert denn dann die Regierung den Klein­beschämende Tatsache, daß sie nicht start genug vor der Deffentlichkeit Herrn Herold, daß die Grenzen der Seuchengefahr wegen bauern durch Verteuerung der Futtermittel an einer gebrandmarkt werden kann.( Lebhafte Zustimmung bei den Sozials nicht geöffnet werden fönnten. Daß die Haltung des rationellen Viehzucht?( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Wir demokraten.) Daß die Ausführungen des preußischen Landwirtschafts- Herrn Trimborn mit der Haltung des Zentrums außer haben der Regierung und der Mehrheit jetzt Gelegenheit geboten, ministers in uns feine Hoffnungen erweckten, ist begreiflich. Dieser halb dieses Hauses im Widerspruch steht, seze ich als notorisch be- der dringenden Not des Voltes abzuhelfen. Wenn Sie( zur Mehr­Herr fagte nur mit Ben Atiba: Es ist alles schon dagewesen, auch fannt voraus. heit) das ablehnen, so unterstehen Sie dem Urteil der Wähler. Daß schon hohe Fleischpreise. Aber trotz des weisen Ben Atiba ist noch Daß Herr von Gamp nichts übrig hat für die Verbefferung aber die Reichsregierung es abgelehnt hat, ist eine Bernachlässigung nie dageweifen, ein preußischer Landwirtschaftsder Lebenshaltung der Arbeiter, ist nichts Neues. Wenn er Ihrer Pflichten, die nicht scharf genug gebrandmarkt werden kann. minister, der den Junkern zu widersprechen wagte. von einer Steigerung der Löhne der Landarbeiter in den letzten( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) ( Sehr richtig! b. d. Sozialdemokraten.) Der Herr hat hier eben nur ein Jahren sprach, so war diese Behauptung um so verwunderlicher, als Staatssekretär Dr. Delbrück: Das Fazit der Debatte ist, daß Amt und feine Meinung. Er hat auch die Frage aufgeworfen. erst in diesen Tagen in der Reichsversicherungskommission ein ebenso die Mehrheitsparteien im wesentlichen den Standpunkt des ob denn Fleisch als Nahrungsmittel notwendig ist. Für ihn und hervorragender Redner seiner Partei die Behauptung Reichstanzlers billigen. Freilich ist von der linken Seite feine Klaffe mag das gelten, wer sich Austern und Kaviar aufgestellt hat, daß in den letzten Jahren die Löhne herabgegangen auch scharfe Kritik geübt worden. Herr Dr. Wiemer hat gemeint, leisten kann, fann vielleicht auf Fleisch verzichten, aber für das seien.( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Enttäuscht hat mich als Oberbürgermeister von Danzig hätte ich anders geurteilt als arbeitende Volt ist Fleisch notwendig, wenn nicht schwere Schädi- die Haltung der Nationalliberalen. Ich hatte geglaubt, daß jezt. Nun, ein Minister, der für die Intereffen des ganzen Neiches gungen eintreten sollen. Der Minister meinte, die Deffnung der fie in der gegenwärtigen Situation für das Bedürfnis des Volkes eintreten muß, fann leicht anders urteilen als ein Oberbürgermeister, Grenzen würde nichts helfen und berief sich darauf, daß in Mann nach Milderung der Fleischteuerung mehr Sinn haben würden als der doch nur einen beschränkten Interessenkreis vertritt. Im übrigen heim französisches Vieh nicht billiger war als deutsches. Aber die dafür, ihre Abhängigkeit von den Junkern zu beweisen. aber deckt sich die auf dem Städtetage von mir vertretene Resolution offiziellen Berichte des Schlachthofes beweisen δα Wenn nun auch verständlich ist, daß die reaktionäre Mehrheit mit den Anschauungen, die ich vorgestern hier vertreten habe. Beim Gegenteil. Der Landwirtschaftsminister hat jede Deff- des Reichstages einen solchen Standpunkt einnimmt, so sollten doch Bitieren der Denkschrift des Reichsgesundheitsamtes hat Herr nung der Grenzen stritte abgelehnt. Es ist ein wahres für den Reichskanzler nicht die Parteiintereffen, sondern das Wohl Hildenbrand verschwiegen, daß dieses Amt ausdrücklich Glück, daß der preußische Landwirtschaftsminister nur für Preußen des Volkes entscheidend sein. Hunderttausende deutscher Arbeiter zu dem Schluß kommt, daß von einer vorhandenen oder in Frage kommt( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten), und es ist familien leiden unter der Fleischteuerung und wie ich aus meinem drohender Unterernährung nicht die Rede sein könne.( hört! hört! ein bedauerliches Zeichen, daß auch auf diesem Gebiete der Volks- häufigen Verkehr mit der bäuerlichen Bevölkerung weiß, leidet auch rechts.) Ich gebe zu, daß alles getan werden muß, um den gegen ernährung ein so fchroffer Gegensatz zwischen Preußen diese sehr unter dem Druck der hohen Fleischpreise. wärtigen, für die ärmere Bevölkerung höchst unerwünschten und Süddeutschland in die Erscheinung tritt, daß die Süd- Wenn der Vertreter des Reichskanzlers darauf hinwies, daß die bedauerlichen Zustand zu mildern. Aber die Deff deutschen wieder fagen müffen: Gott sei Dank, daß wir keine Staaten, denen eine gewisse Einfuhr von Vieh gestattet sei, von nung der Grenzen leistet das nicht, gefährdet aber Preußen sind.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Die Haltung diefem Recht nicht genügend Gebrauch gemacht hätten, so hat er durch die Seuchengefahr unsere Landwirtschaft aufs ernsthafteste. des preußischen Landwirtschaftsministers ist ganz unbegreiflich. Die unterlassen, die Schwierigkeiten mit anzuführen, die mit dieser Zu- Um unsere Fleischverforgung für alle Zeiten sicher zu stellen, müssen städtischen Vertretungen haben ohne Unterschied der Partei- fuhr von Fleisch verbunden sind, die koloffalen Quarantäneschwierig wir für die Stärkung der eigenen Produktion forgen und richtung die Reichsregierung gedrängt, für die Schaffung feiten usw. Die Hauptursache der Teuerung bleibt dazu ist ein gewiffer Schuß der Landwirtschaft, bor billigeren Fleisches zu sorgen. Die Reichsregierung wird den Kom- unsere Boll- und Steuerpolitif. Wir müssen ver- allem auch auf dem gesundheitlichen Gebiete notwendig. Daß munen nicht den Vorwurf mangelnder Fürsorge für die Gesundheit langen, daß an Stelle der Steuern auf Lebensmittel des Volkes die Lage der Arbeiterklasse sich gehoben hat, dafür berufe des Volkes machen können, wenn diese zu der Ueberzeugung fommen, andere eingeführt werden, die die leistungsfähigeren Schultern ich mich auf einen objektiven Beurteiler, den Schriftsteller daß die Deffnung der Grenzen durchaus notwendig ist. Wir können belasten. Das will die Regierung noch nicht und deshalb Calwer.( Lachen bei den Sozialdemokraten.) Von einem es nur bedauern, daß für die Reichsregierung offenbar die Ab- muß man sie dazu zwingen. Das liegt in der Hand des Maffenelend, wie in anderen Ländern, kann bei uns feine hängigkeit von den Junkern, nicht das Wohl der Ge- deutschen Volkes und ich hoffe, daß diese Lebensmittel e de fein; das bezeugen auch Männer wie Sombart und famtheit der entscheidende Gesichtspunkt ist.( Sehr wahr! bei verteuerung fo aufklärend wirken wird, daß eine andere Zoll- und Adolf Wagner . Es wäre also grundfalsch, an einer Wirtschafts­den Sozialdemokraten.) Die Rechte lehnt ja auch die ein- Steuergefeßgebung an die Stelle diefer agrarischen Wirtschafts- politit zu rütteln, die uns auf solche Höhe gebracht hat und ich fachsten und unschädlichen Mittel um Milderung der anerkannten politit treten wird.( Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Den hoffe, daß das deutsche Volt auch später die Einsicht haben Fleischteuerung ab. Wenn ihr Redner behauptete, unsere Standpunkt, daß die Deffnung der Grenzen eine Gefahr für die wird, uns einen Reichstag hierher zu senden, der Interpellation sei veranlaßt durch die bevorstehenden Reichstags- Gesundheit des Volkes ist, kann der Reichskanzler unmöglich uns die Möglichkeit gibt, unsere bisherige Wirt wahlen, so betone ich, daß 1906, als wir auch eine umfangreiche vertreten, weil er selbst bereits die Erlaubnis gegeben hat, daß schaftspolitit weiterzuführen.( Lebhaftes Bravo!

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Kleines feuilleton.

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Die Brautschauerin. Gegen das System der strengen Frauen­absperrung in der Türkei wenden sich zwei türkische Schriftsteller, Ahmed Hikmet und Hüsejun Dichahid. Ihre Dichtungen wenden sich gegen die Institution der Brautschauerin. Da sich die Lie­benden in der Türkei wenigstens im bürgerlichen Mittelstand nicht selbst finden dürfen, sondern von der Familie verkuppelt werden, so erfüllt irgendeine weibliche Angehörige des Heirats­kandidaten die Aufgabe, den Bewerber wegen der Qualitäten seiner unbekannten Erwählten zu beruhigen. Ihnen muß sich, so be­richtet Theodor Menzel in der Zeitschrift Der Islam", der Sitte nach das betreffende Mädchen, festlich geschmückt, vorstellen und, auf einem in günstigster Beleuchtung stehenden Stuhle fizend fich so lange betrachten lassen, als es die Brautschauerinnen für angemessen halten. Wehe, wenn etwas an dem Mädchen, an seiner Toilette, an seinem Benehmen auszusehen ist, oder wenn es gar die nötige Demut und Unterwürfigkeit außer acht lassen sollte. Die Unvorsichtige wird sofort von der Liste der Kandidatinnen gestrichen und im ganzen Bekanntenkreise mit scharfer Zunge in den übelsten Ruf gebracht. Das Ganze erinnert etwas an die Vorführung eines Tieres bein Viehkauf und ist für empfindsame Naturen eine un­würdige Marier.

Gegen diesen zähe festgehaltenen Brauch, die unvermeidliche Erscheinung der Frauabsperrung und Frauentmündigung, und da­mit gegen das ganze System selbst richten sich dichterische Dar­stellungen jener beiden Autoren, die Menzel überjeßt. In einer Stizze werden mit starker Anschaulichkeit dia Empfindungen des Opfers bei der Brautschau dargestellt:

Theater.

bermißte die notwendige Demut. Der Grund war," so erfährt und alles Kalenderwesen ersparen. Es wäre daher zu wünschen, sie später, daß ich den Frauen gerade ins Gesicht gesehen hatte!" daß er nicht an der Schwerfälligkeit reformunlustiger Mächte scheiterte. Die Produktivität in der Uhrenindustrie. Anfänglich dauerte die Herstellung einer Uhr 6 Tage. Wie Paul Dienstag in seiner Schrift über die deutsche Uhrenindustrie" erzählt, wurde mit Er- Schillertheater- O: Die Fee Caprice" von Oskar findung des Zehngeschirrs diese Zeit auf 1 Tag herabgejetzt. Im Blumenthal. Wohin find die Zeiten entflohen, da der blu­18. Jahrhundert brachte es ein Meister mit einem Gesellen und tige Oskar" sein kritisches Richtbeil schwvang! Wenn er heute als einem Lehrling auf jährlich 150 Uhren. 70 Jahre später verfertigte bejubelter Autor mit wohlbeleibtem Lächeln vor die Rampe tritt, ein Kleinmeister mit zwei Gesellen durchschnittlich im Jahre 702 um dem Publikum seine Reverenz zu bezeigen, ahnt keine Kinder­Uhren. Um die Witte des 19. Jahrhunderts werden in einer feele, nicht mal der ärgste Dramen- Verbrecher, daß Blumenthal Schwarzwälder Werkstätte( Meister, Geselle, Lehrling) wöchentlich, ehedem gleich Damon mit dem Dolch im Getvande einherging. ie nach dem Wert, 4-12 Stück hergestellt. Seit dem Großbetrieb O tempora, o mores! Es ist zweifellos einträglicher, bei den wuchsen die Produktionsziffern rapid. Eine einzige Uhrenfabrit Fleischtöpfen des behäbigen Pfahlbürgertums, als im Rate der in Schramberg produziert jährlich über 2 Millionen Uhren, eine Spötter zu fißen. Heinrich Heine , dem es Blumenthal immer andere in demselben Orte täglich 4000 Stüd. Die Steigerung der gleich tun möchte, würde schmunzeln ob der Ueberfülle an Geist­Produktion wurde ermöglicht durch die Maschine. Man hat zum reichelei, die in der versifizierten Fee Caprice" auf das Parterre Beispiel heute automatische Zahnfräsmaschinen, von denen jede an losgelassen wird. Das wißelt und plantert, das plappert und einem Tage 12000 Räder zahnt und von denen ein Mädchen mehrere klappert in twohlgefügten Reimen, bis endlich am Schluß des zwei­zugleich versieht. Früher mußte ein Zahn hinter dem andern auf ten Attes der Baron Wendelin von Frick( Reinhold Köstlin) einer Handzahnmaschine mühlselig geschnitten werden. So geht es feinen Salauer von der" Prokura" hinausposaunen kann. Ein für alle einzelnen Teile der Uhr, die heute durch Automatei herge- Wih, jawohl ein Wiz aus der Blumenthalschen Raketenkiste! stellt werden. Auch bei der Zusammensetzung der Teile wirft die Man begreift erst nicht, wie da noch jemand lachen kann. Man Maschine. Ohne Maschine konnte eine Arbeiterin in zehnstündiger fühlt sich ein Menschenalter zurückverseßt. Ist das, was da mit Arbeitszeit höchstens 20-30 Weckerwerke oder Regulatorwerke zu dem Dichter so frenetisch, so selbstgefällig fraternisiert, das Welt­sammensetzen, mit der Maschine bewältigt fie 300 oder 150-200 stadtpublikum? Bewahre nur die fette Geschäftsgegend von Stüd. Berlin - 0. Es gibt also noch Reviere, mo die komplette Harm losigkeit wie aus dem Mustopp" fteigt! k.

Welch ungeheurer Weg von der Uhr, an der man 6 Tage bastelte, bis zum heutigen Maschinen- Automatenbetrieb! Aber die gesellschaftliche Anpassung an diese Produktivität geht um Jahrhunderte hinter der Zeit zurück. Wir treiben Politik noch, als ob wir 6 Tage über einer Uhr hocken müßten!

Notizen.

-Musikchronit. Die Sonntagskonzerte des chiller. Theaters werden auch in der zweiten Hälfte dieser Spielzeit in einem zweiten Zyklus von fünf Konzerten fortgefeßt. Abonnements­hefte zum Preise von 2,50 M. und 3,50 M.( einschließlich Garderobe und Programm) sind bereits Sonntag zu haben.

" Wir traten ins Zimmer herein. Mir gegenüber befanden sich Eine internationale Konferenz zur Reform des Kalenders will zwei dunkle, gespensterhafte Gestalten, zwei herenhafte Weiber. Ich der Schweizer Bundesrat einberufen. Bekanntlich leidet ging an ihnen vorbei, um auf dem Plak ihnen gegenüber stehen zu unser gregorianischer Kalender( 1582 vom Bapste Gregor XIII. ein­bleiben. Ich wurde müde. Meine Knie trugen mich nicht mehr. geführt) an einer Reihe großer Mängel, deren hauptsächlichste die Könnte ich mich nicht auf das Kanapee schnell verstohlen nieder- Nichtübereinstimmung der Wochenrechnung mit dem Jahre und die Die Bühne gegen die Lustbarteitssteuer. Der Ich zog ihre aufmerksam betrachtenden Blicke auf mich. Ungleichheit der Monats- und Vierteljahresordnung ist. Die Ur- Verband Berliner Theaterdirektoren wird gemeinsam mit der Bühnen­Vor Furcht wurde ich rot. Je mehr ich aber daran dachte, um so fache ist, daß 365 durch 7 nicht teilbar ist, so daß jedesmal ein Tag. genossenschaft in einer auf den 13. Dezember im Zirhus Schumann röter wurde ich. Ich wurde röter und röter. Mit dem Gedanken: im Schaltjahr sogar zwei übrig bleiben. Der Reform foll nun mittags 12 Uhr einberufenen Versammlung gegen die drohende Wenn ich mich nur wenigstens( mit etwas) beschäftigen und so folgender Plan zugrunde gelegt werden: 1. Das Jahr wird zu Lustbarkeitssteuer Protest erheben. auf andere Gedanken kommen könnte" zog ich die Falten meines 52 Wochen gerechnet. Der übrige Tag( im Schaltjahr zwei) wird weder Oedipus im girkus Schumann. Weitere Vor­Gewandsaumes hinauf und gerade und ordnete sie Die im Monat noch im Jahre mitgerechnet. 2. Der übrigbleibende Tag foll stellungen finden statt am 5., 9., 12. und 16. Dezember. Der Vor­Frau, die da vorne jibt, ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Schwie- als Neujahrstag vor dem 1. Januar, der Schalttag hinter den letzten verkauf für die Vorstellungen am 12. und 16. Dezember beginnt am germutter, fagte ich mir." Sie gleicht der Durchschnittsschwieger- Juni gesetzt werden. 3. Die 4 Vierteljahre werden genau gleich: 29. November. mutter, wie sie auf Gottes weiter Welt gewöhnlich vorkommen: jedes zu 3 Monaten von 30-30-31 Tagen. Die Monate März, Genossen Robert Geibel zu Ehren fand in Zürich eine verhukelte Kneifzange, ein Körper, bei dem die schwellende Juni, September, Dezember würden also 31, alle übrigen 30 Tage an feinem 60. Geburtstage, am 23. November, eine von den Arbeiter­Kraft ganz zusammengeschnurrt ist, ein zaundürres Slappergestell, zählen. 4. Der 31. Tag soll auf einen Sonntag fallen, jo daß die gefangvereinen veranstaltete Feier statt. Die Arbeiterschaft feierte das reinste Sfelett." beiden ersten Monate, je 4, der dritte immer 5 Sonntage zählen. ihren Freiheitssänger, der jegt als Privatdozent für Pädagogit in Der Vorschlag bietet bei großer Einfachheit eine Reihe wefent- Bürich tätig ist, durch den Vortrag feiner eigenen fortreißenden licher Vorteile. Er würde die Zeitrechnung ungemein vereinfachen| Lieder.

Daß bei solchen Empfindungen das arme Mädchen bei den Brautschauerinnen teine Gnade fand, läßt sich begreifen. Man

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