Nr. 170.
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für 1893 unter Nr. 6708.
Vorwärts
10. Jahrg.
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Sonnabend, den 22. Juli 1893.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Arbeiterfragen und freisinniger allem zur wirksamen Abwendung von Gefahren für Leben Ahnung davon, daß der Militarismus, gegen den er lendenParteitag.
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beschränkungen. 3. Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung, vor fragen gegenüber empfinden. Er hat noch immer keine und Gesundheit, und Ausdehnung der Schutzbestimmungen lahm kämpft, nur ein Ausdruck des Kapitalismus und auf alle gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen; seiner innerlichen Berfaultheit ist, die mit Rüstungen und Auf dem Parteitage der freisinnigen Volkspartei", bei Revision oder Arbeiterversicherungsgesetze; wirksame Be- glänzendem Waffenschmuck verdeckt und mit Kanonen und der Programmberathung, haben unglaublich, aber wahr! Kämpfung der Mißstände in den Bodenbefiz- und Wohnungs- Bajonetten gegen das Proletariat vertheidigt werden soll. -Arbeiterfragen" rumort( Siehe die politische Uebersicht verhältnissen." Das war immerhin etwas Greifbareres, als Er ist blind dagegen, daß die Begünstigung einzelner Bevom vorigen Dienstag), und sie rumoren in der freisinnigen die Träger'sche Deklamation, so zahm und zuckerwässerig rufsstände", deren Aufhebung er als zur Zeit unmittelbar Presse weiter. Nach der„ Vossischen Zeitung", die dem die vorgeschlagene Arbeiterpolitik auch sich präsentirte. praktische Aufgabe" höher stellt, als eine volks Barteitag sehr kritisch gegenüber steht, nahm die Debatte Aber man wird die Wuth Eugen's begreifen, als er diese thümliche Sozialpolitik, wiederum nichts als der Ausüber diesen Punkt einen sehr gereizten und persönlichen sozialpolitischen Rezzereien hörte. Arbeiterschutz , Boden- fluß einer sozialen Klassenherrschaft ist, die sich verCharakter an". Nur Richter und ein Berliner Rechtsanwalt besitz- und Wohnungsreform in sein freisinuiges" Pro- stehen und beseitigen läßt lediglich durch eine proletarische hätten sich gegen einen Antrag Hirsch erklärt, die Arbeiter- gramm? Nie und nimmermehr! Dann wäre der aus soziale Bewegung. Ahnungslos, mit sozialer Blindheit gefragen" in das Programm aufzunehmen, alle anderen Redner Manchesterbaumwolle aufgebaute Thron des" Führers" zu schlagen, so tappt der große Eugen in subalterner Beseien dafür gewesen. Eugen Richter wieder verwahrt sich ſammengestürzt. Jedoch sich offen gegen jenes zahme Re- schränktheit seiner Programmrevision" zu. Ein schöneres gegen unrichtige Angaben einzelner Blätter" über den An- formprogramm erklären, das heute jeder Einsichtige an den Bild konnte der freisinnige Parteitag zur Illustration des trag Hirsch. Das Wort„ Unsinn" habe er nur in dem Schuhen abgelaufen hat, dazu reichte die Kourage Eugen's Verfalls dieser Partei nicht liefern. Einne gebraucht, daß bei einer gewissen redaktionellen Fassung in diesen kritischen Zeitläuften doch auch wieder nicht. Und Und so mögen sie denn flicken und pugen an ihrem des Autrages Hirsch formeller" Unsinn" herausgekommen so wußte denn der grrroße Mann die figlichen Arbeiter alten Tandelkram aus der Trödelbude der Mutter Manwäre 2c. Kurz und gutes muß heiter gewesen sein, als fragen des Harmonieapostels so aus der Diskussion über chester und bürgerlicher Fortschritt. Die Firma dieser einst sogar die zahme Sozialpolitik des freisinnigen Harmonie- das freisinnige Programm zu entfernen, wie es seiner sub- ehrenwerthen Handlung hat feinen Kredit mehr in dieser apostels Hirsch einen solchen Sturm im Glase Wasser erregte. alternen Auffassung entsprach durch ein taktisches Kunst- bösen, sozial durchsetzten Zeit. Bis Eugen Richter ihre Was ging nun eigentlich vor? stückchen! Er erklärte, daß die Arbeiterforderungen des guten sozialen Aufgaben als zur Zeit unmittelbar praktisch" erDer poetische Freisinnsmann Träger hatte zum Partei- Hirsch nicht als Antrag zum Parteitag eingebracht seien, also tannt hat, wird es wohl Fortschrittler und Freifinnige gar programm u. a. vorgeschlagen, zu erklären:„ Die endgiltige auch nicht Gegenstand der Berathung und Beschlußfassung nicht mehr geben und die klassenbewußte Arbeiterbewegung Aufstellung eines Parteiprogramms auf dem gegenwärtigen sein könnten. Außerdem enthalte sich die Träger'sche Pro- an Stelle der kraftlosen Bourgeoisie die Fahne der Freiheit Parteitage war bei der Kürze der zur Vorbereitung des grammresolution jeder Pointirung" in bezug auf das dem und des Rechtes allein führen. felben gegebenen Zeit unmöglich. Sie erscheint aber auch nächst festzustellende Programm. Die Träger'sche Resolution für den Augenblick nicht dringend geboten. Denn die spreche nur von den zur Zeit, das heißt bis Parteigenossen wissen sich einig in den Grundsägen und zur endgiltigen Aufstellung des Proim Forderungen, wie sie in dem bisherigen Parteiprogramm gramms 1894 Jahre unmittelbar von 1884 niedergelegt sind. Die Partei erkennt zur Zeit prattischen Aufgaben". Dazu gehöre aber die aber bie Politische Leberlicht. insbesondere als ihre Aufgabe die thatkräftige Arbeiterpolitik nicht!!! Und so mußte denn der gute Hirsch Vertretung und Förderung der kulturellen und materiellen lediglich vor der Wucht dieser formellen Bedenken sein Berlin , den 21. Juli. Juteressen des Volkes gegenüber dem Vordringen einseitig ganzes Arbeiterprogramm wieder in die Tasche stecken; es Die finanzielle Weißblutung beginnt. Herr militärischen Einflusses und gegenüber den Bestrebungen, welche wäre sogar der Nachwelt uurettbar verloren gewesen, wenn Malzahn, der nie fest stand und seit Monaten den hippoauf Begünstigung einzelner Berufsstände zum Schaden der Ge- es nicht von anderer Seite, der etwas von der Lächerlich fratischen Zug( die Zeichen des nahenden Todes) im Gesicht sammtheit gerichtet sind. Die Parteigenossen sind gewillt, feit der Situation aufgedämmert zu sein scheint, hatte, ist endgiltig verabschiedet und Herr Miquel ist der diese Ziele unbeirrt durch die Gunst oder Ungunst äußerer wieder aufgenommen und schließlich in folgender nichts- kommende Mann. Er weßt das Messer, mit dem er als Verhältnisse in gewissenhafter Pflichterfüllung zu ver- sagender Form angenommen worden wäre: Finanzminister Preußens so kräftige Schnitte in das Fleisch folgen." Und zum zweiten Theile dieses ziemlich undes preußischen Staatsleibs gethan, und die Bürger des flaven Vorschlages, der nur den militärischen Einfluß" Deutschen Reichs, an denen er jetzt seine tunstvolle Hand und die Begünstigung einzelner Berufsstände" erwähnt, erproben wird, dürfen auf eine Operation im großen Stil geftellte nun Dr. Max Hirsch den Unterantrag, bei der demfaßt sein. Herr Miquel ist nicht der Mann, sich mit Kleinig= nächstigen Redaktion des Parteiprogramms solle betont teiten abzugeben und über Zwirnsfäden zu stolpern. Gr werden, daß die Verbesserung der Lage der arbeitenden Es ist eine wahre Freude für uns, die ganze sozial- versteht seine Zeit. Er weiß, daß wer A gesagt hat, auch und weniger bemittelten Klassen in Stadt und Land eine politische Ignoranz der führenden" und angeführten" B jagen muß. Und er weiß, daß die Militärvorlage, die der wichtigsten Aufgaben der freisinnigen Volkspartei sei. Freisinnssippe auch aus diesem feierlichen Anlaß wieder soeben mit Ach und Krach durchgedrückt ward, nicht die Es sollten namentlich folgende Forderungen aufgestellt festgestellt zu sehen! Arbeiterschutz , Koalitionsrecht, Boden- letzte ist, und, um das Reich vor allzu großen Aufregungen werden: 1. Bolle Durchführung des Koalitionsrechts auch befiz- und Wohnungsreform- das Alles sind nach dem in kurzen Zwischenräumen zu bewahren, wird er seine für die ländlichen Arbeiter. 2. Gesetzliche Anerkennung der unfehlbaren Ansspruche des Fortschrittspapftes teine Maßregeln so einrichten, daß gleich auch für fünftige Fälle Berufsvereine für alle Klassen; entschiedene Abwehr jeder zur Zeit unmittelbar praktischen Aufgaben"? Wer lacht Deckung" vorhanden ist. Ein Finanzminister muß vorausBeeinträchtigung der auf Selbsthilfe beruhenden Genossen- ba? So hat sich der überschlaue" Taktiker" im eigenen fichtig und scharfsichtig sein. Er darf nichts vergessen. Es schaften; Bekämpfung des Befähigungsnachweises, der Netze gefangen. Man kann beinahe Mitleid mit darf in der Tasche des Volkes nichts Versteuerbares seinen Innungsprivilegien und aller anderen reaktionären Gewerbe- seiner Hilflosigkeit und Beschränktheit den wichtigsten Tages- Luchsaugen und seinen Greiffingern entgehen
Feuillefont.
Nadbrud verboten.)
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Der Antrag Hirsch( Insbesondere erkennt die Partei auch als ihre Aufgabe die Verbesserung der Lage der arbeitenden und weniger bemittelten Boltsklassen in Stadt und Land an) wird der Programmkommission als zweckdienliches Material überwiesen."
Die Bekehrung André Savenny's. hätte er doch sachverständige Leute um Rath fragen können.
Sozialistischer Roman
von Georges Renard.
die
vor das größte Vertrauen. André, der große Träumer, daß sie nicht darum weine, sondern bei dem Gedanken an hätte, anstatt seine Zeit mit lauter Nichtigkeiten todt- das glückliche Leben, das sie hier geführt. zuschlagen, besser gethan, sich selbst sein Brot zu verdienen. Dazu hatte der Onkel nur die Achseln gezuckt als ein Wenn es ihm nicht beliebte, sich mit den geringsten Kleinig- praktischer Mann, der sich wenig um solche Dinge feiten bei der Verwaltung des Vermögens abzugeben, so fümmert und sich mit Jeremiaden nicht aufhält. Er dachte jogar mit einer Art von Bergnügen baran, daß er den Warum verständen die Weiber nichts von Geldsachen?" Verkauf des Hauses in die Hand nehmen würde. Er emEr hätte noch länger fortgefahren, seine Schwester in pfand dabei die Befriedigung eines Chirurgen, der eine gute dieser Weise zu trösten, wenn André bei seiner Rückkehr nicht Operation vorzunehmen hat, oder die eines armen VerAutorisirte Uebersetzung von Marie Kunert. ungeduldig seinem Wortschwall ohne Umschweife Einhalt wandten, der plößlich der Reichste in der Familie wird. gethan hätte. Mrs. Webster, die durch die Zeitungen von dem SelbstWieviele Menschen sollte dieser Revolverschuß noch in Nun, Onkel, was geschehen ist, ist einmal geschehen. ihrer Tochter. Das bedeutete einen ernenten Thränenerguß mord Bressucre's erfahren hatte, tam am Nachmittag mit der Ferne verwunden! Frau Savenay wurde zuerst getroffen. Das" Untersuchen, wer schuld an dem Unglück ist, führt für die arme Frau Savenay . Man umarmte sie, man beSie brachte eine schreckliche Nacht unter Thränen zu. Sie rang die Hände und klagte sich beständig wegen ihres Leicht icht zu nichts. Sehen wir vielmehr zu, was uns noch dauerte sie mit einem Ueberfluß von Worten; mit der ausfinns an. Am nächsten Tage suchte André sofort das Bureau des Was ihnen noch blieb! Der Onkel war mit der dauerndsten Liebenswürdigkeit suchte man sie auszuTodten auf. Der Polizeikommissar war dort gewesen und hatte Rechnung schnell fertig. An Geld und Papieren nicht 3. forschen. Sie täusche sich gewiß. Aber in dem Grade, wie die Kasse geöffnet. Sie enthielt nichts weiter als die Papiere Als letzte Geldquelle blieb noch das Haus in der Murillo- sie ihnen die Tiefe ihres Unglücks enthüllte, schienen sie kühler dieser verwünschten Geſellſchaft. Er hatte die Bücher durch- straße, das mit seiner gesammten Einrichtung vier- bis zu werden. gesehen. Auf den ersten Blick entdeckte er, daß die Passiven fünfhunderttausend Franks werth sein mochte. Es galt beim Abschied war sie nur noch die verehrte Frau". Miß Zu Beginn des Besuches war sie die liebe Freundin", ( chulben) ungeheuere waren. Es war ein richtiger Bankrott. Auch nicht das Geringste war mehr aus dem Schiffbruch nun nicht mehr zu zögern, es mußte sofort verkauft werden, May konnte sich nicht enthalten, Germaine die traurigen zu retten. Mit dieser Gewißheit tam André zurüd. Sein damit die Familie wenigstens leben konnte. Ontel Theodor war bei der Nachricht von dem Unglück Als Frau Savenay Thränen vergoß bei dem Gedanken, sofort herbeigeeilt. Er drückte seine Schwester durch seine das Haus verlassen zu müssen, das ihr Gatte gebaut hatte, tölpelhaften Tröftungen nur noch mehr nieder. Gewissen das Haus, an dem sie mit allen Fibern ihres Herzens hing, hatte er erwidert: haft träufelte er Essig in die offene Wunde.
bleibt."
„ Es wäre ein Unglück, ein großes Unglück! Aber wer Aber, mein Gott, Schwester, Du wirst daran nicht hätte die Schuld? Warum alle Eier in denselben Korb sterben. Du wirst fortan weniger großartig auftreten, das stecken? Er hätte es ihr oft genug gesagt, daß dieser ist alles. Du mußt jetzt lernen, einfach zu leben, wie ich. Bressucre ein einfältiger Tropf sei! Lange nicht gerieben Es ist nicht nöthig, daß man immer in Seide und Sammet genug für einen Banquier! Allein, was nüßten alle geht, große Gesellschaften giebt und sich einen Wagen hält!" Warnungen? Man schenkte diesem Einfaltspinsel nach wie Frau Savenay versuchte unter Schluchzen zu sagen,
Folgen der Katastrophe vor Augen zu führen.
So werden Sie also Jhr Coupé nicht mehr behalten?" Nein."
Auch das Haus werden Sie nicht mehr haben?" „ Auch das nicht."
" Auch Ihre Loge im Theater nicht?"
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Auch die nicht."
Und Sie werden Ihre Ausgaben für Toilette und Haushalt einschränken müssen?"
Wir müssen wohl..."
Bei jeder Antwort rief Miß May: Ach, Sie Arme,