®te Bereinigung Set Syndikaie yai nach lieftigen Protesten gegen die Berurteilung Durands den Beschluh gefaßt, innerhalb von zehn Tagen eine große Versammlung zur Vor- beceitung eines allgemeinen Ausstandes einzuberufen. um die Freilassung Durands beziehungsweise eine Revision des Prozesses zu erzwingen. Ferner sollen am nächsten Sonntag alle Pariser Arbeitervereinigungen vor den Elyseepalast ziehen und eine Protestkundgebung gegen die Verurteilung Durands veranstalten. Italien . Die Stichwahl von Voltri . Rom , den 27. Dezember. (Eig. Wer.) Bei der Stichwahl am ersten Weihnachtsfeiertage haben, wie wir vorausgesehen hatten, die Klerikalen geschlossen gegen den Sozialisten gestimmt und für den- selben ministeriellen Kandidaten, dessen Bestechungskünste sie vorher angenagelt hatten. Lerda erhielt 3274 Stimmen, der Groß- industrielle Tassara 4123. 163 Stimmen wurden zersplittert. Wich- rend der Wahlhandlung wurden mehrere Fälle von Bestechung den Polizeibehörden angezeigt. Der Parteikandidat Lerda ließ die Er- klärungen von drei Arbeitern zu Protokoll geben, denen je 3 Lire pro Stimme geboten worden war. Wie nian sieht, ist trotz der allgemeinen Teuerung die Bewertung des Votums bei der Äour- geoisie nicht gestiegen. Trotzdem aber der„kleine Mann" nur drei Lire für seine Stimme bekam, hat Tassara sich seine Wahl einige 433 333 Lire kosten lassen. Aber das Geld kommt wieder ein. Die Konföderation der Arbeit über den Urbergang zur Opposition. Rom , den 27. Dezember.(Eig. Ber.) Das Zentralorgan der Konföderation der Arbeit konstatiert die völlige Erfolglosigkeit des MinisterialismuS der Fraktion und bezeichnet die Politik des Kabi- netts als verräterisch und treulos. Der Verrat entspringe aus- schließlich der Feigheit des Ministeriums, das sick, von den Kon- servativen hat erschrecken lassen. Was den MinisterialiSmus be- träfe, so fei die italienische Fraktion nur einmal mit Recht ministe- riell gewesen: als sie mit dem Kabinett Zanardelli-Giolitti gegen einen Anschlag auf die Volksrechte stimmte. Der MinisterialismuS fei wie der(Generalstreik: nicht ein für allemal abzulehnen, aber nur in äußersten Fällen anzuwenden. Der Artikel schließt mit dem Wunsch einer Konzentration aller antikonstitutionellen Parteien: der Sozialisten. Syndikalisten und Republikaner . Die Konsödera- tion der Arbeit räumt in diesem Artikel so ziemlich zum erstenmal die Unfruchtbarkeit der bürgerlichen radikalen Partei ein. foilUand. Falsche Studenten als Lockspitzel? Eine von den Kadetten in der R e i ch s d u m a eingebrachte Interpellation über die Studentenunruhen in Odessa besagt, daß sogenannte Akademiker, die mit Namen aufgeführt werden, in einer Versammlung im Auditorium geschossen hätten, zunächst gegen die Decke, dann auf mehrere hundert unbewaffnete Studenten. Ein Student sei schwer verletzt worden. Dennoch seien die sogenannten Akademiker nicht verhaftet worden. Die Unioer sitätöbehörde habe die Vorgänge falsch dargestellt und der Stadthauptmann die Klarstellung verhindert. Eue der Partei. Im Eifer daneben gegriffen. In Stettin hatten im vorigen September bei Gelegenheit von Lohiistreitigkeiten mit der Scbnapsbreuneri Lefevre die zu Tariflöhnen arbeitenden Ausfahrer Legitimationen erhalten. Unser dortiges Parteiblatt.Volksbote" nagelte nun damals eins der be- kannten.nützlichen Elemente" öffentlich an, von dem einwandfreie Zeugen behaupteten, es habe sich mit einer solchen Legitimation ge- vtüstet. die es nicht auf redlichem Wege erhalten haben konnte. Die„Stütze der Industrie" oder vielmehr die in Frage kommende Firma wollte das sürckiterlich gerochen wissen, die Stettiner Staatsanwalt- schast nahm die Sache, ihrer eminenten Wichtigkeit wegen, selbst in die Hand und klagte den Geiwssen Redakteur B. S o m m e r wegen Beleidigung an. Am 28. Dezember fand Termin vor dem Schöffen- gericht statt; doch als man die Verantwortlichkeit feststellte, kam es unter stiller Heiterkeit des zahlreichen Publikums sowohl als auch z. T. des NichtertischeS heraus, daß für den Inhalt des Artikel« ein anderer Redakteur aufzukommen habe. Der Amtsrichter ver- wahrte sich ausdrücklich dagegen, an dem Versehen schuld zu zu sein: DaS hätten Landgericht und Staatsanwalt gemacht, was ja auch richtig ist. Der Anklagebehörde blieb nichts übrig, als selber Freisprechung zu beantragen, die auch er- folgte, doch wurden die über 43 M. betragenden Reise-, Versäumnis- und sonstigen Spesen, die dem fälschlich Angeklagten, der zurzeit in Leipzig wohnt, erwachsen waren, trotz Antrage« nicht erstaltet, und zwar deshalb, ivcil er— nicht klüger sein wollte als zwei hohe königlich preußische Gerichtsbehörden und denen nicht früher der Star gestochen hat. so daß inzwischen die Sache gegen den wirklich .Schuldigen' verjährt»st. jfugendbewegimg. Auflösung der Charlottenburger Jugendorganisation. Der behördliche Kampf gegen die proletarischen Jugenb organisationen treibt immer tollere Blüten. Entsprechend dem Vor� gehen gegen die Berliner . Rixdorser, Lichtenbeiger und andere Jugendorganisationen versucht nun auch der Charlottenburger Polizei Präsident sich in der Unterdrückung der dortigen Freien Jugend organisation. Mit einer durch keinerlei Sachkenntnis getrübten Ber- fügung dekretiert der Polizeipräsident die Auflösung der Chat lotlenburger Freien Jugendorganisation. In dem polizeilichen Schreiben heißt es: Wie durch Erkenntnis des Königlichen OberverwaltungS gericht« vom 14. Oktober 1313 in der Venvaltungsstreusache des Vorstandes des Vereins„Freis Jugendorganisation Berlins und Um- gegend" wider den könialichen Oberpräsidenten der Provinz Branden- bürg festgestellt worden ist, gehört dieFreie Jugendorganisatlon Berlins und Umgegend, aus welcher die hiesige Organisation hervor- gegangen ist und welcher sie uniersteht, der sozialdemokratischen Partei an. Ihre Bestrebungen fallen mit denjenigen der sozial» ' demokratischen Partei zusammen und eS besteht ein fester innerer Zusammenhang derselben mit der Partei, welche ihrerseits eine Uebcrwacvuiig derselben und eine Eimvirlung auf sie ausübt. Bei diesem innerlichen Zusammenhang zwischen sozialdemo- kratischer Partei und Jugendofganisationen ist die letzlere als ein politischer Verein anzusehen. Die Freie Jugendorganisation zählt zu ihren Mitgliedern nur Personen, welche da«!8. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und gemäß deS Reichsvereinsgesetzes vom 13. April 1338 nicht Mitglieder von politischen Vereinen sein dürfen. Da dieselbe es sich zur Aufgabe gesetzt hat, unter ihren Mit- gliedern ihre politischen Idee» zu verbreiten und zur Verfolgung ihrer politischen Ziele in der schulentlassenen arbeitenden Jugend weitere Anhänger zu gewinnen, verstößt ihr Zweck gegen das durch das Reichsvereinsgesetz unter Strafe gestellte Verbot der Aufnahme und Duldung jugendlicher Personen in politischen vereinen. Die freie Jugendorganisation Charlottenburg wird deshalb deshalb gemäß§ 2 des Reichsvereinsgesetzes aufgelöst. v. Hertzberg. Wie falsch die Auffassung deS Herrn Polizeipräsidenten ist, wird die gegen die Verfügung eingelegte Beschwerde erweisen. Un- richtig ist nicht nur die Behauptung, daß die Charlottenburger Jugendorganisation der aufgelösten Berliner Organi- sotion untersteht, sondern auch die weitere Behauptung, daß sie auö der Berliner Jugendorganisation hervor- gegangen sei. Ebensowenig entspricht die Behauptung den Tatsachen, daß nur Personen unter achtzehn Jahren dem Berein angehören. Natürlich ist eS auch durchaus unrichtig, daß der Verein sich m i t p o l i t i s ch e n D i n g e n b e- s ch ä f t i g t habe und daß ein enger Zusammenhang mit der sozial« demokratischen Paktci bestehe. Alles in allem stellt die Versügung ein Muster polizeilicher Unwissenheit in Fragen der proletarischen Jugendbewegung dar. Aber trotz aller behördlichen Drangsalie- rungen wird es nicht gelingen, den in der heranwachsenden Arbeiter- jugend erweckten Drang nach Wissen und Fortbildung wieder zu ersticken I___ Huö Industrie und Handel Unter einen Hut. Nach dem Muster der Produzentenorganisationen wollen nun auch die Versicherungsgesellschaften mehr noch als bisher die Konkurrenz untereinander ausschließen. Man will das Geschäft heben I Wahr- scheinlich werden die Prämiensätze.reguliert" und vielleicht auch etwas an Agenturkosten gespart. Die bereit« bestehenden Ver- sicherungSvcrbände haben einen Verband gegründet, von dessen Ab- sichten usw. man nichts in die Oeffentlichkeit gelangen läßt, lieber die Aufgaben und Statuten ist noch nichts bekannt geworden. Nicht einmal die Fachorgane Ivissen was los ist. Aber sie scheinen um ihre Liebesgaben besorgt zu sein oder Hunger nach noch größeren Happen zu haben. Der„B.-C." schreibt in dieser Sache: Bon besonderem Interesse für weitere Kreise sind die Wünsche, die an manchen Stellen ganz unverhohlen ausgesprochen werden und die sich auf eine reichere Alimentierung der Fachpresse be- ziehen. Dann, so heißt es beispielsweise in einem jener Organe, werde man mit der Assekuranz durch Dick und Dünn gehen und ihre Interessen so vertreten, wie die Führer der Versicherung eS wünschen. Der ,B.-C.' befürchtet von der Begehrlichkeit der Fachblätter eine Benachteiligung der Tagespresse. Das Blatt spielt deshalb für diese den Rekommandeur, der nach Jahrmarktsmanier die Vorzüge seiner Spezialnummer anpreist. Ja, eS wird sogar empfohlen, Ver- treter der PrivatverstcherungSgesellschaften in die gesetzgebenden Körperschaften zu bringen, damit sie hier als Autoritäten— da« Interesse des Kapitals wahrnehmen. Der„B.-C." meint, der Hansa- bund müsse nach dieser Richtung wirken. Wir sind dagegen der Ansicht, daß die Privatgesellschaften nicht nur kein Recht auf Vertretung in den Parlamenten haben, daß vielmehr im Interesse der Versicherten die Privatversicherung durch eine staatliche Versicherung abgelöst werden sollte. Aus keinem Gebiete werden so hohe und so ohne Berechtigung Dividenden geschunden, als durch das Versicherung«- gewerbe. Durch eine zweckentsprechende staatliche Organisation, vielleicht mit der Prämieneinziehung durch die Steuererhebung. könnten nicht nur die vielen Millionen, die an Dividenden und Tantiemen gezahlt werden, sondern auch noch erhebliche Summen an Agentur- und Inkassospesen, zum Vorteil der Versicherten erspart werden. Die Verstaatlichung der gesamten Versicherung ist gerade im Interesse der ärmeren Bevölkerung, die für die Privat- Versicherung enorme Summen aufbringt, ein Gebot sozialer Fürsorge. 8 Millionen Erlös, 2'/s Millionen Nettoverdienst. Daß mit dem Tcrraingelchäst noch was.verdient" wird, be- weist eine Auskunst der Berliner Terrain- und Baugesellschaft. Aus irgendeiner Ursache gingen die Kurse der Aktien jener Gesellschaft stark zurück. Das veranlaßte die Verwaltung, die Mitteilung in die Oeffentlichkeit zu bringen, daß die Gesellschaft im verflossenen Jahre für zirka 8 Millionen Mark Terrain« verkauft habe, wobei ein Nettoverdienst von 2>/z Millionen Marl erzielt worden sei. Da sieht man, wie die Grundstückspreise und damit natürlich auch die Mieten in die Höhe getrieben werden. Nachher heißt eS dann: die hohen Arbeiterlöhne machen die Wohnungen teuer I DaS sagt man, obwohl die Löhne oft nur einen verhältnismäßig geringen Bruchteil der Gesamtkosten ausmachen. Soziales. Moral eines Arbeitgebers. Bei dem Schmiedemeister August Wedler war der Kutscher H. beschäftigt. Dieser fand des öfteren, wenn er im Auftrage seines Arbeitgebers außerhalb zu tun gehabt hatte, bei der Rückkehr seine Frau nicht mehr in seiner Wohnung, sondern in der seines„Brot- Herrn" vor. Dessen so überaus zuvorkommende Gastfreundschaft gegenüber seiner Frau wollte dem Kutscher nicht gefallen. Er glaubte sogar berechtigten Anlaß zu der Annahme zu haben, daß sein„Brotherr" das Eheglück mit ihm teile. Dem wollte er ein Ende bereiten und er kündigte das Arbeitsverhältnis auf. Im Laufe der Kündigungsfrist mußte er wieder einmal einen ganzen Tag außerhalb verbringen. Seine Frau benutzte die Zeit, um abermals bei seinem Arbeitgeber Wohnung zu nehmen. DaS war H. denn doch zu viel. Er stellte seinen Arbeitgeber zur Rede. Dieser aber spielte den Entrüsteten, ohrfeigte und beschimpfte in gröblichster Weise noch den Kutscher, dessen Familienglück er auf so sonderbare Weise zu fördern verstanden hatte. Der Kutscher löste nun endlich das Arbeitsverhältnis und verklagte den Meister Wendlcr beim JnnungSschiedSgcricht auf 15 M. Lohnentschädigung kür den Rest der Kündigungsfrist. Das Schiedsgericht verurteilte den Beklagten entsprechend dem Klageantrage. Der„gute" Ton beim Variete. Eine etwas heikle Frage war gestern bei der Kammer 6 des Gewerbegerichts anhängig. Es sollte entschieden werden, was bei dem an den Barietcbühnen üblichen Ton als eine gröbliche Be- leidigung anzusprechen sei. Es klagte der Schauspieler Gursch gegen den Direktor einer kleinen Theatertruppe, Schaar, auf 75 M. Schadenersatz wegen fristloser Entlassung. Der Beklagte hielt den Klageanspruch für unbegründet, da ihn der Kläger gröb- lich beleidigt habe und die Entlassung somit berechtigt sei. Der Direktor hatte bei einer Probe bemerkt, daß seine Truppe schlecht gelernt hatte und sich fast völlig auf den Souffleur verließ. Er ordnete deshalb für den Nachmittag noch eine Probe an. Dem widersprach der Kläger , wobei er den Beklagten einen„Dussel" und„dummen Jungen" nannte. Der Kläger meinte, diese Worte seien nicht so tragisch zu nehmen, denn zwischen ihm und dem Be- klagten habe ein jahrelanges„gutes Freundschaftsverhältnis" be- standen und da sei ein„Affe" und ein„Dussel" öfter gefallen. Ueberdies ist auch der Ton unter den Varietekünstlern kein besonders ausgesucht höflicher. Das bekundete auch ein als Zeugin vernommenes weibliches Mitglied der Truppe. Das Gericht riet nach längerer Beratung den Parteien zu einem Vergleich aus die Hälfte der Klageforderung; es hielt es für zweifelhaft, ob die an sich beleidigenden Worte unter den ge- schilderten Umständen als gröbliche Beleidigung anzuerkennen sind. Auch die Parteien erkannten aus diesem Grunde den Vergleichs- Vorschlag als gerecht und billig an und nahmen ihn an. Was ist Tröbelhandel? Zwei Berliner Kaüfleute, Hopp und Beermann, die Mitglieder der Handelskammer und in das Handelsregister eingetragen sind, waren angellagt. weil sie das für Trödler vorgeschriebene Buch für Ein- und Verkäufe nicht geführt hatten. Sie bestritten die Verpflichtung dazu und wurden auf Grund dcS folgenden Tatbestandes freigesprochen:. Der Angeklagte kaufe waggonweise von den verschiedegea Truppenteilen alje Militärkleidpng und alte Ausrüstungsgegenstände, die teils unverändert, seilS durch M- trennen von Metallknöpfen usw. bearbeitet, an bestimmte Kunden verkauft würden. Metallteile und Metallgegenstände würden von Fabrikanten im Großen als Rohmaterialien gekauft und als solche verarbeitet. Die Abnehmer der Stoffe verwendeten Tuch als Putzlappen und zum Herstellen von Kunstwolle usw., während Drillich und dergleichen in der Papierfabrikation Verwendung fänden. Hieraus schon ergebe sich, daß ein Trödelhandel nicht vor- l.cge. Denn zum Wesen des Trödelhandels gehöre cS, daß der Käufer die alten Sachen als das weiter verkaufe, als was er sie gekauft habe, d. h. daß sie wieder als alte Hosen, als alte Jacken usw. in andere Hände übergingen. Das sei hier nicht der Fall. weil die Sachen ja Verwendung gefunden hätten als Putzlappen und als Rohstoffe zu Fabrikationszivecken. Das Kammergericht hob dieser Tage in beiden Sachen baS Urteil auf und verwies sie zu nochmaliger Verhandlung und Ent- scheidung an das Landgericht zurück. Zur Begründung führte es aus: Das Urteil gehe von dem Verwendungszwecke auS, dem die Sachen nach dem Wicderveriäuf faktisch gedient Hütten. DaS sei rechtsirrig. Der An- und Verkäufer habe ja gar keinen Einfluß darauf, waS der, dem er alte Sachen wiederverkaufe, damit mache. Allein maßgebend könne also sein, ob die Angeklagten die alten Hosen i» Form von alten Hosen, die alten Jacken in Form von alten Jacken usw. im Kleinhandel wieder verkauft hätten, ganz gleichgültig, was ihre Abnehmer damit machten. Wäre das der Fall, dann läge aber Trödclhandel vor Und sie müßten die Kontroll- bücher über An- und Verkauf führen. Wenn sie selber die Sachen vor dem Wiederverkauf gänzlich hätten umschaffen lassen, daß sie ihren Charakter als alte Sachen bestinunter Art gänzlich verloren, dann würde selbstverständlich kein Trödelhandel vorliegen. Da die Vorinstanz eine genügende Nachprüfung in der Beziehung nicht vorgenommen habe, so müsse das Landgericht sich nochmals mit der Sache befassen. /Zus der frauenbewegung. Fraucuausbeutung in Nusiland. Der Hunger nach weiblicher Arbeitskraft, der für alle kapi� talistischen Länder charakteristisch ist, hat sich in den letzten Fahren mit besonderer Schärfe in Rußland gezeigt. Einen Anstoß zu der Einstellung von Arbeiterinnen lieferte der ruffisch-japanische Krieg, aber die Hauptursache für diese Erscheinung ist in den trostlosen Bedingungen zu suchen, in welche das russische Proletariat durch die siegreiche Reaktion gebracht wurde. Diese Tatsache wird auch von amtlichen russischen Quellen anerkannt, die gewöhnlich den Ivahren Charakter der sozialen Erscheinungen zu vertuschen suchen. „Wenn— so heißt es in den Berichten der Fabrikinspektoren für 1335— die Verringerung der Zahl der erwachsenen männlichen Arbeiter in den letzten zwei Jahren, und vor allem im Jahre 1334, in gewissem Sinne auch durch die Mobilmachung der Reservisten während des Krieges erklärt werden kann, so spielt ein anderer, von den Fabrikinspektoren hervorgehobener Grund eine weit wich- tigere Rolle: die Fabrikanten ziehen die Frauen als ruhigeres und stabilerss Element, als eine billigere Ar» beitskrast vor." Seit 1835 wurden männliche Arbeiter viel- fach entlassen und durch Frauen ersetzt. Anfang 1313 betrug die Zahl der weiblichen Arbeiter in der Großindustrie(nach einer Zusammenstellung von G. G o ld b e rg): Verh. d. weibl. Zahl der Frauen Im Moskauer Fabrilbezirk... 273 347 „ Warschauer„------."'.' 98 06? „ Petersburger„... 94 524 „ Charkower„... 34756 „ Kiewer ,»... 38 433 „ Wolga-„... 21 335 Arb. zu den männlichen 75.2 Proz. B1.6„ 43,5„ 21 1 31.1 l 18.0, Insgesamt beläuft sich also die Armee der weiblichen Lohn» sklaven in den der Fabrikinspektion unterstellten Fabriken auf zirka 633 333 und macht fast 4 0 Prozent der männlichen russischen aus, im Dioskauer Fabrikbezirk, dem Rayon der innerrüssischen Textilindustrie, 75,2 Prozent, im Gouvernement K o st r o m a 13 3 Prozent, und im Gouvernement W la d i» m i r ü b e r st e i g t die Zahl der weiblichen Arbeiter die der mann» lichen um ein beträchtlicheSl Nach amtlichen Angaben ist die Ge- samtzahl der weiblichen Arbeiter in der russischen Industrie von 34,9 Proz. im Jahre 1334 auf 4 4 Proz. im Jahre 1313 gestiegen. Sie hätte danach in Rußland eine Höhe erreicht, die kein anderes Land aufzuweisen hat., Wie wenig diese enorme Steigerung mit der organischen Fort- entWickelung der russischen Industrie in Verbindung steht, ist auS der Tatsache ersichtlich, daß jetzt Frauen auch in Industriezweigen (wie zum Beispiel in der metallurgische» und Maschiii enindustriejj beschäftigt werden, in welchen früher ausschließlich Männer arbei- teten. Der älteste Fabrikinspektor des Moskauer Gouvernements weist im Bericht für das Jahr 1338 darauf hin, daß jetzt Frauen auch in Betrieben beschäftigt werden, die eine besondere phvsischo Ausdauer erfordern, so zum Beispiel in Zement-, Glas-, Ziegel- fabriken usto Die Bevorzugung der Frauenarbeit durch die Fabri» kanten ist so groß, daß es schon jetzt Betriebe gibt, wo die Frauen sowohl die Funktionen von Lastträgern ausüben, als auch die unteren Posten der Fabrikadministration einnehmen. Bei dem Mangel an Arbeiterschutzmaßnahmcn in dev russischen Industrie und der Skrupellosigkeit der russischen Unternehmer bewirkte die verstärkte Ausbeutung der weiblichen Arbeiter ein gewaltiges An- schwellen der Unfälle, namentlich dort, lvo Frauen zu den schwersten physischen Arbeiten herangezogen wurden. Nach den Angaben der offiziellen Unfallstatistik belicf sich daS Verhältnis der Unfälle der männlichen und weiblichen Arbeiter 1334 wie 4.2 zu 1. während es 1337 bereits auf 3,4'zu 1 stieg. In den Fahren 1337 bis 1338 kamen dabei auf je 1333 Fabrikarbeiter 42,5 Unfälle. von denen die meisten mit Tod oddr vollständiger Invalidität endeten. Die weiblichen Arbeiter erwiesen sich auch hiev für den Unternehmer als„vorteilhafter", da sie sich leichter um die ge» setzlich vorgeschriebene Unfallentschädigung prellen ließen und in den Fällen, wo es zur Auszahlung von Renten kam, weit geringere Beträge bezogen., Für die EntWickelung der Arbeiterbewegung in Rußland be- deutet die Heranziehung der nach Hunderttausende» zählenden weiblichen Reservearmee, die sich zum größten Teil aus der prole- tarisierten Dorfbevölkerung rekrutiert, einen schweren Schlag, da die männlichen Arbeiter von den Frauen verdrängt wurden. Die letzteren dienten den Unternehmern als Mittel, den Wider. stand der organisierten Arbeiterschaft zu brechen, die Arbeitszeit zu verlängern, die Löhne herabzusetzen und aus den Fabriken die- selbe Willkürherrschaft zu etablieren, die vor!335 herrschte. Gleich- zeitig verhinderte die industrielle Krise den Uebergang der von den Frauen verdrängten männlichen Arbeiter zu anderen Produktions- zweigen und schuf so eine gewaltige Reservearmee, die einerseits die Kadres des städtischen Lumpenproletariats(zum Teil auch der Schwarzen Hundertschaften) füllte, andererseits für die Kämpfe der organisierten Arbeiter eine beständige Drohung bedeuteten.. Ten Ausweg aus dieser schwierigen Situation haben unser« russischen Genossen und Genossinnen schon längst erkannt, indem sie auch in die Reihen des weiblichen Proletariats das Licht der sozialistischen Aufklärung, die Predigt des Klassenkampfes hinein- trugen. Zwar stößt diese Arbeit unter dem Stolhpinschen Galgen- regiment auf ungeheure Schwierigkeiten, die sich durch daS niedrigere kulturelle und geistige Niveau der Arbeiterinnen, durch ihre geistige Abhängiigkeit von der Kirche noch vermehren. Aber die gewaltigen Kämpfe, die die Arbeiter und Arbeiterinnen vor und während der Revolutionsjahre Schulter an Schulter geführt haben, büvgen dafür, daß das Proletariat Rußlands in sich selbst genug Kräfte finden wird, um der schamlosen Ausbeutungspraxis des Kapitals Grenzen zu setzcg.
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