Einzelbild herunterladen
 
Isoljn erst aw Rachnnttag. Tr würde, sagt er, sofort ein Arztattcst beschafft haben, wenn er gewußt hätte, daß sein Sohn am Tage darauf obendrein noch aus der Wohnung heraus verhaftet werden würde. Seine Frau zeigte ihm ein Waschbecken voll blutigen Wassers, in dem sie das Blut aus zwei Taschentüchern ausgewaschen hatte. Frau Fr. gibt an. beide Taschentücher seien ganz voll dicken, geronnenen Blutes gewesen. Vors.: Er hatte doch aber nur ein paar Kratzwunden oder war ein bißchen aufgeschunden, davon kann doch nicht soviel Blut gekommen sein! Angekl. Friesner: Mir war das Blut aus Mund und Nase gekommen. Frau Friesner: Hätte ich gewußt, daß das alles so kommt, dann hätte ich die Taschentücher vorgelegt. Frau Friesner teilte an einem der nächsten Tage diese Be- schuldigungen einem Schutzmann Hein mit, der in die Wohnung kam, um eine dem Sohn erteilte Bescheinigung über seine frei- willige Meldung zur Marine einzufordern. Dieser Schutzmann Hein ist, ebenso wie der Telcgraphist Zillmann, ein Bekannter von Frau Friesner. Sie bekundet, Hein habe ihr geantwortet, daß er selber nichts mitangesehen habe, aber nachher auf Zillmanns Ver- anlaß'ung zusammen mit diesein sich den jungen Friesner in der Zelle besehen habe. Dabei soll Zillmann, gesagt haben:Na, ich will nichts gesehen haben. Wer weiß, was nachkommt!" Herr Friesner ging dann zur Wache und erklärte, den Schein gebe er so ohne weiteres nicht heraus. Dabei erwähnte er, so bekundet er vor Gericht, gleichfalls die Beschuldigung, daß sein Sohn miß- bandelt worden sei, und fügte hinzu, wenn's nachher an die Oeffentlichkeit komme, werde keiner der Beamten sich erinnern. Ein Wachtmeister soll ihm geantwortet haben:Ja, das können Sie doch den Beamten nicht verdenken, wie die belästigt worden sind!" Arbeiter Irsch bekundet, er habe Friesner abends vor 8 Uhr auf der Straße noch unverletzt gesehen. Arbeiter Wegner war bei der Festnahme in Fricsners Nähe. Er gibt an. Friesner sei von zwei oder drei Kriminalschutzleuten mit Gummiknüppeln über den Rücken geschlagen und dann von denselben Beamten abgeführt worden. Er selber sei nachgegangen und habe Fr. ckvch vor der Wache unverletzt gesehen. Bis zur Eni- lassung habe er unten auf ihn gewartet, und nun habe er bemerkt, daß Fr. im Gesicht und in den Haaren voll Blut war. Auch sei auf der ganze» Joppe alles runter voll Blut" gewesen. Bors.: Das haben Sie genau gesehen!? Zeuge: Ja. Er sagte, von Kriminalbeamten habe er rechts und links eins reingckricgt. Unter­wegs wusch ich ihn auf einem Fuhrhof in der Reinickendorfer Straße an einer Plumpe ab und dann brachte ich ihn bis zur Haustür. Zeuge bekundet noch, er sei, als er Fr. vor der Ver- Haftung traf, auf dem Wege von seiner Wohnung nach einem in der Wicscnstraße gelegenen Lokal gewesen. Er habe sich an keinem Unfug beteiligt, und auch von Friesncr habe er in der Zeit bis zur Verhaftung nichts bemerkt, auch nicht den RufBluthunde". Gegen die Vereidigung des zunächst unvereidigt gebliebenen Zeugen W-cgncr protestieren die Vertreter der Staatsanwaltschaft. Staats- anwalt Brüning hält ihn für verdächtig der Mittäterschaft, Staats- anwalt Linde meint, die Nichtvereidigung liege im Interesse des Zeugen selber, dessen Aussage über die angeblich ganz mit Blut desudelte Joppe in krassem Gegensatz zu den von Frau Friesner bekundeten paar Blutspritzcrn stehe. Das Gericht beschließt, Wegner wegen Verdachts der Teilnahme am Aufruhr nicht zu ver- cidigen. Die Mutter dieses Zeugen. Frau Weguer, bekundet, daß Fries- ncr schon am Bormittag zu ihr gekommen sei. Ich bemerkte, wie er entstellt war. Die Augen hielt er zu als er reinkam. Die Nase war dick, der Mund auch. Ich sagte:Wie siehst Du denn aus!" Da sagte er:Ich bin arretiert worden." Ich bemerkte, daß seine ganze Joppe voll Blut war.Das ist ja, wie wenn ein Schwein geschlachtet worden ist!" sagte ich, und ich fragte:Hast Du denn das nicht gesehen?" Er sagte:Gesehen habe ich es, aber ich habe Muttern nichts gesagt." Da sagte ich:Komm her, ich werde sie Dir auswaschen." Angeklagter Friesner macht hierzu die Angabe, er habe sich mit der Joppe unbemerkt aus der Woh- nung seiner Eltern entfernt, weil er seine Mutter nicht den vollen Sachverhalt erfahren lassen wollte. Der Telegraphist Zillmann ist zwar erschienen, es fehlt aber noch die Genehmigung des PolizciprLfidenteu, auszusagen. Die weitere Verhandlung des Falles Friesner wird vertagt. Während der Verhandlung des Falles Lube meldet Leutnant Sydow, der Polizeipräsident fordere, wenn er auf vorherige dienstliche Bcr- nehmung Zillmanns verzichten solle, einen besonderen Antrag des Gerichts. Rechtsanwalt Cohn: Ich kenne diesen Geschäftsgang, den ich für einen ordentlichen nicht halten kann. In einem anderen Prozeß haben wir es immer wieder erlebt, daß die Polizeibehörde sich für berechtigt hielt, die als Zeugen zu ladenden Beamten erst zu vernehmen. Das Gericht hat immer den Standpunkt einge- nommen, es sei da machtlos. Mit dieser der Majestät des Gerichts geradezu ins Gesicht schlagenden Praxis muß endlich einmal auf- geräumt werden. Borfitzender: Dagegen muß ich protestieren, so scharf brauchen wir uns nicht auszudrücken. Rechtsanwalt Cohn beantragt, dem an das Polizeipräsidium zu richtenden Gcnehmi- gungSantrag das Ersuchen beizufügen, daß keine Borvernehmung stattfinden möge. Staatsanwalt Brüning hält daran fest, daß der Polizeipräsident die Möglichkeit einer Vorvernehmung haben müsse. Das Gericht beschließt, den Polizeipräsidenten zu ersuchen, dem Zillmann die Genehmigung zur Aussage nur darüber zu geben, ob die Kriminalschutzleute Mühlenbeck und Dettbarn den Friesner auf der Wache mißhandelt haben. Dem Ersuchen, nicht vorzuver- nehmen, stimmt das Gericht nicht zu. weil es hierfür nicht zu- ständig sei. Nachdem dann auch noch der Fall Rudolph verhandelt worden ist, trifft endlich für die Nachmittagssitzung die Genehmigung des Polizeipräsidenten ein und Trlegraphist Zillmann kann vernommen werden. Bors.: Friesner behauptet, auf der Wache sei er von den Schutzleuten Mühlenbeck und Dettbarn, auf die es uns ankommt, mißhandelt worden. Zeuge: Ich sah nicht, daß Mühlenbeck und Dettbarn ihn schlugen. Als der Mann festgestellt wurde, blutete ihm schon die Nase. Bors.: Wie er zur Wache kam, was war da? Zeuge: Das habe ich nicht gesehen, ich saß am Apparat. Bors.: Sahen Sie Verletzungen? Zeuge: So genau sah ich ihn nicht an, weil ich noch nicht wußte, wer er war. Bors.: Sie sollen nachher gesagt haben, daß Sie von nicht« wissen wollten. Zeuge: Ich sprach nur, als ich den Namen gehört hatte, mit einem Kollegen darüber, daß ich die Eltern kenne. Rechtsanw. Cohn: Sagten Sic:Wenn was nachkommt, ich weiß von nichts? Zeuge: Ich erinnere mich solcher Worte nicht. Bors.: Waren denn die beiden Kriminal- beamten nachher noch auf der Wache? Zeuge: Da habe ich gar nicht nach gesehen, ich hatte mit meinen Büchern zu tun. Bors. szu Friesner): Wo bekamen Sie den Schlag inS Auge? Angekl. Friesner: Im Zimmer bei Herrn Zillmann, bei der Personalien- feststellung. Zeuge Zillmann: Das kann nicht sein! Da hat keiner geschlagen, wie ich drin war. Ich habe nichts gesehen. Bors.: Hätten Sie es sehen müssen? Zeuge: Ja. Das hätte ich doch sehen müssen, wenn er am Tisch einen Schlag bekommen hätte. Zeuge behauptet, er selber habe FrieSner auch gar nicht aufgeschrieben, das sei Wachtmeister Schlüter gewesen. Bors.: Also Sie haben nicht gesehen, daß geschlagen wurde? Zeuge: Nein. Wenn der das sagt, daß er geschlagen wurde, so bin ich nicht dabei gewesen. Rechtsanw. Cohn: Ich möchte Sie mal allgemein fragen, ob es nicht auf der Wach- ein bißchen stürmisch.... Der Vorsitzende ver- hindert diese Frage unter Hinweis auf die Grenzen der vom Polizeipräsidenten erteilten Genehmigung. Zillmann hat schließ­lich den Friesner aus der Arrestzelle holen müssen, als er entlassen werden sollte. Rechtsanw. Cohn: Erinnern Sie sich, daß er ein verschwollenes Gesicht hatte? Zeuge: So genau habe ich ihn mir nicht angesehen. Bei so vielen Personen! Rechtsanw. Cohn szum Zeugen Wegner): Sie begleiteten den Transport FrieSner bis zur Wache? Zeuge: Ja. Rechtsanw. Cohn: Sie sahen ihn hinein- gehen? Zeuge: Ja. Rechtsanw. Cohn: Blutete er da noch nicht? Zeuge: Nein. Gegen den Angeklagte« Arbeiter Lube, dsr in der Nacht zum 30. Oktober vor Schererstraße 12 wiederholt IBluthunde" geschimpft haben soll, treten nur Zivilpersonen als Zeugen auf. Frau Döring, die im Hause Schercrstraße 12 die Portierstelle hat, bekundet, der in demselben Hause wohnende Lube habe, gegen Mitternacht heimkehrend, von der Haustürnische aus mehrfach Bluthunde" gerufen. Er fei stark betrunken gewesen, so daß er taumelte. Polizei habe zu dieser Zeit mehrfach die in der Straße befindlichen Personen aufgefordert, auseinanderzugehen; auch sei aus dem Hause auf die Polizei geworfen worden. Auf Befragen des Rechtsanwalts Cohn sagt Zeugin zunächst, sonst kenne sie Lube und seine Familie nicht weiter, sie kümmere sich überhaupt nicht so um die Mieter. Auf eindringlichere Fragen gibt sie dann an, sie kenne Lube als ordentlichen, arbeitsamen Mann, er sei ihr stets Höf- lich entgegengetreten, und auch von seinen Kindern habe sie einen guten Eindruck. Lubes Trunkenheit und die RufeBluthunde" werden auch von Frau Dörings vierzehnjähriger Tochter bekundet. Eine andere Bewohnerin des Hauses, Frau Bratz, hat gleich- falls beobachtet, daß LubeBluthunde" rief. Er habe, sowie Polizei kam, die Leute ins Haus gelassen und abgeschlossen, um sie nach 'dem Vorbeizug der Polizei wieder herauszulassen. Für betrunken bat sie ihn nicht gehalten. Lube gibt an, 20 GlaS Bier und zehn Kognaks getrunken zu haben. Laternen soll der. Angeklagte Hilfsmonteur Rudolph eingeworfen haben. Er sagt, geworfen habe er, aber nicht getroffen. Verleitet habe ihn ein Mann, den er jetzt für einen Lockspitzel halte. Gegen Rudolph tritt ein Zeuge Leo Schreiber auf, nach dessen Beruf bei der Feststellung der Personalien nicht gefragt wird. Schreiber hat in der Nacht zum 3<Z. Oktober an der Ecke Reinickcn- dorfer und Wiesenstraße den Angeklagten auf eigene Faust fest- genommen und der Polizei übergeben. Er bekundet: Ich kam aus der Gcrichtstraßc vom 91. Revier und sah in der Reinickendorfer Straße etwa 40 50 Personen stehen. Ich stand eine Weile dabei und horte zu, was sie sich erzählten. Da klirrten drüben Scheiben, und ich sah, daß mehrere die Laternen zerschlugen. Ich merkte mir einen, der drei Laternen mit Steinen eingeworfen hatte. Dann kam er rüber, wo die Leute alle standen, und wollte auch da noch Laternen einwerfen. Er traf aber nicht, und die Leute wollten sich drüber hermachen und ihm die Jacke vollhauen. Bors.: Wie waren Sic nach dem Revier gekommen? Zeuge: Mehrere Leute aus einem Lokal in der KöSliner Straße hatten Laternen ausgedreht. Als Polizei vorbeikam, machte ich sie darauf aufmerksam. Da wurden die Leute alle aus dem Lokal verhastet und nach dem Revier gebracht. Ich ging mit und kam dann zurück. Zeuge Schreiber behauptet, Rudolph sei jener Werfer gewesen, und bleibt dabei trotz eindringlichster Befragung. Vors.: Sie sollen herum- gegangen sein, auffällig, mit demVorwärts" in bcr Tasche und mit einem roten Schlips, so daß anzunehmen war, Sie seien von der sozialdemokratischen Partei. Zeuge: Ich habe noch nie einen roten Schlips getragen, ich lese auch keinenVorwärts". Vors.: Sie sollen ihn ja nur bei sich getragen haben. Zeuge: Nein. Ich kann auch Zeugen bringen, daß ich den Abend denselben Schlips hatte wie heute. Vors.: Na, er schillert so etwas, wie rot. Der Borsitzende beginnt dann zu examinieren: Sind Sie bestraft? Zeuge: Ja. Vors.: Weshalb? Zeuge: Wegen Diebstahl.   Vors.: Mehrmals? Zeuge(die Frage überhörend): Das ist schon lange her, 10 Jahre. Vors.: Sind Sie noch wegen einer anderen Straftat bestraft? Zeuge: Nein. Vors.: Na, erinnern Sie sich mal! Zeuge: Ja, aber die Strafe ist noch nicht verbüßt. Bors.: Warum nicht? Zeuge: Ich habe Aufschub bekommen. Bors.: Weshalb? Zeuge: Wegen Krankheit.   Bors.: Haben Sie nicht auch angegeben, daß Sie ein wichtiger Zeuge sind? Zeuge: Ich habe gebeten, mir Strafaufschub zu geben, weil es mir unangenehm wäre, als Zeuge hier vorgeführt zu werden. Vors.: Weshalb sind Sie denn bestraft? Zeuge: Ich will es wegen der Zuhörer nicht sagen. Der Vorsitzende gestattet ihm, ganz leise zu sprechen und verkündet dann: wegen 8 242(Diebstahl). Daraus beginnen die Verteidiger, den Zeugen auszufragen. Rechtsanw. Karl Liebknecht  : Sie bezeichnen sich als Arbeiter. Wo arbeiten Sie jetzt? Zeuge: Ich habe jetzt keine Arbeit. Rechtsanw. Liebknecht: Aber damals! Oder wovon lebten Sie? Zeuge: Von Krankcnunterstützung. Rechtsanw. Liebknecht: Da­mals boten Sie sich als Zeugen an gegen Leute, die die Laternen ausgedreht hatten? Zeuge: Ja. Rechtsanw. Liebknecht: Sie hörten zu, was andere sich erzählten? Weshalb? Zeuge: Wenn mehrere Leute dastehen, darf ich doch zuhören! Rechtsanw. Liebknecht: Sic haben doch zweifellos der Polizei alle möglichen Dienste zu leisten gesucht; z. B. auch im Fall Rudolph. Wollten Sic der Polizei mitteilen, was Sie da hörten? Zeuge: Nein. Rechtsanw. Liebknecht: Haben Sie für das, was Sie da anzeigten, irgend welche Entschädigung bekommen? Zeuge: Nein. Rechtsanw. Liebknecht: Sonst von irgend jemand? Zeuge: Daß ich nicht wüßte. Rechtsanw. Liebknecht: Das müssen Sie doch wissen, ob Sie was bekommen haben! Zeuge: Ich habe nichts bekommen. Rechtsanw. Liebknecht: Haben Sie keinenVorwärts" in der Tasche gehabt? Zeuge: Nein. Rechtsanw. Liebknecht: Sehr merkwürdig. Vielleicht wird Rudolph Jhnen eine Vorhaltung machen. Angekl.: Schreiber hat sich als Kriminalbeamter aus- gegeben, hat mich selber verhaftet und mich einem Beamten über- geben. Er hatte eine rote Krawatte und denVorwärts". Zeuge bestreitet, sich als Kriminalbeamten ausgegeben zu haben. In dem weiteren Verhör sagt er, daß vier Personen, darunter be- stimmt Rudolph, zugleich nach den Laternen warfen. Rechtsanw. Liebknecht: Traf er denn? Zeuge: Na, er hatte doch geworfen! Rechtsanw. Cohn fragt, ob Schreiber sich mal bei seinenEr- Mittelungen" für seinen Bruder Johann ausgegeben habe? Zeuge bestreitet das und läßt sich über den fraglichen Vorfall aus: Ich ging in ein Lokal und fing ein Gespräch an. Rechtsanw. Cohn: Wollten Sie da was ermitteln? Zeuge: Ja. Mehrere machten anstößige Reden, das habe ich nachher den Polizeioffizieren gesagt. Rechtsanw. Cohn: Wie kamen die Leute in dem Lokal auf die Idee, den Schlosser Johann Schreiber vor sich zu haben? Zeuge: Das weiß ich nicht. Ueber Schreibers Tätigkeit im Dienste der Polizei wird Leutnant Maurer   vernommen, den Schreiber zur Ausräumung jenes Lokals angeregt hat. Schreiber habe auf Revier 91 die einzelnen Personen festgestellt und sei später auch noch auf Revier 107 gewesen. Wir waren, sagt Mauter, ihm gegenüber sehr skep» tisch. Wir wunderten uns, daß er als Arbeiter guasi immer SchutzmanuSdienste tat. Wir statten Zweifel an seiner Glaub- Würdigkeit. Nachher sagte ich noch:Na, sehr schön ist das auch nicht!" Wir fragten ihn, ob er schon mal der Kriminalpolizei  Dienste geleistet habe. Er verneinte das. Ich fragte ihn nach dem Grund, da sagte er:Ich habe mich so darüber geärgert." Wenn er denVorwärts" in der Tasche gehabt hätte, dann hätte ich gesagt:Hören Sie mal, Sie haben wohl die Sache provoziert?" Schreiber wird auch darüber befragt, ob Rudolph mißhandelt worden sei, wie er behauptet. Zeuge bezeichnet das als auSge- schlössen, auch er selber habe ihn nicht geschlagen. Uebcrgeben ljat er ihn dem Schutzmann Otto, der ihn dann abführte. Auch der weiß nichts von Mißhandlung, doch hält er cS für möglich, daß Rudolph auf dem Wege zur Wache von hinten geschlagen wurde. Vernommen wird noch ein Zeuge Reuchling über seine Kneiperei mit Rudolph in 5% Stunden jeder 9 Glas Bier und 4 Schnäpse und ein Arzt Dr. Steidel über die Folgen dieses Alkoholmißbrauches für die Willenshemmung. Rudolphs früherer Fortbildungsschullchrer Thoma bescheinigt ihm ein sehr gutes Verhalten in der Schule. Eines Steinwurfs nach Schutzleuten wird der noch jugendliche Angeklagte Tischlerlehrling Schulz beschuldigt. Er erklärte das aus einer Verwechselung mit einem anderen jungen Mann, der gleich ihm eine graue Mütze trug. Schutzmann Bröker hat längere Zeit den Träger der grauen Mütze� verfolgt, hat dann die Verfolgung aufgegeben und später den Schulz, den er für den Täter hielt, festgenommen. In seiner polizeilichen Vernehmung hat Zeuge gesagt, auch der Anzug des Täters fei grau gewesen, während erwiesenermaßen Schuirs Jackett schwarz war. Jetzt gibt Zeuge zu, die Farbe der Anzüge könne er verwechselt haben. Aber, sagt er, die Mütze behielt Ich iw Auge und eine andere Jockeymütze sah ich nicht. Ein Gastwirt Hauptvogel und eine Gastwirtsfra« Schmidt, bei denen Schulz vorher gekneipt hatte, bestätigen, daß er in dunklem Jakett ging. Ein siebzehnjähriger Zeuge Hoffmann, der mit ihm gekneipt hat, macht dieselbe Angabe. Dieser Zeuge berichtet über einen Alkoholverbrauch von acht bis neun Glas Bier in IVs Stunden. Schulz behauptet, auch er sei mißhandelt worden. Auf dem Wege zur Wache habe ein Berittener ihn auf den Mund geschlagen, daß die Lippen ausplatzten, und auf der Wache sei er vom Kri- minalschutzmann Dettbarn, der am Transport beteiligt war, mit dem Gummiknüppel verhauen worden. Schutzmann Bröker weiß nichts darüber, und Dettbarn ist als Zeuge berewS entlassen worden. Eine Polizeibeleidigung wird dem Angeklagten Arbeiter Brandt zur Last gelegt. Er soll auf die Polizei geschimpft haben: Räuber! Räuberbande! Halunken!" und ähnlich. Er selber ver- sichert, nur im UebermutZuletzt die Räuberl" gerufen zu haben, womit er keinen gemeint habe. Schutzmann Schuschke bekundet, gehört zu haben:Zuletzt die Räuber!" aber auch:Räuberbande!" undHalunken!" Schutz- mann Günther hörte:Räuber!" undHalunken!" und meint, Brandt könne nur die Beamten gemeint haben. Am Schluß der Sitzung beantragt der Verteidiger Rechts- anwalt Cohn, nunmehr Friesner und auch Lube aus der Haft zu entlassen, da die Beweisaufnahme einen minder bestimmten Tat- bestand ergeben habe, als die Anklage ihn annahm. Staatsanwalt Brüning widerspricht bezüglich Lubes. Das Gericht beschließt. Friesner zu entlassen. In der heute �10 Uhr beginnenden Sitzung wird die Beweis- erhcbung sich den übrigen Anklagcfällen zuwenden. Eue aller Melt. In den Flammen umgekommen. Mehrere schwere Brandkatastrophen, bei denen eine An- zahl Menschenleben vernichtet wurden verzeichnet die Unfallchronik des gestrigen Tages. In S a a l f e l d a. S. kam in der Abwesenheit der Eltern in der Wohnung eines Arbeiters S 0 l b r i g ein Brand aus. Die vier Kinder des Ehepaares im Alter von einem bis fünf Jahren kamen bei dem Brande ums Leben.   In der belgischen   Stadt Dinant   zerstörte in der letzten Nacht eine Feuersbrunst mehrere am Grand Place gelegene Wohnhäuser. Eine Magd und eine 58jährige Witwe sind in den Flammen uni gekommen; letztere, als sie versuchte, ihre Ersparnisse in Sicherheit zu bringen. Ferner wurde ein Feuerwehrmann l c b e n s- gefährlich verletzt. Ein anderes Dienstmädchen erlitt ebenfalls beim Sprunge aus dem Fenster lebensgefähr- liche Verwundungen. Der durch das Feuer verursachte Schaden beläuft sich auf über 100(XX) Frank. Ein flugtechnisches Wagnis. Einen bemerkenswerten Flug unternahm am Mittwoch der amerilanische Flieger Ely im Hafen von San Francisco  . Er stieg mit einem Doppeldecker in der Nähe der Stadt auf und flog dann nach dem vor San Francisco   vor Anker liegenden KreuzerPennsylvania  ". Auf einer Plattform de? Schiffes landete er glatt und flog nach einiger Zeit a u f demselben Wege zurück. Der kühne Flug war durch den herrschenden Nebel ganz besonders erschwert; um die Orientierung des Fliegers zu erleichtern, wurden an Bord deS Schiffes von Zeit zu Zeit gellende Sirensignale gegeben. Aus einer schwarzen Gegend. In Neurode i. Schl. sollten auf Veranlassung des Verbandes der Lithographen   und SteindruckerDer Pfarrer von Kirchfeld  " von Anzengruber und Max Halbes.Jugend" zur Aufführung kommen. Da ein bürg er meisterliches Verbot der Auf- führung vom Landrat aufgehoben wurde, fetzten die Schwarzen alles in Bewegung, um die Aufführung zu verhindern. Von der Kanzel und in Versammlungen wurde mit dem Erfolge gegen den Wirt, der das Lolal zur Verfügung stellen sollte, gearbeitet, daß der Wirt seine Zusage schließlich zurückzog. Ganz offen wurde von den Schwarzen der Boykott angedroht, so daß sich keiner der übrigen Lokalbesitzer getraute, seinen Saal herzugeben. Als es endlich gelang, einen Saal in einem Vororte zu erhalten. wurde hier wieder vom Amtsvorsteher und sogar vom Landrat, der die Aufführung in der Stadt gestatten wollte, die Genehmi- gung versagt. Beide wurden aber vom Regierungspräsidenten eines anderen belehrt. Die Vorstellungen finden nun doch statt, wenn auch nicht in der Stadt, so doch in deren unmittelbarer Nähe. Saubere Früchtchen. In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch verhaftete in der französischen   Hafenstadt Dünkirchen   ein Polizeikommissar auf die Anzeige eines Schneiders zwei junge, elegant gekleidete Leute, die ersteren überfallen und gewürgt hatten. Während der eine von ihnen den Ueberfallenen zur Erde warf und ihm ein Bein auf die Brust setzte, raubte ihm der andere seine goldene Uhr nebst Kette sowie das Portemonnaie. Es handelt sich, wie man feststellte, um zwei Apachen, die den besten Gesellschaftskreisen ent« st a 1» m e n. Der eine ist der Sohn des bekannten Generals Sauret, des Geiieralftabschefs des Militär- gouverncurS von Paris   und war erst kürzlich vom Gericht in Rochefort zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er einen seiner Kameraden ermordet hatte. Sein Komplice entstammt ebenfalls einer angesehenen französischen   Familie und ist der Sohn eines pensionierten Majors namens Lachapell«. Kleine Notizen. Arbcitcrrisiko. Auf der Zeche KönigSgrube bei B 0 ch u m fiel ein italienischer Arbeiter in den 40 Meter tiefen Schacht. Der Verunglückte wurde tot zutage gefördert. Bei einem Brande auf dem Hüttenwerk Kasimir an der deutsch  -russischeil Grenze sind ein Aufseher und drei Arbeiter erstickt. Lebensgefährliches Spielen. In Ehrenfeld   bei Köln   hat beim Räuber- und Geudarmenspielen ei» 13 jähriger Junge einen siebenjährigen Kameraden mit einem Revolver geschossen und ihn schwer verletzt. Der Knabe wurde in daS Hospital gebracht, sein Zustand ist bedenklich. Begnadigt. Der alldeutsche Redakteur Wilhelm O r e n d i aus Temesvar   in Ungarn  , der wegen Aufreizung zu zwei Monaten Gefängnis und 400 Kronen Geldstrafe verurteilt war, ist begnadigt worden. Die Gefängnisstrafe wurde ihm er- lassen. Vater und Sohn im Straßengraben erfroren. Ein blinder wandernder Korbmacher legte sich, wie aus Trier   gemeldet ivird. mit seinem zwölfjährigen Sohne, von Müdigkeit überwältigt, bei Biringen in emen Straßengraben. Beide wurden am Morgen erfroren aufgefunden. «mtlicher MarNbertcht der stidNIchen MarNballen-Dtrektton über den Grotzbandel in den Zenwal-Marktballen. Marktlag«: Fl ei Ich: Zufuhr starl, Geschäft schleppend, Preis« sür Rind., Kalb, und Schweine. fleisch   nachgebend. Wild  : Zusubr reichlich. Gelchäsi ziemlich lcbhast, Preise bchauptet. Geflügel: Zusubr mäßig, Geschäft ruhig, Preise normal. Fische: Zufuhr mäßig, Geschäft ruhig, Preise wenig verändert. Lutter und Käse: Geschäft ruhig, Preise unverändert. G e m ü'-. vbß«nd Südsrücht-t Zufuhr reichlich, vestbäit«ffangs still. spater lebhafter, Presse gedrückt.