die in den Zeiten außerhalb des eigentNcken Wahlkampfes ,neist nicht den genügenden Raum zur Verfügung haben, um von der Korrespondenz des Reichsverbandes entsprechenden Gebranch zu machen. Die Erfahrungen des Jahres 1906/07 haben aber gezeigt, datz während der eigentlichen Wahlbewegnng auch die kleineren Lokalblätter gern bereit sind, aufklärende Aufsätze über die Sozialdemokratie zu veröffentlichen, und diesem Bedürfnis soll durch das häufigere Erscheinen einer Wahlkorrespondenz nach Möglichkeit abgeholfen werden." Weiter hofft der Reichsverband, daß besondere Versandstellen, die er für den Schristenversand eingerichtet hat, bei de» Wahlen gute Dienste leisten werden, da auf diese Weise die Flugblattverbreitung leichter vonstatten geht. Die Flugblaltverbreitung scheint nämlich dem Reichsverband noch ziemliche Schwierigkeiten zu machen. Er konstatiert als besonderen Erfolg, datz die Zahl derjenigen Orts- gruppen, die sich an der Flugblativerbreitung bisher noch nicht be- reiligt haben, innerhalb eines halben JahreS um fast 20 Prozent abgenommen hat. Und endlich verspricht er sich diel von Rechts» auskunflSstellen, die er als Gegengewicht gegen die Arbcitersekretariate errichtet hat und noch errichten will. Natürlich soll auch die gelbe Gewerkschaftsbewegung durch den Reichsverband väterlich unterstützt werden; um diese Brbeiterschichten zu interessieren, seien zwei Arbeiter in den Ausschuß des Reichsverbandes gewählt worden. Ter Enttvurf eines Zweckverbandsgesestes» der dem Abgeordnetenhause zugegangen ist, will die Bildung von Zweckverbänden für ganz Preußen zulassen. Nach der gegenwärti- gen Rechtslage können sich nachbarlich belegene Gemeinden und selbständige Gutsbezirke behufs gemeinsamer Wahrnehmung kom- munaler Angelegenheiten im Geltungsbereich der Landgemeinde- Ordnung für die sieben östlichen Provinzen, in Schleswig-Holstein und in Hessen-Nassau miteinander verbinden. In den Provinzen Rheinland , Westfalen, Hannover und in den Hohenzollernschen Landen ist die Frage der Zweckverbände überhaupt noch nicht ge- regelt, während in den vorher genannten Landesteilen wohl die Verbindung von Gutsbezirken und Landgemeinden, nicht aber die Vereinigung von Stadtgemeinden mit anderen Stadtgemeinden möglich ist. Der Entwurf will nun, daß ganz allgemein Stadt-, Land- gemeinden und Gutsbezirke mit Stadt-, Landgemeinden und Guts- bezirken verbunden werden können, und zwar zur Wahrnehmung einzelner kommunaler Angelegenheiten jeder Art nach Anhörung der Beteiligten durch Beschlutz de» KreiSauSschuffeS bezw. des Be- zirkSausschusseS. Ist ein Einverständnis nicht zu erzielen, und verlangt das öffentliche Interesse die Verbindung zur Wahrneh- mung einzelner kommunaler Angelegenheiten, so kann der Ober- Präsident auf Antrag eines Beteiligten oder der Kommunalauf- sichtsbehördc erster Instanz anordnen, daß die mangelnde Zustim- mung durch den Kreis-(Bezirks-)Ausschuß ergänzt wird. Zu den kommunalen Angelegenheiten, zu deren gemeinsamer Wahrneh- mung Gemeinden oder Gutsbezirke auch gegen ihren Willen ver- einigt werden können, gehören neben den ihnen gesetzlich obliegen- den auch diejenigen Aufgaben, die sie als kommunale bereits frei- willig übernommen haben; die Elektrizitätsversorgung und die öffentlichen Verkehrseinrichtungen jedoch auch ohne diese letztere Voraussetzung. Die so gebildeten Zweckverbände gelten in den Fällen, in denen sie die Fürsorge für die öffentliche Armenpflege oder die Erfüllung der Wegebaulast übernehmen, als Gesamtarmen- verbände bezw. Wegeverbände. Auf die nach den bisherigen Ge- setzen gegründeten Zweckverbände soll das neue Gesetz mit der Maßgabe Anwendung finden, daß deren Satzungen in Geltung bleiben, bis sie vorschriftsmäßig geändert sind. Die Rechtsverhält- nisse des Zweckverbandes sollen durch eine Satzung geregelt werden, die von den Beteiligten im Wege der Vereinbarung festzustellen ist und der Bestätigung des KrceMBezirkS-jAusschusseS unterliegt. Ist eine Uebereinstimmung der Beteiligten nicht zu erzielen, so ?ann da« Ergänzungsverfahren Platz greifen. Heber die Angelegenheiten des Zwcckverbandes beschließt der Verband-ausschuß; die Satzung kann daneben noch andere Beschluß- organe vorsehen. Ausführende Behörde ist der Verbandsvorfteher, welcher zugleich den Zweckverband nach außen vertritt. Für den Ausschuß hat jedes Verbandsmitglied mindestens einen Abgeord- rieten zu stellen. Im übrigen werden die Abgeordneten auf die Ver- bandSmitglieder nach dem Maßstabe ihrer Beteiligung an den von dem Zweckverbande wahrzunehmenden Angelegenheiten oder der Steuern oder nach einem anderen in der Satzung zu bestimmenden Maßstabe verteilt. Indessen soll in Zweckverbändcn mit mehr als drei Verbandsmitgliedern die Abgeordnetenzahl eines Mitgliedes nicht über ein Drittel der Gesamtzahl hinausgehen. Dem Ver- bandsausschusse gehört ohne Wahl der Bürgermeister(Gemeinde- Vorsteher) oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied der Ge- nieindcvertretung als Abgeordneter an. Die Vertretung in Behin- derungsfällen erfolgt nach der Bestimmung des Bürgermeisters (Gemeindevorstehers). Haben beteiligte Gemeinden mehr als einen Abgeordneten zu stellen, so werden die übrigen in der Regel von ihren Vertretungen auf eine zu bestimmende Zeit gewählt. Die Abstimmung im Verbandsausschuß erfolgt, wenn nichts anderes bestimmt ist. durch einfache Mehrheit. Der Verbandsvorsteher und sein Stellvertreter werden vom Ausschuh aus der Zahl seiner Mitglieder gewählt; die Wahl des Vorstehers bedarf, wenn der Ge- wählte nicht schon anderweitig bestätigt ist, der Bestätigung. Der Zweckverband ist berechtigt, zur Deckung seiner Ausgaben von den Mitgliedern Beiträge zu erheben, die nach bestimmten Grundsätzen— Maßgabe ihrer Beteiligung an den von dem Zweck- verband wahrzunehmenden Angelegenheiten oder ihres Steuer- solls oder nach besonderen in der Satzung niederzulegenden Maß- stäben— umgelegt werden. Hinsichtlich der staatlichen Zuständig- leiten wird der Zweckverband einer Landgemeinde bei Beteiligung von Stadtgemeinden einer Stadt gleichgeachtet. Beschlüsse des Ver- bandSauSschusses, welche Anleihen sowie Uedernahme von Bürg- schaften betreffen oder welche die Verbandsmitglieder durch Bei- träge über 2ö Proz. des Gesamtaufkommcns der Steuern belasten, bedürfen der Bestätigung durch den Kreis- bezw. Bezirksausschuß. Für Grotz-Derlin soll bekanntlich ein besonderes Gesetz erlassen Werden, dessen wesentlichsten Inhalt wir bereits mitgeteilt haben. Allerhand Staatsretter. Man muß anerkennen, daß unsere Gegner, um die Massen von der Sozialdemokratie abzuhalten. eS an Rührigkeit nicht fehlen lassen. Keine Zeit war so überreich gesegnet mit Bestrebungen zur Rettung der Gesellschaft vor dem Umsturz, und größer noch ist die Zahl der Vorschläge, die zu diesem löblichen Zwecke gemacht und dann begraben werden. So hat einer dieser StantSretter, ein Jung» liberaler, entdeckt, was not tut, um dem Liberalismus den ver» dienten Einfluß auf die Massen zu sichern. DaS Volk, so führt er in den.Jungliberalen Blättern" auS, weiß nichts vom Libero- liSmuS, sonst würde eS ihm in Massen zuströmen. Was also tun? Man höre: „Ein Blick auf die EntwickelungSgeschichte deS Zentrums und der Sozialdemokratie wird jedem einzelnen mit unverhohlener Deullicdlcit sagen, daß eS hauptsächlich die Gesellen- bezw. die Volkshäuser der Klerikalen und der Sozialdemokraten loaren, durch die die Gesinnungen dieser Parteien so in das Volk gedrungen find. Und wie es einst war, so ist eS auch noch heute. Die Ge- sollen- bezw. die Volkshäuser sind nichts anderes als Treibhäuser klerikaler bezw. sozialdemokratischer Gesinnung. Diese Partei- Häuser, denen größtenteils noch soziale Einrichtungen an- gegliedert sind, tun dem Liberalismus not l" Die.Politisierung der breiten Volksschichten", die»Wiedergeburt der liberalen Weltanschauung", das und noch vieles andere würde sich in diesen liberalen Parteihänsern vollziehen..Deutsche Volkshäuser" sollen die nationallideralen Rettungsanstalten genannt werden; mit ihnen wäre, so meint der Urheber des Planes, das Fundament und der Träger für eine liberale Zukunft Deutsch- lands geschaffen. Wenn nun die nationalliberalen Kominerzienräte recht tief in den Beutel greifen und den Jungliberalen die ge- wünschten„Deutschen Volkshäuser" bauep(was sie natürlich nicht tun werden), und wenn dann das Volk in Massen in diese Häuser strömt, um sich dort für den liberalen Gedanken zu begeistern(was es natürlich auch nicht tun wird), dann ist die Wiedergeburt deS Liberalismus gesichert I Aber auch die Ultramontanen sind aus dem Plan. Ihr neuestes Unternehmen, das natürlich in M.-Glndbach, dem Ouell und Sitz aller Weisheit ausgeheckt wurde, ist die„S o z i a l e Studenten- arbeit", die berufen ist,„Gebildete" nnd Arbeiter einander zu nähern. Das Unternehmen hat bereits ein Sekretariat, aber was ihm noch fehlt, das ist ein soziales Studentenlied, das die jungen Zentrumsakademiker begeistern und die Arbeiter für den sozialen Ausgleich gewinnen soll. In einem Aufruf der ultra- montanen Presse, die zu einem Wettbewerb auffordert, heißt eS: „Schon glauben wir Morgenluft zu wittern. Schon bemerken wir ein Eindringen der großen Gedanken in den Gesichtskreis der Studentenschaft, ei» Nachhallen und Erbeben des Notschreies der Zeit, einen Widerschein des roten Fanals auf den bumen Pekeschen nnd webenden Federbaretts, ein Erglühen der bleichen Gesichter der Geistesarbeiter. Die sozial st udentischeBew egnng, aus der Zeit geboren, wächst als lebenspendende Kraft in die Studentenschaft binein. Der Akademiker wird ergriffen von den Strömungen unserer Tage. Daher kann eS auch nicht mehr lange dauern, daß sich die daraus entspringenden Einpfindungen zur Kunst verdichten, zur Studentenpoesie, zum neuen Studentenlied." Wenn sich die Zentrumspoeten cm der wirren und ver- stiegenen Prosa dieses Anfruss ein Muster nehmen, dann ist dem lünftigen„sozialen Studentenlied" der Heiterkeits- erfolg sicher._ Preusten und die Reichslande. Die„Berliner Politischen Nachrichten" erklären offiziös, die von dem Stratzburger Professor Theobald Ziegler erhobene Forde- rung der Einverleibung des Reichslandes in Preußen habe in weiteren Kreisen des deutschen Volkes Anklang gefunden. Es könne dahingestellt werden, ob die Einverleibung von Elsaß-Lothringen in Preußen nicht bei der Wiederangliederung dieses Landes an das Deutsche Reich die zweckmäßigste Lösung des elsatz-lothringi- schen Problems gewesen wäre. Jetzt aber erscheine eine solche völlig ausgeschlossen. Ganz abgesehen von der Stellung des Bundesrats und von den innerpolitischen Schwierigkeiten, die für Preußen aus dem Anschluß des Reichslandes erwachsen würden, wäre auch für eine solche Maßnahme auf keine Mehrheit im Reichstage zu rechnen. Voraussichtlich würden keine 100 Stimmen in dieser Körperschaft für die Verbindung von Elsaß-Lothringen mit Preußen zu haben sein. Die Aufwerfung dieser Frage habe zurzeit daher keinen prak- tischen Zweck. Sie sei nur geeignet, Verwirrung anzurichten und die ohnehin so schwierige Gestaltung der reichsländischen Verhält» nisse noch weiter zu erschweren. Vom Standpunkte praktischer und positiver Politik sei daher dringend zu wünschen, daß die Forderung der Einverleibung des Reichslandes in Preußen bald wieder von der Tagesordnung verschwinde. Tas Geständnis einer schwachen Stunde. AIS die religiösen Orden nach der portugiesischen Revolution von der neuen republikanischen Regierung ausgewiesen wurden, lamentierte die klerikale Presse über die„grausame Maßregel", durch welche angeblich die fittlich und geistig am höchsten stehenden Elemente de« portugiesischen Volkes aus dem„unglücklichen" Lande herausbefördert und dadurch ihres ungemein segensreichen moralischen Einflusses auf die breiten Volksmassen beraubt wurden. Wie dieser segensreiche Einfluß tatsächlich beschaffen gewesen ist, schildert in ihrer.Kirchenpolitischen Jahresrundschau" die»Germania " jetzt selbst mit folgenden Worten: „ES würde nichts nützen, sich Täuschungen hinzugeben und den Ernst der Lage durch Schönfärbereien zu bemänteln. Wohl hat die lnsitanische Kirche unter den höheren und niederen Geist- lichen nicht wenige, die ihres göttlichen Amte« würdig sind, an- gefangen von dem ausgezeichneten PatriarchenBello von Lissabon bis zu bescheidenen Hilfspfarrern. Aber neben ihnen gibt eS eine Anzahl von Geistliche», die jeden Begriff ihres Amtes und ihrer Pflichten verloren haben, wenn sie über« haup: jemals einen solchen hatten; sie sind der Krebsschaden an der Kirche Portugals , alle» eine Folge der ver- hängnisvollen Gesetzgebung, würdig eines Pombai und anderer Freimaurer , die die Gewalt der„reges fidelissimi" mißbraucht haben, n in auS dem geknechteten und ver- kommenen KlernS ein Werkzeug ihrer Partei« zwecke zu machen. Man muß sich nur wundern, daß die Beule nicht weiter um sich gegriffen hat. Zwischen dem guten und dem schlechten KlernS finden wir die große Masse derer, die, ohne durchaus minderwertig zusein, aller Ideale und jeglicher Energie bar sind, also eine Geistlichkeit, die in gewöhnlichen, ruhigen Zeiten kaum zu ertragen und der schwierigen Aufgabe, die jetzt ihrer Harn, nicht im geringsten gewachsen ist." ES muß sehr arg um den katholischen KlernS stehen, wenn selbst die„Germania " von einem„verkommenen" KlemS spricht._ Gegen die Schiffahrtsabgaben. Wie auS Wien telegraphiert wird, referierte heute in der Sitzung de« Volkswirtschaftlichen AuSschusieS der Abg. S ch r ammel (Soz.) über seinen Antrag, der sich gegen die von der deutschen Regierung geplante Erhebung von Schiffahrtsabgaben aus der Elbe und Donau richtet. Dieser Antrag verlangt, die Re- giernng möge den Regierungen deS Deutschen Reiches erklären: 1. daß sie an dem Bertrage vom 22. Juni 1870 f e st h ä l t und Verhandlungen über Abänderung diese« Bertrage» ablehnt; 2. daß nach Ueberzeugung der öfter- reichischen Regierung die Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Elbe und Donau dem Völkerrecht wider- spricht; 3. daß die österreichische Regierung bereit ist, falls über die Auslegung der internationalen Verträge MeinungS- Verschiedenheiten zwischen den beteiligten Staaten bestehen sollten sich der Entscheidung eines uiternationalen Schiedsgerichts zu unterwerfen. Handelsminister Dr. Weißkirchner erklärte: Die deutsche Regierung hat ihrer Absicht klarm Ausdruck gegeben, unser Vertrags- recht zu respektieren. Die Anregung eines Schiedsgerichts würde vielleicht Zweifel an der Festigkeit unserer Rechtsüberzeugung auskommen lassen und dadurch unsere Position schwächen. Die Frage der Abgabe auf der Donau gehört nicht hierher und ich empfehle, sie auszuschalten. Der Minister erklärte dann neuerdings, die Regierung werde unentwegt an den ihr durch die Elbverträge gewährleisteten Rechten festhakten. Der Punkt t des Antrages deS Berichterstatter» wurde hierauf unter Einschaltung deS Worte?„unabänderlich" an« genommen. Punkt 2 wurde in der Fassung angenommen, daß nach der Ueberzeugung der österreichischen Regierung die Erhebung der Schiffahrtsabgaben auf der Elbe den bezüglichen Verträgen widerspricht. Punkt 3 wurde abgelehnt. Es ist wirklich höchste Zeit, daß die deutsche Regierung thren verkehrsfeindlichen Entwurf zurückzieht. Eine Zentrumsfehde. Im Wahlkreise Mörs -Recs ist es wegen der Kandidatur zur kommenden Reichstagswahl zu einem Konflikt im ZentrumSIager gekommen. Die Vertrauensmänner des Kreises Rees hatten eme Wiederaufstellung des bisherigen Zcntrumsabgeordneten Fritzen. der in der Stichwahl mit 18 1S5 gegen 15 589 reichsparteiliche Stimmen gewählt wurde, abgelehnt. Die Folge war die„De- Mission" zweier Mitglieder der Parteileitung in MörS und Rees . Eine Vertrauensmänncrversammlung in Rees beschloh, von einer endgültigen Stellungnahme zur Kandidatur vorläufig Abstand zu nehmen»_ Mandatsmüde. Fürst Hatzfeld, Herzog von Trackienberg, hat nach einer BreS- lauer Meldung gebeten, von seiner weiteren Kandidatur als Reicks« tagSabgeordneler für den Wahlkreis Breslau -Ost bei der bevor- siebenden Reickstagswahl abzusehen.— Hatzfeld wurde l907 mit 22 169 gegen 16 591 sozialdemokraiische und 122 polnische Stimmen gewählt._ franhrdeb. Justizreformen. Paris , 25. Januar. Ter Ausschuß der Deputiertenkammcr für gerichtliche Reformen nahm einen Antrag zur Be« kämpfung des Rcvolverunloesens an, wonach Waffen» scheine nur nach vorausgegangener Prüfung erteilt werden können und unerlaubtes Waffentragen, sowie mit der Waffe begangene Verbrechen strenger bestraft werden sollen als bisher._■ Derselbe Ausschuß lehnte einen Antrag, den Ehebruch für straflos zu erklären, ab, entschied jedoch, daß Ehebruch nicht mehr mit Gefängnis zu bestrafen sei. Ferner beschloß der Ausschuß die Aufhebung einer Bestimmung des Strafgesetzbuches, wonach die Tötung eines in der ehelichen Wohnung aus frischer Tat ertappten Ehebrechers als entschuldbar bezeichnet wird. CnFlancl. Ein Kampfruf Keir Hardies. In einer Versammlung in C a r d i f f wandte sich der Führer der Unabhängigen Arbeiterpartei gegen die Arbeiter, die glaubten, als Anhänger einer von reichen Leuten finanzierten und geleiteten Partei weiter zu kommen, als mit einer aus sich gestellten, un- abhängigen Partei der Arbeit. Man müsse sich frei machen von der Abhängigkeit von den Liberalen, die noch in einer Anzahl Wahlkreise bestehe. Es gebe auch eine Clique reicher Libe- raier, deren Ziel die Beseitigung der Arbeitervertreter sei, und die nur wegen der Beschleunigung der letzten Wahl nicht damit her- vorgetreten seien. Sie suchten namentlich die Arbeiterbewegung in Südwalcs nlederzutreten und würden dazu das Geld nicht sparen. Durch die Einführung der Abgeordneten bezahlnng würden die Schwierigkeiten der Arbeiterpartei in dieser Hinsicht noch wachsen. Wohl werde die Osbornc-Entscheidung noch in diesem Jahre beseitigt werden, aber gegen die kommenden Kämpfe seien die bisherigen nur ein Kinderspiel. Der einzige Weg zum Siege sei eine allen Stürmen gewachsene selbständige Organisation. Perfi««. Amerikanische Finanzhilfe. New Aork, 26, Januar. Der„New Dork Times" wird au# Washington gemeldet: Einem Vorschlage des persischen Ge- sandten entsprechend, der gesagt hatte, daß P c r s i e n sich freuen würde, amerikanischen Finanziers die Ordnung des Systems der Zölle und inneren Einnahmen zu über» lassen, hat Schatzsekretär Mac Veagh dem Staatssekretär Knox die Namen von fünf Finanziers genannt, die Knox in kurzem dem Gesandten zur Bestätigung mitteilen wird. Es wird beabsichtigt. den Amerikanern die Verfügung über alle Eingangs- zölle mit Ausnahme der in den kafpischen Häfen für die Dauer von fünf Jahren zu überlassen und die inneren Einnahmen nach amerikanischem Muster unizugestalten. Japan . Asiatische Barbarei. Die japamscki« Regierung hat den infamen Justizmord noch durch die scheußliche Grausamkeit verschärft, mit der sie ihr Schandwerk beendet hat. Die Hinrichtung Dr. Ko t o ku Z, seiner Frau und seiner Genossen dauerte nicht weniger als 7 Stunden. ES war nämlich nur e i n> einziger Galgen errichtet worden, an dem die Verurteilten, einer nach dem anderen aufgeknüpft wurden. Die Delin» quenten wurden zuerst in die sogenannte Sünderzelle gebracht, von wo aus man sie direkt zum Schaffott schleppte. Die Leichen mußten nach jeder einzelnen Hinrichtung erst in eine Toten- kammer gebracht werden, ehe zu einer neuen Exekution ge- schritten werden konnte. Den Unglücklichen gestaltete sich so der Gang zum Schaffott zu einer c n t s e tz l i ch e n T o r t u r, da sie in der Sünderkammer stundenlang auf ihre Hinrichtung warten mußten. Trotzdem bewahrten die Angeklagten bis zuletzt eine mutige Haltung. Sie sind als H c l d e n in den Tod gegangen, als Märtyrer für ihre Ueberzeugung, an deren Sieg sie unverbrüchlich glaubten.� Der Frau KotokuS hatte die unmenschliche japanische Behörde sogar ihre letzte Bitte, ihren Mann noch einmal sehen und umarmen zu dürfen, abzuschlagen gewagt. Eine Shmpathieknndgebunst. Rom , 26. Januar. In der gestrigen Kammersitzung drückte der sozialistische Abgeordnete Cabrini den japanischen Mär« thrern für die Rechte des Proletariats, welche kürzlich zum Tode verurteilt worden sind, seine Sympathiegefühle auS. Diese Worte des Abgeordneten wurden von der äußersten Linken mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Der Mi- nister des Aeußern erwiderte auf die Aeußerungen CabriniS mit gewöhnlichen Phrasen, worin er aus die freundschaftlichen Bande hinwies, welche seit langem zwischen Italien und Japan bestehen. Brüssel. 25. Januar. Gestern abend fand hier eine sozia- listische Prote st Versammlung gegen die Hinrichtung K o t o k u s statt. Das Volkshaus hatte anläßlich der Hinrichtungen in Tokio seine Fahnen mit Trauerflor versehen, Elmerika. Verschärfuug deS EinwauderungSgesctzeS. Washington » 24. Januar. Im Senat ist auf Veranlassung der staatlichen EinwanderungSkonunission ein Gesetzentwurf eingebracht worden, der die Bestimmungen über die Einwanderung ver« schärft und die volle Verantwortung für die Einwanderung von Ausländern den Schiffahrtsgesellschaften auferlegt. Die Vorlage sieht schwere Strafen und sogar Bcschlagnahmung der Schiffe vor für den Fall, daß Ausländer gesetzwidrig ausgeschifft Worden sind.
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