verschiedenen Ländern, eine Revue über Ärbeiterrechtsprechung undEcnossenschastcn, über Gemeindepolitit und Statistik.Die französische Parteipresse.Eine sozialistische Pregkonferenz wurde am 21. Januar inParis abgehalten. Etwa 100 Delegierte vertraten die 4 Tages-zeitungen„L'Humamte"(Poris),„Le Midi Sozialiste"(Toulouse),..2e Droit du Peuple"(Grenoble),„Le Populaire"(Limoges) und60 von den 75 wöchentlich oder seltener erscheinenden Blättern. DieAuflage der Tagespreise ist 130 000, der übrigen 200 000.P o i s s o n berichtete namens der vorbereitenden Kommissionüber die Schaffung eines Pressebureaus, Longuet überdie Einrichtungen der deutschen Parteipresse: Pressebureau,Korrespondenzen. Berein Arbeiterpresse, Cambier über dieZentralisierung des Jnseratenwesens der Wochenblätter.Der Vorschlag eines Zentralwochenblattes in Paris mit Ausgabenfür die cinzelnen Departements, den C o r c o s- Nantes machte,fand keinen Anklang. Renaudel(„Humanitö") teilte mit, daßvom 1. Februar an eine Sonderausgabe des Zentralorgams für dasDepartement Nord erscheinen wird, und empfahl das gleiche fürsolche Gebiete, die die Einführung eines eigenen Tageblattes vor-bereiten wollten. Auf Antrag des Parteisekretärs Dubreuilhwurde schliehlich beschlossen: Schaffung eines Pressebureausfür die Wochenblätter, das allwöchentlich einen Leitartikel,parlamentarische, sozialpolitische usw. Wochenübersicht, gelegentlichauch theoretische und Propagandaartikel liefert und abwedelnd vonden ständige» Agitatoren der Partei geleitet wird. Die Kosten trägtdie Gesamtpartei. Die Fvage eines JnformationsbureauS für dieTageblätter wird deren Redaktionen zur Berichterstattung andie Parteileitung und die nächste Pressekonferenz überwiesen. Andie Parteileitung wurde die Organisation des Jnse-Ratengeschäfts überwiesen und ihr Bollmacht zum Abschlußfür die Wochenblätter erteilt. Ueber diese Fragen soll eine neue,vor dem Osterkongretz der Partei tagende Konferenz, der auch überdie Tätigkeit der sofort zu beginnenden Korrespondenz Bericht zuerstatten ist, beschließen.polüicilicbes, Oericdtlkbes ufro,BrcSlauer Justiz.Am Dienstag erhielt unser Breslauer Parteiblatt als erste»Strafe" im neuen Jahre zwei Monate Gefängnis zu»diktiert. In einer Betrachtimg über den Wahlsieg in Frank»fürt a. O. hatte die„Breslauer Bolkswacht" geschrieben:'„Tie furckübaren Urteile in Breslau, die unseren in vordersterReihe stehenden Genossen auf Jahre die Freiheit entziehenwollen, sprechen eine vernehmliche Sprache und zeigen, wiesich die herrschende Macht gegen jeden Angriff zur Wehrsetzt. Sollten die harten Urteile gegen Genossen nichtHunderten, Tousendeu von Breslouer Bürgern die Nöte derEmpörung ins Gesicht treiben und ihnen den Schwur abnötigen:Nun erst recht I Ihr köimt den einzelnen fällen, fesseln, niederzwingen, uns aber, die Tausende, die Millionen, uns fesselt ihrnickt! Vorwärts darum zu neuer Arbeit, zu neuen Siegenl"Der Breslauer Staatsanwalt, der jederzeit die„Bolkswacht"pflichtschuldigst„in amtlicher Eigenschaft' liest, übergab daS Blattsogleich dem LandeSgerichlspräsidentcn. Der Erfolg war: Sä int-liche BrcSlauer Richter, die jemals gegen Sozial»de molraten zu Gericht gesessen halten, solltenbeleidigt sein! Die Prozeßsührung wurde einer Kaminer vonRichtern zugewiesen, die noch nicht an Prozessen gegen unsere Ge-Nossen beteiligt waren.In der Verhandlung wurde festgestellt, daß eine ganze Reihevon ParteibläNern den unter Anklage stehenven Abschnitt nachgedruckt hatte, ohne daß irgendwo außerhalb Breslau? eine Anklageerhoben war. Das Gericht blieb aber bei der Meinung, den Richter»sei der Borwurf gemocht worden, sie hätten sich mit ihren Urteilenvon der Absicht leiten lassen, Sozialdemokraten unschädlich zumachenund seien dabei einem Druck von oben gefolgt. Der Staatsanwaltbeantragte 3 Monate Gefängnis; das Gericht verurteilte unserenEenosten Wolfs zu zwei Monaten Gefängnis,Was alles grrichtStekannt ist!vom Schöffengericht in Gera wurde Genosse Drechsler,der verantwortliche der„Reußischen Tribüne", zu 100 M. Geldstrafe verurteilt. Er soll den Schulvorstandsvorsitzenden PfarrerKöhler beleidigt haben. Als strafverschärfend nahm das Gerichtan: Die Beleidigung entspringe der gerichtsbekanntenTendenz, der bestehenden staatlichen Ordnungeins auszuwischen._Jugendbewegung.Arieiter-Juzrnd.AiU dem Inhalt der soeben erschienenen Nr. 2 heben wir herbor: Königlich Preußischer Jugendtrutz.— Menschenkunde in alterZeit. Bon Honnah Lewin.— In Dalome. Reiseskizzen ansSchweden. Bon Gg. Engelbert Gras(Fortsetzung).— Chr. F. D.Schubart(Mit Illustrationen).— Bon Hoernle(Schluß)..— AuSder Jugendbewegung.— Jugendbewegung des Auslandes. vomKriegsschauplatz.— DeZ Lehrlings LeidenSchronik.— Die Gegneran der Arbeit.Beilage: Mutter Schanettchen und SchlnmpS(Schluß).--- Einerote Konfirmation.— Der winterliche Wald in seiner Pracht.(MitIllustrationen.)— Winternot in der heimischen Bogelwelt. VonJürgen Brand.— Gedichte von Chr. F. D. Schubart.-- Lücherfür die Jugend.— Adel. Erzählung von Otto König.krleblliike eines eweimsl verhaftete»llnichuiltige» Meiler;.Wie außerordentlich rückständig die preußische Strafrechts-pflege ist, mußte zu seinem Schaden ein Völlig schuldloser BerlinerArbeiter erfahren. Würde ein Nomanschriftsteller die Erlebnissedes Glasers Kamin sty mit den preußischen Justizbehördenwahrheitsgetreu verwerte», so würde ihm sicher oer Borwurs gemachtwerden, daß er seiner Phantasie die Zügel habe schießen lassen,denn die geschilderten Borgänge kämen in der Praris nicht vor.Und dennoch ist alles, was in den nachfolgenden Zeilen geschildertist, aktenmäßig wahr.Am 15. Mai 1008 wurde auf Grund einer telegraphischenAnordnung der Staatsanwaltschaft in A l l e n st e i n der GlaserKaminSky in Berlin verhastet. Weil kein schriftlicher Haft-beseht von Allenstein eingegangen war, wurde er am Nachmittag deSfolgenden Tages vom Untersuchungsrichter wieder entlassen. K.,welcher sich keinerlei Uebertretung irgend eines Gesetzes bewußtwar, glaubte, daß es sich um eine Personenverwechselung gebändelthabe, und daß die Sache mit seiner Freilassung für ihn erledigt sei.Wie erstaunte er aber, als er nach vier Tagen, und zwar i n d e rArbeitsbluse und mit der Arbeitsschürze, aber-mals verhaftet und nun beschuldigt wurde, in Gemeinschaftmit einem Tischler Krause in P a s s e n h e i m bei A l l e n st e i nzwei Fahrräder gestohlen zu haben und zu demZweck eben Schuppen, in welchem die Räder auf-bewahrt wurden, mittels Nachschlüssels geöffnetzuhaben. Als Beweis wurde das„Zeugnis" des AngeklagtenKrause angeführt. Der Gedanke, daß der Angeschuldigte amTage des Diebstahls gar nicht in P a s s e n h e i m gewesen seinkönne, war der ostpreußischen Staatsanwaltschaft offenbar gar nichtgekommen; denn sie hat nach der Richtung hin aar keine Unter-fuchung vorgenommen, sondern hat aus Gruno des„Zeug-Visses" des Mitbeschuldigten die Aerhaftung einfach verfügt.Aber auch als der Verhaftete Kaminsky einen AlibibeweiZmibot, dahingehend, daß er am 23. April seine Nummerkarte beimparitätischen Sr�eitössKveis ßlalee in Kcrljphabeabstempelnkassen, und daß er am 24. A p r i l e i n e NTermin beim G e w e r b e g e r i ch t wahrgenommenhabe, und daß außerdem seineEhefraubezeugenwerde,daß er um die fragliche Zeit in Berlin gewesen sei,wurde er nicht entlassen, sondern wurde gegen Pfingsten nachOrtelsburg in Ostpreußen transportiert. Auf dieser Reisemußte er beim Ucbernachten in den ungezieferreichen Gefängnissen,so in Thor n, auf den Brettervritschen schlafen und kam auf dieseWeise fünf Tage und fünf Nächte nicht aus den Kleidern. Als erin Ortelsburg ankommt, wird ihm mitgeteilt, daß er kein Ge-fangener mehr sei und nach Hause gehen könne.Die Entlassung war schon zwei Tage vorher„verfügt" worden, hatteaber den Verhafteten, der sich aus dem Transport befand, nicht er-reicht, weil es die betreffenden Amtsstellen wegen einer solchenLappalie, wie die Freilassung eines Untersuchungs-gefangenen, nicht für notwendig erachteten, denTelegraphen in Anspruch zu nehmen.Anders war eS bei der zweimaligen unberechtigten Verhaftung.„Sie können nach Hause gehe n." Diese Worte bedeutenfür St geradezu eine Verhöhnung seiner elenden Lage, denn Berlin,wo er zu Hause ist, liegt von Ortelsburg 000 Kilometerentfernt, und Geld hatte derselbe, außer ganzen20 Pfennigen, die er als Untersuchungsgefangener im Ge-fängnis verdient hatte, nicht.K. ging kurz entschlossen den Bürgermeister um Hilfe an.Nach 1 kündigen Wartens und Feilschens gelang es ihm. von demStadtoberhaupt eine Mark locker zu machen. Da die Fahrt nachAllenstein nur 90 Pf. kostet, so behielt er noch 10 P f. übrigzur Stillung des Hungers. In Allenstein suchte er den ErstenStaatsanwalt auf. Diesen traf er erst nach Tisch an, wäh-rend er bis dahin in den schmutzigen Arbeitskleidern, in Arbeits-schürze, aber ohne Rock, am zweiten Pfingsttag sich aus der Straßeaufzuhalten gezwungen war. Mit Mühe und Not erhielt K. vomStaatsanwalt 15 Mark angewiesen, die ihm vom Gerichtssekretär.den er nach langem Suchen endlich gefunden hatte, ausbezahlt wur-den. Um 5 Uhr nachmit-tags konnte er sich endlich etwas zuessen kaufen und um 7 Uhr nach Berlin abfahren, dort konnte erdann am anderen Nachmittag seine Angehörigen wieder begrüßen.Jetzt stellte KaminSty Anträge: den Tischler Krausewegen wissentlich falscher Anschuldigung zu verfolgen, die Plattenvon seiner, KaminskyS, photographischen Aufnahme im Gesang-nis zu vernichten, das gegen ihn wegen Diebstahls emgeleitereStrafverfahren einzustellen und ihm wegen unschuldigerlittener Untersuchungshaft die gesetzliche Ent-schädigung zu gewähre». Darauf erhält er den Bescheid,daß Krause zur Beobachtung seines Geisteszustandes sich in' derStrafanstalt zu Graudenz befindet und daß erst dann v e r-handelt werden soll, wenn derselbe für verhandlungsfähig er-klärt worden sei. Und das, wiewohl Krause— wie er späterauch zugestanden hat— auf dessen Angaben hin Kaminsky ver-haftet worden war, in seiner Geistesgestörtheit falsche Angabengemacht und außerdem durch das Alibi Kaminskys Unschuld un-zweideutig erwiesen war. Er konnte die Tat nicht begangenhaben, weil er zur Zeit der Tat 000 Kilometer vom Tatort ent-fernt gewesen war. Trotz bereits erwiesener Unschuld nahm dasVerfahren gegen K. seinen weiteren Gang. Zum 10. September1908 wurde vor dem Amtsgericht zu Ortelsburg Termin an-gesetzt. Da K. nicht wußte, wie er die etwa 50 M. betragendenReisekosten aufbringen sollte, aber wußte, daß er freigesprochenund dann entschädigt werden mußte, so bat er beim Gericht umeinen Vorschuß. Sein Antrag wurde abgelehnt, dafürwurde ihm aber eingeschärft, daß seine Anwesenheit im Ter-min unbedingt erforderlich sei. Er ließ sich, um Fahr-geld zu haben, drei Tage Lohn, die er zu fordern hatte, von seinemMeister auszahlen und fuhr nach Ortelsburg. Dort wurdeer— die ganze Verhandlung hatte nicht länger wie 10 Minutengedauert, da die Sache ja klar lag— selbstverständlich freigesprochen. Aber ohne bittere Enttäuschung sollte es auch diesesmal nicht abgehen. Auf der Gerichtskasse erhielt St. keinen Pfennig.Für den Fall, daß ein Angeklagter freigesprochen wird,„existiert k e i n F o n d S", wurde ihm bekundet. Kaminsky ginghierauf zum Bürgermeister, bei welchem er nach seiner Frei-lassung schon einmal 1 M. herauszuschlagen vermocht hatte. Aberdiesesmal erhielt er schließlich überhaupt nichts, weil er mit denihm angebotenen 12 M. sich nicht zufrieden geben wollte. Staats-anwaltschaftSrat Raschmann, den K. in seiner verzwei-selten Lage nunmehr im Hotel aufsuchte, streckte ihm schließlich30 M. aus seiner Tasche vor.Jetzt begann für Kaminsky der Kamps um die Entschädigung;er verlangte für die Zeit, die er in Untersuchung gesessen. 100 M.80 Pf. entgangenen Arbeitsverdienst, desgleichen Eisenbahnfahrt36,80 M.. 8.35 M. Zehrgelder und 21.45 M. für entgangenen Ar-beitsverdienst während seiner zweiten Reise zur GerichtSverhand-lung. Das Amtsgericht speiste ihn aber mit 44,90 M. ab. Nachlangen Beschwerden erreichte er es, daß er vom Justizministerumin Berlin noch 83,10 M. erhielt. Mit der Forderung von 21,45 M.wurde er auch hier abgewiesen.T02iales.Ungültige Kellnerinnenverordnung.Für die Stadt Rummelsburg in Pommern ist eine Polizei»Verordnung erlassen worden, welche im Z 2 bestimmt:„Minder-jährige Personen dürfen als Kellnerinnen nicht dienen, wenn sienicht die Bescheinigung ihres gesetzlichen Vertreters oder Vor-mundcs besitzen." Wegen Uebertretung der Bestimmung wareine Schankwirtin angeklagt worden. Sie wurde aber von derStrafkammer in Stolp freigesprochen, weil die beschäftigte Minder-jährige hauptsächlich Stütze für den Haushalt gewesen sei, wennsie auch nebenbei Gäste bedient und dann Trinkgelder erhaltenhabe.Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein. Sic machte geltend.das Mädchen hätte doch als Kellnerin angesehen werden müssen.Das Kammergrricht hob das Urteil der Strafkammer ausund verwies die Sache an die Strafkammer zurück. Der Straf-senat folgte hierbei aber nicht dem Grunde der Staatsanwalt-schaft. Er erklärte vielmehr den zitierten 8 2 der Polizeiverordnungfür ungültig. Begründend wurde ausgeführt: Tie� Borschristwiderspreche der Gewerbeordnung. Diqe lege zunächst im§ 41fest, daß die Befugnis zum selbständigen Betriebe eines stehendenGewerbes in sich begreife das Recht, in beliebiger Zahl Gesellen.Gehilfen, Arbeiter jeder Art und, soweit die Vorschriften desgegenwärtigen Gesetzes nicht entgegenstehen, Lehrlinge an»zunehmen. Derselbe Paragraph sage dann, daß in der Wahl desArbeitspersonals und Hilssperfonals keine anderen Beschränkungenstattfinden, als die durch das gegenwärtige Gesetz festgestellten.Die Frage, wann Minderjährige zum Gewerbe genommen werdendürfen, ist dann anderweitig festgelegt. Nun könne eine Polizei-Verordnung die Gewerbeordnung nicht irgendwie modifizierenoder einschränken. Daraus folge die Ungültigkeit deS§ 2 derPolizeiverordnung. Gegen deren Gültigkeit sprächen unteranderem auch die Bestimmungen über das Arbeitsbuch. Fernerbeweise das Kinderschutzgesetz, daß der Schutz Minderjährigergegen GesundheitS- und sittliche Gefahren durch Reichsgesetzhabe geregelt werden sollen. Wegen Uugülttgkeit könne also§ 2der Polizeiverordnung hier überhaupt nicht angewendet werden.Gleichwohl könne es nicht ohne weiteres bei der Freisprechungdurch das Landgericht verbleiben._Im vorliegenden Falle sei nämlich mit der Möglichkeit zurechnen, daß die Bestimmungen der Gewerbeordnung über dasArbeitsbuch verletzt seien, ohne das Minderjährige eine gewerb-liche Arbeit nicht beginnen dürften. Das Urteil des Landgerichtslasse nicht genau erkennen, ob nicht die Kellnerinnentätigkeit über-wog. In dem Falle wäre das Mädchen als gewerbliche Arbeiterinzu behandeln und es hätten die Bestimmungen über das Arbeits-buch beachtet werden müssen, weil das Mädchen pzinderjährig war.In der Richtung fei die SgAe vaHzuprüfey.Etos Industrie und ftandetDer Goldstrom.Der Wechselstrom der Goldzufuhr und des Abflusses fplelkfür die Volkswirtschaft eine wesentliche Rolle. Im vergangenenJahre ist die Ausfuhr stark gestiegen. Der gesamte Zufluß anGold im Jahre 1910 stellt sich auf 110 025 Kilogramm im Wertevon 315 389000 M. gegen nur 90 423 Kilogramm im Werte von203 300 000 M. im Jahre 1909. Dagegen belief sich der Gold-abfluß im Jahre 1910 auf nur 52 590 Kilogramm im Werte von133 843 000 M. gegen 92 336 Kilogramm im Werte von 234 409 000Mark im Jahre 1909. In der deutschen Goldbewegung des Bc-richtsjahres spielen eine hervorragende Rolle: Großbritannien mit209 530 000 M. Zufuhr(davon 178 373 000 M. Feingold) und14 410 000 M.(fast ausschließlich fremdes Münzgold) an Anspruchan den deutschen Goldmarkt._GchlsfahrtSkrleg. In dem Augenblicke, wo da? transatlantischeSchiffahrlSgescväst wieder ansängt lebhafter zu werden, stellen sichallerlei Schwierigkeiten ein. Neben dem Vorgehen der Regierungder Vereinigten Staaten gegen die deutschen Schiffabttsgfssellichaslenist jetzt noch die Kanadabahn in einen Kampf gegen die Schiffahrts-linieu eingetreten, die bisher den Verkehr ztoiscken Europa undNordainerila allein besorgten. Sie betreibt schon seit längerer Zeitneben der Eisenbahn durch Kauada auch Schiffahrtslinien, allerdingsnach dem pacifiichen Ozean. Jetzt hat sie auch einige kleine englischeReedereien angekauft und will ihren Verkehr ausdehnen. Bisherbeförderte sie allerdings auch aus eigenen Schiffen die Passagiere,die nach dem kanadischen Hafen Halifax wollten, um sichdann in Kanada anzusiedeln. Jüngst nun hat sich die Kanada-bahn auch nach den Vereinigten Staaten ausgedehnt und sicheinen Endpunkt in Boston geschaffen, der dem europäischen Aus-wanderergesldäft näher ist als Halifax. Nun will sie anch Linienzwischen Boston und Europa, vornehmlich England, betreiben. Dieenglischen SchissabrtSgesellschafien, an deren Spitze die Cunard-Liniesteht, wollen sich dies nicht gefallen lassen und hinter ihnen siebenauch die großen kontinentalen Schiffahrtslinien, die mit ihnen dennordatlanttichen Passagepool g-schlossen haben, der Ilnterbietungenverhindern soll. Man' darf aus den Ausgang des Kampfes, der zu-erst zu einem Ratenlriege zu werden droht, gespannt sein, da sich ansbeiden Seilen sehr kräftige Gegner finden. Die Börse setzte amSonnabend die Aktien der deutschen Schiffahrtsgesellschaften in Er-Wartung dieses Kampfes etwas im Kurse herunter.Die Marktlage am Stahlmarkt kennzeichnet der letzteSituationsbericht des Stahlwerksvcrbandes also: In Halbzeugsind die für das laufende Quartal benötigten Mengen im großenund ganzen abgeschlossen, und die Spezifikationen laufen in befriedigendem Umfange ein. Der Perkauf für das zweite Quartalwurde heute zu dem bisherigen'Preise freigegeben. Das Aus-landSgeschäst zeigt seit Jahresbeginn etwas mebr Belebung, bc-sonders in Großbritannien. Im Jnlandsgcschäft von schweremOberbaumaterial sind seit den letzten Berichten Acndcrungen nichteingetreten. Der Auslandsmarkt in Vignolschienen lag nach wievor gut und brachte weitere größere Abschlüsse herein. DaS Rillen-schienengeschäft verlies entsprechend der Jahreszeit ruhiger, dochist auf Grund der bis jetzt vorliegenden Anfragen mit einemgrößeren Auftragseingang gegen Frühjahr hin zu rechnen. DieVcrkaufstätigkeit nach dem Auslände führte in letzter Zeit zunennenswerten Geschäften, die allerdings von dem ausländischenWettbewerb zum Teil stark umstritten wurden. In Grubenschicncnhaben sich nun auch die oberschlesischcn Gruben für ihren Jahres-bedarf eingedeckt. Das Auslandsgeschäft, das gegenwärtig etwa?stiller ist, wird wie seither von der fremden Konkurrenz in derPreisbildung beeinflußt.In Formeisen geht die Verkaufstätigkeit infolge der für da?Träge rgeschäst ungünstigen Jahreszeit langsamer vor sich, und dieKundschaft beobachtet für neue größere Abschlüsse noch Zurückhai-tung, obwohl das Baugeschäft für diese? Jahr im allgemeinen alsaussichtsvoll bezeichnet wird.— Im Auslande liegt da« Formeisengeschäft in der jetzigen Jahreszeit ebenfalls zum Teil stiller,doch bestehen in einer ganzen Reihe von Ländern gute Aussichtenfür die Bautätigkeit, namentlich in Großbritannien, wo nach Bc-endigung der Streiks das Geschäft einen guten Aufschwung ge-nommen hat. Die dortigen Schiffswerften find wieder in vollemBetrieb und sehr gut beschäftigt. Der Auslandsabsatz in Form-eisen in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres war 04 000Tonnen höher als in der gleichen Vorjahrzeit.Die Gemeinde als Kohlenlieferantin. Die Sozialisten inHuddersfield, einer nordenglischen Stadt von etwa 100 000Einwohnern, haben die Kohlenversorgung der Einwohner durch dieGemeinde beantragt. Sie erklären, daß sie als Straßenbahn-Unternehmerin dazu am geeignetsten sei. Durch den Massenbezugwürden die Transportkosten bis ins HauS um die Hälfte verringert,insgesamt der Preis um 25 Pf. für den Zentner ermäßigt werdenkönnen. Kohlenlieferung mittels der Straßenbahn ist in H. schonlange in Gebrauch.Ueber den Weltverbrauch»in Salpeter bringt die„ChemischeIndustrie" in Nr. 2 folgende statistische Zusammenstellung, die sieihrerseits dem Bericht der Firma Henry Buth et Gs« ent-nimmt.In 1000 Tonnen1910 1909 1908 1907 1904 1901Europa... 1055 1458 1377 1245 1113 1102Ver. Staaten. 503 309 308 853 274 192Andere Gebiete 92 05 48 30 35 18Zusammen.. 2250 1922 1733 1033 1422 1372Demnach wäre der Verbrauch von Salpeter im Zeitraum 1901bi» 191» in den Ver. Staaten um 157 Proz. gewachsen, währenddie gleichzeitige Steigerung in Europa nur 42 Proz. beträgt. Fastder gesamte europäische Konsum wird von Chile gedeckt, da diedirekte Einfuhr von Chile nach Europa im Jahre 1910 1011Tausend Tonnen, im Jahre 1909— 1404 Tausend Tonne« aus-machte. Davon entfallen auf Deutschland 709(099) TausendTonnen. Die Preisbewegung zeigt die fallende Tendenz. Soist der Preis für die Tonne Salpeter gegenüber dem Jahre 1907, inwelchem die Salpeterpreise seit dem Beginn des Jahrhunderts amhöchsten gestanden hatten, von 1t Pfd. Sterl. 0 Pence auf S Pfd.Sterl 11 Swill. 2 Pence im Jahre 1909 und 9 Pfd. Sterl. 4 Schill.1 Pence im Jahre 1910 gesunken.Gerichts-Leitung,Gefangenenbefreiung oder Amtsmißbrauch?Ein Rencontre mit dem Polizeiserveanten Beyer führte de«Möbelhändlcr KukieS auf die Anklagebant des SchöffengerichtsKöpenick. Er sollte sich der Körperverletzung schuldig gemachtund außerdem versucht hoben, einen Gefangenen zu befreien. ImTermin standen sich zwei Parteien gegenüber. ,dte einandervöllig widersprechende Angaben machten. Nach der Aussage desPolizisten Beyer sollte Kukies den Beamten angefallen haben.als letzterer den Sohn des Angeklagten nach der Wache trans-Portieren wollte. Dabei hätte er— Beyer— nur. um sich zuverteidigen, seinen Säbel gezogen und auch, da K. trotzAufforderung nicht gegangen, vielmehr immer von neuem aufihn eingedrungen sei. diesem ein paar Hiebe versetzt. Demgegen-über bekundeten zwei unparteiische Zeugen— die Ehefrau, diedem Vorgang ebenfalls von Ansang an beigewohnt hatte, wurdevom Gericht nicht vernommen— folgenden Sachverhalt: Beyerwurde von dem Beschuldigten in durchaus ruhiger Weise ersucht,seinen Sohn freizulassen, worauf der Polizeisergcant. der nachÄulies Angabe mit ihm verfeindet ist, ohne weiteres sich auf denHändler stürzte und ihn zu Boden warf. Damit nicht genug,m et noch feifle Joffe ynd schlug auf de« Wehrlosen ein. Ja