gut! Imte.) Wir wollen ein wirllicheZ Volksheer haben und ineinem solchen darf es keine Mißhandlungen gebe». sLebhafter Beifalllinks.)Preußischer KriegSmimster v. Hceringen polemisiert zunächstgegen den Abg. Kopsch und verteidigt dann den Ministererlaß, derden Offizieren verbietet, sich mit Parlamentariern in Verbindung zusetzen. Wir wollen doch keine parteipolitischen Offiziere in' derArmee haben.(Abg. Ledebour ruft: Die gibt eS doch in schwererMenge!) Ich habe doch anf das allernachdrücklichste erklärt, daß ichvöllig anf dem Standpunkt der Gleichberechtigungstehe. Ich habe ebenfalls erklärt und wiederhole eS. daß ich es aufdas entschieden st e mißbillige, wenn die Zurllckverweisiingjüdischer Aspiranten aus bewußtem oder unbewußtem Antisemitismus erfolgt. Ich leugne auch nicht, daß ein bewußteroder unbewußter Antisemitismus im Heere vorhanden ist.lHört! hört l links.) Ich bedauere das, aber ich kann doch nichts da-für. Es ist klar, daß Richtungen, die im Volke vorhanden sind, auch a u fdieArmee abfärben müssen. sSehr richtig! beidenSoz.— Heiter»teit.) An der Freiheit der Offizierkorps, sich selbst zu er-ganzen, darf nicht gerüttelt werden im Interesse der Homogenitätder Offizierkorps. Wenn die Grundsätze der Gleichberechtigunggreifbar verletzt werden, wird Remedur geschaffen. Die Aeußerungdes Abgeordneten S ch ö p f l i n über die Mobilmachung gegen Un-Iekannt beweist nur, daß er von diesen Dingen nichts ver-st cht. sUnnihe bei den Sozialdemokraten.) Es ist einfach unserePflicht, uns gegen Aufruhr vorzubereiten. sSehr richtig I recht«.)Daß die Stelle mit der Immunität der Abgeordnetenin dem Erlaß des Generals v. Bissing stand, bedauereich; aber beachte» muß man doch auch, daß unterden Juristen Zweifel darüber bestehen, ob der§ 31 der Ver-fosiuug von der Strashaft oder von der Präventivhaft spricht.(Hört! hört I links.)— Den Namen des Manne», dem die Flug-b l ä t t e r übergeben werden sollten, will ich dem Abg. Schöpflingern nennen- eS ist der Erdarbeiter Ludwig Pfeil aus Weiler.— Die Mißhandlungen in der Armee sind ja eine u n a n»genehme Sache, und jeder Offizier ist bestrebt, sie einzuschränken, der Herr Abgeordnete brauchte mich au diese verdammtePflicht und Schuldigkeit nicht zu erinnern. jBravo l rechts.) Tatsächlich sind auch die Mißhandlungen ganz erheblich zurückgegangen.— Für die Borbereitung der jungen Leutedurch die Sozialdemokraten zum Militärdienst dankenwir, sie begleiten die jungen Leute verhetzend bisan die Kasernen und empfangen sie mit derselben Agitation. Zioeibis drei Jahre staatlich saiiktioniertc Freiheitsberaubung wird imUnterhaltungsblatt des„Vorwärts" vom 8. Januar 1310 dieDienstzeit genannt.(Hört I hört I rechts.) Der Landtagsabgeordnete Liebknecht hat ja auch offen auf einem Parteitagzugegeben:„Wir wollen dem Proletariat den Kasernendrill ver-ekeln." Kritik haben wir gern, denn sie fördert uns(Lachen bei denSozialdemokraten), aber sie darf nicht verhetzend sein und das Vertrauen zwischen Offizieren und Mannschaften untergraben. Nackder sozialdemokratischen Kritik muß daS Ausland unsereArmee ja für eine verlotterte Bande halten, und daS kannihren Respekt vor uns nicht stärken und trägt nicht zur Wahrungdes Friedens bei.Sächsischer BundeSratsbevollmächtigter Generalmajor Freiherrv. Salza und Lichtenau: Bei den Mißhandlungen im17. Ulanenregiment ist eingeschritten worden derKönig selbst hat sich Bericht erstatten lassen. Mit den Unterosfizieren, die sich Mißhandlungen hatten zuschulden kommen lassen,ist die Kapitulation nicht erneuert worden.(Bravo lrechts.) DaS ist wohl die härteste Strafe, welche sie treffen konnte.Bayerischer BundeSratsbevollmächtigter Generalleutnant v. Gebsattel: Der Mg. Schöpflin sprach von einem geistlichen VorbereitungSdienst für Soldaten in einem bayerischen Regiment. Eshandelte sich um Vorträge an junge Leute, die noch nicht militär-pflichtig waren, und zwar durch Geistliche; ob eS Jesuiten waren,weiß ich nicht; doch möchte ich eS bezweifeln; so viel ich weiß, sindim Deutschen Reiche solche nur ganz vorübergehend anwesend.(Große Heiterkeit.) Die Militärverwaltung hat mit der ganzenSache weiter nichts zu tun, als daß sie, wie es auch bei anderenVereinen, z. B. Turnvereinen geschieht, für die Teilnehmer an denVorträgen Strohsäcke und wollene Decken hergegeben hat.(Stürm.Heiterkeit.)Abg. v. Oertzcn(Rp.): Ich weise eS zurück, daß wir bei der Er-zählung von Soldatenmißhandlungen gelackt haben, keine Parteiverurteilt sie mehr als wir. Antisemit bin ich nicht, ein an»ständiger Jude ist mir ebenso lieb wie ein anständiger Christ. Aberein Offizier muß eine gute Erziehung und Takt haben, und daranfehlt eS bei Juden oft. Das erklärt sich aus ihrer jahrhunderte-langen Unterdrückung und wird mit der Zeit besser werden.—Sozialdemokraten dürfen auf keinen Fall Offizierewerden, und deshalb muß die Resolution der Volkspartei, die eineZurückfetzung aus politischen Gründen nicht will, abgelehntwerden.(Zustimmung rechts.)Kriegsminister v. Heeringcn bittet ebenfalls um Ablehnung derResolution, die Begründung dafür sei in seinen früheren Redenenthalten.Abg. Raab(Wirisch. Vgg.) warnt bor der Vermischung von Ariernmit Juden, denn schließlich kommen da immer nur funge Indenheraus. Herr Schöpflin warf mir Geschäftssinn vor. Ich lebe nochheute von meiner Arbeit; aber wieviele der Herren von der äußerstenLinken sitzen nicht an der Parteikrippr.(Sehr gut! rechts.)Die Fortschrittspartei hat mir wohl dadurch ihre Mißachtung zumAusdruck bringen wollen, daß sie mir Herrn Kopsch entgegen-schickte.(Lärmender Beifall bei den Antisemiten.)Ein Schlutzantrag wird angenommen.Der antisemitische Zusatzantrag zu der fortschrittlichen Resolutionwird gegen die Antisennten. die Resolution selbst gegen Fortschrittler,Sozialdemokraten und Nationalliberale abgelehnt.DaS Gehalt des Kriegsministers wird bewilligt und dieweitere Beratung des Militäretats auf Dienstag 1 Uhr vertagt.Schluß?>/« Uhr._Eiue KleseMndgebung der Eisenbahuhaudwerkkl uudArbeiter von Serlin und Umgegend.Zirka 6000 Eisenbahnhandwerker und-arbeiter füllten amSonntag den gewaltigen Raum der„Neuen W e l t". Auf derTagesordnung stand oas Thema:„Aussprache über daS Resultatder letzten Lohnaufbesserung." Die LandtagsabgeordnetenStröbel, Kühr und R u n z e waren erschienen. Auf dieAnfrage eines der Vorstandsmitglieder erklärte Ströbel, daß ihmeine Einladung nicht zugegangen sei, daß er aber Kenntnis vondem Stattfinden der Versammlung erhalten und eS für seinePflicht gehalten habe, zu erscheinen, um die Wünsche und Be-fchwerden der Eisenbahner kennen zu lernen.(StürmischerBeifall.)— Schon während des Referats, welches dasMitglied Spann er-Berlin hielt, trat die tiefgrciendeErbitterung, die auch in dieser Kategorie von ArbeiternWurzel gefaßt hat. zutage. Unter stürmischen BeifallSäußerungenging der Referent auf die Lage der Eisenbahnhandwerker und-arbeiter und die erfolgte Lohnzulage ein. Die höchsten Löhne seienzwar aufgebessert, bei den Akkordsätzen jedoch Verschlechterungenvorgenommen worden. Der Höchstlohn von 4 M. trete erst nach15 Jahren Dienstzeit ein. Bei diesem Einkommen sei es nichtmöglich, eine Familie zu ernähren. Redner betonte am Schlüssefeiner Ausführungen, daß man bei den kommenden Wahlen d i e-j e n i g e n Volksvertreter wählen müsse, die jederzeit auch einwarmes Herz für die Staatsarbeiter gezeigt hätten.(StürmischerBeifall.) Die nachfolgenden Redner ergänzten das Referat noch inmancher Hinficht recht wirksam und förderten eine Unmenge vonBeispielen und Tatsachen hervor, die es begreiflich machen, daßselbst diesen Arbeitern endlich der Geduldsfaden reiht. Als einRedner erklärte, wenn bis jetzt die Sozialdemokraten unter derKollcgcnschnft noch keinen Eingang gefunden hätten, so sei diesnicht dem Verdienst der Verwaltung zuzuschreiben, sonder» demPatriotismus der Eisenbahnarbeiter, wurden lebhafte, vielstimmigeZÄschenrufe lgut. wie:„M. na, wgrte ml erst gb Us zur SMU"Ter Redner fuhr dann fort: Die maßgebenden Personen hätten alleMühe, diese patriotische Gesinnung aufrechtzuerhalten; die Ver-waltung möge aber auch dafür sorgen, daß ihre Arbeiter nicht mitWeib und Kind zu hungern brauchten!(Lebhafte Zustimmung.)Ein anderer Redner meinte:„Wir müssen unsere Frauen be-wundern, die mit solchen Löhnen auskommen."Besonders wurde das in einzelne» Werkstätten betriebeneAkkordsy stein kritisiert und dehen Beseitigung verlangt. Diebetreffenden Arbeiter wüßten vorher niemals, was sie verdienthaben und seien auf Schätzung und Mutmaßung angewiesen. Einfester Stundenlohn sei das einzige Mittel hiergegen. Desgleichentraten immer wieder lebhafte Klagen über das Antreibersystem zu-tage. Die Leute würden ausgepreßt bis zum äußersten. EineSteigerung der Arbeitsleistung sei nicht mehr möglich, trotzdemwerde beständig getriezt und angetrieben. Die Versammlung be-stätigte diese Angaben durch tosende Zustimmung.„Wir sehen esals eine Ehre an, fleißig und pflichtgetreu zu sein, aber wir wollennicht fortwährend als Faulenzer hingestellt werden," rief einArbeiter aus.Hierauf nahm Landtagsabgeordneter Pfarrer R u n z e dasWort: Ich habe mit großem Interesse ihre Klagen und Forde-rungen vernommen. Wir Abgeordnete können gar nicht genughören. Ich und meine Fraktionskollegen sind der Ansicht, daß wiruns allenthalben zeigen und auch daß wir reden sollen. MeineHerren, Ihr höchster Chef, der Herr Miinister, hat zum Ausdruckgedacht, daß er es nicht für wünschenswert halte, wenn wir Ab-geordnete in die Versammlungen gehen. Wir sehen es aber alsunsere Pflicht an, hinzugehen. Ich stehe täglich im Menschenlebenund gerade mit den Arbeitern in engster Fühlung. Meiner Fraktionliegt es sehr am Herzen, daß Wie zu zu Ihrem Recht kommen.(Vielseitige Zurufe aus der Versammlung: Na, na! Beweise?Beweise!) Meine Herren, ich scheine bei Ihnen aufZweifel zu stoßen. Als aber ein Fraktionskollege von mir,bei einer Rede für die Staatsarbeiter eine scharfe Kritik anlegte,wurde von konservativer Seite erklärt, daß daS zu scharf gewesenwäre.(Stürmische Heiterkeit.) Ja, meine Herren, es wurde mirhier soeben gesagt, gerade die Konservativen hätten sich Ihrer sehrwarm angenommen.(Brausendes Hohngelächter.) Ich habe michin der betreffenden Debatte über den Eisenbahnetat zweimal zumWorte gemeldet, sogar 3 Tage zuvor, ich konnte aber nicht aufkommengegen„Schwarz-Blau", genau so erging eS dem AbgeordnetenSc inert, der vor mir auf der Liste stand. Aber es kommt janoch die dritte Lesung, dann werde ich Ihre Zweifel beseitigen.(Lebhafte Zurufe:..Aber Wort halten!) Ein Notstand istvorhanden und Abhilfe nötig. Aber ein Streikrecht kann eSnicht geben, die Gefahr wäre zu groß. Meine Herren, denkenSie an PariSI(Stürmische Unterbrechungen: Mehr, mehr Geld,bessere Löhne! Wir haben genug gehungert!) Meine Herren,Gerechtigkeit muß sein; die Härten muffen beseitigt, die Akkordsätzerevidiert...(Allseitige Unterbrechung: Nein, weg, ganz weg, nichtrevidieren!) Na, dann muh die Akoroarbeit eben beseitigt werden.Ich werde Wort halten.(Großer Beifall.)Der nächste Redner klagte bitter über die Verhältnisse im Bahn-unterhaltungsbetrieb, wo die Arbeiter allen Unbilden der Witterungausgesetzt seien und die noch mehr hungern müßten wie ihreKollegen in den anderen Betrieben. Die Nachtarbeit müsse höhervergütet werden.Das Referat, sowie die Diskussionsreden haben übereinstimmendergeben, daß tatsächlich Löhne von 26 bis 28 Pfennig(!) die Stundevorherrschen. Ein Arbeiter, der 3 Jahre dort beschädigt ist, undmit 26 Pf. anfing, kam dann auf 27 Pf. und jetzt durch die erfolgteZulage auf 28 Pf. Große Mißstimmung herrscht auch über dieungleiche Verteilung der Zulage. Besonoers boseS Blut hat derUmstand hervorgerufen, daß die Vorgesetzten(sogenannte Schieber).die schon 6— 7 M. pro Tag hatten, noch 2 Pf. die Stunde zugelegterhielten, dieweil die am schlechtesten Entlohnten leer ausgingen.Inzwischen mehrten sich die Rufe: Ströbel, der sich zwarvorgestellt, aber noch nicht das Wort ergriffen hatte, solle sprechen.Vergebens wie« der Vorsitzende darauf hin, daß noch andere Rednereingezeichnet wären und der Saal um 2 Uhr geräumt werden müsse.Die Versammlung forderte unter großer Erregung, Ströbelsolle reden.„Wenn Ströbel nicht spricht, verlassen wir alle denSaal!" rief es von allen Seiten. Nun erhob sich Ströbel, vonbrausendem Jubel begrüßt und hielt eine kurze Ansprache. Erführte auS: Ich habe mich absichtlich nicht zum Worte gemeldet,weil mir von feiten deS Vorstandes nahegelegt worden war, nicht zusprechen, um die Veranstaltung nicht zu diskreditieren, eine Be-fürchtung, die bei der bekannten Stellungnahme der Regierungimmerhin einen Schein von Berechtigung hat. Dies der Grund,warum ich micht nicht zum Worte gemeldet habe. Zu sagen hätteich sehr viel, doch setze ich voraus, daß Sie die Tätigkeit der sozial-demokratischen Fraktion im Landtage verfolgt haben.(Stürmische,allseitige Zustimmung.) Versicherungen und Versprechungen braucheich Ihnen deshalb nicht zu geben, da wir allzeit mit ganzer Kraftfür Ihre Jnteresieen eingetreten sind und auch weiter ebenso ein-treten werden! Diesen Worten folgte ein Sturm des Beifalls, dersich erst nach und nach wieder legte.Gegen den Verbandssyndikus HeihSner, der an dem Tageaußerhalb Berlins weilte, aber von vornherein gegen die Ver-anstaltung war, machte sich ein starker Mißmut geltend. Rufe, wie:„Wo ist er denn? Wäre er nur hier, wir würden ihm den Kopfschon gehörig waschen!" wurden allenthalben laut.Valentin, vom Telegraphenarbeiterbund, der in VertretungHeihSner« erschienen war, kam niiht mehr zu Worte.Folgende Resolution fand einstimmige Annahme:„Die heute, am 26. Februar, in der„Neuen Welt" versam-melten zirka 6000 Eisenbahnhandwerker und-arbeiter sprechen,angesichts der zunehmenden Verteuerung aller Lebensbedingungen,ihr größtes Bedauern über die Enttäuschung aus, die die mitso großer Hoffnung erwartete Lohnzulage gebracht hat.Die wtrtschaftuch am schlechtgestclltesten Handwerker, Ober-bau- und Betriebsarbeiter, die in dem Alter stehen, in welchemdie höchsten Anforderungen bei Gründung eines eigenen HauS-Halts gestellt werden, die zum Teil mit einer starken Familiebelastet sind, wurden bei der Lohnaufbesserung wenig oder garnicht berücksichtigt. Viele dieser Arbeiter sind vielmehr durchHerabsetzung des Akkordprozentsatzes erheblich geschädigt worden.Die Versammlung spricht zugleich die bestimmte Erwartungaus, daß diese von den Dienststellen vorgenommenen Matznahmenbei der jetzt versprochenen Lohnregelung nunmehr durch ein rechtbaldiges und schnelleres Aufrücken in die höheren Lohnsätze, unterVermeidung aller Ausnahmen und Ungleichheiten, beseitigt wird."Hiid der frauenbewegung.Feindschaft zwischen der Frau und der Reaktion.Von der Lebensmittelteuerung, von der indirekten Steuer wirddie Frau härter getroffen als der Mann. Als Arbeiterin muß siebei schlechterer Entlohnung die gleichen Lasten tragen; als Hans»frau und Mutter soll sie, trotz Verteuerung fast aller zur Hau?-haltsührung erforderlichen Artikel, mit dem gleichen oder nur un-bedeutend erhöhten Einkommen den Tisch wie bisher decken, dieKinder nicht schlechter kleiden, sie soll es an nichts mangeln lassen.Die Quelle der gehäuften Qualen der Frau ist die Politik, dieGesetzgebung. Aber obwohl man dem weiblichen Geschlecht alleStaatsbürgerpflichten aufbürdet, hält man es von der Mitwirkungan der Gesetzgebung und der Verwaltung des Staates fern. DieFrau ist rechtlos als Staatsbürgerin und in der Gemeinde! SolcherZustand muß empören, die Objekte der Ungerechtigkeit zu bewußtenFeinden der Regierungsklique machen.' Die indirekten Steuern, der tägliche Raub an jedem BissenBrot, geben der aufgeklärten Frau reichlich Gelegenheit, ihre nochin Indifferenz lebenden Arbeitsgenossinnen aufzurütteln. Wie demVolke die Lebenshaltung verteuert wird, dafür einige Angaben. Esbetragen die indirekten Steuern für je ein Kilogramm Roggen»brot 5,8 Pf. Weizenbrot 6.4 Pf.. Speck 36 Pf., Schmalz 16 Pf..Butter 80£{., MrgsMe 80 A« Köjs 15 U. Aeis 4 A. Zucker1 14 Pf., Kaffee(rvh) 60 Pf.,(gebrannt) 80 Pf., Tee 100 Pf., Salz12 Pf., 1 Liter Bier 4% Pf., Branntwein 47 Pf., Petroleuul 6 Pf.,1 Zigarre(zu 5 Pf.) 1 Pf.. 10 Zigaretten(zu Pf.) 3 Pf., usw.Alle direkten und indirekten Steuern zusammen ergeben pro Kopfder Bevölkerung das Sümmchen von 34 Mk. Auf eine Durch-schnittsfamilie(4,7 Personen in Deutschland) entfallen daher proJahr an direkten und indirekten Steuern rund 442 M. Natürlichist nicht jede Familie gleichmüßig belastet. Im Verhältnis zu ihreniEinkommen tragen jedoch die Arbeiterfamilien am schwersten, daihnen ein weit größerer Teil des Gesamteinkommens durch dieindirekten Steuern verloren geht, als den Wohlhabenden, denFamilien mit hohem Einkommen. Und wozu dienen in der Haupt-fache die dem Volke abgepreßten Millionen? Zur Speisung desMolochs Militarismus! Für Heer und Marine werden nämlichfür da? Jahr 1311 gefordert: für das Reichsherr 815,7, für dieMarine 458,3, für Penstonen 153,3, für Verzinsung der Schuld280,2, für die Kolonien 61,6, insgesamt 1763,6 Millionen Mark.Dem gegenüber steht eine wirkliche Einnahme von: 1. Zöllen,Steuern und Gebühren 1482,3, 2. Abfindungen 46,2, 3. VerschiedeneVerwaltungseinnahmen 54,2, 4. Ueberschuß der Postverwaltung71,6, 5. Ueberschuß der Reichseisenbahnen 18,8, 6. Ueberschuß derReichsdruckerei 3,7, 7. Ueberschuß der Reichsbank 15,6, insgesamt1632,4 Millionen Mark.Also 1632,4 Millionen Mark Einnahmen, stehen 1769,6 MillionenMark Ausgaben für den Militarismus gegenüber. Trotz der sogen.Finanzreform ein ungeheures Defizit! Obwohl der Schnapsblockdie arbeitenden Massen in unerhörter Weise durch indirekte Steuerngcbrandschatzt hat, bleibt es bei der alten Schuldenwirtschaft. Undwer ist für diese Politik verantwortlich? Natürlich die Regierung!Diese ist aber nur das Instrument der volksfeindlichen Partei-gruppen, als da sind: Konservative, Nationalliberale, Freisinn undvor allem das Zentrum. Di« letztere Partei ist die allergefährlichste.Sie predigt den irregeführten Arbeitern eine Weltauffassung, diesie zwingt, sich ausplündern und unterdrücken zu lassen, weil dasdem Willen eines Gottes entspreche. Das ist das schlimmste, dasgemeinste Verbrechen am Volke, das man systematisch in Dummheiterhält, das man von jeder Aufklärung fernhält. Wie es mit derVolksfeindlichkeit der Ultramontanen, wie es mit deren Erziehungs-erfolgen aussteht, dort wo sie das Heft in Händen haben, davonkann man in Qberschlosien eine Vorstellung gewinnen. Hier,wo menschenunwürdige Wohnungs- und Ernährungsverhältnisseden Mann in die Schenke treiben, spielt der Alkohol schon für dasKind im frühesten Alter eine unheimliche Rolle. Es ist keine Selten-heit, daß Mütter ihren Kindern Alkohol mit heißem Wasser ver-dünnt, als Mvrgengclränk vorsetzen! Wie solche Mütter derSchreiberin dieses sagten, geschah das, weil dieser Trank billigersei als Milch oder Kaffee! Soweit hat das ultramontane Ver»dummungSsystem es gebracht.Hoffentlich wird der Frauentag am 19. März d. I. so kräftigaufrüttelnd wirken, daß nicht nur die Lauen in den weniger rück-ständigen Gegenden aufgemuntert werden, daß der Wellenschlagseiner Agitation und Aufklärung vielmehr auch bis in die dunkelstenEcken der schwarzen Domänen dringt.Haben wir überall die Frau gewonnen, dann ist eS trotz derRechtlosigkeit des weiblichen Geschlechts mit der geistigen undmateriellen Unterdrückung des Volkes vorbei. Darum: Auf zumFrauentag!_Leseabend.Zehlendorf(Wannseebahn). Mittwoch, den 1. März, S Uhr, beiMickley, Potsdamer Straße: Bortrag der Genossin FrauReichert-Berlin über»Die Geschichte der Verfassung".Versammlungen— Veranstaltungen.Britz-Buckow. Dienstag, den 23. Februar, V,g Uhr, im Lokal desHerrn H. Domnick, Chausseestr. 32: Frauen-Versammlung. Vor-trag der Genossin Frau M. Demmning über»Der Wahlkampfund die Frauen"._Geriebtö- Zeitung»Borteil der Berusimg.Eine sehr empfindliche Strafe hatte das Schöffengericht am24. Oktober über den Ingenieur Wilhelm Keil verhängt, der wegenBetruges zur Verantwortung gezogen worden war. Im August1308 gründete er mit dem Ingenieur Schürhoff unter der FirmaSchürhoff u. Keil ein Geschäft zwecks Ausnutzung von Patenten.Keil, der angeblich ein Vermögen von 30 000 M. besaß, sollte dasGeld, Schürhoff aber die zu verwertenden Patente einbringen. Eskam aber sehr bald zu Differenzen zwischen beiden und im Juni1309 schickte Herr Schürhoff dem Angeklagten ein�n Brief mit derMitteilung, daß er nüt ihm nichts mehr zu tun haben wolle unddie Firma für aufgelöst erachte. Keil antwortet«, daß er damit ein-verstanden sei und ließ auch Zirkulare drucken, Ivelche die Kund-kchaft von der Auflösung der Firma in Kenntnis setzen sollten. Ehedies geschah, trat er an seinen bisherigen Sozius heran und suchteihn zu bewegen, die Firma doch neu erstehen zu lassen, ivobei er dieÄerslckerung abgab, daß er ein Wertpapier über 15 000 M. aufeiner Bank deponiert habe. Herr Schürhoff erklärte sich im Prinzipnicht abgeneigt, unter der Voraussetzung, daß der Angeklagte gewisseBedingungen erfüllen könnte. Inzwischen gelang es dem Angeklagten, den Kaufmann Schwidock zum Abschluß eines notariellenVertrages zu bestimmen, dessen Zustandekommen er durch die falscheAngabe erreicht haben soll, daß er vertretungsberechtigter Inhaberder Firma Schürhoff u. Kerl fei. Nach dem Vertrag« wurde demAngeklagten ein unverzinsliches Darlehn von 4000 M. gewährtund Herrn Schwidock als Entschädigung ein kleiner Anteil von den,Bruttoerträgnis aus der Verwerwng der Patente zugesprochen. Alsder Angeklagte seinen übernommenen Verpflichtungen nicht nach-kam, ging Herr Schwidock klagbar gegen ihn vor, er erreichte auchein odsiegenoes Urteil, zu einer Vollstreckung desselben kam eS abernicht, da der Angeklagte den Offenbarungseid geleistet hatte. Aufeine erstattete Strafanzeige wurde sodann das Strafverfahren ein.geleitet, in welchem das Schöffengericht Berlin-Tempelhof den An-geklagten zu einem Jahr Gefängnis und 2 Jahren Ehrverlust ver-urteilt«. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Berufung ein, diegestern vor der 2. Strafkannner des Landgerichts II verhandeltwurde. Gegen die tatsächlichen Feststellungen des Schöffengerichtskämpfte Rechtsanwalt Dr. Donner mit dem Aufgebot mehrerer Eni.lastungSzeugcn an und beantragte die Freisprechung unter Bcleuch-tung der verschiedenen etwas verzwickten zivilrechtlichen Momente.Der Staatsanwalt beantragte Verwerfung der Berufung.— Da»Gericht hielt die Sache für nicht genügend aufgeklärt, hob da» ersteUrteil auf und sprach den Angeklagten frei.Tiebstähle auf Kirchhöfen.Der vielfach vorbestrafte Robert Vaberskr stand wegen schwerenDiebstahl« vor der Strafkammer des Landgerichts II. Er verfielauf den Gedanken, den Kirchhöfen Besuche abzustatten und dortDiebstähle auszuführen. Am II. Januar lieh er sich auf demLuisenk»rchhof in Rixdorf nach Schluß der Besuchszeit einschließenund beraubte ein Grabgitter um die bronzenen Ketten im Wertevon 200 M. Von diesem Kirchhofe aus gelangte er durch Ueber-klettern einer Mauer auf den daneben gelegenen St. Michael-Kirch-Hof und hier stahl er gleichfalls Ketten im Werte von etwa 200 M.Am 14. Januar lieh er sich wieder auf dem alten Jakobitirchhofeinschließen und lvartete dort die Dunkelheit ab. Hier hatte erschon 6 Ketten und kupferne Sterne im Werte von 1000 M. vonvcn Grabgitterir entfernt und war gerade dabei, über den Zaun zuklettern, um sich mit seiner Beute zu entfernen, als er von einemVorarbeiter gefaßt wurde. Er war geständig. Das Gericht ver-urteilte ihn zu 8 Jahren v Monates Zuchthaus und 5 Jahren Ehr,