wittern Soldaten auf dem Marsche der Befehl zur Auflösungder Formation erteilt werden soll, um die Gefahr von Massen-katastrophcn durch Blitzschläge zu vermindern.Generalmajor v. Salza erklärt, eine solche Verordnung seierlassen, den genauen Inhalt kenne er aber nicht.Abg. Will(Elf.) klagt über Belästigung von Bauerndurch Schießübungen bei Metz; diese sollten mehr im Winter vor-genommen iverdeu.Generalmajor Staads erwidert, daß durch den neuen Truppen-Übungsplatz diesen Beschwerden abgeholfen werde.Beim Kapitel Pferdebeschasf.ung bringtAbg. Böhle sSoz.s Beschwerden von Droschkenkutscherbesitzer-Vereinen über die Konkurrenz durch militärische KrümperfuhrwerkeVor. Vielfach würden solche Krüniperfuhrwerke den Offizieren zuprivaten Zwecken und auch Privatpersonen zur Verfügung gestellt.Ilm eine dem entgegenstehende Verfügung der Militärverwaltungkümmern sich die Offiziere nicht. Aus Straßburg und Darmstadlliegen mir solche Fälle vor. Möge der Minister endlich für mehrDisziplin unter den Offizieren sorgen.(Bravo I beiden Sozialdemokraten.)Generalmajor Wandel: Die Militärverwaltung hält eS für erforderlich. daß ihre Verfügung streng befolgt wird. Wenn trotzdemVerstöße dagegen vorgekommen sein sollten, bitte ich Herrn Bühleum die betr. Daten, damit wir dagegen vorgehen können. DerFall aus Darmstadt, der in der Konnnission vorgebracht wurde,wird untersucht werden.(Abg. Böhle übergibt dem Redner seinMaterial.)Abg. Weder(natl.) schließt sich den Beschwerden des Abg.Böhle an.Hierauf wird die Weiterberatung vertagt auf Donnerstag 1 Uhr.Schluß 7 Uhr._Hus Induftnc und Kandel.Wirtschaftlicher Boykott.Unsere Junker und deren Troß haben schon ein hübschesQuantum Energie aufgewendet, um in gehörig gesteigerter Eni-rüstung ihren Abscheu über den wirtschaftlichen Boykott, den anderebegehen, zu bekunden. Das ist erklärlich, denn die fanatischen Bolls-feinde betrachten es als ein Borrecht ihrer Kaste, in sozialen Sündenschwelgen zu dürfen. In diese ihre Domäne darf kein anderer ein-breche», oder die Privilegierten toben— aus sittlicher Entrüstung!Zweifellos ist der wirtschaftliche Boykott als polilisches Pressions-mittel durchaus verwerflich wie überhaupt jeder Gewissenszwang ausEgoismus. Und diesen üben die herrschenden Sippen. Die öffent-lichsn Abstimmungen bei Wahlen, die Androhung der Entlassung alsStrafe für die Bekundung sozialistischer Anschauungen und frei-gewerkschaftlicher Bestrebungen haben ausgesprochen den Zweck, ab-hängige Personen gegen ihren Willen zu der Duldung vonSchäden und zu der Wahrnehmung der Interessen ihrerGegner und Ausbeuter zu zwingen. Das ist verächtlicherTerror, das ist Boykott aus gemeinen Motiven. Etwas ganzanderes ist der Boykott aus Notwehr, als Mittel den Gewissens-zwang abzuwehren. Aber die Hüter der Cliyuenmoral, der Plünder-ethik verurteilen diese Art Boykott, weil er ihren Terror ausPortemonnaicmotiven stört. Wie ungeniert die Ritter deS Zoll-Wuchertarifs den wirtschaftlichen Boykott als Pressionsinittel Hand-haben, darüber liegt ein neuer krasser Fall vor. Die„Boss. Ztg."berichtet darüber:Der Landwirt Noack in Krummensee(KreiS Niederbarnim)hat einem liberalen Geschäftsmann in Werneuchen(Kreis Ober-barnim) erklärt, er würde von ihm fernerhin keine Waren mehrbeziehen, wenn er nicht aus dem dortigen Verein der Fortschritt«lichen Volkspartei austräte. Leider hat sich der Kaufmann ein-schüchtern lassen. Als diese Angelegenheit am Sonntag in einerVersammlung zu Werneuchen vom Landtagsabgeordneten Dr.Schepp vorgebracht und scharf getadelt wurde, brüstet« der an-wesende Herr Noack sich noch mit dieser Heldentat und erklärte,auch künftig ebenso handeln zu wollen. Von den anwesendenKonservativen, auch nicht von dem Kandidaten Herrn RechtsanwaltBredereck, hatte keiner ein Wort des Tadels für dieses Vorgehenihres Parteigenossen.Unsere Genossen werden nicht unterlassen, die Heuchlergesellschaftbei passenden Gelegenheiten durch den Hinweis auf solche Tatenihrer Helden moralisch zu züchtigen.Eiseupreise im In- und Auslande.Deutschland ist das einzige der größeren Industrieländer, indem die Eisenpreise das VorjahrSniveau bereits wieder überholthaben. In England, Amerika und Belgien bleibt der Roheisenpreisnoch mehr oder weniger hinter dem deS Vorjahres zurück; ja inAmerika konnte er fich sogar nicht einmal mehr über dem voinJahre 1S00 halten. Die Preisbewegung ist in nachstehender Neber-ficht zusammengestellt. Es betrug der Preis für 1 Tonne fürDeutschland in Mark, für Großbrilannien in Schilling und Pence,für Amerika in Dollar und für Belgien in Frank im Februar derJahre:Deutschland Großbritannien Verein. Staaten Belgien1907. 83 34 Schill. lO'/z Pence 26,60 801908. 79 49„ 3„ 18,25—18,50 74,501909. 59-60 40„ 11 16,50-17,00 63,001910. 63—63 51„ 3, 18,60—18,75 70—721911. 66 49„ l'/a.. 15,50-16,00 67-69Diese Entwickelung gibt eine schlechte Begründung für dendeutschen Roheisenzoll._Bankdividendcn. Die Diskontogescllschaft bringt für da? letzteJahr 10 Proz. Dividende zur Verteilung gegen 9>/z Proz. im Vorjahre. Gleichzeitig erhöht fie ihr Kommanditkapital um 30 Millionenauf 200 Millionen Mark.— Die Kommerz- und Diskontobankschüttet wiederum 6 Proz. Dividende aus.— Die NorddeutscheKreditanstalt, die wie im' Borjahre 7 Proz. Dividende verteilt, willihr Kapital um 6 Millionen Marl auf 24 Millionen Mark erhöhen.Trustscgen. Die auf Gründung eines österreichisch-ungarischenPetroleunttrustS gerichteten Bestrebungen waren erfolgreich. DaSbekommen die Konsumenten unangenehm zu spüren. Die in Be-tracht kommenden österreichischen Raffinerien baben erst vor wenigenTagen den Preis pro Wagen um l'/a Kronen gesteigert, am23. Februar folgte eine weitere Preiserhöhung um 1'/« Kronen.Führt dieser Trust zu einer Verständigung mit den Amerikanern,dann können die Konsumenten sich auf noch weitere Preissteigerungengefaßt machen. Und wieder ist es die ärmere Bevölkerung, die durchdie Trustpolitik am schwersten getroffen und ausgebeutet wird.Pctrolcumtransaktionen. Die finanzielle Struktur der großenPetroleumkonzerne ist durch den im vergangenen Jahre aus«gebrochenen und in Ostasien ausgefochtenen Wellkampf zwischen derStandard Oil Co. und der englisch-niederländischen Gruppe in eineneue Bewegung gekommen. Und zwar vollziehe» sich die Verände-rungen bei dem letzteren Konzern, der eine Angliederung der deulsckenPetroleuminteressen in Rumänien vornimmt. Schon vor einiger Zeitist berichtet worden, daß die Regatul- Roman- Gesellschaft, die derInternationalen Bohrgesellschast und dem Schaaffhausenschen Bank-verein nahesteht, in die holländische Gruppe übergehen werde. Undzwar vollzieht sich die Angliederung an die Astra Romana. die frühergleichfalls intimere Beziehungen zu Deutschland und seinen Groß-banken unterhalten hatte. Die Astra erhöht ihr Kapital von 25,4Millionen Lei auf 44 Millionen Lei. Gleichzeitig erhöht der anderegroße niederländische Konzern, die Königlich Niederländische Petra-leumgesellschaft, iyr Kapital um 60 Millionen Frank. Die KöniglichNiederländische besitzt auch einen großen Posten der Shell Transportaiid Trading Co. Die jungen Aktie» sollen zur Ausdehnung derPetroleummacht in Hinterindien, in Serawak dienen, wo die Gesell-schaft schon jetzt den maßgebenden Einfluß durch die Gemsah-Gesell-schalt ausübt.)Zus der Frauenbewegung.Muster-Herrschaften!Das Klagelied über die Dienstbotcnnot datiert nicht erst seitgestern und heute, nein, so lange wie es Herrschende und Dienendegibt, kann man den Hang, über das Gesinde herzuziehen, verfolgen.Hat doch selbst der„frumbe" Gottesstreiter Martin Luther dieDienstboten für eine Plage des tziminels erklärt, die der liebe Gottüber die Herrschaften verhängt habe. Nun ist ja Logik bis ans denheutigen Tag nie die starke Seite der Kirche gewesen, denn mankönnte aus der Feststellung Luthers sehr leicht die Folgerung ziehen,daß die Herrschaften doch arg gegen die heiligen Lehren gefrevelthaben müssen, da Gott nun bereits seit Jahrhunderten die Plageüber sie verhängt und bis heutigen Tages sie noch nicht davon erlösthabe.Wenn Genosse Liebknecht in seiner Broschüre„Wissen istMacht" gelegentlich erklärt, die Arbeiter sind keine Engel undkönnen es ihrer ganzen Erziehung und Klassenlage nach auch garnicht sein, so kann man diesen Ausspruch ganz ruhig ebenfalls aufdas häusliche Arbeitspersonal übertragen, und wenn man den Ge-danken weiter verfolgt, so kommt man eben zu der Erkenntnis, daßdie Angehörigen keiner Klasse oder Schicht Anspruch darauf er-heben können, zu den./Engeln" gerechnet zu werden, sofern mansich unter dieser Bezeichnung vollkommene Menschen denkt.Immerhin sollte man meinen, daß die oberen Schichten, die imBesitze aller Bildungsmittel sind und über genügend Geld und Zeitverfügen, diesem Ideal näher kommen müßten als die Klaffe, derdie Arbeiter und Dienstboten entstammen, die in den meistenFällen ohne regelrechte Pflege, Aufsicht und Erziehung aufwachsenund vom zartesten Alter an schon tüchtig mitschanzen müssen fürstägliche Brot. Wer das glaubt, irrt sich gewaltig. Ein Blick in dieerrschaftlichen Haushalte belehrt ihn eines anderen. Ausnahmenestätigen auch hier die Regel. Herrschasten, die sich auf ihren Bil-duugSgrad wunder was zugute tun, finden es nicht für nötig, ihremPersonal gegenüber die einfachsten Regeln der Menschlichkeit, deSTaktes und des Anstandes einzuhalten. Wir konnten kürzlich einenFall festnageln, wo eine einzelne Dame, die in ihrer großen Woh-ivung 3 Klosetts hat und ihr Mädchen auf den Wäscheboden(!!)hinauf schickt, damit sie daS dort befindliche Klosett benutze. Ebensoergeht es den Mädchen mit den Badeeinrichtungcn. die sie wohlreinigen, aber nicht benutzen dürfen. Ein Dienstmädchen, das beieinem Arzt in Stellung trat, erhielt auf die Frage betreffs desBadens die Antwort:„Unsere Badewanne können Sie nicht bei-nutzen, aber gleich da drüben über der Straße befindet sich eineBadeanstalt, da können Sie rübergehen!" Als das Mädchen aberdann darauf hinwies, daß sie hierzu doch Geld brauche, meinte derärztliche Sausherr höchlichst verivundert:„Ja, wenn Sie sich denLuxus(!!!) des Badens leisten wollen, dann müssen Sic dasschon aus Ihrer Tasche bezahlen." Wenn so ein Arzt spricht, dannbraucht man sich nicht mehr zu wundern über die hygienischen An-sichten von Laie».Ebenso wie in diesen Dingen, oder noch schlimmer, steht eS mitder Frage der Beköstigung. Hier feiern Geiz und Habsucht wahreOrgien. Dieselben Herrschaften, die prunkende Gesellschaften geben,Können oft ihrem Personal nicht einmal das trockene Brot. Diewuser, in denen nicht nur der Speiseschrank, sondern auch dasBrot verschlossen wird, sind keine Seltenheit.Wir können hier gerade mit einem Fall aufwarten, der sichjüngst ereignete. Eine nicht mehr junge, erfahrene und äußerstpflichtgetreue Hausangestellte, die, nebenbei bemerkt, jeder Organi-sation fern steht, also nicht„verhetzt" ist, und die auf lange, ehren-volle Dienstjahre zurückblicken und erstklassige Zeugnisse aufweisenkann, nimmt Stellung bei einer älteren, alleinstehenden Witwe, dieam Kurfürstendamm eine ö-Zimmerwohnung inne hat. Noch vorSchluß des ersten Monats nimmt das Fräulein seine Entlassung..Hatte ihm doch die„Gnädige" wahrhaftig vorgerechnet, was dasim Monat koste, wenn das Fräulein zum Frühstück— entsetzlich—eS ist nicht auszudenken— zweiKnüppel esse. Desgleichen kämeauch eine Flasche Bier— die halbe für abends, den Rest zum zwei-ten Frühstück— viel zu teuer! Und noch vieles andere. DieselbeDame gibt aber in kurzen Zwischenräumen große Gci'ellschasten,die gewiß nicht billig zu stehen kommen. Aber für den Dienstbotensind schon zwei Knüppel zu viel! Nette Herrschaften, wirklich!Aber nicht nur das: diese Gnädige untersagt auch ihren Haus-angestellten, Bilder oder irgendwelche Gegenstände in der Mädchen-kammer aufzuhängen bezw. zu stellen. Und doch haben die Dienst-boten den Wunsch, ihr Zimmerchen zu schmücken, ihm gleichsameine persönliche Note aufzudrücken, um sich heimisch und wohl darinzu fühlen. Den: erwähnten Fräulein, daS über ihrem Bette einBild von ihren verstorbenen Eltern aufgehängt hatte, riß die Damedieses von der Wand und schleuderte es ihr hin:„Das können Siein Ihrem Korb verwahren!" Nicht genug damit, untersucht sieauch noch täglich alle Fächer und Kästen ihres Personals. Dannwundern sich solche Herrschafte» noch, wenn ein anständiger Menschnicht zu ihnen will. Gewiß wird auch diese Dame über die„Dienst-botennot" in den beweglichsten Tönen klagen. Wir aber sagenimmer und immer wieder— und aus den bürgerlichen Kreisenstimmen unS die Vernünftigsten zu— wer seinem Personal satt zuessen gibt und es menschlich behandelt, hat in der Regel keine Ur-fache, über Dienstboten zu klagen. Für gewisse Herrschaften aberwäre es gut, wenn sie sich ihre Arbeit selbst machten, dann brauchtensie weder Geld noch Beköstigung zu geben. Den Dienstboten aberraten wir, sich vollzählig ihrem Verbände anzuschließen, der erfolg-reich für ihre Interessen arbeitet. Burean: SO. Michaelkirchplatz 1.Soziales*Prinz Aqua vor dem KaufmannSgericht.Eine nicht unbedeutende Rolle spielte ein afrikanischer Prinzin der letzten Sitzung der 5. Kammer des Berliner Kaufmanns-gerichts. Ter Kläger war Aquisiteur bei der beklagten Versiche-rungsgesellschaft„Wilhelma" und liegt mit der Gesellschaft wegenmehrerer Provisionsforderungen im Streit. Unter anderem der-langt der Kläger Provision für eine mit dem„Prinzen" Aguaabgeschlossene Lebensversicherung. Dieses südwestafrikanische Blau-blut, dessen voller Name„Aqua Bonambonela Bonaku" ist, wohntin bescheidenen Verhältnissen in der dritten Etage eines MietS-Hauses im hohen Norden Berlins, soll aber dennoch nach der Be-hauptung des klagenden Reisenden die nötige Gewähr für Inne-Haltung der sich aus dem Versick�rungsvcrtrage ergebenden Ver-pflichtungen bieten. Seine Kapitalien sollten auf einer bestimmtenausländischen Bank deponiert sein. Die Versicherungsgesellschaftwar indessen so vorsichtig, über den Afrikaner aus prinzlichem Ge-blüt bei einem renommierten Auskunftsbureau Erkundigungen ein-zuziehen, und diese ergaben ein ganz anderes Bild von derZahlungsfähigkeit des Prinzen Aqua. Die betreffende Bank er-klärte, baß„Hoheit" nicht einen Pfennig D«pot bei ihr habenund infolgedessen auch keine seitens des Prinzen etwa auf dieBank ausgestellte Anweisung honorieren würde.— Gegenüberdiesen Feststellungen erbot sich der Kläger, den prinzlichcn Ver-sicherungSkandidaten persönlich an Gerichtsstelle vorzuführen, damitsich der Gerichtshof„schwarz auf weiß" überzeugen kann, daßPrinz Aqua ebenso feudal wie solide ist. Schließlich kam es aberzwischen den streitenden Parteien zu einer Verständigung überdiesen„schwarzen Posten"._Ein Engagementsvertrag gegen dir outen Sitten.Das Kaufmannsgericht in München erklärte in seiner letztenSitzung eine Vereinbarung als gegen die guten Sitten verstoßendund deshalb nichtig, die au Stelle des an sich zuständigen Kauf-mannsgerichts ein weit schwerer zu erreichendes sehen und damitin Wahrheit den Handlungsgehilfen rechtlos machen will, lieberdie Verhandlung geht uns folgender Bericht zu.Ein bei einem Münchener Schneidermeister angestellt gewesenerBuchhalter klagte jenen vor dem KaufmannSgericht auf Zahlungeines Gehaltsrestes von 18 M. an. Der Beklagte beantragte„wegen örtlicher Unzuständigkeit des Gerichts" Klageabweisung. Ermachte geltend, daß gemäß s 8 des Engagementsvertrages Hinsicht-lich aller Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis die Zuständigkeitdes Münchener Äaufmannsgerichts ausgeschlossen und statt dessendie Zuständigkeit des Kaufmaunsgerichts— Breslau(!) vereinbartsei; er habe diesen Paragraphen in den Vertrag aufgenommen,weil er es für eine Schädigung seines Geschäfts halte, vor demMünchener Kaufmannsgerichts zu prozessieren. Er wisse, daß dasKaufmannsgecicht zu Breslau zu den Kaufmannsgerichten zähle,die den Standpunkt einnehmen, daß 8 63 des Handelsgesetzbuchesdurch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden könne, währenddas Münchener KaufmannSgericht die Ansicht vertrete, dieser Para-graph enthalte zwingendes Recht. Er halte die Anschauung desKaufmannsgerichts Breslau für richtig und habe daher auch den§ 4 in den Vertrag ausgenommen, wonach im Krankheitsfälle derKläger für die Dauer der Erkrankung keinen Anspruch auf Zahlungdes Gehalts habe und durch den§ 3 die Zuständigkeit des MünchenerKaufmannsgerichts ausgeschlossen fei.Das KaufmannSgericht München fällt« unter dem Vorsitze deSk. Gerichtsdirekwrs Dr. Prenuer folgendes Urteil:„Die Zuständigkeit der ordentlichen Gericht« und damit auchdie Vereinbarung eines ordentlichen Gerichts an Stelle eines Kauf-mannsgerichts ist gemäߧ 6 des KaufmannsgerichtsgesetzcS durchdie Zuständigkeit eines Kaufmannsger ichbcs ausgeschlossen. Da-durch ist jedoch nicht vertvehrt, daß die Beteiligten auf dem Wegeder Vereinbarung an Stelle eines Kaufmannsgerichts die Zustän-digkeit eines anderen Kaufmannsgerichts vereinbaren. Diese Ver-einbaruug hat jedoch ihre natürlichen Grenze» in den allgemeinenBestimmungen t>es B. G.-B. über Verträge. Nach§ 138 des B. G.-B.sind Rechtsgeschäfte, die gegen die gute» Sitten verstoßen, nichtig.Im gegenwärtigen Falle bedeutet nach den bestehenden Wirtschaft-lichen Verhältnissen die Vereinbarung des KaufmannsgerichtesBreslau nahezu de» Ausschluß des Rechtsweges für den minder-bemittelten Handlungsgehilfen. Zum mindesten ist darin einewesentliche Erschwerung seiner NechtSverfolgung zu erblicken. ESspricht manches dafür, daß diesen Zustand vom Beklagten gewolltwar, vor allem die Tatsache, daß Beklagter unter den verschiedenenKaufmannSgerichten, welche den g 63 des B. G.-B. für nicht zwingend erklären, gerade das von München entferntest gelegene Kauf-mannSgericht gewählt hat und der Beklagte selbst in Breslauweder eine Niederlassung noch sonst geschäftliche Beziehungen hat.Die Annähme, daß dies« Vereinbarung dem Ausschluß des Rechts-Weges nahezu gleichkommt ist gerechtfertigt im Hinblick auf dieFrage der Stellvertretung im Prozeß. Rechtsanwälte und Personen,die daS Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, sind vonder Vertretung vor den Kaufmannsgerichten ausgeschlossen. Es istdaher dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich einen berufs-mäßigen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Eine Vereinbarung.die einen vom Gesetzgeber nicht gewollten Erfolg zeitigt, kann keinenAnspruch darauf erheben, dem Gefühl all« billig und rechtlichDenkenden zu entsprechen, sie ist als ein Verstoß gegen die gute»Sitten und daher für nichtig zu erklären."„Der Beklagte war zurZahlung des Gehaltsrestes von 18 M. zu verurteilen",Sericbts- Leitung.Polizeiliche Verfolgung der Arbeiterjugend'.| Am 4. Dezember protestierte ein« große Versammlung in der„Neuen Welt" gegen die polizeiliche Auflösung der Freien Jugend-«rganisation Nixdorf-Britz. Selbstverständlich waren in dieserVersammlung auch die zunächst Interessierten, nämlich jugendlicheArbeiter, erschienen. Mit Rücksicht darauf sollte die Versammlungnatürlich keinen politischen Charakter haben und hat ihn auch nichtgehabt. Da die Polizei alles zu wissen glaubt, so nahm auch dermit der Ueberwachung betraute Polizeileutnant schon vor d«:»Beginn der Versammlung an, daß sie einen politischen Charakterannehmen werde. Der Polizeileutnant legte deshalb dem Vor-sitzenden der Versammlung nahe, die jugendlichen Personen zumVerlassen des Saales aufzufordern Der Vorsitzende teilte derVersammlung zwar mit. welchen Rat ihm der Beamte gegebenhatte, fügte aber hinzu, er fordere niemanden zum hinausgehenauf, weil in der Versammlung kein« politischen Erörterungen ge«pflogen werden sollten.—Nun hatte aber die Polizeiphantafie der Versammlung schonim voraus einen politischen Charakter angedichtet. Demgemäßhatte denn auch die Polizei ihre Vorkehrungen getroffen. Auf derStraße vor dem Versammlungslokal waren Beamte aufgestellt,die natürlich nicht wissen konnten, welchen Charakter die Versamm-lung hatte. Lediglich auf Grund der vorgefaßten Meinung, eshandele sich um eine politische Versammlung, griffen die Beamtennach Schluß der Versammlung einige von den auS dem Saalekommenden Jugendlichen heraus und stellten ihre Personalien'fest.Acht jugendliche„Uebeltäter", die auf diese Weise ermitteltwaren, sollten sich am Mittwoch unter dem Beistand ihres Ver-terdigers, Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, vor dem Jugend-geeicht Rixdors verantworten. Die Verhandlung mußte aber,nachdem sie kaum begonnen hatte, vertagt werden, denn es war keinZeuge geladen, der über die Hauptfrage, ob die Versammlung einepolitische war oder nicht, hätte Auskunft geben können. Als Zeugewar nur der Polizeiwachtmesster Härtung zur Stelle, der auf derStraße die jungen Leute festgestellt und Anzeige gegen sie er»stattet hatte. Dieser Zeuge wußte natürlich über die Versammlungselbst garnichtS.Zu dem neuen Termin sollen die beiden Beamten geladenwerden, welche die Versammlung überwachten. Der VorsitzendeRichter hält auch die Vorlegung des Statuts der aufgelösten Jugend-organisation Rixdorf-Britz für notwendig, obgleich RechtsanwaltRosenfeld mit Recht daraus hinwies, daß das Statut, wie auchsein Inhalt sein möge, für den vorliegenden Fall garnichts be»weise, denn nur aus dem, was sich in der Versammlung abspielte,könne hervorgehen, ob sie als politische anzusehen sei oder nicht.»Don Qnixote de la Manch«."Zwei gemeingefährliche„schwere Jungen", der Töpfer Wil-Helm Hasenpuch und der Arbeiter Willi Schirmer, standen gesternunter der Anklage des versuchten schweren Diebstahls und derKörperverletzung vor der 3. Strafkammer des Landgerichts l. DieStrafsache hat schon einmal die Fcrienstrafkammer beschäftigt, dieVerhandlung wurde jedoch vertagt, weil eS notwendig erschien, dieAngeklagten auf ihren Geisteszustand beobachten zu lassen. Inder Nacht zum 6. November, gegen 4 Uhr früh, ertönten aus demHause Petersburger Straße 23 Hilferufe. Der herbeieilende Schutz-mann Runge sah zwei Männer das Haus verlassen. Während erden einen— den Angeklagten Hasenpuch— trotz heftiger Gegenwehr festhalten konnte, entfloh der andere— der Angeklagte Schirmer—, wurde aber von dem auf die Hilferufe glmchfallS herbei»eilende:: Kaufmann Fischer verfolgt und gestellt. Herr Fischererhielt von dem Flüchtling einen wuchtigen Hieb mit einem Stemm»eisen über den Kopf, der ihn einen Augenblick betäubte; er gababer die Verfolgung nicht auf und schlug endlich den Schrrmer zuBoden, so daß dieser nicht weiter fliehen konnte. Mit Hilfe an-.besä Straßenpgjsgnten, wurden die beiden Verbrecher, die übri,