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Nr. 53. 28. Jahrgang. 1. Keilte des Freitag, 3. Marz 1911. Reichetag. 189. Sitzung. Donnerstag, den 2. März 1911, nachmittags 1 Uhr. «Im BundeSratstisch: v. Heeringen. Mermuth  . Aus dem Platze des Abg. Geyer<Soz.), der heute auf eine 2Sjährige Parlamentstätigkeit zurückblickt, prangt ein prachtvolles Blumenarrangement. Zweite Beratung des Militäretats. Sechster Tag. Die Beratung beginnt mit dem Titel»Ankauf der ylemonle- Pferde'. Abg. Noske(Soz.): Jahr für Jahr steigt dieser Titel sehr erheblich, diesmal wieder um 20(5 000 M.. von 10,9 Millionen aus mehr als 11,1 Millionen Mark. Dazu kommen gerade bei diesem Titel alljährlich ganz er- hebliche Etatsüberschreitungen, die dadurch veranlagt werden, datz die Preise für die Remontepferde andauernd höber festgesetzt werden. Die Interessenten verlangen hier im Reichslage alljährlich eine höhere Festsetzung der Preise, und die Heeresverwal- tung gibt diesen Anregungen gern nach. Dazu liegt gar kein Anlaß vor. es ist dies ein ganz unangebrachtes Entgegenkommen gegen agrarische Wünsche. Auch diesmal haben die Interessenten versucht, in der Budgetkommission höhere Preise in Anschlag zu bringen. Es ist ein Mißbrauch des Reichstagsmandats, wenn man versucht, es derart zu benutzen, um sich selbst Vorteile zu verschaffen.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Solchem Mißbrauch muß entgegengetreten werden, und etwaige Ueberschrenungen bei diesem Titel dürfen nicht genehmigt werden. (Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Rogalla v. Bieberstein<k.): Ich weise entschieden den Vor- Wurf zurück, als ob wir mit Anträgen auf Erhöbung der Preise für Remontepferde dem eigenen Vorteil dienen; diese Anträge liegen vielmehr im Interesse der kleinen Pferdezüchter, da die Preise so niedrig sind, daß ein Pferd dafür nicht herstellbar ist.(Bravo  ! rechts.) Abg. Gyßltng(Vp.): Die Etatsübcrschreitungen können auch wir nicht billigen, aber im übrigen muß ich den Ausführungen des Abg. Noske entgegentreten. Die Heeresverwaltung ist bei der Be- schaffung der Remontepferde auf bestimmte Provinzen angewiesen, namentlich Ostpreußen  , und darf daher die Preise nicht drücken, wenn sie bestes Pferdematerial haben will. Die Pferdepreise sind in den letzten Jahren auch keineswegs gestiegen, und deshalb wäre es gut. wenn die Heeresverwaltung eine Erklärung abgeben könnte, die den ostpreußischen Pferdezüchtern neuen Mut einflößt und ihren Mißmut zum Schwinden bringt.(Beifall rechts.) Abg. Dr. Barenhorst(Rp.): Die Preise für die Pferde sind nicht zu hoch, sondern zu niedrig: gerade im Interesse des Bauernstandes liegt es, die Preise zu erhöhen. Abg. Noske(Soz.): Herr Varenhorst hat darin Recht, daß ich noch keine Remonten gezogen habe; ich bin eben nicht in der glücklichen Lage, ein Rittergut zu besitzen.(Zuruf rechts: ein Bauerngut.) Ach nein, die Remonten werden auf Rittergütern gezogen. Die kleinen Bauern werden von den höheren Preisen nur sehr geringen Vorteil haben, das Fett schöpfen die Großen ab.(Abg. Rogalla v. Bieber st ein(k.): Gar keine Ahnung I) Daß Sie eS nicht zugeben, ist selbstverständlich; Sie sagen sogar, die Pferde züchter geben noch Geld zu. Aber wer die preußischen Agrarier kraut, weiß, daß sie aus purer Liebe zum Baterlandc kein Geld zu- geben.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Trotz der Aus- führungen des Herrn Gyßling, die ja sicher nicht von parteipolitischen Erwägungen eingegeben waren(Heiterkeit), bleibe ich dabei, daß die Preise für die Remonten z u h o ch sind.(Beifall bei den Sozial- dcmokraten.) Abg. Frhr. v. Gamp(Rp.): Ich habe auf den Gütern, die ich gekaust habe, sofort die Remontezucht abgeschafft, weil sie unrentabel ist; die Großgrundbesitzer schöpfen das Fett also nicht ab. Herr NoSke.(Sehr gut 1 rechts.) lieber Herrn G y ß l i n g S Aus­führungen habe ich mich gefreut; hoffentlich wird er bei einem neuen Zolltarif mit uns für einen kräftigen Pferdezoll stimmen.(Heiterkeit und Sehr gut I rechts.) Abg. Fegter(Vp.): Die Ausführung des Abg. NoSke, daß der Kleines f euilleton* Prof. I. H. van't Hoff, einer der bedeutendsten Theoretiker der Chemie, ist am Mittwoch im 59. Lebensjahre in Steglitz   ge- starben. Er war in Holland   geboren und hatte in Utrecht   und Amsterdam   seine Lehrtätigkeit begonnen; an letzterem Orte be- gründete und leitete er daS nach ihm benannte Institut für physikalische Chemie. 1899 wurde er als Mitglied der Akademie und Professor nach Berlin   berufen. Van't Hoff   hat schon in jungen Jahren die geniale Gedanken entwickelt, die ihn berühmt machen und die chemische Wissenschaft in ungeahnter Weise befruchten sollten. Als er 1875 Lehrer an der Realschule zu Breda   werden wollte, charakierisierte ihn der dortige Direktor also:»Er macht den Ein- druck eines Erfinders. Er grübelh er ist vertieft in seine Entdeckung; diese ist, daß in den Kohlenstoffatomen, die daS polarisierte Licht drehen, das Kohlenstoffatom wahrscheinlich ein symmetrisches Tetraeder (Vierflächenkörper) ist, dessen Ecken die Richtung der Affinitäten(An- ziehungen) angeben. Er sieht schlumpig aus. Kollegen, die ihn im Klub sahen, protestierten gegen seine Anstellung und sagten: DaS ist kein Mann für Breda  ." Glücklicherweise setzte sich der junge Forscher, dem seine Wissen- schast alles war. durch und wurde ein Mann zwar nicht für Breda  , aber für die Welt. Seine neuen Ideen bezogen sich auf die Chemie des Raumes, er begründete(neben anderen) die Wissenschaft von der »Lagerung der Atome im Räume", die Stereochcmie. Besonders die deunwe hochentwickelte chemische Wissenswaft brachte seine Theorie, die für die organische Chemie und damit für die chemische Synthese, den Aufbau bekannter und neuer organischer Körper, von grund- legender Bedeutung war, zu Ehren. Die Berufung nach Berlin  , der Nobelpreis und all die anderen Auszeichnungen, die er genoß, haben an dem schlichten Wesen van't Hoffs nichts geändert: er blieb der Arbeiter im Dienste der Wissenschaft und der Menschheit. Das transatlantische Luftschiff, an dem die Taufe auf den NamenSuchard" in Kiel   vollzogen ist. erfährt in der»Deutschen Zeitschrist für Luftschiffahrt" eine eingehende Beschreibung. ist nicht nur wegen der Größe des Unternehmens, zu dem das Fahrzeug bestimmt ist, sondern auch wegen der Besonderheit seiner Bauart beachtenswert. Der Ballon hal den stattlichen Rauminhalt von 6730 Kubikmeter. Die Gondel, in Form eines Bootes, besitzt gleichfalls eine ungewöhnliche Größe, die durch die voraussichtlich lange Fahrldauer und durch die Möglich. keit einer Benutzung zur Rettung der Insassen auS Seenot be- rechtigt ist. Die Gondel ist 10 Meter lang und über 3 Meter breit und enthält zwei Motoren von je 109 Pferdestärken, die hinter- einander montiert angebracht sind und abwechselnd gebraucht werden sollen. Sie machen selbst 1090 bis 1200 Unidrehungen in der Minute und teilen den von ihnen getriebenen Luflschraubcn, die aus zwei Flügeln bestehen und im ganzen 3 Meter Durchmesser haben, eiue Umdrehungszahl von 800950 mit. Die Gondel hat neben dem Maschinenraum einen mit möglichster Behaglichkeit ausgestatteten Raum Großgrundbesitzer das Fett abschöpft, trifft gerade bei der Pferde- zucht nicht zu. Der Redner verbreitet sich dann über Warm- und Kaltblutzucht, über Voll- und Halbblutzucht, und betont, Gyßling habe nicht aus Wahlrücksichten gesprochen, sondern nur aus sachlichen Gründen. Wahlreden hier zu halten, haben die Mitglieder der Volkspartei nicht nötig.(Große Heiterkeit bei den Sozialdemo- kraten.) Abg. Rogalla v. Biederstein(k.) betont nochmals, daß die oft- preußischen Züchter Preise bekommen, welche die Produktionskosten nicht decken, und gibt dem Abg. Nooke den Rat, ihm sein Rittergut abzukaufen. Abg. Dr. Bccker-Köln(Z.): Herr Noske weiß doch, daß alle Preise, die Futtermittel usw. gestiegen sind, und da sollen die Land- Wirte mit den Preisen der Pferde nicht folgen I Höhere Löhne sollen die Landwirte ihren Arbeitern zahlen; aber woher sollen sie die Mittel dazu nehmen. Redner betont dann, daß gerade die kleinen Bauern die Pferdezucht betreiben. Abg. Noske(Soz.): Wenn die Debatte noch eine Weile weiter geht, werden die Herren rechts und auS der Mitte uns noch erzählen, die Pferdepreise müssen erhöht werden im Interesse der Proletarier. Die kleinen Lenke ziehen meines Wissens Karnickel und Ziegen, nicht Pferde.(Zustimmung links.) Herr Rogalla v. Bieberstein hat wiederholt behauptet, die Gutsbesitzer setzen bei der Pferdezucht zu. Ach. so seben die Herren nicht aus, als ob sie aus reiner Vaterlandsliebe Geld zu geben.(Lebhaftes Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Herren verstehen eS, ihre parlamentarische Macht auszunützen, um hohe Preise für sich zu erzielen.(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Generalmajor Wendel: Im Jahre 1910 haben die Preise für die Remontepferde sich in den Grenzen des Etats gehalten. Be- merken will ich auch noch, daß wir die größte Zahl der Remonte- pferde von kleinen Besitzern gekauft haben, nicht von großen. Schatzsekrelär Mermuth   erklärt, daß der finanziellen Seite der Remontebeschaffung die größte Aufmerksamkeit geschenkt werde, da es sich um einen Posten handle, der binnen weniger Jahre von sechs auf elf Millionen Mark gestiegen sei.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Debatte schließt. Der Titel wird bewilligt. Eine Reihe weiterer Titel werden debattelos bewilligt. Beim TitelMilitär-Turnanstalt" begriindet Abg. Dr. Müller-Meiningen  (Vp.) eine Resolution seiner Partei, die den Reichskanzler um Erwägungen darüber ersucht, wie hervor- ragend turnerisch ausgebildeten Militärpflichtigen V e r- günstigungen etwa in bezug aus Dienstzeit und Avancement gewährt werden können. Abg. Cuno(Vp.) schließt sich diesen Ausführungen an. Redner tadelt die Bekämpfung der sogenanntensozialdemokra- tischen" Turnvereine durch den preußischen Kultusminister. Kriegsminister v. Hemngen: Auf die letzte Frage will ich hier nicht eingehen. Unter völliger Würdigung der hohen Bedeutung des Turnens bitte ich doch um Ablehnung der Resolution. Auf eine weitere Verkürzung der Dienstzeit der Infanterie kann sich die Militärverwaltung nicht einlassen. Daß dagegen aus guter turnerischer Ausbildung Vorteile für das Avancement erwachsen, ist zweifellos. Das geschieht aber schon heute und einer besonderen Anregung bedarf es dazu nicht. Abg. Dr. Görcke(nvtl.): Unfraglich ist auch das Turnen von höchster Bcdeulnng für die militärische Tüchtigkeit, wenn eS auch die turnerische Ausbildung allein nicht macht. Aber die Verkürzung der Dienstzeit als Prämie für turnerische Leistungen zu behandeln, scheint uns nicht angängig. Wir würden geneigt fein, für die Resolution zu stimmen, wenn aus ihr die speziellen Vorschläge Verkürzung der Dienstzeit und Avancementsbegünstigungen herausgenommen werden.(Beifall bei den Nationalliberalen.) Abg. v. Richthofen  (k.): Wir haben die größte Sympathie für daS deutsche Turnwesen, aber wir sind Gegner aller Privilegien (Schallende Heiterkeit links) und müssen daher die Resolution ab- lehnen.(Beifall rechts.) Abg. Dr. Müller-Meiningen  (Bp.): Wir sind bereit, die vom Kollegen Görcke angefochtenen Worte aus der Resolution heraus- zunehmen. Abg. Schöpflin(Soz.): Wir wissen, wie große Bedeutung die Körperpflege für die ge- samte Volksgesundheit hat, wie sie besonders für das Proletariat notwendig ist, um es vor Degeneration zu schützen. Wir verlangen daher, daß Reich, Staat und Gemeinden zusammenwirken, um das für die Insassen, die darin wohnen, arbeiten und schlafen sollen. Besonders wirksame Vorrichtungen sind zur Kühlung der Maschinen vorgesehen. Im äußeren Eindruck gleicht das Luftschiff, das dem unstarren System angehört, einem etwas beleibten.Parseval". Der Ballon hat eine Länge von 60>/z und einen Durch­messer von etwas mehr als 17 Meter. Ueber die ganze Länge des Ballons geht ein Laufsteg, zu dem man von der Gondel mit einer Strickleiter hinaufklettern kann. Ferner trägt er zwei wagerechte und eine senkrechte Fläche, um das Gleichgewicht zu bewahren, und schließlich eine Steuerfläche mit beweglichen Flügeln. An Benzin können 1700 Kilogramm mit- genommen werden, eS findet unter den Maschinen eine sichere Auf- bewahrung. Die Vorräte zum Lebensunterhalt der Insassen und zum Betrieb der Maschinen auf wenigstens zwei Wochen ausreichend bemessen. Eine besondere Vorrichtung ist zu dem Zweck getroffen worden, das Luftschiff an einer zu starken Steigung zu verhindern. Sie besteht darin, daß der Ballon von obenher mit einer seinen Wasserschicht besprengt wird. Man hofft eS dadurch zu ermöglichen, daß das Luftschiff nicht höher als 150 Meter über die Meercsfläche steigt. Endlich ist auch Bedacht genommen worden, den Ausstoß der Gondel beim Sinken auf die Meeresfläche gefahrlos zu gestalten. Nach Er- ledigung der Probefahrten soll die Ueberquerung des OzeanS im Mai von der Insel Teneriffa   aus unternommen werden. Humor und Satire. Warnung. Herr v. Jagow, kaum zu glauben, Stieg herab, wie Mahadö, Sich ein Briefchen zu erlauben An Frau Tilla Durieux  . Was ihn trieb zu solchem Handeln Z Nur dies Eine, mit Vergunst: Ein Verhältnis anzubandeln Zu der Künst. pardon. der Kunst! Zwar der Gatte. Paul Casfirer, Nahm den Vorstoß nicht so glatt. Und ein fixer Depeschierer Bracht' ihn gar ins ZeitungSblatt. Wie ich diesen Fall beklag', o l Mein Verstand und Atem stockt. Weh, was hast Du Dir. Gott Jagow. Da für Suppen eingebrockt! Mahadö, zu seiner Ehre Sei'S gesagt, war immer schlau: Denn er hielt zur Bajadere Und er mied die Ehefrau. Sehr verliebt ist er gewesen, Schneidig und diskret dazu; Doch er gab dem süßen Wesen Nie was Schriftliches, wte Du! Turnen zu fördern. Wir wissen aber auch, wie sehr man uns Schwierigkeiten in den Weg legt, wenn wir uns bemühen, die Arbeiterschaft für das Turnen zu gewinnen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wie sehr werden die Arbeiterturnvercine schikaniert! An unserer Sympathie für die Sache des Turnens ist nicht zu zweifeln. Wenn wir trotzdem die fortschrittliche Resolution in ihrer ursprünglichen Gestalt ablehnen, so geschieht das, weil wir keine Privilegierung wollen. Wir wollen allgemeine Verkürzung der Dienstzeit, nicht Verkürzung der Dienstzeit für einzelne Kategorien.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der fortschrittliche Antrag ist eine Visitenkarte, die die Fortschrittspartei bei der deutschen Turuerschaft abgibt.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten, im Zentrum und rechts.) Daß, wenn die turnerische Ausbildung militärisch privilegiert werden würde, die Freie Turuerschaft an der Privilegierung nicht teilhaben würde, versteht sich bei dem ausnahiucgesetzlichc» Geiste der Militär- Verwaltung von selbst.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich kann als alter Turner ich habe vierzehn Jahre der deutschen Turnerschaft, dann der Freien Turnerschaft angehört bezeugen, daß die turnerischen Leistungen der Freien Turnerschaft sich mindestens auf der Höhe der Leistungen der anderen Turnerorganisationen belvegen. Aber der Geist der Freiheit, der in der Freien Turner- schast weht, macht sie bei den Herrschenden verhaßt. Aus allen diesen Gründen können wir trotz unserer großen Sympathie mit dem Turn- wesen nicht für die Resolution Müller-Meiningen stimmen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Pfeiffer(Z.): Kollege Schöpflin hat ganz recht: Mit ihrer Resolution beabsichtigt die Fortschrittspartei, sich bei der deutschen Turnerschaft in empfehlende Erinnerung zu bringen. (Lärm bei der Volkspartei.) Wenn die angefochtenen Worte aus der Resolution herausgenommen werden, ist sie gegenstandslos(Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) und damit überflüssig; enthält sie die Worte, ist sie unannehmbar. Wir werden gegen sie stimmen, obwohl auch wir selbstredend die größten Sympathien für das Turnen haben. Abg. Dr. Müller-Meiningen  (Vp.) polemisiert gegen die Abgeord« neten Schöpflin und Dr. Pfeiffer.(Zuruf im Zentrum: Quatsch! Heiterkeit.) Die abgeänderte Resolution Müller-Meiningen wird gegen die Stimmen der Liberalen abgelehnt. Die KapitelArtillerie und Waffenwesen" und»Technische In« stitute" werden miteinander verbunden. Dazu liegen zwei Zentrumsresolutionen und eine sozialdemo- kratische Resolution vor. Die Resolution Schisfer-Schirmer(Z.) verlangt den Ausbau der Arbciterausschüsse in den Militärbetrieben im Sinne wirksamerer Verttetung der Arbeiterinteressen, die Reso- lution Giesberts-Schirmer(Z.) verlangt Aufbesserung der Löhne der in den Militärbetrieben beschäftigten Arbeiter bis min- bestens auf die Höhe der an den betreffenden Orten gezahlten Tarif- löhne und Mitwirkung der Arbeiterausschüsse bei der Gestaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Die Resolution Albrecht(Soz.) verlangt, daß Arbeiten und Lieferungen für die Heeresverwaltung nur an Firmen vergeben werden, die die gesetzlichen Borschriften über die Arbeitsbedingungen einhalten und zum Abschluß von Tarifverträgen bereit sind, sowie, daß die Festsetzung und Neuordnung von Arbeitsbedingungen in den Betrieben der Heeresverwaltung unter Mitwirkung der Arbeiter« ausschüss« vorgenommen werden. Abg. Dr. Weber(natl.j wünscht, daß den Arbeitern und Hand- werlern in den Werkstätten dieselben Teuerungszulagen gewährt werden wie den Schreibern. Abg. Schirmcr<Z.) befürwortet die beiden Resolutionen des Zentrums. Die Arbeiter wünschen auch, daß die gesetzlichen Feier- tage bezahlt werden. Der Reichstag   bat sich dieser Forde« rung angeschlossen; trotzdem ist noch nichts in dieser Richtung geschehen. Dilatorisch wird auch die Frage der Pensionskassen von der preußischen Heeresvorlage behandelt, und deshalb kommen wir damit nicht vorwärts. Auch das PetitionS« und Versammlungsrecht darf den Arbeitern nicht verkümmert werden; das ist auch der Wunsch der nationalen Arbeiter. Der Redner klagt dann über Vergewaltigung der christlichen Arbeiter in den Militärwcrkstätten durch sozial- demokratische, welche die christlichen hinausekeln, und wird vom Vizepräsidenten Schultz darauf verwiesen, daß daS mit der Re- folution, die er begründet, nichts zu tun hat. Abg. Panli-Potsdam(k.) bittet die dritte Lohnstufe der Stück« löhne für alle Handwerker in den militärischen Instituten zu be« seitigen, wie eS auch die Petition des Bundes der Handwerker der Wenn Du bald, was schon barbarisch UnS Frau Fama deutet an, Bist entthront disziplinarisch, Fang' es künftig klüger an. Lebe, liebe, geh' zum Weibe, Dessen Reiz Dich hold umgarnt! Kose, küsse! Aber schreibe Keinen Brief I Du bist gewarnt.; Notizen. Michel. - Im Friedrich Wilhelmstädtischen Schauspiel« h a u S ist am Aschermittwoch des scherzhaften Dänen Gustav Wied  Satirspiel gelandet und auch dort nicht etwa mit Aschermittwochs« laune aufgenommen worden, obgleich... Obgleich die Aufführung zu manckierlei Einwendungen Veranlassung gibt. Zwar gab es eine kleineSensation": Othella Lustig(Erna S y d-v w) tollte im aller« liebst verrückten Höschenrock herum und Paul Abel(Rudolf Lettinger  ) entwickelte gelegentlich solchenFeuereifer", daß ein Chaiselongue- bein als Opfer auf der Strecke blieb. Aber gerade Wieds Sattrspiel verlangt eine Aufführung, die sich vor Uebertreibungen hüten muß. Sie töten dietiefere Bedeutung" und wandeln das Satirspiel zu einer Faschingsposse. Vor ganz schlimmen Ueber- treibungen blieben eigentlich nur Rudolf Lettrnger und Martha Axel frei; aber alle anderen bemühten sich eifervoll, verzeichnete Karika« turen zu tiefem. Das trug gewiß zur Erhöhung der allgemeinen Heiterkeit bei, aber nur wenig zur Vertiefung dessen, was Wied geben wollte: einen LebenSausschnitt mit viel Bitterkeit als Bodensatz. Das Wiener   Volksheim feierte soeben seinen zehn« jährigen Bestand. Diese vollständig ausgestattete Volkshochschule  steht in dem Arbeiterbczirk Ottakring  , 2000 Hörer sind gleichzeitig eingeschrieben, in den zehn Jahren haben 3040 000 Menschen die 1000 abgehaltenen Kurse besucht, die von mehr als 200 Lehrkräften geleitet werden. Bei der sonntägigen Feier konnte man die ausgestellten Schülerarbeiten zeichnerischer, photographischer Natur, die chemischen und naturhistorischen Präparate sehen. Schüler der Sprachkurse hielten deutsche, italienische und englische Vorträge, andere führten einen französischen   Schwank auf. Der Erfolg des VolksheimS ist eS nicht zuletzt, der seinem unermüdlichsten Arbeiter, dem UniversitätS  « dozentcn Dr. Ludo Hartmann, dem Sohn des deutsch  -böhmischen Dichter? Moritz Hartmann  , die Errichtung der zweiten Volks« Universität, des Margarethner Volksbildungshauses, ermöglicht hat. Genosse Dr. Adler beglückwünschte das Volksheim, das durch Femhaltung jeder Tendenz das Vertrauen der Arbeiter ge« Wonnen habe. An der Universität Kiel   ist ein staatswissenschaft- lichcS Jnstnut ins Leben gerufen worden, dem eine besondereAb- teilung für Seeverkehr undWeltwirtschaft" angegliedert ist. Dieses Institut ist das einzige in Deutschland  , das die' Unter« suchung der weltwirtschaftlichen Fragen zu seinem Spezialforschungs- gebiet gemacht hat. Zum Direktor wurde Professor HarmS emannt.