der©temjjcl der Lächerlichkeit aufgedrückt.. Die biederen NationaNiberalcn, die schon mit dem dem Minister- Präsidenten angeblich abgerungenen„Erfolge� bcrumrenomnneren zu können glaubten, werden nun wohl selbst einsehen, daß ihre ganze Aktion schmählich verpufft ist. Denn daß Herr von Bethmann Hollweg irgend etwas gegen den ausgesprochenen Willen der Junker zu unternehmen wagen könnte, werden sich wohl auch die Herren Friedberg und Campe nicht einbilden! Es bleibt also nicht nur bei der Schulverpfaffung, bei der geistlichen Knebelung der Volks in assen, sondern auch bei der Erdrosselung des letzten kläglichen Bestehens einer wissenschaftlichen Schein- f r e i h e i t, auf das unser lieber Liberalismus seiner Reputation wegyr nicht verzichten zu können geglaubt hattet Politische deberllcdt. Berlin , den 8. März 1911. Die Postunterbeamtcn. Aus dem Reichstag , 9. März. Am zweiten Tage ?er Beratung des Postetats drehte sich die Debatte Hauptfach- lich um die Lage der P o st u u t e r b e a m t e n, die mit anderen Staatsarbeitern das Los der stiefmütterlichen Be- Handlung durch die Vcrtvaltuiig teilen. Genosse Z u b e i l brachte eine Fülle von Einzelfällen vor, aus denen hervorging, tvie verbesserungsbedürftig die Lage der mangelhaft besoldeten und stellenweise arg überarbeiteten Unterbeamten ist. Er inachte auch Vorschläge für dienstliche Reformen, so die Ucber- tragung der kleineren Postagenturen auf dem Lande an die Landbriefträger, die gegen eine Zuschlagsentlohnung von 300 M. jährlich durch ihre weiblichen Familienmitglieder diese Agenturarbeit besorgen lassen könnten. Dabei ioürde noch erheblich an Geld gespart werden. Schließlich verlangte er auch noch Auskunft von dem Staatssekretär über eine V e r» letzung des Briefgeheimnisses in Allenstein . Herr K r a e t k e entzog sich der Antwort auf diese heikle Frage durch das bei Staatssekretären sehr beliebte Mittel, daß er sich in die Toga sittlicher Entrüstung hüllte wegen des „Tons" der Anfrage. Als Herr Llraeife sich dann aber bei- kommen ließ, denr Genossen Zubeil das Recht zur Vorbringung von Beschwerden der Unterbeamten abzusprechen, wurde von den anwesenden Sozialdemokraten in kräftigen Entrüswngs- Worten diese bureaukratische Anmaßung zurückgewiesen. Nicht minder schlecht schnitt Herr K r a e t k e ab, als er in seiner gereizten Stinimung auch aus die von dem Frei- sinnigen Dr. S t r u v e vorgebrachten Beschwerden mit dem Vorwurf reagierte, der Redner wolle die Beamten nur a u s- hetzen. Herr Struve fertigte den Staatssekretär treffend ab, indem er mit der Aufforderung schloß, der Minister möge doch aus seiner Rede nur eine Stelle nachweisen, die sich als Aufhetzung kennzeichnen lasse. Auch hieraus ist Herr ftraetke die Antwort schuldig geblieben. Tann führte Genosse Lehmann(Wiesbaden ) den Nach- weis, daß die Ndchsposwerwaltuug keineswegs in postalischen Reformen auf der Höhe ihrer Aufgabe gewesen sei. Selbst hinter der bayrischen sei sie in manchen Einrichtungen zurück- geblieben. Lehmann zeigte daim, wie wenig berechtigt der Staatssekretär zu der Behauptung sei, daß er die gesamten Postbeamten vertrete, da die Beamten kein Vertrauen zu einer Verwaltung haben könnten, die ihnen das Recht auf politische Betätigung genommen habe. Im weiteren Verlauf der Debatte kam eS zu einer lebhaften Auseinandersetzung zwischen Nationalliberalen und Zentrum über die Neichsfinauzreform. Als Herr G i e s b e r t dabei einige unartigen Redeivendnngen über den großen Segen dieser Leistung produziert hatte, kennzeichnete Genosse Hengsbach die Situation durch den Zwischenruf:„Wie kann man im Schnapsblock auch nüchtern bleiben t" Die Debatte über den Titel„Staatssekretär" Wirde dann geschlossen. Morgen geht der Postetat weiter. Knlturfragen im Junkerparlament. DaS Abgeordnetenhaus setzte am Donnerstag die Beratung des KultuSetats fort. Als erster Redner kam Genosse Liebknecht zu Worte, der daS Verlangen der Konservativen, daß die Abgeordneten sich um kirchliche Angelegenheiten nicht bekümmern sollten, mit aller Schärfe zurückwies und erklärte, daß seine Freunde sich die Kritik kirchlicher Einrichtungen nicht unterbinden lassen werden. Die Kritik selbst, die er im Anschluß dann übte, mag den Gläubigen wenig angenehm gewesen sein, aber sie war umso berechtigter. Ins« besondere zerstörte unser Genosse einmal gründlich das Märchen von der Gewissensfreiheit, er hielt der konservativ- klerikalen Gesellschaft vor Augen, tvie in der evangelischen Kirche genau dieselbe Unfreiheit herrscht wie in der katholischen und wie sie selbst, die immer so fromm tun, in Wahr- heit gar keine Christen sind. Zwar kam der Kultusminister seinen bedrängten Freunden zu Hilfe, aber was er auf die Worte unseres Genossen zu erwidern wußte, war mehr als schwach. Beim Kapitel„Proviuzialschulkollcgium- kritisierte Abgeordneter Cassel<Vp.) die Art. wie daS Berliner Provinzialschulkollegium sein Aufstchtsrccht ausübt. In der Tat dürfte es einzig iu der Welt dastehen, daß. wie eS in Berlin geschieht, die moralische Oualifikation der Rektoratskandidaten durch Schutzleute festgestellt wird. In vorgerückter Stunde begann die Beratung des wichtigen Abschnitts„Elementar-UnterrichSwesen". Was die Redner, die bis- her gesprochen haben, dazu zu sagen hatten, war herzlich belanglos. ES war das alte Lied mit dem Refrain, die Volksschule soll keine BildungSanstalt sondern eine Dressuranstalt zur Erziehung guter Christen und Hurrapatrioten sein. Gegen 4 Uhr wurde die Debatte auf den Abend vertagt. » In der Abendsitzung wurde die Debatte über das Ele- mentarunterrichtSwesen fortgesetzt. Zunächst erklärte der K u l- tusminister. daß gewiß noch nicht alles zum besten bestellt sei, aber man solle zu ihm nur Vertrauen habe», besonders die Lehrerschaft. Dann sprach der bekannte Herr Schepp über aller- lci Tinge, selbst über den Verkauf von Postkarten durch katholische Geistliche, so daß der Präsident ihn auf den Schuletat verweisen mutzte. Der polnische Abgeordnete Stychel schilderte die kultur- widrigen Schulzustände im Osten unserer Monarchie— eine notwendige Folge unserer„ruhmreichen" Polenpolitik, welche die Lehrer durch Ostmarkenzulagen und andere Geschenke für„gute Gesinnung" demoralisiert. Genosse Hirsch entivarf in scharfen, knappen Strichen ein Bild de? preußischen Schulclends. Ministerialdirektor v. Bremen suchte vergeblich die wuchtigen Anklagen des Genossen Hirsch gegen unsere kulturwjdrigen Schul- zustände zu entkräften. Sonnabend geht die Beratung weiter. Reichsländische Verfassuugsreform. Wie gestern schon die„Köln . Ztg." in einer Berliner Meldung mitzuteilen wußte, will die Regierung wohl Elsaß- Lothringen einige Stimmen im Bundesrat zugestehen: jedoch von der Einsetzung einer unabhängigen Statthalterschaft nichts wissen. Der Staatssekretär Dr. Delbrück bestättgte heute in der Sitzung der ReichstagSkominission zur Vorberatung der Gesetze für Elsaß-Lothringen , die seit dem 10. Februar nicht mehr getagt hat. in allen Punkten diese Mitteilung des Kölner nattonalliberalcn BlatteS . Gleich zu Beginn der Sitzung verlas er folgende Erklärung: Die verbündeten Regierungen haben die von Ihnen zu Z 1 und 2 des Entwurfs eines VerfasiungsgesetzeS für Elsaß-Lothringen ge- faßten Beschlüsse und die in Konsequenz dieser Beschlüsse weiterhin gestellten Anträge zum Gegenstände eingehender Erörterungen ge- macht, die zu dem Ergebnisse geführt haben, daß diese Beschlüsse »nd Anträge für sie unannehmbar sind. Sie können insbesondere in eine von dem Entwurf abweichende Regelung der Stellung dcS Kaisers und des Statthalters nicht willigen. Dagegen sind sie bereit, für den Fall, daß die Borlage in diesen Punkten zur un« veränderten Annahme gelangt und auch im übrigen wesentliche Veränderungen nicht erfährt, inbezug ans die Erteilung von Stimmrecht im Bundesrat den Wünschen der Mehrheit der Kam- Mission entgegenzukommen und folgender Regelung zuzustimnien: „Solauge die Bestimmungen in§ 1 und 2 Absatz 1 des Gesetze? über die Verfasiung Elsaß-LothrinaenS vom...... 1911 in Kraft sind, führt Elsaß-Lothringen im Bundesrat drei Stimmen. Die elsah-lothnngischeu Stimmen werden nicht gezählt, wenn die Präsidiatstimme nur durch den Hinzutritt dieser Stimmen die Mehrheit für sich erlangen oder im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 Satz 3 der ReichZverfassung den Ausschlag geben würde. Das Gleiche gilt bei der Beschlußfassung über Aenderungen der Ver- fassimg. Elsaß-Lothringen gilt im Sinne des Artikels 6 Absatz 2 und der Artikel 7 und S der Reichsverfassung alS Bundesstaat. Die elsaß -Iothringischen Bevollmächtigten zum Bundesrat werden vom Statthalter ernannt und instruiert. Diese Bestimmungen werden wohl zweckmäßig als Artikel 6a in die Reichsverfassung einzustellen sein bis auf den letzten Satz, der eventuell als Z 25 in dem elsaß -lothringischen VersassungSgesetz Platz finden könnte. Im Anschluß an diese Verlesung erläuterte Staats- sekrctar Delbrück , wie sich die Regierung die Durchführung ihrer Vorschläge denkt: Die Vorlage solle umgearbeitet werden und das Recht des Statthalters zur Jnstruierung der drei Stimmen in den Artikel 1 hineinkommen, während in Ar- tikel 2 die notwendigen Aenderungen der Reichsverfassung Platz finden. Auf Vorschlag des Vorsitzenden der Kommission Prinz Schönaich-Carolath beschloß die Kommission, sich auf Dienstag zu vertagen und zwar soll, wie Abg. Basserniann wünschte. die bisherige Beratung für abgeschlossen und als erste Lesung gelten, so daß mit der Sitzung am nächsten Dienstag die zweite Lesung beginnt. Die Vorbereitungen für die Schachermachei hinter den Kulissen sind also fertig._ Eine Flottenvorlage auf Umwegen! Der Marinemilarbeiter der. D e u t s ch e n T a g e S z t g." hat nun auch seinerseits einen Weg entdeckt, der zu einer Flotten- Vermehrung zu führen vermag, ohne daß man deshalb einer neuen Flottenvorlage benötigte. Der Graf E. Reventlow empfiehlt nämlich die Bauzeit der Linienschiffe, die gegenwärtig 36 bis 46 Monate beträgt, auf 24 Monate herabzusetzen. Das sei um so wiinschenSlverter, als das Bautempo mit dem Jahre 1912 auf nur zwei Schiffe im Jahre fallen solle..Die hieraus er- wachsenden unzweifelhaften großen Nachteile würden nicht unerheb- lich verringert werden, wenn man wenigstens dafür sorgte, daß die Schiffe innerhalb 24 Monaten fertiggestellt würden." In der Tat, ein ebenso einfaches wie probates Mittel. Nach dem jetzigen Flottenbauplan und dem dabei vorgesehenen Bau- tempo würden in den nächsten sechs Jahren insgesamt 12 Schiffe auf Stapel gelegt werden. Verkürzte man die Bauzeit um ein Drittel, so würden bereits innerhalb dieser sechs Jahre statt der zwölf Schiffederen 16 in Bau zu geben feinl Das wäre also g e n au f o gn t, als ob wir unter Beibehaltung des jetzigen BautempoS bis zum Jahre 1917 vier Linienschiffe mehr in Bau geben würden! Denn nach dem von Graf Reventlow vorgeschlagenen Bauplan tvürden bis zum Jahre 1917 zehn Linienschiffe fertiggestellt sein, während bei dem jetzigen Bau- tempo nur sechs Linienschiffe vom Stapel gelassen werden könnten. Ein Pfiffiges Plänchen, das auf nichts anderes hinausläuft, als das Reick« auf Ilm wegen mit einer neuen Flotten- Vorlage zu beglücken, die in den nächsten sechs Jahren mindestens 266 Millionen Mark mehr kosten würdet_ Ans dem Bundesrat. In der heutigen Sitzung des Bundesrats gelangten zur An. nähme der Entwurf eines Gesetzes betreffend die Abänderung des § 15 des Zolltarifgesetzes sWitwen- und WaisenversicherungS-Para- graph) und dcS§ 3 des Gesetzes betr. den Hinterbliebenen-Ber» stcherungSfondS und den ReichSinvalidenfondS. sowie die Vorlage betr. Ausführungsbestiimnungen über die Gewährung von Beihilfen an Kriegsteilnehmer._ Die Antwort des Diinisters v. Bodman . Man schreibt uns aus Baden: Vor einigen Wochen erschien in unserem Karlsruher Parteiblatt, dem.Volksfreund", der vorher in seinem politischen Teile zum R a st atter S tr ei k keine Stellung genommen halte, ein offener Brief des Redakteurs und Abgeordneten Kolb an die Adresse„Sr. Exzellenz den Minister des Jnnern v. Bodman ". Die Form jenes Briefes mißfiel tn Parteikreisen. Man war erstaunt darüber, daß in einer solchen Ansprache dem badischen Polizeiminister das Ultimatum gestellt wurde..Se. Exzellenz der Minister" möge das Vertrauen der badischen Arbeiterschaft durch eine Protektion des amtlich einseitig beschützten Unternehmertums der Rastatter Waggonfabrik nicht verscherzen. Darauf folgte eine Dar- stellung der Eingriffe der Hamburger Streikbrecher in die gesetzliche Ordnung und eine Kritik an dem Verhalten des Rastatter Bezirksamtes und der Fabrikpaschas. Mit der Forderung einer offiziellen Untersuchung schloß der Brief. Vor zwei Wochen schon brachte ein Heidelberger national- liberales Blatt die Mitteilung, daß die von einem Beamten des Ministerium» veranstaltete gründliche Untersuchung keine Recht- fertigung der vom.Volt-Zfreund" erhobenen Vorwürfe ergeben habe; insbesondere gehe die Rastatter staaispolizeiliche Verwaltungsbehörde gerechtfertigt aus der ministeriellen Untersuchung hervor. Jetzt bringt die.KarlSr. Ztg." vom 5. d. MIS. eine offi» zielle Darstellung der Untersuchung, welche die Regierung vornehmen ließ. ES sind 56 Zeugen und„eine größere Anzahl von Schutz- leuten und Gendannen" verhört worden. Herr v. Bodman behält sich vor, auf Verlangen weiteren Aufschluß im Landtag zu erteilen; er begnügt sich mit der Feststellung, daß die Untersuchung im wesentlickicn eine Bestätigung der offiziösen Darstellungen des Re- gierungöorganS vom 12. Jannar d. I. ergeben habe. Ueber vor- gekommene Fehler feien die Beteiligten.nicht im Zweifel gelasien worden, aber zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens hätten sich keine AnhaltZpunkte ergeben, eZ könnö sowohl len Polizeibeamten als der Gendarmerie und der Schutzmann- schaft das Zeugnis nicht versagt werden, daß sie be- strebt gewesen seien, während de» nun über drei Monate dauernden Streiks die nicht leichten Aufgaben ihres Dienstes Pflicht- gemäß zu erfüllen." Die bürgerliche Presse verkündet diese RegierungZnote über den vielbesprochenen wirtschaftlichen Krieg iin badischen Moabit mit schmunzelndem Behagen. Von Interesse ist die Stellungnahme des Gericht? zum Verhalten der Hamburger Streikbrecher unter Führung des „langen Tony" von Esse». Die größere Hälfte dieser gelieferten, etwa hundert Arbeitswilligen war nicht vorbestraft, unter der vor- bestraften kleineren Hälfte waren drei mit Zuchthaus Be- strafte. Das Verhalten der Homburger gab mehrfach zu erheb- lichen Beanstandungen Anlaß und führte teilweise zu strafgericht- lichen Untersuchungen. Die Schutzmannschaft war in der ver- hängnisvollen Skandalnacht(2. WeihnachlStag) gegenüber den„angeblich in Notwehr ihre Revolver abfeuernden und den Kameraden in der Fabrik zu Hilfe eilenden Hamburgern" in der Minderzahl, 2 gegen etwa 166. Es wurde dem Direktor der Waggon- fabrik„Waffenverbot für die Hamburger in Aussicht gestellt, woraus dieser versprach, sein möglichstes zu ttm, daß die Hamburger die Fabrik tun lich st selten verlassen und Wirtschaften meiden". Auch in der Nacht vom ersten zum zweiten Januar reichte die Zahl der Schutzleute den ruhestörenden Hamburgern gegenüber nicht aus. Die Schutzleute hätten aber, meint der Bericht,.statt sich auf gütliches Zureden zu beschränken, die Namen der Ruhestörer sofort feststellen sollen". Auch ergebe sich ein sehr gewalttätiges Verhalten Streikender aus den Untersuchungen der Verwaltungsbehörde; dagegen ist den Streikenden.weder ein Werfen mit Steinen, noch ein Schießen gegen die Arbeitswillige» oder in die Fabrik nach« gewiesen worden". Man sieht daraus, daß sich die Polizei, die bei der Waggon- fabrik postiert war, gegenüber den aus der.Bastion Jakob" auS- brechenden Hamburger Banden immer mit ihrer verschwindenden Minderheit entschuldigt. Dagegen vermißt man in dem Berichte eine Widerlegung der von den Streikenden gemachten Mitteilung, daß die Staatspolizeibehörde ihnen das Aufgebot der Skastatter Garnison bei irgend einer drohenden Ansammlung in Aussicht stellte. Unser Parteiblatt, der.Volksfreund", bemerkt zu der Veröffentlichung des Ministeriums, daß auch hier, wie in ähnlichen Fällen, den Aussagen der beamteten Zeugen mehr Gewicht bei- gelegt würde, als denjenigen der Bcschwerdejllhrer. So wäre es im preußischen M o a b i t gewesen, so sei eS im badischen Rastatt . Die Milde, mit der man erwiesene Nachlässigkeiten der Polizeiorgane beurteilte, stünde im schroffen Gegensatz zu der Schneidigkeit des Vorgehens gegen Streikende. Die Schonung der Hamburger Rowdys stehe im Widerspruch mit dem gerichtlichen Vorgehen wider Streikende wegen lächerlicher Bagatellgeschichten. ES konnte keine einzige Verurteilung Streikender wegen Gewalttätigkeiten erfolgen. Deshalb stünde außer Zweifel, daß die Polizei beim Rastatter Streit nicht neutral gewesen sei. Also auch hinsichtlich des Verhaltens der Polizei gibt es keine Maingrenze._ Vcrwaltungs- und Ttenerreform in Oldenburg. _ Der oldenburgische Landtag hält gegenwärtig seine letzte Tagung unter dein indirelten Wahlrechte ab. Unter den von ihm zu er« ledigenden Gesetzentwürfen sind folgende besonders wichttg: Reform der Verwaltung; Neuregelung sämtlicher BesoldungSverhältniffe der Beamten, Lehrer und Iivilstaatsdiener; die Novelle zum Einkommen« steuergesetz. Die Reform der Verwaltung entspricht einer wiederHolsen Forde« rung des Landtages, der von ihr seine endgültige Zustimmung zur Erhöhung der Beamtcngchälter abhängig gemacht hat. Die Regierung unterbreitete dem Landtage eine umfangreiche Denkschrift mit Vorschlägen zur Verbilligung und Vereinfachung der Ver- waltung. Der Ausschuß hat nun Bericht darüber erstattet und zweifellos wird der Landtag den Anträgen entsprechen. Gefordert wird: Vereinigung kleiner Gemeinden zn leistungsfähigen Kommunal« verbänden: Neuregelung deS Gerichtskosten- und SportelwesenS; Beseitigung deS katholischen und evangelischen OberschullollegiumS; fakultative Uebertragung der Steuererhebung auf die Gemeinden. Einmütig hat. der Ausschuß die von der Regierung geforderte Ein« führung der zweijährigen EtatZperioden abgelehnt. nachdem erst vor wenigen Jahren und nach langen Kämpfen jährliche Bndgetperioden festgesetzt wurden. Bemerkenswert ist, daß selbst die agrarischen Miglieder deS Ausschusses für die Aufhebung der Landwirlschafts« und Ackerbauschule in Varel eintraten, die den Staat jährlich 37 666 M.. für jeden Schüler 526,— M. kostet. Schließlich fordert der Ausschuß eine zeitgemäße Revision der Gemeinde-, Wasser-, Wege- und Deichordnung. Nach der Novelle zur Steuerresorm sollen Einkommen bis zu 456 M.(jetzt bis zu 466, früher nur bis zu 156 M.) steuerfrei bleiben. Ter sozialdemokratische Antrag der Steuerbefreiung bis zu 566 M., größere Entlastung der Stufen bis zu 2666 M. und weitere Erhöhung der Kinderabzüge, wurde abgelehnt. Ein Antrag, nach dem Unverheiratete beiderlei Geschlechts im Alter von 36 bis 56 Jahren mit Einkommen unter 4266 M. 16 bis 56 Proz. Extra- Zuschlag zur Steuer zahlen sollen, wird vom Ausschuß»zur Prüfung" empfohlen._ Ter Kampf in Sachsen gegen die Volksschnlreform. Auf Anordnung deS sächsischen Ministeriums des Kultus und des öffentlichen Unterrichts ivurde in Dresden eine große Anzahl von Lehrern amilich vernommen, die am 31. Januar in Dresden an einer von sozialdemokraiischer Seite cinberiisenen, sich mit der Volksschulreform deschästigenden Versammlimg teilgenommen hatten. Die Lehrer wurden gefragt, ob sie.aus freien Stücken" an der Versammlung teilgenommen, ob sie den sozialdemokratischen AuS- sührungen im allgemeinen zugestimmt bättcn und für die Annahme der vorliegenden Resolution eingetreten seien. Ueber die Reden der Lehrer in der Versammlung lagen bei den Vernehmungen polizeiliche Notizen vor. Wahrscheinlich wird eS zu einem Disziplinarverfahren gegen zahlreiche Lehrer kommen. Die Mobilmachung der sächsischen Regierung gegen die Ber- sammlungSbesucher aus den Kreisen der Lehrer bat natürlich nur den Zweck, die sächsische Lehrerschaft einzuschüchtern und ihr be- greiftich zu machen, daß sie.kein Recht" habe, in ihrem Kampfe um den Anfang einer Reform der Volksschule die Unterstützung der arbeitenden Massen zu suchen._ Eine sonderbare ReichSvereinsgesetz-Jnterpretatiou. Am Abend deS 8. Januar brachten die Arbeitersänger in Braun- schweig dem Genossen Redakteur Brenner, der am folgenden Tage eine Gefängnisstrafe von fünf Monaten anzulreten hatte, ein Ständchen und einer der Sänger richtete einige Abschiedsworte an ihn. Der Redner und auch der Dirigent wurden darauf mit Straf- maiidaten in der Höhe von je 36 M. �bedacht. Auf eingelegte Berufung hob das Schöffengericht die Strafe gegen den Dirigenten auf, ließ es aber bei den 36 M. gegen den„Redner"; es liege eine nicht genehmigte öffentliche Versammlung unter freiem Himmel vor; eS seien„politische Angelegenheiten" erörtert worden und die Demonstration sei»gegen dre StaatSiittenssen' gerichtet gewesen.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten