geordnete Beginn der Hinterdlievenenberficherung adermalS und zwarbis zum 1. Januar 1912 hinausgeschoben werden. Bekanntlichwar der ursprüngliche Termin der 1. April 191V, der dann auf den1. April 1911 verschoben wurde. Da aber die Reichsversicherungs-Ordnung nach dem Stande der Beratungen des Reichstagesbis zum 1. April dieses Jahres nicht mehr fertiggestelltund auch das dem Reichstag im Entwurf vorliegende Einführungs«gesetz zur Reichsversicherungsordnung nicht früher als die Reichsver-sicherungsordnung verabschiedet werden kann, muß der Zeitpunkt deSInkrafttretens der Hinterbliebenenoersicherung abermals hinaus-geschoben werden. Denn sonst würde die für den Fall ihres Mcht-Zustandekommens bis zum 1. April im Zolltarif vorgesehene Ersatzmaß»nähme, die Ueberweisung der aus den bisherigen Mehrerträgnissen derNahrungsmittelzölle aufkommenden Imsen und der neuen Mehrerträgean die Versicherungsanstalten, eintreten. Dies muß aber, wie es in derBegründung zu dem Gesetzentwurf heißt, schon um deswillen ver-mieden werden, weil bis jetzt aus den Zollerträgen mit Zinsen nurein Betrag angesammelt ist, der sich im Nennwert auf rundS1V, Millionen Mark und im Kurswert auf rund 46>/z MillionenMark beläuft. Die Zinsen hiervon reichen zur Versorgung derWitwen und Waisen nicht annähernd aus. Die VerbündetenRegierungen nehmen hiernach den 1. Januar 1912 als den Tag deSJnkrastiretens der Reichsversicherungsordnung in Aussicht.Nachwahl im vierten Berliner Landtagswahlkreise.Entsprechend dem Antrage der Wahlprüfungskommission hatdas Plenum des Abgeordnetenhauses am Sonnabend die Wahldes Abg. Kreitling für ungültig erklärt. Dagegen hat es demweitergehenden sozialdemokratischen Protest, den GenossenGrunwald als gewählt zu proklamieren, keine Folge geleistet.Gleichzeitig sind für ungültig erklärt alle Wahlmännerwahlendes vierten Berliner Landtagswahlkreises vom 3. Juni 1907und 13 Wahlen der am 3. Oktober 1910 gewählten Wahl-Männer.Der Wahlkreis steht also vor einer Neuwahl, und dasverdankt er in letzter Linie den wackeren Freisinnsleuten, diees unter der Führung Fischbecks seinerzeit so eilig hatten, diesozialdemokratischen Vertreter Berlins aus dem Landtage hinaus-zukomplimentieren. Nun richten sich die Waffen des Freisinns gegen ihn selbst, ein Erfolg, den Herr Fischbeck undfeine Getreuen nicht vorausgesehen haben. Die Situationist jetzt so, daß nach den Entscheidungen des Abgeordnetenhauses ordnungsmäßig nur unsere Genossen Borgmann, Hirsch,Hoffmann und der Fortschrsttler Runze gewählt sind. Legteiner der übrigen Abgeordneten von Berlin im Laufe derLegislaturperiode sein Mandat nieder, so ist die Ersatzwahlvon vornherein ungültig, es sei denn, daß die Wahlmännergleichfalls auf ihr Amt verzichten; denn alle diese Wahlensind ja auf Grund falscher Listen zustande gekommen. Wirverzichten vorläufig auf ein näheres Eingehen auf diekomplizierte Rechtsfrage. Worauf es für uns ankommt, ist,daß wir uns zur Neuwahl rüsten, die mit einem Siege füruns enden muß. So groß auch die Schwierigkeiten sind, dieAussichten für uns sind nicht schlecht. Am 16. Juni 1908hatten die Fortschrittler 273. der Sozialdemokrat 181 Stimmenerhalten. Von den 133 Wahlmännern, die am 3. Oktober1910 neu zu wählen waren, entfielen 86 auf den Sozial-demokraten, 45 auf den Fortschrittler. Im ganzen erhieltbei der Nachwahl der Sozialdemokrat 193, der Fortschritler269 Stimmen, die Zahl unserer Wahlniänner hatte sich alsogegen 1908 um 12 vermehrt. Bei emsiger Arbeit, wenn jedereinzelne seine Pflicht tut. wird es nicht allzu schwer halten,dem Freisinn eine solche Anzahl von Wahlmännern ab-zunehmen, daß er nicht mehr die Mehrheit hat.Wie verlautet, sollen die Wahlen schon in allernächsterZeit erfolgen. Sorgen wir dafür, daß unsere kleine Landtags-fraktion die so dringend notwendige Verstärkung erfährt lDas meiningensche Gemeindewahlgesetz.Im meinningschen Landtag stand am Freitag die AbänderungdeS Gemeindewahlgesetzes auf der Tagesordnung. DaS ineiningischeGemcindewahlgesetz ist zurzeit daS reaktionärste in Deutschland: fürje IS M. Slaatssteuern kann eine Stimme abgegeben werden; dieHöchstzahl der Stimmen beträgt 10. Das Gesetz wurde 1897 ausFurcht vor der Sozialdemokratie geschaffen. Unsere Fraktion be-anftagte Aufhebung deS 10 Stimmen-Wahlrechts und Einführnngdes früheren EinstimmenrechtS. Die bürgerlichen Parteien obstru-ierten— keine beteiligte sich an der Debatte I— und stimmten densozialdemokratischen Antrag nieder. Ebenso wurde ein anderersozialdemokratischer Antrag auf Anführung einjähriger Etatsperiodenabgelehnt._Die„Deutsche Tageszeitung" als Kritikerin Wilhelm II.Die gutgesinnte Presse bringt zum 90. Geburtstage des Prinz-regenten Luitpold von Bayern nach patriotischer Sitte lange Fest»und Lobartikel. Auch die Oertelsche.Deutsche TageSztg." hat sicheinen solchen Artikel schreiben lassen. Aber ob nun die Redaktionbereits ihren Sommerschlak begonnen hat. oder ob sie noch immer unterden Nachwirkungen der Magenverstimmung aus den feuchtfröhlichenSitzungen der großen agrarischen Woche leidet, Tatsache ist, daßder schöne Festartikel der.Deutschen Tageszeitung" allerlei Ver-gleiche zwischen den Prinzen Luitpold und Wilhelm II. zieht, indenen S. M. recht schlecht wegkommt. So heißt eS z. B. in demArtikel der.Unterhaltungsbeilage":.Ohne ein Schönredner zu sein, kann man behaupten, daß eSzum mindesten die Vorurteilslosigkeit de» Regenten war, die inden neunziger Jahren der neuen Richtung in der Kunst gerade inMünchen Licht und freie Lust gewährte— im Gegensatzzum hohen Norden, �wo m a n ch bedeutendeKünstlernamen an höchst offiziellen Stellennoch immer kaum ausgesprochen werden dürfen.Vorurteilslos, ausgleichend und die Gegensätze mildernd, hatder Regent auch in politischer Beziehung gewirkt.� Bayern ist einLand, in dem das demokratische Prinzip immereine große Rolle gespielt hat� dies hat sich in denletzten dreißig Jahren vielleicht noch verstärkt, und das Landes-oberhaupt hatte eigentlich kaum Gelegenheit, in politischer Be-ziehung persönlich stark hervorzutreten. Um sotiefer ging der stille Einfluß des Regenten, wenn e» galt,allzu große Parteileidenschaften und Gegen-sötze aus das Niveau der Verständigung zubringen.Bezeichnend dafür ist ein sehr politisch gefärbtes Vorkommnis.das«inst nicht nur in Bayern, sondern im ganzen Reich größtesAufsehen erregt hat. Der noch jugendliche KaiserWilhelm EL machte bald nach seiner Thronbesteigung seinenersten Besuch in München und trug sich, als er im Rathauseempfangen wurde, mit der Devise„suprema lex regio voluntao"(deS Königs Wille ist höchstes Gesetz) inS goldene Buch der Stadtein,— ein Satz, der sofort nicht nur in Bayern, sondern in ganzDeutschland und darüber hinaus viel Aufsehen erregte und lebhaftkommentiert wurde. Einige Zeit verging und auch der Regentbesuchte daS Rathaus. Als er sich ebenfalls ins Goldene Bucheingetragen hatte, las man die Worte: oaluo pudlioa■ vpremalex. tDas öffentliche Wohl ist höchstes Gesetz.)Die„Deutsche TageSztg." als Sewunderrn der„Rinnstein-kunst" und deS„demokratischen Prinzips" rechtintereffant._Verbot der Einfuhr von französischem Vieh.Die bayerische und die badische Regierung haben dieEinfuhr von französischem Vieh nach Bayern und Baden vom12. März an wieder verboten.Die Haltung der badischen Regierung ist um so unverständlicher,als vor ganz kurzer Zeit die amtliche„Karlsruher Zeitung' gegenagrarische und Zentrumsangriffe feststellte,„daß bis heute keineinziges aus Frankreich gekommenes Schlacht-Vieh mit der Seuche behaftet war, daß dagegen Schlacht-schweine aus Norddeutschland die Seuche in Baden eingeschleppthaben; erst dadurch habe sie im Lande größere Ausbreitung erlangt".Koburg und Gotha.Im gemeinschaftlichen Landtage für Koburg und Gotha wurdeein Antrag des Abg. Arnold, des Präsidenten des Koburger Land»tages, einstimmig angenommen, der die StaatSrcgierung ersucht,„Erhebungen darüber anzustellen, inwieweit die durch die Ausführungder reichsgesetzlichen Bestimmungen erwachsenden Abgaben zur Her-stellung der finanziellen Gemeinschaft der beidenerzogtümer führen könnten, und wie sich durch eine solcheemeinschaft die Verhältnisse der beiden Herzogtümer in Zukunftgestalten würden."_Presis achverständige.Der preußische Justizminister hat in einer allgemeinen Ver-fügmrg bestimmt, daß die Justizbehörden.in geeigneten Fällen" vondem Anerbieten des„Reichsverbandes der deutschenPresse" Gebrauch machen könnten, erfahrene Sach-verständige zur Erstattung von Gutachten über Fragen, die daSWesen und die Einrichtungen der deutschen Presse betreffen(über dieOrganisasion und den inneren Betrieb des ZeitungSdiensteS, das Verhältnis zwischen Verlag und Redattion, zwischen Anzeigen« undredaktionellem Teil und ähnliche Fragen) zu bezeichnen.Spanien.Der Kampf gegen den Klerikalismus.Madrid, 10. März. Ministerpräsident CanalejaS erklärtein der Deputiertenlammer, er verde noch vor Ablauf eines Monatsden Entwurf zum Vereinsgesetz vorlegen, dessen Text aus-schließlich den Wünschen der öffentlichen Meinung an.gepaßt sei. CanalejaS erinnerte an die mit dem HeiligenStuhl über die Anwendung des Vereinsgesetzes gepflogenenUnterhandlungen. Der Vatikan habe in seiner letzten Noteerklärt, er werde die Verhandlungen nur unter der Bedingungwieder aufnehmen, daß der Gesetzentwurf ihm unterbreitetund Gegenstand eines UebereinkommenS mit ihm würde.Die Regierung könne die Ausübung der nationalen Souveränitätjedoch nicht von dem Ergebnis von Unterhandlungenmit dem Heiligen Stuhl a bhängig machen und habe diesemdaher ein« entsprechende Antwort erteilt..England.Eiue Revolte im liberalen Lager.London, 8. März.(Eig. Ver.) Herrn Asguith ist es ge-lungen, die liberalen Rebellen von Wales vorläufig zu be-schwichtiaen. Die walisische liberale Partei, die ganz im Banneder nonkonformistischen Klerisei steht und die Trennung deranglikanischen Kirche vom Staat in Wales als Hauptforde-rung auf ihre Fahne geschrieben hat, drohte nach mehrerenEnttäuschungen schließlich der Regierung ihre Unterstützung zuentziehen, wenn der Premierminister nicht schleunigst eine Vor-läge zur Erfüllung der erwähnten Forderung einbrächte. EinerDeputation walisischer Liberaler erklärte Herr Asquith gestern:„Es ist die Absicht der Regierung, der Vorlage über die Treu-nung der Kirche vom Staat in Wales— vorausgesetzt, daß dieParlamentsbill in diesem Jahr Gesetzeskraft erlangt— imnächsten Jahre eine Stellung anzuweisen, die es möglichmachen würde, während der Dauer des bestchenden Paria-ments das Veto der Lords unwirksam zu machen."Wenn alles nach dem Schnürchen geht und die Paria-mentsbill in diesem Jahr Gesetzeskraft erlangt, so können dieWaliser demnach hoffen, gegen Ende des Jahres 1914 ihr Zielzu erreichen. Die erste Vorlage über diesen Punkt wurde imJahre 1895 von Asquith. der damals Minister des Innernwar, eingebracht und erlebte die zweite Lesung; während derKomiteeberatungen fiel das Ministerium Rosebery. Die zweitefast identische Bill wurde zu Anfang des Jahres 1909 in An-griff genommen, aber schon nach der ersten Lesung wiederfallen gelassen. Die Regierung versprach damals, die Vorlageals ersten Punkt der folgenden Session vorzunehmen. Mankann eS unter diesen Umständen wohl verstehen, wenn die wali-fischen Liberalen uitgehalten sind und beständig mit Revoltedrohen.Ob Asquiths Versprechen die Waliser lange befriedigenwird, ist sehr zweifelhaft. Sie verlangen bestimmt, daß dieVorlage betreffend die Lostrennung der anglikanischen Kirchevom Staate in Wales als erste tm nächsten Jahre vorge-nommen und durch alle Etappen bis zur Annahme gebrachtwerden soll. Sie mißtrauen ihrem irischen Bundesgenossen,der sie vielleicht im Stiche lassen könnte, sobald er der Home-rule sicher ist, und sie wünschen daher die gleichzeitige Juan-griffnahme der walisischen wie der irischen Vorlage. Aus derveröffentlichten Besprechung zwischen den Vertretern der wali-fischen Partei und den walisischen Parlamentsmitgliedern gehtklar hervor, daß die Waliser fest entschlossen sind, der Regie-rung ihre Unterstützung zu entziehen, sollte die walisische Vor-läge durch Homerule in irgend einer Weise gefährdet werden.Die Schiffe de» letzte« Jahre».In der Zeit vom 1. April 1910 bis zum 31. März 1911 sindfolgende Schiffe fertiggestellt: 1 Schlachtschiff, 1 Panzerkreuzer.5 geschützte und 1 ungeschützter Kreuzer, 88 TorpedobootSzerstörerund 3 Unterseeboote. Am i. April 1911 werden im Bau sein10 Schlachtschiffe, 3 Panzerkreuzer, 7 geschützte und Sun»geschützte Kreuzer, 32 TorpedobootSzerstörer, 12 Unterseeboote.Von diesen werden, wie man erwartet, mit Ende deS Finanzjahres1911/12 vollendet sein: 6 Schlachtschiffe, 2 Panzerkreuzer.4 geschützte und 2 ungeschützte Kreuzer. 29 TorpedobootSzerstörerund S Unterseeboote. Auch 2 Schwimmdocks für Portsmouth undden Medway sollen mit Ende des Finanzjahre? 1911/12 vollendetsein. Hinzukommen die am 1. April 1911 für die Kolonien imBau begriffenen Schiffe, nämlich 2 Panzerkreuzer, 2 ge-schützte Kreuzer und 2 Unterseeboote.Die A r b« i t e r a u ö st ä n d«. die im Jahre 1910 vorgekommenstnd, haben in gewisser Hinsicht den Fortschritt mancher Schiffsbautenaufgehalten, doch erwartet man, daß fast alle in Betrachtkommenden Schiffe zu den in den Lieferungskontrakten angegebenenZeitpunkten vollendet sein werden. Neue Arbeiten von großer AuS-dehnung find für daS kommende Jahr nicht vorgeschlagen, doch istein zweite» Dock für Rosyth in Auftrag gegeben worden.COMDer Aufftand in Arabien.Konstantmopel, 11. März. Von dem Oberkommandanten derTruppen im D e m e n ist die telegraphische Meldung eingegangen,daß er von Menakha und Hadschile her einen kombinierten Angriffunternommen habe, um die Orte Lehab und SulnS im DistrikteHaras von Aufständischen zu säubern. Nach dreitägigenKämpfen seien die meisten der Dörfer und Befestigungen in dieHände derTruppen gefallen und weitere Aufständische hättensich ergeben.Marokko.Niederlage der Aufständischen.Tanger, 10. März. Kuriere von der Mahalla des SultanS be«richteten, daß die Mahalla, von befreundeten Stämmen unter-stützt, die Aufständischen gestern bei dem Berge Jelfat g c-schlagen, und daß ihre Artillerie ihnen schwere Verlust«beigebracht hat. Die Mahalla umzingelte die Scherarda, die vieleTote und Verwundete hatten. Alle Duars der Scherarda wurdenin Brand gesteckt. Von der Mahalla wurden sechs Manngetötet.Amerika.Tie Gründe der Mobilmachung.Washington, 11. März. Die beunruhigenden europäischenDepeschen und Preßnachrichten über die amerikanische Hal«t u n g gegenüber Mexiko sind völlig unbegründet. Keineeuropäische Regierung hat der amerikanischen RegierungVorstellungen gemacht über irgendeine Gefahr, die den Untertanenoder dem Besitztum europäischer Mächte in Mexiko drohe. Dieeinzige beschwerdeführende Regierung war die mexikanische;die Grundlage der Beschwerde ist die Verletzung derNeutralitätsgesetze an der Rio Grande-Grenze, indemdie Rebellen, wenn sie geschlagen worden sind, ungehindertdie amerikanische Grenze überschreiten, sich neu bewaffnen undverproviantieren und, durch zahlreiche amerikanische Abenteurerverstärkt, bei günstiger Gelegenheit nach Mexiko zurückkehren unddie Rebellion wieder aufnehmen. Ohne diese Verletzung derNeutralitätsgesetze, behauptet die Regierung des PräsidentenDiaz, wäre sie schon längst imstande gewesen, den Aufftand zuunterdrücken/ Die Vorstellungen der mexikanischen Regierungwurden immer dringender, bis sich Präsident Taft gezwungen sah,den Chef der Armee um Aufklärung zu ersuchen, warum die Armeeso wenig täte, um die Neutralitätsgesetze aufrechtzuerhalten. DieAntwort lautete, daß die Trnppenaufftellung an der 1200 Meilenlangen Grenze zu gering wäre, um die Grenze wirksam zu be-schützen. Bei dem bekannten Ehrgeiz des jetzigen Chefs derArmee, General Wood, dem eine andere Gelegenheit wahrschein-lich gefehlt hätte, 20 000 Mann, nach amerikanischen Begriffen einegroße Armee, zu konzentrieren, kann man sich leicht vorstellen, wieeS ihm gelungen ist, den Präsidenten zu überzeugen, daß einewirkliche Beschützung der Grenze auf keine andere Weise zu er-möglichen sei. Daß die Sachlage der Regierung nicht überauswichtig erscheint und nur großen Eindruck auf die gelbePresse macht, welche Verwickelungen mit europäi-schen Mächten wittert, geht daraus hervor, daß PräsidentTaft gestern von Washington abgereist und Staatssekretär Knoxauf Ferien ist, so daß, da außerdem der Unterstaatssekretär krankist, augenblicklich niemand in Washington weilt, ummit den europäischen Vertretern zu verhandeln.Die Haltung der deutschen Regiernng.Die„Köln. Zeitung" schreibt offiziös:«Wir haben ein natürliches Interesse daran, daß Mexiko,mit dem wir rege wirtschaftliche Beziehungen unterhalten, sich ge-ordneter Verhältnisse erfreue, und wir würden eS aus diesemGrunde mit Genugtuung begrüßen, wenn die gegenwärtigenWirren bald ein Ende nähmen. Bisher liegen hier keinerlei Nach-richten vor, daß Leben oder Eigentum deutscherStaatsbürger in Mexiko bedroht seien, und die Regierungist daher auch noch nicht in die Lage gekommen, über Schutzmaß-regeln nachzudenken. Sollten in mexikanischen Hafenstädten Un-ruhen vorkommen, bei denen die fremden Behörden deutsche Bürgernicht ausreichend schützen könnten, so würde Deutschland zu er-wägen haben, ob es von einem klaren und auch von den Ver-einigten Staaten stets rückhaltlos anerkannten Rechte Gebrauchmachen und Kriegsschiffe dorthin senden soll. Von dieserAusübung eine? unbestrittenen Rechtes bis zu einer Einmischungin die inneren Verhältnisse Mexikos ist aber ein himmelweiterWeg. dessen Zurücklegung kein vernünftiger Mensch in Deutschlandanempfehlen wird. Selbst wenn die jetzigen Unruhen zu einer voll-ständigen Umwälzung der mexikanischen Verhältnisse führen sollten.selbst wenn die Vereinigten Staaten von Mexiko um Einverleibunggebeten werden sollten, oder wenn Nordamerika diese Einverleibunggegen den Willen der Mexikaner vornähme, würde Deutschlandsicher nicht der Don Quichote sein, der bei dieser Gelegen-heit vom Leder zöge. Wie sich die amerikanischen Staaten untersich vertragen, ist ihre Sache, und wenn wir schon in Europa nichtden Drang empfinden, den HansDampf inallen Gassenzu spielen, so trifft das noch mehr auf Amerika zu. Von unsererSeite droht also der Monroelehrekeine Gefahr, und obman sie ruhig in den Archiven schlafen läßt, oder sie ab und zuherausholt, um sie abzustauben, bleibt für uns ohne jede Be-deutung."_Hus der Partei.„rw- Ten siebzigsten Geburtstagbegeht am heutigen Tage ein verdienter Kämpfer der Partei.Genosse Klee» in Magdeburg. Seit dem Jahre 1868 hat er inden Reihen der Sozialdemokratie seinen Mann gestanden, in diesemJahre schloß er sich der jungen Bewegung in Magdeburg an. Inschweren, gefährlichen Zeiten hat er treu zur Fahne gestandenund sein Bestes für die Arbeitersache getan. 1893 sandte ihn Magde-bürg als seinen Vertreter in den Reichstag, von 1398 bis 1903vertrat er den Wahlkreis Sorau-Forst im Reichsparlament. DemParteitag von Magdeburg hat er neben dem Genossen Dietz präsi-dicrt, in der Begrüßungsrede gab er den Delegierten ein lebendigesBild von der Entwickelung der Bewegung in Magdeburg, die ervon bescheidenen Anfängen bis zur heutigen Höhe mit hat fördernhelfen. Die deutsche Sozialdemokratie beglückwünscht den Vcte-ranen zu seinem Ehrentage.— möge er ihr seine Kräfte noch rechtlange erhalten lDie angeblich beleidigte Marine.Kiel, 11. März.(Privattelegramm deS„Vorwärts".)',Genosse Redakteur H e n s ch e l von der SchleSwig-Holssteinischen VolkSzeitung" wurde zu sechs MonatenGefängnis verurteilt wegen Beleidigung der Offiziere undMannschaften deS Kreuzers„Blücher". Die Beleidigung soll ent-halten sein in einer Notiz über angebliche Meuterei auf der„Blücher". Die Begründung sagt, daß die Offiziere und die Mann.schaff der Marine vor In- und Ausland In«in schlechte» Lichtgesetzt worden seien«