• Set frimms katholischs Politike'ging d'a�ün SUZ.?aF damals noch eine Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses mit den Stimmen seiner Partei sogar die fakultative Leichenberbren- nung abgelehnt hatte. Er stellte sich auch durchaus auf dem Stand- Punkt, daß die religiöse Uebung und Sitte des Beerdigens..ihren hohen Wert" habe und«oft der Faden" sei,«der Millionen Men- schen am Bekenntnis zum Glauben ihrer Kindheit festhält und sie auch innerlich den Weg zu diesem Glauben wiederfinden läßt". Auch er leugnete also durchaus nicht, daß die Verbrennungsfrage eine kirchliche Macht frage für das Zentrum sei. Und trotzdem stellte er sich aufden Standpunktder Zu- lassung der Leichenverbrennung und ihrer U s ch e n u r n e n. Er tat dies mit folgenden Worten: «U ebereifrige Katholiken haben aus diesen Gesichts- Punkten den Schluß gezogen, daß man den Anhängern der Feuer- bestattung jede Berücksichtigung verwehren muß, daß ihnen die Beisetzung der Aschenreste auf dem christlichen Friedhofe Melaten höchstens in der gleichen Form, wie die Äe- stattung der Leichen erfolgt, zu gestatten sei; sie sind soweit ge- gangen, zu sagen, daß, wenn ein Urnenhain eingeführt würde, sich die Toten im Grabe umkehren würden. Das sind über- triebene und ungerechtfertigte Ausführungen. Einen christlichen Friedhof Melaten gibt eS nicht, es gibt auf diesem Friedhofe nur sehr viele christliche Gräber. Das Kreuz und die seit alter Zeit gebrauchte Kapelle dürfen nicht irreführen: jeder Bürger hat das Recht, dort beerdigt zu werden, ohne Rück- ficht auf die Konfession..-. Wenn die Toten auf dem Friedhofe Melaten an dem Glauben jener, die neben ihnen ruhen, an ihrem positiven oder negativen Glauben, keinen Anstoß nehmen dürfen, i'o v e r st e h e ich für meine Person nicht, warum urch die Art der Bestattung die Bevölkerung so beun- ruhigt wird. Die Tatsache, daß einzelne Mit- bürger die Feuerbestattung vorziehen, ist nicht aus der Welt zu schaffen. Man muß mit dieser Tatsache rechnen, und wir rechnen damit, aber in einer Form, welche die Gefühle Andersdenkender nicht verletzt, oder besser, da Gefühle sehr verschieden sind, sie möglichst wenig verletzt. Dies sind die Gesichtspunkte, von denen die Jen« trumsfraktion sich von jeher hat leiten lassen. Bezüglich des„Wie" gingen die Ansichten auseinander. Die große Mehrheit der Fraktion und ich selbst waren der Ansicht, daß die Zuweisung einer besonderen Abteilung für die Anhänger der Feuerbestattung bei den Anhängern der christlichen Sitte am wenig st en verletze. Von diesem Gesichtspunkte aus haben wir unseren Standpunkt eingenommen, und habe ich selb st in der Kom- m i s s, o n d a f ü r g e st i m m t, will aber offenherzig berichten, daß dabei auch ein praktischer Gesichtspunkt maßgebend gewesen ist. Wir sagten uns: wenn nun das Recht der Wahl des Ortes der Beisetzung, welches einer Gruppe bereits zusteht, auch einer zweiten Gruppe nunmehr eingeräumt wird, dann wird nichts mehr im Wege stehen, daß das gleiche Recht der Wahl des OrteS der Beisetzung auch der größten Gruppe eingeräumt wird." Ohne Kuhhandel geht es beim Zentrum nirgends. Deshalb hat der Kölner ZentrumSsührer sein Zugeständnis zum 2lZ. Mai 1904 sofort zu dem Versuch benutzt, eine konfessionell getrennte katholische FriedhofSabteilung für Köln-Melaten herauszuschlagen. Das ist nämlich der Sinn seiner letzten Sätze. Aber das ändert nicht das geringste an der Tatsache, daß das Zentrum sich zur Leichenver- brennung und ihren praktischen Konsequenzen sehr wohl auch anders stellen kann, als es ihm jetzt gegenüber dem preußischen Entwurf beliebt. Im Gegenteil: da der Kölner Zentrumsführer mit seinem Zugeständnis Handel treiben wollte, so muß es ihm sehr ernst mit der sofortigen Umsetzung seiner Versprechungen in die Praxi» gewesen sein. Er hat also vor sieben Jahren alle die Sprüche, die heute die„Germania" gegen die Feuerbestattung aus- gräbt, als„übertriebene und ungerechtfertigte Ausführungen" im voraus gekennzeichnet; er hat ausdrücklich erklärt, daß man mit der Tatsache der Feuerbestattung" und damit,„daß sie einzelne Mitbürger vorziehen",„rechnen müsse", und er hat sich sogar pole- misch und mißbilligend gegen diejenigen Katholiken gewendet, die für solche Lebenstatsachen kein Verständnis haben. Deshalb bleibe uns doch heute das preußische Zentrum mit seinen kirchlichen Einwendungen vom Halse und wolle nicht einen fakultativen Fortschritt zu verhindern suchen, den bereits die Frömmsten seiner Partei für unbedenklich erklärt haben! Oder sollte das Ostelbierreich, weil seine römischen Priester neuestens den Modernisteneid geschworen haben, dem römischen Aberglauben zu Gefallen, noch hinter den— Sandwichsinseln rangieren, für die die römische Kongregation der Propaganda kürzlich aus Ansuchen des apostolischen VikarS die Erlaubnis für die Geistlichkeit gegeben hat, dm landesüblichen Leichenverbrennungen gmtlich beizu- wohgenli_ poUtifchc Qcbcrlicbt» Berlin , den 14. Marz 1911. Vom selbstlosen Staat. Aus dem Reichstag , 14. März. Eröffnet wurde heute die Debatte durch den Dänen Hansen, der bittere Klage führte über die rechtswidrigen Verfolgungen, mit denen die preußische Burcaukratie die Dänen sowohl wie die Polen und Sozialdemokraten beehrt. Als er an Einzelfällen nach- zuweisen sich bemühte, wie durch D r angsalierung des Turnunterrichts, den Dänen oder Sozialdemokraten er- teilen, die preußische Verwaltimg sowohl gegen§35 der Gewerbe- ordnung wie gegen Entscheidungen des Reichsgerichts verstößt, wurde er vom Präsidenten Spahn beharrlich unterbrochen. Es gelang Hansen aber doch, die Richtigkeit seiner Beschwerden zu erhärten. Dann richtete der konservative Graf K a n i tz einen weh- mutigen Appell an die Freisinnigen, doch zum Schutzzoll sich zu bekehren, dann könnte auf wirtschaftspolitischer Grundlage ein Zusammenschluß aller bürgerlichen Par- teien gegen die Sozialdemokratie bei den nächsten Wahlen erfolgen. Schließlich versuchte er den Banken den Pelz zu waschen, wagte aber nicht, ihn naß zu machen. � Dann behandelte Genosse Hoch in umfaffender Weise die Verteidigungsrede des Staatssekretärs Delbrück vom vorhergehenden Tage. An den gegenwärtigen Vorlagen und ihrem Geschick wies er nach, wie wenig gerechtfertigt die ruhin- redige Verherrlichung der Sozialpolitik des Bethmann-Kurses ist. Wolle doch, um hier nur ein Beispiel anzuführen, die Regierung das Arbeitskammergesetz an der beschlossenen Zu- lassung der Arbeitersekretäre scheitern lassen. j£>i? Gewerbeinspektion sei obendrein zu einem offiziellen Schönfärberinstitut herabgewürdigt. In flammenden Worten brandmarkte Hoch dann die Verfolgung der sozialdemokratischen Jugendbewegung, trotz- dem sie völlig den Gesetzesbestimmungen angepaßt sei. Durch solches kulturwidriges Tun beweise gerade die Regierung, daß es ihr nicht ernst sei mit ihrer angeblichen Förderung der Arbeiterschaft. Auch die Haltlosigkeit der von ver- schiedenen Rednern nachgebeteten Behauptung, die Sozial- demokratio und die freien Gewerkschaften trieben Terrorismus, zertrümmerte unser Genosse, indem er gleichzeitig den Nach- weis führte, baß der Staat wie die Unternehmer beständig den schlimmsten Terrorismus den Arbeitern gegenüber ausübten. Schließlich wies Hoch darauf hin, daß die auch von bürger- lichen Politikern befürchteten großkapitalistischen Schädigungen des Volkswohls nur durch die Arbeiterschaft ernstlich bekämpft und durch den Sozialismus überwunden werden könnten. Der Staatssekretär war durch den Vorwurf Hochs, daß er über seine Beziehungen zum Scharfmachertum sich be- harrlich ausschweige, hervorgelockt worden. Er suchte seine Dinerfreundschaft mit Bueck etwa in der nämlichen Weise zu rechtfertigen, wie Jagows Freunde dessen Bemühungen um einen Sonntagnachmittagstee bei einer Schauspielerin als eine Tat freien und vorurteilslosen Menschentums angepriesen haben. In dem Versuche, die Kulturhöhe des deutschen Arbeiters auf die wohlwollende Unter- stützung der Regierung zurückzuführen, prägte er dann das Wort vom„selbstlosen Staat", woraus hervor- geht, daß der Herr Staatssekretär noch in der patriarchalischen Vorstellung lebt, der„Staat" sei eine Gesellschaft edler Menschenfreunde, die alle„Stände" mit gleicher Liebe be- hüte und gängele. Und so was wagt sich an das Tageslicht im Polizeistaat Preußen! Morgen geht die Debatte weiter. Prenstische Jugendbildung. DaS Abgeordnetenhaus setzte am Dienstag die Beratung deS Kapitels.Elementar-Unterrichtswesen' fort und nahm zunächst einen Antrag der Budgetkommission an, die Regierung zu ersuchen, die untergeordneten Behörden zu veranlassen, auf Vermehrung von Hilfsschulen für schwachbeanlagte Kinder der Volksschule hinzuwirken und darüber zu wachen, daß der konfessionelle Charakter dieser Schulen gewahrt werde. Also selbst diesen geistig minder« wertigen Kindern soll der Kopf durch muckerische Bestrebungen ver- dreht, sie sollen vollends verdummt werden. Das ist geradezu ein Verbrechen an den Kindern, gegen das gar nicht scharf genug Protest eingelegt werden kann. Die weitere Debatte drehte sich um die Frage der Ost» markenzulage, jenen KorruptionSfondS, den die Hakatisten noch verderbenbringender dadurch gestalten möchten, daß sie die Zu- lagen erhöhen wollen. Ein entsprechender Antrag wurde der Budget- kommission überwiesen. Endlich kam man zur Beratung der famosen Million, die in den Kultusctat eingestellt ist„zu Beihilfen für Veranstaltungen dritter zwecks Förderung der Pflege der schulentlassenen männlichen Jugend sowie zur Ausbildung und Anleitung von für die Jugendpflege geeigneten Personen, ein langer Titel für eine sehr einfache Sache. In Wirklichkeit handelt eS sich um Mittel zur Bekämpfung der sozialdemokratischen Jugenderziehung, in der die herrschenden Klassen eine schwere Gefahr wittern, weil«ufgeNärte junge Leute sich im späteren Leben nicht als TuöbeutungSobjekte in geistiger und wirt- schaftlicher Hinsicht mißbrauchen lassen. Die Redner der Konserva- liven und deS Zentrums, die Herren Heckenroth und Kester- nich erklärten denn auch ihre volle uneingeschränkte Zustimmung zu dem Plan der Regierung, letzterer nicht, ohne die Gelegenheit zu benutzen, unter törichten Ausfällen gegen die Sozialdemokratie den Minister um Unterstützung der katholischen Vereine anzuschnorren. Nach siebenstündiger Dauer wird die Sitzung auf dm Abend vertagt. � In der Abendsitzung zerbrachen sich die paar Dutzend „Volksvertreter", die ihrer gesetzgeberischen Pflicht nachkamen, ihre Köpfe weiter darüber, wie man die Jugend von der Berührung mit der Sozialdemokratie bewahren könne. Abg. v. Schencken- dorff(natl.) begrüßte den Plan der Regierung aufs herzlichste, Abg. Dr. F l e s ch sVp.) stand ihm zwar etwas skeptischer gegen- über, hatte aber keinerlei grundsätzliche Bedenken gegen die Be- willigung der Million. Daß d«S Geld der Steuerzahler tatsächlich einzig und allein zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, zur Züchtung einer hurrapatriotischen Gesinnung verwendet werden I, gab der Kultusminister in dankenswerter Offenheit zu. Das Verdienst unseres Genossen S t r ö b e l ist eS, in wir- kungsvoller Rede der Katze die Schellen umgehängt und die Bildungs- feindlichkeit der herrschenden Klassen an den Pranger gestellt zu haben. Im Gegensatz zu den Rednern der bürgerlichen Parteien betonte er vor allem die Pflicht des Staates, die Jugend zu schützen gegen soziale Ausbeutung und politische Knechtung, zeigte er, was es mit der«vaterländischen Gesinnung" auf sich hat. die die söge- nannten Ordnungsparteien in Erbpacht genommen zu haben be- haupten. schilderte er in markanten Zügen das sozialdemokratische BildungSideal. brandmarkte er die kulturfeindliche Haltung der kon- ervativ-klerikalen Gesellschaft. Dem Zentrum und den Konservativen war bei den Ausführungen unseres Genossen nicht wohl zu Mute, aber auch die Liberalen mußten manchen berechtigten Vorwurf ob ihrer waschlappigen Haltung hinnehmen. Nicht minder bemerkenS- wert war StröbelS Kennzeichnung der Heuchelei unserer Gegner, die ihre Jugendorganisationen als unpolitische hinstellen, während iie in Wirklichkeit mindestens in demselben Maße politisch sind wie die unseligen. Alles in allem zeigte unser Genosse, wie turmhoch über der bürgerlichen Jugendbildung trotz staatlicher Subvention die proletarische steht, die sich nicht nur keiner staatlichen Unterstützung erfreut, sondern von den Behörden systematisch drangsaliert wird. Der Präsident kargte nicht mit Ordnungsrufen, aber da Ströbel den dritten Ordnungsruf erst bei dem letzten Wort seiner Rede erhielt, war die Wortentziehung nicht möglich, zum mindesten wäre sie wirkungslos geblieben. Nach Bewilligung der Position vertagte sich das Haus auf Mittwoch.'_ Zweckverband Grost-Berlm. Die ZweckverbandSkommission des Abgeordnetenhauses setzte am Dienstag ihre Beratungen über K 4 lllebernahme von Bahnen) fort. Ein konservativer Antrag will Kreisen und Gemeinden deS Verbands- gebietS die Verpflichtung auferlegen, dem Verbände auf Verlangen die ihnen gehörigen Bahnen mit allen Rechten und Pflichten zu übereignen, doch sollen die Kreise und Gemeinden ihrerseits be- anspruchen dürfen, daß die Uebernahme auf diejenigen ihnen gehörigen Bahnlinien ausgedehnt wird, deren Betrieb andernfalls unwirtschaftlich werden würde. Soweit der Verband Bahnen betreibt, betreiben läßt, herstellt, ändert oder erweitert, soll er berechtigt sein, die hierzu erforderlichen Wege, welche von den Kreisen oder Gemeinden des Verbandsgebietes zu unterhalten find oder ihnen gehören, zu benutzen. Ferner sollen mit Inkrafttreten des Gesetzes die bezüglich privater Bahnunternchmungen durch Straßenbenutzungs. Verträge oder in anderer Weise entstandenen Rechte und Pflichten der Kreise und Gemeinden des Verbandsgebietes auf den Verband übergehen. Privaten Bahnuntenrehmern gegenüber, die nach dem Kleinbahngesetz zur Benutzung öffentlicher Wege im VcrbandSgebiete die Zustimmung der WegeunterhaltungSpflichrigen beizubringen haben, sollen die den letzteren eingeräumten Rechte dem Verband zustehen. Vor Erteilung der Zustimmung hat sich der Verband deS Einverständnisses der W-geunterhaltungspflichtigen zu versichern. Auf Erfordern des Verbandes sind die Kreise und Gemeinden verpflichtet, den Be» trieb der Verbandsbahnen für dessen Rechnung zu übernehmen. Für die Ueberlassung von Bahnen der Kreise und Gemeinden des ver» bandsgebietes sowie für Eingriffe in deren Rechte Hai der Verband angemessene Entschädigung zu leisten, doch soll diese Entschädigungs- Pflicht fortfallen, loenn die Rechte gegenüber privaten Unternehmern erst nach dem 1. Dezember 1910 erworben sind. Auch soll der Ver- band daS Recht erhalten, wenn ihm durch solche nach dem genannten Tage geschloffenen Verträge erhebliche Lasten auferlegt sind, denen entsprechende Vorteile nicht gegenüberstehen» von den beteiligten Kreisen oder Gemeinden Schadloshaltung zu verlangen. Diese Bestimmungen finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, daß der Vertragsschluß nicht zwecks Umgehung der Folgen des Gesetzes erfolgt ist. In der Debatte über diesen Antrag, zu dem verschiedene Ab- änderungsanträge gestellt wurden, führte ein Regierungskommissar aus, daß nach der Regierungsvorlage nur die Verträge mit den privaten Unternehmern, welche Bahnkonzessionen darstellten, auf den Verband übergehen, nicht aber solche Verträge, auf Grund deren Privatunternehmer Gemeindebahnen betreiben. Von Interesse waren die Ausführungen eines anderen RegierungsvertreterS. daß die Unter- grundbahn Wilmersdorf, deren Verlängerung nach Dahlem pro- jektiert sei, gar nicht unter das Gesetz falle, denn eS handele sich hier um einen Betriebsvertrag und nicht um einen KonzesfionL- vertrag. Es bedeute einen Sprung ins Dunkle, wenn man den Verband verpflichten wolle, auch solche Bahnen zu übernehmen. Nach längeren Auseinandersetzungen, die sich fast ausschließlich um juristische Fragen drehten, wurde der konservative Antrag mit geringfügigen Aenderungen angenommen. Der auf den llebergang von Bahnen bezügliche Teil erhielt folgende Fassung: Mit dem Inkrafttreten diese? Gesetzes gehen die gegenüber privaten Bahnuntcrnehmern staatlich genehmigten, insbesondere durch Straßenbenutzungsverträge begründeten Rechte und Pflichten der Kreise und Gemeinden aus den Verband über; so weit die Ausübung solcher Rewte von der Zustimmung anderer Kreise oder Gemeinden des BerbandSgebietes abhängig ist» geht dieses Zu- stimmungSrecht unter. Die nächste Sitzung findet am Freitagabend statt. Elfaß-lothringische Verfassungsreform. DaS Zentrum möchte sich um jeden Preis das Wohlwollen der Regierung erhalten. Deshalb haben heute seine Vertreter in der ReichstagSkommission für die Beratung der elsaß -lothringischen 23er- fassungSfrage sich dem Regierungsvorschlag. der Elsaß- Lothringen drei Stimmen im Bundesrat gewährt, angeschlossen. Mit 18 gegen 9 Stimmen wurde in der Sitzung folgender Antrag angenommen: „DaS Reichsland Elsaß-Lothringen gilt im Sinne der Art. 0 Absatz 2 und Art. 7 und 8 der Reichsverfassung als Bundesstaat. Die Staatsgewalt wird in ihm vom Kaiser ausgeübt." Dafür stimmten Zentrum, Nationalliberale, Fortschrittler, ein Reichsparteiler und ein Pole. Die Bestimmung, die im Antrag enthalten war, der Kaiser übe die NeichSgewalt„im Namen des Reichs" aus, wurde mit 1t gegen 13 Stimmen gestrichen. Die vorhergehende Debatte war sehr lebhaft. Der Reichsparteiler V. Dirksen beklagte daS zu große Entgegenkommen der Regierung, das in der Gewährung von drei BundeSratSstimmen liege. Die Be- stätigung des Bürgermeisters Forrel in Metz habe einen üblen Ein- druck gemacht. Der Antisemit Gräf (Weimar ) erblickt in dem Eni- gegenkommen geradezu eine Entmannung Preußens. Daß die Elsaß- Lothringer für die Selbständigkeit noch nicht reif seien, gehe aus ihrer ablehenden Haltung gegen die Militärvorlagen hervor. In ähnlicher Weise äußerten sich auch die konservativen Abgg. WInckler und Wagner. Der letztere erblickte in der Vorlage sogar ein Aus- nahmegesetz gegen Preußen. Abg. Spahn erklärte die Zustimmung seiner Partei zu den Re gie r u n g S v o r sch l ä g e n. Die Be- stimmmung.daß die elsaß-lothringischenBundeS» ratSstimmen nicht gezählt werden sollten, wenn Preußen nur mit diesen Stimmen die Mehrheit haben würde, solle verhindern, daß der Einfluß Preußens im Bundesrat durch die Neuordnung verstärkt werde. Abg. Müller-Meiningen und Abg. Basiermann erkannten an, daß Preußen ein gewisses Entgegenkommen gezeigt habe. Die sozialdemokratischen Redner, Böhle und Ledebour , erklärten, daß sie ihre endgültige Stellung von der Gestaltung deS Gesamt- gesetzes abhängig machen würden, namentlich aber auch davon, auf welcher Grundlage die Landesgesetzgebung aufgebaut und wie das Wahlrecht gestaltet werde. Staatssekretär Delbrück bestritt, daß Preußen entmaimt werde. Das würde richtig sein, wenn man Preußen die Vertretung Elsaß - Lothringens im Bundesrate abgetrotzt hätte. Aber Preußen selbst habe den entsprechenden Vorschlag gemacht.— Die weitere Beratung wurde auf Mittwoch vertagt. ... WaS wird die Anhängerschaft deS Zentrums in den Reichslanden zu dieser Stellungnahme sagen? Bis in die letzten Tage hat die Zentrumspresse in Elsaß-Lothringen keinen Zweifel darüber gelassen. daß sie auf eine strikte Ablehnung des RcgierungSvorschlageS rechnet. DaS Hauptorgan, der in Straßburg erscheinende„Elsässer " teilt in der Sonnabendnummer mit, daß ihm au» seinem Leserkreis von Vertrauensmännern Zuschriften zugegangen seien, die die Ab- l e h n u n g der Vorlage auch in der neuen Form verlangen, Ihrerseits ließ die Redaktion über ihre gleichgerichtete Haltung schon tagS vorher leinen Zweisel. Die„OberelsässischeLandeS- z e i t u n g", das ZentrumSorgan in Mülhausen , warnt die Zentrumsfraktion dringend vor einer optimistischen Auf- sassung der Situation und erllärt, wenn l)i*_ Regierung auch„in gewissen anderen Punkten(Stellung des Statthalters. Erste Kammer, Wahlrecht zur Zweiten Kammer mit Wahlkreis« einteilnng) ebenso entgegenkommt, wie bei der Frage der Bundes- ratSstimmen", werde man mit ihr reden können.„Son st nicht!" Der in Colmar erscheinende„Elsässer Kurirr" erklärt kategorisch, die Stellungnahme der Elsaß-Lothringer gegenüber dem neuen Borschlog könne nur in der u nbedingten Ablehnung sein: DaS Zugeständnis der drei BundeSratSstimmen an sich wäre recht dankenswert,„aber wenn es heißt, wir müssen um dieser drei BundeSratSstimmen willen auf unsere Autonomieforderung ver« zichten und alles andere unbesehen mit in den Kauf nehmen, Erste Kammer usw., das ist ganz unannehmbar." Und der Reichstagsabgeordnete Delsor. der selber Mitglied der Reichs- tagskommission für die VerfasiungSvorlage ist, schreibt in der„Revue Eatholique " nicht minder entschlossen: „Mag der Entwurf fallen, wir werden ihm keine Träne tnS Grab nachweinen; mag er angenommen werden, um so schlimmer! Wenn nur keiner von unS und kelner von unseren Freunden die Hand zu einem Werke geliehen hat. welches das Elsaß mit Entrüstung zurück- w e i st. Es handelt sich nicht um die Alles- oder NichtSpolitit. d,e immer zu verurteilen ist, sondern darum: unter dem sck-önen Namen.Katserland' eine heuchlerische Ei.nver- lerbung in Preußen abzuweisen, die noch schädlicher»st. als die frank und freie Einverleibung. Wir haben 40 Jahre ge- wartet.� Wir können noch länger warten...." In ähnlicher Weise äußert sich die lothringische klerikal« Presse. in welcher der.Lorrain" de« Abb« Colli» mit Emschiedonheil und Rachdruck den Standpunkt der kompromißloseu Ah» lehnung vertritt.
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