Nr. 74. 28. Jahrgang.2. Keil«« i>cs lMer Uslksbl«!!.Aitlisiltg, 28. Marz mlPartei- Hn gelegenkeiten.Dritter Wahlkreis. Den Mitgliedern, welche an den VorträgendeS Genossen Eichhorn teilzunehmen wünschen, zur Nachricht, dahdieselben jeden Mittwoch mit Ausnahme des Zahlabends in WilkesFestsälen, Sebastianstratze 39, stattfinden. Anfang abends S'/z Uhr.Als Legitimation ist das Mitgliedsbuch mitzubringen.Der Vorstand.Charlottenburg. Am Mittwoch, den 29. März, abends 8>/z Uhr:Gruppenversammlung der vierten Gruppe im Bollshause,Rosinenstr. 3. Tagesordnung: Vortrag und Gruppenangelegenheiten.Der Vorstand.Schönedcrg. Heute, Dienstag, den 28. d. M., abends 8 Uhr,in'den Neuen Rathaussälen, Meiniger Str. 8: Mitgliederversammlung.Tagesordnung: 1. Vortrag über:„Die Stellung der bürgerlichenParteien zur Sozialdemokratie". Referent: ReichstagsabgeordneterGenosse Lehmann- Wiesbaden. 2. Diskussion. 3. Stellung zuden Anträgen der Verbands-Generalversammlung und Wahl derDelegierten. 4. Vereinsangelegenheiten und Verschiedenes.Eintrittskarten für das Theaterstück.Kasernenluft" am8. April in der Schlofibrauerei, Hauptstt. 122. sind vom 1. Aprilab nur beim Genossen L. Herter, Grunewaldstr. 30, zu haben.Der Vorstand.Steglitz. Heute, Dienstag, den 28. März, abends 8'/z Uhr:Mitgliederversammlung bei Schellhase, Ahornstr. 15.Tcmpelhof. Morgen Mittwoch, abends SVa Uhr. im.Wilhelmsgarten", Berliner Str. 9: Volksversammlung. Vorwog desReichstagsabg. V u s o l d- Friedberg:.Die gegenwärtige polittscheLage."— Gemeindeangelegenheiten.Biesdorf. Zahlabend am Dienstag, den 28. d. M., abendsS>/, Uhr, bei Gustav Berlin, Marzahner Str. 24. Die Gewcrkschafts-bücher sind mitzubringen.Berliner J�acbricbten.Samariter an der Arbeit.Die Arbeiter-Saniariter-Kolonne Groß-Berlin hielt amSonntagvormittag auf dem Turnplatz Fichte an der Mendel-strotze in Pankow unter Leitung ihres Vorsitzenden die grotzeFrühjahrsübung ab. Die Ungunst der Witterung hatte nichtden erwarteten Besuch gebracht, immerhin waren etwa150 Arbeitersamariter zur Stelle, darunter Angehörige derfünf Abteilungen Grotz-Berlins, ferner von Friedrichshagen,Spandau, Nowawes und anderen entlegeneren Vororten, besonders viele Teilnehmer am Samariterkursus, auch einigeGönner der Kolonnenbestrebungen. Der Märzwind fegteeisig in böigen Stützen über den mitten auf freiemFelde gelegenen Turnplatz, der durch einen eingegrabenen aus>rangierten Eisenbahnwagen schon von weitem kenntlich ist, undmachte den Aufenthalt nicht sonderlich angenehm. Um so an>erkennenswerter war es, datz die Erschienenen mit grötztemEifer und Ernst der Sache dienten. Das gar nicht nach Frühlinganmutende Wetter brachte sogar den Vorteil, datz unterschwierigen Umständen, wie sie vielleicht mal der rauhen Wirklichkeit entsprechen können, gearbeitet werden mutzte. Die Leitunghatte zwei größere, noch nicht geübte Aufgaben gestellt, denAufbau eines ziemlich großen Lazarettzeltes in ungeschützterLage und den Verwundetentransport auf Fahrrädern. Wie einehalbentleerte Luftballonhülle bäumte sich die Zeltdccke unterdem Sturm. Es war ein hartes Stück Arbeit, sie nur vonsechs Mann unter Dach und Fach bringen zu lassen, aberschon nach einer knappen halben Stunde flatterte auf dertöhe lustig im weitzen Felde das rote Kreuz der Genferonventton. Das an allen Seiten geschlossene, mit Luftklappen versehene Zelt, auf einem Dutzend Stangen ruhendund am Boden von Stricken festgehalten, bestand seine ersteSturmprobe glänzend. Inzwischen waren zahreichen.Verwundeten" auf Feldbetten, Strohschütten undbloßer Erde sowie in dem als Verbandstätte improvisierten Eisenbahnwaggon kunstgerecht Notverbände angelegt worden. Gebrochene Beine und Arme wurden überraschend schnell und sicher in den verschiedensten Formen geschient, so datz auch der penibelste Arzt seine Freude darangehabt hätte. Andere.Verunglückte" erhielten exakt Kopfund Runlpfverbände. manche waren als„Schwerverletzte" amganzen Körper bandagiert. Ohne Aufenthalt kam jederBlessierte mit den verschiedenartigsten Transportmitteln nachdem Zelt. und die Illusion war so gut gespielt, datzman sich tatsächlich vor ein Massenunglück versetztglauben konnte, wenn nicht neben den künstlich schmerzverzogenen Mienen der Blessierten auch der Humor, umsich bei dem hätzlichen Wetter die gute Laune zu erhalten.durchgebrochen wäre. Innerhalb des Zeltes hätten wir etwasmehr Ordnung gewünscht. Es waren zeitweise zu viele Per-onen darin, die sich im Ernstfall nur behindern. Gerade hier,an der Verbandszentrale sozusagen, wo erst der Arzt entscheiden soll, ist eine umsichtige und energische Leitung, dieNeugierige in gebührender Entfernung hält und die Trägersofort zu anderen Aufgaben entsendet, besonders geboten.Interessant waren die Transportverfuche auf Fahrrädern. Jezwei und je vier Fahrräder wurden in möglichst kurzer Zeit, diebei größerer llebung vielleicht noch mehr verringert werden kann,so durch Stangen verbunden, daß auf einem darüber gelegtenBrett mit und ohne Strohschütte der Verunglückte im Not-verband unter aller Schonung nach dem Zelt transportiertwerden konnte. Die Verbindung von vier Fahrrädern scheintuns jedoch in der Praxis etwas zu umständlich und zeitraubend zu sein. Zum Schluß schwärmten sämtliche Abteilungen aus. um Verwundete, die bald an allen Ecken desweiten Platzes lagen, aufzusuchen und zu verbinden, wobeiauch die weiblichen Samariter sich hervortaten. SogarUeberfahrene und Verbrannte wurden gemeldet, aber wirvermißten Ertrunkene und Erhängte. Eine Krittk des Leiters beendete die wohlgelungene und auch für Nicht-Samariter lehr-reiche Veranstaltung. Der Zufall ftigte es. datz auf derFahrt nach Pankow einige Kolonnenmitgliedcr am Alexander-platz einen wirklichen Verwundeten, der sich bei einem dortpassierten Autobusunfall eine erhebliche Kopfverletzung zu-gezogen hatte, verbinden und nach der Unfallstation in derKeibelstraße schaffen konnten. Leider fehlten mindestensdreißig..Aktive", die hoffentlich nur durch wichtige Dingevon der Uebung abgehalten waren. Es wärewünschenswert, daß bei der nächsten großen Uebungrder einzelne der Ausgebildcteren zur Stelle ist. damit dieLursusteilnehmer bessere Direktiven haben und gleich vonAnfang an alles„klappt". Die nächste grotze Feldübungim Herbst sieht vielleicht auch mal einige Herren aus demRoten Hause als Gäste, damit sie sich persönlich überzeugen.was hier mit vorläufig noch kleinen Mitteln, aber in großerHingabe geleistet wird._Telegraphische Glückwünsche gehen jetzt öfter als früheraus dem Rathause in die Welt. Neulich telegraphiertenMagistrat und Stadtverordnete(Kirschner und Michelet) dieStadtvertretung Münchens an, die aus Anlaß des 90 jährigenGeburtstages ihres Prinzregenten beim Braten und Weinsaßen und schickten Glückwünsche, die natürlich anstandshalbererwidert wurden. Jetzt kommt die Nachricht aus dem Rat-hause, daß Kirschner und Michelet im Namen des Magistratsund der Stadtverordneten den Bürgermeister von Rom an-telegraphiert haben, weil vor 50 Jahren das„ewige Rom"zur Hauptstadt des neu errichteten Königreichs proklamiertworden ist. Man nähme in Berlin innigen Anteil an derFestesfreude in Rom, wobei man der treuen Freundschaftgedenke, die beide Reiche seit ihrem Entstehen innig verbinde.Weite Kreise der Berliner Bevölkerung werden uns zu-stimmen, wenn wir sagen, daß in Berlin von einer innigenAnteilnahme wenig zu merken ist. Dieses Antelegraphierenwirkt mit der Zeit direkt widerlich.Eine Prügelleistung, die wir der städtischen Schulverwaltungzur Beachtung empfehlen, wird uns aus der 2 4 9. Gemeinde-schule(Waldenserstratze) bekannt. In Klasse UM hat in dervorigen Woche der Lehrer Benzlaff einen Schüler D., alser im Rechenunterricht eine Zinsrechnungsaufgabe nicht nachWunsch leistete, so ausgiebig mit dem Stock geschlagen, daß einArzt folgendes zu bescheinigen hatte:„Quer über das linke Schulterblatt verlaufen in einer Breitevon 12 Zentimeter eine Anzal?l stark blutrünstiger breiter Streifen;die Haut-dazwischen ist bläulich verfärbt, lieber die rechte Gefäß-Hälfte ziehen sich zirka 12 rötliche Streifen, ebenso mehrere überdie Hinterfläche des linken Oberschenkels, die schwielig an-geschwollen ist."Augenzeugen dieser Prügelexekution haben sie uns in einerWeise geschildert, daß wir dazu nur den Kopf schütteln konnten.Lehrer Benzlaff soll den Jungen, der die Ansatzformel nicht vor-schriftsmäßig anzugeben wußte, immer wieder mit demStock geschlagen haben, so daß D. nur noch mehr in Ver-wirrung geriet. Ein Schüler hat die Hiebe gezählt, zunächst ausmüßiger Neugier, dann aber im Ernst und im wachsenden Staunenüber die Ausdauer, die er Herrn Benzlaff-dabei entwickeln sah.Gegenüber dem Rektor Walter, bei dem am folgenden Tage dieMutter des geprügelten Schülers sich beschwerte, hat jener andereSchüler erklärt, daß er 61 Hiebe gezählt habe. Und bei dieserAngabe ist er geblieben, trotz allen Zweifeln, die der Rektor äußerte.Ob das Zählungsergobnis zutrifft oder irrig ist, können wir nichtwissen, aber schließlich kommt's auf diese Zahl nicht an. Sicher istmindestens, daß Lehrer Benzlaff in einer weit über dasUebliche hinausgehenden Weise geprügelt hat; dasergibt ja schon der Wortlaut des Arztattestes.Um diese Prügelleistung recht würdigen zu können, muß manauch ihren Anlaß berücksichtigen. Welches war das Vergehen desJungen, das nach der Ueberzeugung dieses Pädagogen eine so reich-liche Bestrafung verdiente? Bei den von uns angestellten Erwitte-lungen ist es uns nicht möglich gewesen, volle Klarheit hierüberzu schaffen. Man versicherte uns immer wieder nur, daß D. dieRechenaufgabe nicht begriffen habe. Aber vielleichtwird Herr Benzlaff selber, wenn er von der ihm vorgesetzten Be-Hörde zur Aeußerung aufgefordert wird, noch über irgendeinbesonderes Bergehen des Jungen zu berichten wissen. DaßD. sich etwa widerspenstig benommen und dadurch den Lehrergereizt hätte, immer weiter zu prügeln, erscheint unS ausgeschlossen.Wir haben uns sämtliche Zensuren des jetzt im 14. Lebensjahrstehenden Jungen vorlegen lassen und haben in allen sein Betragenmit„gut" oder„sehr gut" beurteilt gefunden. Danach darf mandoch wohl annehmen, daß es sich um einen willigen Schüler handelt,und im übrigen hat er auch persönlich auf unS den Eindruck einesgutartigen Jungen gemacht. Seine Eltern haben gewiß denWunsch, in Frieden mit der Schule zu leben. Aber das, was siejetzt mit Lehrer Benzlaff erlebt haben, kann allerdings selbst denFriedlichsten in Harnisch bringen.Uober diesen Herrn Benzlaff wird uns noch gesagt, daß erüberhaupt oft prügelt, und daß er manchmal seine Prügelexeku-tionen mit sehr sonderbaren Reden begleitet. Mehrfach ist es vor-gekommen, daß Lehrer Venzlaff, wenn ein zu bestrafender Schülerdie Hände dem Stock darbieten mutzte, ihm die Hiebe verab»reichte mit den Worten:„Da hast Du ein paar Sechser,st eck sie Dir ein!" Man weiß in der Tat nicht, was manzu dieser Manier sagen soll. Wir sind von vornherein bereit, HerrnVenzlaff ohne weiteres zu glauben, datz e r solche„Spaße" für sehrharmlos hält und„sich nichts dabei denkt". Er wird sich abernicht wundern dürfen, wenn Schüler, denen er sie zu hörengibt, sich doch allerlei dabei denken. Der„Humor im Recht", derbei unseren Vorfahren so beliebt war, ist der modernen. Rechts.pflege abhanden gekommen. Nur wenn Pädagogen über ihre Zog.linge richten und das Urteil vollstrecken, findet man manchmal nocheine humorvolle Auffassung der Strafe. Versteht sich: bei demstrafenden Pädagogen, nicht bei dem bestraften Zögling! Abereben darin liegt das Bedenkliche der„HumorvollewAuffassung der Strafe, daß der Bestrafte gar zu leicht sieals V e r h ö h n u n g empfindet.Mißgriffe und Ausschreitungen der Lehrer gegenüber ihrenSchülern tragen wahrlich nicht dazu bei, die Beziehungenzwischen Schule und Haus zu bessern. Gerade weil wirwünschen, daß diese Beziehungen möglichst gute sind, müssen wirfordern, daß solche Lehrer nachdrücklich zur Rechenschaft gezogenwerden. Hierin wissen wir unS eins mit allen wahren Freundender Schule.Die Lustbarkeitssteuer und die Krone.Für das Schicksal der Lustbarkeitsstcuer ist nicht unerheblich die Frage, ob auch die königlichen Theater die Billetffteuerbezahlen werden. Die„Vossische Zeitung" erörtert diese Fragein einem„Vogel-Strauß-Politik" überschriebenen Leitartikel.Darin wird dargelegt, daß es vollkommen verkehrt sei, eineSteucrordnung zu machen und erst nach ihrer Annahme zusehen, ob die königlichen Theater die Steuer zahlen. Manwisse doch, daß der Generalintendant Graf Hülsen-Häseler einFeind der Billettsteuer sei und daß auch der Leiter des Haus-Ministeriums Hofmarschall Graf Eulenburg sich entschiedenweigere, sich der Steuer zu unterwerfen. Ueberhaupt be-zahlten die preußischen Hosbühnen nirgends die Billettsteucr.weder in Kassel noch in Hannover noch in Wiesbaden. AberHofbühnen steuerftei lassen und andere Bühnen zu belasten,sei unangängig. Die„Vossische Zeitung" schließt ihre Be-trachtung mit den treffenden Worten:„Die Lustbarkeitssteuer in der Fassung, wie sie aus dem Aus-schuß herausgekommen ist, ist bildungS- und gewerbefeindlich.enthält eine Besteuerung und Verteuerung der geistigen Nahrung,überbürdet große Berufe, die schwer ums Dasein zu kämpfenhaben, mit neuen Lasten, hemmt die EntWickelung einzelnerIndustrien. Aber schon die dringende Gefahr, daß die Hofbühnensteuerftei bleiben, sollte genügen, jedem die Annahme der Steuer-ordnung unmöglich zu machen, der die Privilegierungder Hofbühnen ernstlich verwirft, den Vogel Straußnicht als Erzieher bewundert und nicht als Gipfel politischerWeisheit betrachtet, vor der Wirklichkeit den Kopf in den Busch zustecken."_Der Berliner Polizeipräsident als Protektor. Diesmal istes nicht das Theater oder dessen Angehörige, denen Herrvon Jagow sein Interesse zuwendet, sondern es ist die Hut-nadel-Frage, deren Lösung er schon durch seinen bekanntenErlaß an die Damenwelt in Angriff genommen hatte. DieBekanntmachung in den Wagen der Großen Berliner Straßen-bahn, die die Beseitigung der langen hervorstehenden Hut-nadeln anstrebt, ist auch auf Herrn von Jagow zurückzuführen.Der Polizeipräsident fördert aber auch plastisch die Bekämpfungdieser unschönen Sitte, wie man aus folgendem ersieht: Einhiesiger Fabrikant, der seinen Hutuadelschutz auf den Namendes Berliner Polizeipräsidenten taufen wollte, erhielt aus eineAnfrage an Herrn von Jagow nachstehenden Bescheid:„EuerWohlgeboren erwidere ich auf auf das gefällige Schreibenvom 6. d. Mts. ergebenst, datz ich gegen Bezeichnung einesvon Ihnen in den Handel zu bringenden Hutnadelschutzesmit dem Namen„I a g o w a t o r" nichts einzuwenden habe.Hochachtungsvoll ergebenst Jagow."Unregelmässigkeiten in Höhe von 18669 M. werden dem imBerliner Rathause beschäftigten Bureaudiätar K. zur Lastgelegt. Als städtischer Beamter bezog er ein Jahresgehalt von2569 M. Daneben verwaltete er als Rendant die Spar- undDarlehenskasse des Z-entralverbandes der GemeindebeamtenPreußens. Er erhielt hierfür eine jährliche Remuneration von1299 M. In seiner Eigenschaft als Rendant soll er den Verbandum 18 999 M. geschädigt haben. Außerdem soll er sich ohne Vov-wissen des Vorstandes bei der Abwickelung von Darlehensgeschäftenunrechtmäßigerweise Provisionen haben zahlen lassen. Die Ma-nipulationcn waren einer Reihe Vereinsmitgliedern seit Wochenbekannt, weshalb sie den Borstand drängten, eine Generalversmnm-lung einzuberufen, um in der Angelegenheit Klarheit zu schaffen.Diese Generalversammlung fand gestern im Berliner Lehrer-Vereinshause statt und verlief sehr stürmisch. Vom Vorstandwurden die Unregelmäßigkeiten zugegeben. K. soll sie dadurch be-wirkt haben, daß er Gelder, die von Banken oder durch die Posteingingen, gar nicht buchte. Seine Verfehlungen seien auch beimOberbürgermeister Kirschner zur Anzeige gebracht worden, woraufK. vom Amte suspendiert wurde. Die Versammlung wählte einsKommission, die für die Liquidation der Kasse und für die Deckungdes Fehlbetrages die geeigneten Schritte unternehmen soll.— Eswird abzuwarten sein, was an den Beschuldigungen stichhaltig ist.—Der Magistratssekretär Lüdicke war dieser Tage wegen ver«suchter Unterschlagung verhastet und wieder freigelassen. Es habensich aber neue Unregelmäßigkeiten ergeben so daß L. von neuem ver«haftet worden ist.Uns scheinen dies« Verfehlungen zum Teil zurückzuführen z»sein auf den Umstand, datz viele städttsche Beamte in nicht un-erheblichem Matze Nebenbeschäftigung nachgehen. Diese Neben-beschäftigung ist an die Genehmigung des Oberbürgermeisters ge-knüpft und hat recht viel Mißliches im Gefolge. Wir halten dafür,daß städtische Beamte so besoldet werden sollten, daß sie auf Neben-beschäftigung nicht angewiesen sind. Erhebliche Beschäftigung außerder Dienstzeit ist nicht ohne Einfluß auf die Ausübung deSDienstes. Dazu kommt, daß solch« Beamte sich sehr früh auf-reiben und in letzter Linie den Pensionsetat der Stadt belasten.Eine Aufsehen erregende DiedeSjagd spielte sich am Sonntag.vormittag in der Alten Schönhauser Straße ab. In das Schirm-geschäft von Schmidt, Alte Schönhauser Str, 49. kam mittags gegen1 Uhr ein sehr eleganter Herr von etwa 25 Jahren, der einen Schirmzu kaufen wünschte. Die im Laden anwesende Verkäuferin legte demFremden einige Schirme im Werte von 25—39 M. vor, doch fandder Käufer anscheinend nicht das Gewünschte. Schließlich begab sichdie Angestellte in den hinteren Teil des Ladens, um dem Fremdeneinen besonders wertvollen Schirm zu zeigen. Als sie zurückkam,sah sie den Käufer mit einem der bereits vorgelegten Schirme denLaden verlassen.� Das Mädchen schlug sofort Larm und der Haus»diener des Geschäfts eilte dem Fremden nach. An der Ecke der Münz-stratze gelang es ihm, den Gauner zu erreichen. Als dieser sab, daßer nicht mehr entkommen konnte, warf er den Schirm weit von sich. DerHausdiener bückte sich und hob den gestohlenen Gegenstand auf. Indiesem Augenblick schoß der Gauner auf ihn zu, packte ihn an derBrust und schrie:„Sie haben mir meinen Schirm gestohlen l"Mehrere Passanten packten nun den Hausdiener, um ihn unter derEstorte deS Diebes zur Polizeiwache zu bringen. Soviel auch derHausdiener protestiere und den wahren Sachverhalt klarzustellenversuchte, ihm wurde nicht geglaubt. Der feingekleidete Gaunerbestand auf die Verhaftung und nahm seinen angeblich gestohlenenSchirm wieder an sich. Auf dem Wege zum Polizeirevier kam derInhaber deS Schirmgeschäfts Hinz» und vermochte erst nach langerVerhandlung seinen Hausdiener zu befreien. Als man sich nachdem eigentlichen Diebe umsah, war derselbe spurlos verschwunden.Selbstmord eines Barons. In einem Anfall von Nervenüber«reizung verübte am Sonnabendabend ein russischer Baron Hahn indem Augenblick Selbstmord, als er von einem Arzt nach der Charitöabgeholt werden sollte. Hahn, der aus Kurland stammt, war erstvor einiger Zeit nach Berlin gekommen und wohnte in einem Pensionatin der Hindersinstraße. Da sich sein Zustand— der Baron litt aneinem Nervenleiden— in den letzte» Tagen zusehends verschlimmerte,sollte er in der Nervenklinik der Charitö behandelt werden. AmSonnabendabend fuhr ein Arzt der Charitö vor dem Pensionat vor,um den Kranken abzuholen. Als der Baron die Automobildroschkebestiegen hatte, jagte er sich eine Kugel in die rechte Schläfe. DerSchuß war sofort tödlich. Die Leiche kam nach dem Schau-Hause.Eine falsche Spur hat die. Kriminalpolizei verfolgt, der dieserTage gemeldet wurde, daß in einem Reinigungsinstitut im Südender Stadt ein blutgetränkter Anzug zum Neiuigen abgegeben wordensei. Sie wartete auf den Besitzer deS Anzuges und nahm ihn beiAbholung de« Anzuges fest. Die Kriminalpolizei glaubte, den Mörderder Frau Schramm ergriffen zu haben; es stellte fich jedoch bald dieUnschuld des ManneS heraus.TobeSsprung eines jungen Mädchens. Ein aufregender Vor-gang spielte sich gestern früh in dem Hause Alexandrinenstr. 51ab. Als mehrere Arbeiterinnen einer dort befindlichen Seifen-fabrik die Treppe emporgingen, um ihre Arbeitsstätten aufzusuchen,stürzte sich plötzlich eine von ihnen, die siebzehnjährige ArbeiterinFrida Erdmann aus der Franseckystr. 45, in einen neben derTreppe liegenden Lichtschacht. Das Mädchen fiel durch ein Glasdachund blieb unten mit zerschmetterten Gliedern tot liegen. Die Leichewurde von der Polizei beschlagnahmt. Der Grund des Selbstmordesist noch unbekannt.Vom Dampfersteg in die Havel gesprungen und ertrunken. Einaufregender Vorgang spielte sich Sonntag nachmittag auf der unterenHavel ab. Von dem in der Nähe von Breite-Horn belegenenDampfersteg stürzte fich ein unbekanntes, etwa zwanzigjähriges