GewerkfcbaftUcbca. Berlin und Qmgegend. Der Neichsverband und die Borsigschen Arbeiter. In regelmäßigen Zwischenräumen, gewöhnlich um die Zeit deS OuartalSwechselS werden die im Borsigwerk in Tegel beschäftigten Arbeiter mit Flugblättern des Reichsvecbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie überschüttet. Jedem Arbeiter werden die bekannten reichsvcrbändlerischen Sudeleien mit der Post zugeschickt. Daraus ergibt sich, daß von irgend einer Seite im Bureau des Werkes dem Reichsverband die Adressen der Arbeiter übermittelt sein müssen. Wer das ist, das konnten die Arbeiter bisher nicht feststellen. Der Direktor des Borsigwerks hat stets und auch»euer- dingS wieder erklärt, die Direktion stehe in keiner Verbindung mit dem Reichsverband und habe ihm keine Adressen übermittelt. DieS könne nur durch einen Vertrauensbruch geschehen sein.— Diese Er klärung deS Direktors gibt ein neues Rätsel auf. Wohl ist es mög lich, daß der Reichsverband die Adressen der Arbeiter durch irgend einen Angestellten der Firma Borsig erhalten haben kann. Aber be« kanntlich versendet der Reichsverband seine Schmutzblätter nicht, wenn der freundliche Besteller nicht wenigstens die Portokosten trägt. Sollte denn wirklich ein Angestellter bei Borsig die schmutzige Arbeit des Reichsverbandes für so wertvoll halten, daß er aus eigener Tasche das Porto für die Uebersendung der Sudeleien an etwa 4000 Arbeiter zahlt? Das ist kaum anzunehmen. Doch wie dem sein möge, die Borsigschen Ar- bester— die übrigens von allen Berliner Großbetrieben die einzigen find, welche sich der Aufmerksamkeit des Reichsverbandes.erfreuen" — können natürlich durch die reichsverbändlerischen Machwerke nicht geködert werden. Diese Schmutzblätter sind gar zu plump gemacht, als daß sie auf einen auch nur leidlich verständigen Arbeiter einen anderen Eindruck machen könnten als den deS Ekels vor der un- sauberen Kampfesmethode des Reichsverbandes. Doch eine Wirkung hat die rcichsverbändlerische Flugblattagitation gehabt. Die Arbeiter von Borsig hielten am Sonnabend eine gut besuchte Versammlung ab und ließen sich voni Genossen Stücklen einen Vortrag halten über den Reichsverband. So wurden die Arbeiter mit der Geschichte, dem Wesen und der unsauberen Kampfmethode des ReichSverbandes gründlich bekannt gemacht. Der lebhafte Beifall, den die Aus- führungeu deS Referenten fanden, bewies, daß die Agitation des ReichSverbandes bei den Borsigschen Arbeitern keinen anderen Erfolg hat als den, sie zu immer festerem Anschluß an ihre Klassengenossen und zu immer entschiedenerer Vertretung ihrer Klasseninteressen an- zuspornen. Die Töpfer beschäftigten sich am Mittwoch in einer Bau-Ver traucnsmännerversammlung mit der Situation auf den Bauten und im Gewerbe. S e g a w e gab in dieser Versammlung bekannt, daß Hoffnung vorhanden sei, eine Verständigung mit den Lokalisten herbeizuführen betreffs Errichtung eines paritätischen Arbeits Nachweises. Sollte dies gelingen, dann würden auch die„wilden' Kollegen denselben benutzen müssen. Vom Obermeister Thiele, an den sich der Vorstand gewendet hatte, ist eine Antwort in dem Sinne eingetroffen, daß er bei seinen Berufskollegen die Frage des paritätischen Nachweises vertreten wolle. Ueber die Firma H e i d e ck ist die Sperre verhängt worden. Verhandlungen mit der Tapezierer-Jnnung Das Angebot des Verbandes der Tapezierer, die bestehenden Differenzen durch neue Verhandlungen zu schlichten, ist von der Tapziererinnung angenommen worden. Die ersten Verhand- langen finden heute. Freitag, abend statt.— Die Situation in der Lohnbewegung hat sich nicht sonderlich geändert. Einige Firmen haben wieder ihre Anerkennung der Forderungen der Arbeiter an- gemeldet; dagegen sind in einem Betriebe die Arbeiter ausgesperrt worden, als sie sich weigerten, einen Revers zu unterzeichnen, der fie verpflichten sollte, keiner Organisation anzugehören. Die Marmorarbeiter hörten am Mittwochabend in einer Ber- sammlung, die im.Englischen Garten " stattfand, den Bericht von den Tarisverhandlungen mit dem Verband der Steinmetzgeschäfte. Die Unternehmer waren mit den Forderungen der Arbeiter, daß Steinmetzen in der Werkstatt 80 Pf., auf dem Bau 8ö Pf., Schleifer 68 resp. 73 Pf. erhalten sollen, nicht einverstanden. Sie boten iür Steinmetzen 77>/z resp. 82'/, Pf., für Schleifer«0 resp. 65 Pf. Die Arbeiter wollen aber von ihren Forderungen, die von den meisten Firmen schon erfüllt werden, nicht abweichen und sie beauftragten nach einer längeren Diskussion die VerhandlungSkommission, auf Grund dieser Forderungen weiter zu verhandeln.— Die Versamm- lung beschäftigte sich dann mit der Frage der Akkordarbeit der Vcr- setzer. Die Akkordarbeit wurde scharf verurteilt; man verlangte, daß Versetzarbeiten im Lohn ausgeführt werden. Steinarbeiter! Am t. April treten folgende Tarifiätze in Kraft: Der niedrigste Lohnsatz für einen Steinmetzen, soweit derselbe in Tagelohn beschäftigt wird, beträgt pro Stunde SO Pf. Ueber- stunden werden mit einem Zuschlag von 25 Pf., Nachtstunden von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens mit einem Zuschlag von 45 Pf. pro Stunde bezahlt. Sonntagsarbeit wird pro Stunde mit 1,50 M. bezahlt. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, daß das Versetzen aller Gesteinsarten sowie die Bearbeitung von Kunststein nur in Tage- lohn auszuführen ist. Verstöße hiergegen sowie die Nichteinhaltung obiger Lohnsätze sind der Verwaltung. Engeluser 15 I, Zimmer 7a tTelephon Amt IV 11371) unverzüglich mitzuteilen. Zentralverband der Steinarbelt«». Ortsverwaltung Berlin . Zentralverband der Dachdecker. Die Differenzen bei der Firma P u h l m a n n. Müllerstr. 14, sind beseitigt. Die Tarifbewegung der Schilderanmacher und Helfer ist noch nicht endgültig erledigt, sondern dauert noch fort. Die eingereichten Forderungen sind von 67 Firmen unterschriftlich anerkannt. E« sind demnach noch 19 Firmen, die die Unterschrift nicht vollzogen haben und die zur besseren Orientierung den Namen nach nochmals bekannt gegeben werden. Es gelten als bestreikt: Otto Grund u. To., Wasser- gaste 3; Wilh. Bartel. Jnh. Peter«, Molkenmarkt 1; Koch u. Bein. Ritterstr. 49; P. EpliniuS u. Co.. Schönhauser Str. 12; Schmiedel, Linkstr. 42; Borstendorf , Schöneberg . Hauptstr. 0; R. Pötzsch, Jnh. Sommerfeld. Alte Jakobstr.72i Rogosch, in Firma Teichert u. Planer. Echicklerstr. 5; Paul Voigt, Neue Königstr. 42; Wilhelm Rumpff, Linienstrahe 154n: A. Dittmeier. Dircksenstr. 41; Karl Zweibart, Alexandrinenstr. 110; Joseph Henke u. Co.. Lothringer Straße 61; Robert Stamer. Dresdener Str. 38; Wilh. Heide. Franz.-Buchholz , Pasewalker Str. 114; Fischer. Prinzenstr. 74; Heilen, Prinzenstr. 100; Brillant, Neue Promenade 6. Die bestreikten Unternehmer machen die erdenklichsten An- strengungen. die dringendsten Arbeiten durch Arbeitswillige fertig- stellen zu lasten. Jedoch waren diese Bestrebungen bisher von wenig Erfolg. An tüchtigen, mit den Arbeiten vertrauten Kräften «angelt eS sehr. Die Streikenden sind der festen Ansicht, daß durch Ausharren im Kampfe der Erfolg sich zu ihren Gunsten wenden mutz. Die oben erwähnten Betriebe sind daher bis auf weiteres für Anmacher und Helfer gesperrt und werden alle Arbeitsuchenden gebeten, diese Betriebe streng zu meiden. Die zu den Taristätzen arbeitenden Anmacher und Helfer sind im Besitze von Arbeitsberechtigungskarten und müssen diese Karten wöchentlich laufend abgestempelt sein. Die Karte ist von roter Farbe und mit dem Verbandsstempel versehen. Wer nicht im Besitze einer solchen und ordnungsmäßigen Karte ist, gilt als arbeitswillig und ist demnach entsprechend zu belehren. Die Abstempelung der Kontrollkarten erfolgt am Sonnabend, den 1. April, abends von 6 bis S Uhr, im Gewerkschaftshause, Engel-Ufer 15 II, Zimmer 42. Die in Arbeit siehenden Kollegen werden ersucht, ihre Karten stets in Ordnung zu halten. Deutscher TranSportarbeiter-Verband. Bezirksverwaltung Groß-Berlin. In der Lohnbewegung der Schuhmacher(Schoßarbeiter) ist ein weiterer Fortschritt zu verzeichnen. Mit der Freien Vereinigung der selbständigen Schuhmacher von Rixdorf und Umgebung ist ein Vertrag zustande gekommen, durch welchen der von den Gehilfen geforderte Minimallohn anerkannt worden ist. Ferner hat die Freie Vereinigung die Verpflichtung übernommen, bei Bedarf von Arbeitskräften den Arbeitsnachweis des Schuhmacherverbandes in Anspruch zu nehmen. Um zu verhüten, daß ein Teil der Arbeit- geber die tarifmäßigen Löhne nicht einhält, wie es der Schuhmacher- verband leider von einem größeren Teile der der Berliner Zwangs- innung angehörenden Meister konstatieren muß, wurde durch den Vertrag mit der Freien Vereinigung, von feiten der Meister die Verpflichtung übernommen, für die Gehilfen Lohnbücher zu führen, in welche Einsicht zu nehmen einer Kontrollkommission des Schuh- macherverbandes jederzeit gestattet ist. Die der Freien Vereinigung angehörenden Meister werden dies durch rote Plakate zur Kenntnis geben, auf welchen steht: .Hier sind die Forderungen der Gehilfen bewilligt." Dcutfches Reich. Tarisverhandlungen im Schneidergewerbe. In gemeinsamen Beratungen der Arbeitgeber- und Arbeit- nehmervertrcter ist es zu einer Einigung über die Tarifpositionen für 46 Städte gekommen. Für 6 Städte war eine Einigung schon vorher erzielt worden. Die Verhandlungen dauerten 5 Tage und währten täglich über 10 Stunden. Zum Streik der städtischen Arbeiter in Kolberg . Der Magistrat der Stadt verläßt sich jetzt auf seine Arbeits - willigen und zeigt sich gegenüber den Forderungen der Arbeiter und den: Wunsche nach Verhandlungen sehr zugeknöpft. Von den Aus- ständigen sind Verhandlungen angebahnt worden. Die Beleuchtung der Stadt ist sehr stark eingeschränkt worden; ganze Stadtviertel liegen nachts im Dunkeln. Auch die Arbeiten in der Stadtgärtnerei, die deS Bauhofes und der Straßenreinigung liegen stark danieder. Am Sonntag wandte sich eine öffentliche Volksversammlung, die überfüllt und sehr stark von bürgerlichem Publikum besucht war, gegen das Verhalten des Magistrats und die daraus der Stadt er- wachsenden Schäden; sie erwartet, daß unverzügliche Verhandlungen mit der Lohnkommission angebahnt werden, damit die berechtigten Wünsche der Arbeiter ersiillt und die Stadt vor weiteren Nachteilen bewahrt bleibt._ Vom Kampf im Hamburger Holzgewerbe. Wer die Verhältnisse im Hamburger Holzgewerbe kennt, wußte von vornherein, daß der Beschlutz, eine Aussperrung vorzunehmen, noch lange nicht deren allgemeine Durchführung bedeutet. Die Aus- sperrung ist denn auch— das kann schon heute gesagt werden— glänzend ins Wasser gefallen. Sie ist noch viel kläglicher aus- gefallen, als die Leitung des Holzarbeiterverbandes angenommen hatte. Bis Mittwoch, den 29. März, nachmittags, waren als aus- gesperrt zu verzeichnen: aus 88 Betrieben 540 Arbeiter. In der Versammlung der Unternehmer wie auch in der bürgerlichen Presse Hamburgs wurde noch am Montag behauptet, daß von der Aus' sperrung 6000 Arbeiter betroffen würden. Wenn der Arbeitgeber verband es jetzt noch fertig bringt, weitere 400 Arbeiter auszu' sperren, so hat er fast Unmögliches fertiggebracht. Aber selbst wenn die Unternehmer das fertigbringen würden, was hätten sie dann erreicht? Herr Gurlitt, Hauptmann a. D. und Sekretär des Unternehmerverbandes, erklärte in der Versammlung der Unter- nehmer:»Wenn Sie die Aussperrung beschließen, dann wird der Friede im Holzgewerbe bald wieder einkehren." Wenn die Unter. nehmer in dieser Art den Frieden erzwingen wollten, hätte die Aus- sperrung doch anders ausfallen müssen, obgleich der Holzarbeiter verband auch selbst bei 6000 Ausgesperrten noch keinen Finger ge gerührt haben würde, um die Bewegung beizulegen, wenn nicht die notwendigen Zugeständnisse für die Arbeiter gemacht würden. Der Friede ist doch nur möglich, wenn die Forderungen der Arbeiter bewilligt werden, erzwingen durch diese Miniaturaussperrung wird er sich nicht lassen. Inzwischen arbeiten die Bezirkskommissionen der Unternehmer in einzelnen Stadtteilen mit Hochdruck, um der Aussperrung eine größere Ausdehnung zu geben, selbst Herr Hauptmann Gurlitt steigt zum Volke herab und sucht die Tischlermeister zur Aussperrung zu veranlassen: bei diesem Beginnen ist er in einem größeren Betriebe sehr schlecht angekommen. Insbesondere sind es die Betriebe in Wandsbek und A l t o n a, die von der Aussperrung nichts wissen wollen und die— Großbetriebe im ganzen Städtekomplex. Der Holzarbeiterverband hat feine Weisung, daß ohne Genehmigung der Verwaltung in weiteren Betrieben die Arbeit nicht eingestellt wer- den darf, wiederholt, und dieser Anordnung wird auch streng Folge geleistet. Einige Unternehmer, die ausgesperrt hatten, telepho- nierten schon am folgenden Tage beim Holzarbeiterverband an, um ihre Arbeiter wiederzubekommen, was natürlich abgelehnt wurde. Der Holzarbeiterverband will die Betriebe, die ausgesperrt haben, bis zum Friedensschluß nicht wieder besetzen, während in den Be- trieben, die nicht aussperrten, weiter gearbeitet werden soll. Der christliche Holzarbeitcrverband, dessen Mitglieder nicht aus- gesperrt wurden, hat diese aus den Betrieben, die ausgesperrt haben, herausgenommen. Von den ledigen Mitgliedern deS Holzarbeiterverbandes haben bereits 280 das Zahlstellengebiet Hamburg verlassen, und in den nächsten Tagen werden große Scharen abwandern; auch Verheiratete rüsten sich zur Abreise. Die Hauptsache ist strenge Fernhaltung des Zuzuges._ Textilarbeiteraussperrung. In Hof in Bayern sind die Weber und Weberinnen von drei Betrieben ausgesperrt worden, weil sie eine Verlängerung der Arbeits- zeit an den Sonnabenden nicht zulassen wollten. Bisher war der Sonnabend nachmittag frei, jetzt verlangten die Unternehmer auf Betreiben deS Unternehmerverbandes, daß Sonnabend nachmittag wieder gearbeitet werden müsse. Dessen weigerten sich die Arbeiter und die Unternehmer sperrten daraufhin aus. Da diese Aussperrung nicht den gewünschten Erfolg brachte, so haben die Unternehmer am Montag durch Anschlag den Arbeitern zur Kenntnis gebracht, daß ab Montag, den 2. April, die Betriebe geschlossen bleiben. Diejenigen Arbeiter, die glaubhaft nachweisen könnten, daß sie nicht dem Ver- bände der Textilarbeiter angehören, wollen die Unternehmer unter- stützen. Wird nach dieser Bekanntgabe verfahren, so werden am nächsten Montag weitere 2000 Arbeiter ausgesperrt sein, die Aus- sperrung würde sich auf fünf weitere Betriebe erstrecken. Und das alles, weil die Arbeiter sich ein Recht, das sie feit langem haben, nicht wieder nehmen lassen wollen. Tarifvertrag für die Landschastsgärtner in München . Vor dem EinigungSamt des Münchener Gewerbegerichts fanden Verhandlungen statt, die zum Abschluß eines auf drei Jahre lauten- den Tarifvertrages für die Landfchaftsgärtnerei führten. ES wurde eine Arbeitszeit von zehn Stunden für die Zeit vom 1. März bis 1. November, für die übrige Zeit des Jahres eine Arbeitszeit von neun Stunden vereinbart. Der Mindestlohn beträgt für Gehilfen in den ersten zwei Gebilfenjahren pro Stunde 40 Pf., für die übrigen Gehilfen, die mindestens eine Saison in der Branche tätig gewesen sind, 50 Pf.; ab 1912: 54 Pf. Gartenarbeiter und Taglöhner er- halten 46 Pf., nach einjähriger Tätigkeit 50 Pf., Partiesührer erhalten pro Stunde 5 Pf. mehr, lleberstuiiden werden mit 10 Pf. Aufschlag vergütet, Sonn- und Feicrtagsarbeit mit 20 Pf. Dekorationsarbeiter erhalten die Hälfte dieses Ausschlages für Ueberstunden. Für Arbeiten außerhalb des Orteö werden weitere Zuschläge bezahlt. Der Vertrag wurde ohne Streik durchgesetzt. Vertragschließende sind auf Arbeit- geberseite die Vereinigung selbständiger Landschastsgärtner Münchens , auf Arbeitnehmerseite der freigewerkschaftliche Allgemeine Deutsche Gärtnerverein. Eue der frauenbe�eZung. Franenarbcit. Ii. lieber die Verteilung von Männer- und Frauenarbeit in der Wollindustrie macht Dr. Alexander Wachs aus der Berufszählung folgende Angaben: Im Jahre 1882 waren in der hausindustriellen Wollweberei von je 100 Erwerbstätigen noch 16 Frauen. 1895 nur noch 3 Frauen. Im Jahre 1895 verteilten sich die gezählten 390 000 Textilarbeiterinnen wie folgt: Kleinbetriebe bis 5 Personen 9 Proz., Mittelbetriebe 6— 20 Personen 6 Proz., Großbetriebe über 20 Per- sonen 85 Proz. Nach der Berufszählung von 1907 ist in Preußen die Zahl der männlichen Arbeiter in der Textilindustrie um 17 769 gesunken, die der weiblichen um 21 336 gestiegen. In den Spinne- reien ist vielfach, nach Untersuchungen des Verfassers, der Anteil der Männer an der Gesamtbelegschaft auf 20— 30 Proz. gesunken. „Jedenfalls ist ein immer größeres Ueberhandnehmen der Frauenarbeit zu konstatieren, ein Umstand, der an und für sich recht bedenklich erscheint. Aber geradezu als ein soziales Uebel ist es zu bezeichnen, daß ein großer Teil dieser Arbeiterinnen. in der Wollindustrie über 20 Proz., verheiratet ist." Er fügt hinzu, im Wettstreit der beiden Geschlechter werde der Lohn derart herabgedrückt, daß der Mann entweder gänzlich weichen müsse oder aber gezwungen sei, zur Fristung der Existenz die Frau als Mitverdienerin und Konkurrentin in die Fabrik gehen zu lassen. Und weiter resümiert Dr. Wachs, daß die Arbeiterin wegen ihrer Sprödigkeit gegen die Organisation die gewerkschaftliche Arbeit erschwere. Ueber die Verwendung weiblicher Arbeitskraft in der Glas« industrie führt Dr. R. Großmann an, daß in der Gablonzer Perlenindustrie die Einführung der Moschine, die von Mädchen bedient wird, im einzelnen Falle 70— 100 Sprenger ersetzt, und daß dir Akkordpreis auf den siebenten Teil des früheren sank. Auch in der Glasveredlung drang als Folge verbesserter Technik die weibliche Arbeitskraft siegreich vor.»So werden bei den verschie- denen Methoden des AetzverfahrenS und des Sandstrahlgebläses sowie bei den wenigen bisher eingeführten Eckenschleif- und Boden- kugelmaschinen fast stets Mädchen verwendet." Und warum? Die Mädchen bekommen nur 1,50 bis 2 M. Lohn— für Männerarbeit mutz das Doppelte bezahlt werden. Einige kurze Angaben noch über die Frauenarbeit in der bon Dr. Josef Eitel behandelten Zelluloidindustrie: In einem Be- trieb, in dem im Jahre 1900 nur 8 weibliche Arbeiter tätig waren, wurden im Jahre 1907 bereits 33 beschäftigt, und zwar ausschließlich zum Sortieren im Packraum. Es heißt, daß die Arbeit wenig geistige und physische Kräfte beansprucht,»sofern das Unterscheiden von stark a.sgeprägten Farben eine leichte Arbeit genannt werden kann". Eine jugendliche Arbeiterin verdiente in 272 Arbeitstagen 349,73 M., eine erwachsene in 293 Arbeitstagen 589,70 M., dagegen ein ungelernter Arbeiter in 3�6 Arbeitstagen 1015,45 M. Aus einer eingefügten Krankenstatistik ist zu berechnen, daß die Zahl der Krankentage pro Fall von 23,26 im Jahre 1900 auf 21,44 im Jahre 1907 gefallen ist; bei den weiblichen Kranken dagegen ergibt sich eine Steigerung von 16,88 auf 19,83 Krankentage in derselven Zeit. Für die Arbeiterinnen haben sich demnach die gesundheitbedrohend«»» Verhältnisse verschärft. Weiter wird gesagt: Viele Manipulationen sind auch höchst einfacher Natur und können dabei Frauen und Mädchen sowie jugendliche Arbeiter Verwendung finden. In manchen Fabriken ist deshalb das Prozentverhältnis dieser Arbeiter sehr groß, eS beträgt bis 50 Proz. « �« Die Darlegungen bestätigen, waS wir in der Frage der Frauen- arbeit schon oft konstatierten. Sie ist für viele Berufsarten und Kunstgriffe besser qualifiziert als die Männerarbeit. Die Tendenz der schlechten Entlohnung der weiblichen Arbeitskraft läßt jedoch ihre Bezahlung bei hochwertiger Leistung nicht auf die Höhe der Entlohnung gelernter Arbeiter ansteigen, sie wirkt auch hier mehr oder weniger lohndrückend. So wird die Frage der Frauenarbeit zu einem allgemeinen Lohnproblem für die Gewerkschaften. Das Bestreben zur Durchsetzung der Forderung gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit findet leider an der Rückständigkeit eines großen Teiles der Arbeiterinnen ein starkes Hindernis. Pflicht der organi- sierten aufgeklärten Arbeiterinnen ist eS, an der Erziehung der Rückständigen mitzuarbeiten, in ihnen das Bewußtsein der un- bedingten Organisationspflicht zu erwecken. Gegen die Nachtarbeit der Frauen. Der belgische Arbeitsminister Hubert hat einen Gesetzentwurf eingebracht, welcher die Nachtarbeit für Frauen in allen Betrieben untersagt._ Die Lehrerinnen in den New Dorker Schulen haben einen langen Kampf um den gleichen Lohn für gleiche Leistungen geführt, sie wollten nicht geringer entlohnt sein wie die Lehrer. Die Schul» behörde bat jetzt dem Drängen der Lehrerinnen nachgegeben, aber nur im Prinzip. Praktisch ist der Kampf in einer Weise entschieden worden, die die Lehrerinnen nicht befriedigen lann und die unter den Lehrern vielen Unwillen erregt. Man bietet nämlich den Lehrern. die neu eingestellt werden, geringere Gehälter an und zwar die gleichen, die den Lehrerinnen gezahlt werden. Diese kleinliche Art. die Frage zu lösen, ruft jetzt die gesamte Lehrerschast, weiblich wie männlich, in den Kampf um Besserstellung ihrer Lage. letzte Nadirichtcn. Aus dem französischen Senat. Paris , 30. März.(W. T. B.) Der Senat verhandelte heute über die Bewilligung der Mittel für das neue Unterstaats- fckretariat der Justiz. De Lamarzelle(Rechte) kritisierte die Schaffung dieses Amtes und seine Ueberweisung an den De- pufferten Malvy. Die Regierung, so erklärte der Redner, befolge eine Politik, durch welche den Parteigängern der sozialen Re- »olution Tür und Tor geöffnet werde. Ministerpräsident Monis rechtfertigte den Eintritt Malvys. der jung und energisch sei, in das Kabinett, das alle republikanischen Elemente in sich vereinige, und trat dem ihm gemachten Vorwurf entgegen, daß er antinationale Politik treibe. Das UnterstaatSsekretariat wurde schließlich mit 213 gegen 33 Stimmen bewilligt. Zwei Bergleute verschüttet. Dortmund , 30. Mörz.(B. H. ) Auf Zeche„Lukas" Kurden gestern zwei Bergleute von hereinbrechenden GefteinSmassen ver- schüttet; erst nach einer Stunde gelang es, die Leichen der Ver- unglückten zu bergen. Einer der beiden war verheiratet. Das Erlöschen der Pest? Petersburg, 30. März.(W. T. B.) Aus Charbin werden keine Pestfölle mehr gemeldet. Die Veröffentlichung der täglichen amtlichen Berichte über den Stand der Pest wurde eingestellt. Die aus Charbin abgereisten russischen Familien beginnen dorthin zurückzukehren. Lerantw. Redakteur; ftlbert Vach?. Berlin . Inseratenteil verMtw.; Zh. Glocke. Berlin . Druck».Per lag: Ppiwarip Buxhdr.»«erlagSanstalt PaulEinger Co., Berlin SW. Hierzu 3 Beilage»».vuterbaltuogSbl.
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