Mr. 77. 28. Jahrgang.
Stadtverordneten- Verfammlung.
14. Sigung vom Donnerstag, den 30. März, nachmittags 5 Uhr. Der Vorsteher Michelet eröffnet die Sigung nach 5% Uhr mit der Mitteilung, daß der Stadtv. Mosch( A. L.) aus Gesundheitsrücksichten sein Mandat niedergelegt hat. Der Sindaco der Stadt Rom , Nathan, hat auf bas Glückwunschtelegramm der Stadt Berlin eine Dankadresse gesendet, die vom Vorsteher verlesen wird. Gegen die Lustbarkeitssteuer sind abermals noch zahlreiche Petitionen eingelaufen. Mit der Erweiterung des Volksbades Bärwaldstraße und mit dem mit 773 000 M. Kosten abschließenden Vorentwurf hat sich der eingesette Ausschuß einverstanden erklärt, dagegen den Antrag, auf dem Dache des Erweiterungsbaues ein Licht- und Luftbad einzurichten, mit 9 gegen 6 Stimmen abgelehnt. Zur einstimmigen Annahme gelangt ist eine Resolution, die den Magistrat ersucht, baldigst eine Vorlage zu machen, die Vorsorge trifft für die Errichtung von Licht- und Luftbädern auf freiliegenden städtischen
Terrains.
Die Versammlung nimmt die Vorlage und die Resolution nach dem Vortrage des Referenten Stadtv. Mar Schulz ohne Debatte an. Um 6 Uhr schreitet die Versammlung zur Wahl des Ersten Bürgermeisters.
( Die Wahlzeit des Oberbürgermeisters Kirschner läuft am 23. Dezember 1911, ab.) Oberbürgermeister Kirschner wird mit sämtlichen 98 gültigen Stimmen wiedergewählt, 8 Bettel waren unbeschrieben. Die Verkündung des Ergebnisses wird in der Verfammlung auf mehreren Seiten mit Beifallsrufen begrüßt. Hierauf erfolgt die Wahl eines befoldeten Stadtrats für den verstorbenen Dr. Münsterberg. Gewählt wird Magistratsrat Hamburger mit 85 von 87 gültigen Stimmen; 22 Bettel sind weiß. Endlich findet eine Neuwahl in den Magistrat für den aus scheidenden besolbeten Stadtrat Mugban statt. Gewählt wird Magistratsrat Dr. Franz einstimmig mit sämtlichen 97 gültigen Stimmen; 17 Stimmzettel sind unbeschrieben.
( Hört, hört!)
Zur Beratung steht hierauf die Vorlage über die Revision der Lohnfäße für die städtischen Arbeiter. Ein Ausschuß hat sich mit der Vorberatung seit dem 3. Oktober 1910 in 6 Sigungen beschäftigt; das Ergebnis findet sich in folgendem Antrage:
1. Die Versammlung hat von der Vorlage vom 23. Juli 1910 fowie von den zur Ergänzung überreichten Zusammenstellungen und Nachweisungen Kenntnis genommen;
2. Die Versammlung ersucht den Magistrat, a) die Urlaubsordnung für die städtischen Arbeiter Sabin abzu ändern, daß nach dreijähriger Dienstzeit drei Tage, nach fünfjähriger sieben und nach zehnjähriger Dienstzeif zehn Tage Urlaub gewährt werden;
b) gelernte Arbeitnehmer, welche vorübergehend in städtischen Betrieben beschäftigt werden, nach den in dem betreffenden Gewerbe laut Tarif üblichen Stundenlöhnen zu bezahlen; c) die Verwaltungsdeputationen anzuweisen, bei allen die Arbeitsverhältnisse angehenden Maßnahmen vorher den betreffenden Arbeiterausschuß zu hören;
8. die Versammlung überweist die Anträge des Hauspersonals Ser städtischen Kranken- und Irrenanstalten dem Magistrat als Material;
einem
Freitag, 31. März 1911.
wie auf dem Kafernenhofe
Die Zahlung der Wochenlöhne erfordert die Mitbezahlung der einen fleinen Teil der städtischen Arbeiter gehandelt. Die Vorlage, Feiertage, die in die Woche fallen. Stadtrat Fischbeck hat aller- die uns darüber Aufschluß geben sollte, welche Arbeiter und in nisse in dieser Beziehung zu schaffen; aber es werden doch in vielen fast einem Jahre gefordert; was jetzt aus ihrer Beratung heraus Sings erklärt, es sei nicht angängig, normale einheitliche Verhält- welchem Umfange sie berücksichtigt worden waren, ist von uns seit Privatbetrieben Wochenlöhne gezahlt und ebenso in einer Reihe gekommen ist, ist abermals blutwenig. Wenn Ihnen unsere Anvon Kommunen. Namentlich für unsere Außenarbeiter bringt die träge auf bestimmte Lohnsätze unannehmbar sind, so stellt das für Entlohnung nach Stunden erhebliche Nachteile mit sich, so für die Berlin ein großes Armutszeugnis dar. Wenn so bescheidene AnBarkarbeiter, die Kanalarbeiter, die bei schlechtem Wetter aussehen träge, die nichts weiter wollen, als den Lohnsaß, den die arme müssen, so daß ihr Lohn am Schluß der Woche bedeutend zusammen- Stadt Rigdorf ihren Arbeitern zahlt, von ihnen nicht angenommen schrumpft; die Hilfsarbeiter bekommen da 36½, die Bollarbeiter werden können: ist das nicht ein Armutszeugnis? Die Löhne der 37% Bf. pro Stunde. Bei den Gasarbeitern, den Straßenreini- Guts- und Vorarbeiter auf den Riefelfeldern sollen angeblich 1907 gungs- und Markthallenarbeitern sind die Anfangs- und Endlöhne erhöht worden sein; die Arbeiter selbst bestreiten das und bleiben ganz außerordentlich verschieden; dasselbe gilt von den Handwer- dabei, daß der Lohnsatz von 1,80 und 1,20 m. seit 1882 unvers fern in den meisten städtischen Betrieben. Manche Kategorien be- ändert derselbe geblieben ist; nur bei den Rieseliärtern ist 1905 ziehen im Höchstgehalt bis zu 600 m. weniger als andere Kate- noch eine Stufe aufgesetzt worden. Das Deputat betreffend wird gorien, und das macht für eine Arbeiterfamilie unter den heutigen über die Qualität der Kartoffeln geklagt; man sollte das Deputat Verhältnissen einen ganz gewaltigen Unterschied. Wenn gar bei burch einen Geldbetrag ablösen. Der Ausschußvorschlag wegen der Arbeiterausschüsse ist lediglich die Wiederholung einer bestehenden Wochenlohn von 21 M. Magistratsverfügung, und es ist charakteristisch, daß einie solche noch eine Kaution von 100 m. allmählich einbehalten wird, so muß Wiederholung erfolgen muß; es ist festgestellt, daß der Direttor hier ganz besonders energisch auf Abhilfe gedrungen werden. Bei der Straßenreinigung die Arbeitszeit geändert hat, ohne den Arden Gaswerken ist ja eine Veränderung eingetreten; der Magistrat beiterausschuß zu hören. In welcher Weise wird denn nun der und die Deputation haben, der Not gehorchend, den Arbeitern eine Herr zur Verantwortung gezogen für diesen Verstoß gegen eine Aufbesserung von 3 Bf. pro Stunde gewährt; der Satz von 45 Bf. Magistratsverfügung? Die Arbeiter werden vielfach in den Beist auf 48 Pf. erhöht und soll nach weiteren 2 Jahren auf 50 f. trieben der Straßenreinigung In den Wasserwerten soll der Anfangslohn von 42( statt 40), nach behandelt; die Aufseher schnauzen sie an, daß es manchmal nicht steigen. Damit scheint aber auch der Höhepunkt erreicht zu sein. betragen, was hier der Höchstlohn ist, also 5 Pf. weniger als bei sie nur beim Militär üblich sind. Diese Personalatten sollte man drei Jahren 42, nach sechs Jahren 44, nach neun Jahren 45 Pf. mehr schön ist; in den Personalatten finden sich Eintragungen, wie Genau so wie die Arbeiter bleiben auch die Handwerker im End- Inhalt geben. In erster Linie wünschen wir natürlich die An den Gasarbeitern, die schon nach zwei Jahren auf 50 Pf. stehen. doch beseitigen, mindestens aber den Beteiligten Kenntnis von dem bei den Gaswerten auf 70 Pf. gelangen. Schlechter steht es mit Sie von dem bisherigen Grundsatz abgehen, daß der Magistrat die Lohn zurück, sie bleiben bei 65 Pf. stehen, während die Handwerker nahme unseres Hauptantrages; wir stellen Ihnen aber frei, wenn den Vieh- und Schlachthofarbeitern und den Markthallenarbeitern; Löhne nur einseitig festsetzt, den Weg des Eventualantrages die Scheuerfrauen stehen hier am schlechtesten. Die Erhöhungen, einzuschlagen. Unter den einheitlichen Gesichtspunkten" verstehen auch nachträglich noch, um der Gerechtigkeit willen, auch den eintreten soll; was für die städtischen Beamten möglich ist, sollte die den Vieh- und Schlachthofarbeitern auteil wurden, hätte man wir, daß für ähnliche Kategorien möglichst gleichmäßige Bezahlung Markthallenarbeitern zukommen lassen sollen. Der diesjährige auch für die städtischen Arbeiter möglich sein. Heute findet sich bei Etat sieht für die Parkarbeiter 3,75 M. Tagelohn vor, der in sechs der Entlohnung der städtischen Arbeiter ein regelloses Durch Jahren bis auf 4,25 m. steigt, aber dann wird Schluß gemacht! einander; allein bei der Gasverwaltung 60 verschiedene Kategorien! Dabei kommt noch in Betracht, daß der Lohn hier für 10 Stunden Es muß möglich sein, mehr Einheitlichkeit hineinzubringen. Wir gezahlt wird; die Hilfsarbeiter werden mit 36% Pf. pro Stunde fagen nicht, daß Tarife abgeschlossen werden sollen; wir legen aber abgespeistt. großen Wert darauf, daß in Zukunft die Festsetzung der Löhne im Einvernehmen mit den städtischen Arbeitern erfolgt, Die Bes rufung auf Troelstra trifft hier nicht zu. Gemeindebehörden sind etwas anderes als Privatbetriebe, gewiß, das schließt doch aber nicht aus, daß solche Abmachungen getroffen werden können. Die Nichtzuziehung der Arbeiter ist nichts anderes als der Herr im Hause" Standpunkt. Die Arbeiterausschüsse, wie sie heute bestehen, haben kein Mitbestimmungsrecht über die Löhne; sie sind nur eine Dekoration; wenn man sie hört, genügt man nur einer Form. Treten ihre Mitglieder mit Forderungen auf, so werden fie aus den städtischen Betrieben hinausgeworfen! Das Prinzip unseres Antrages wird früher oder später doch zum Durchbruch kommen, und zwar dann, wenn sich die städtischen Arbeiter mehr als bisher ihrer Organisation anschließen und dieser die Achtung verschaffen, auf die sie Anspruch hat.( Beifall bei den Sozial demokraten.)
Das find ganz unwürdige Löhne.
Bei den Kanalisationsarbeitern fängt der Rohn mit 3,90 M. an und steigt an wie bei der Straßenreinigung; die im Vorjahre erfolgte Aufsehung von 15 Pf. entspricht nicht entfernt den berechtigten Wünschen. Seit langen Jahren miserabel bezahlt werden auch die Arbeiter auf den Nieselfeldern; die haben seit 1882 teine Lohnerhöhung erhalten. Die Gutsarbeiter erhalten im Sommer pro Tag bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden 1,80 M., im Winter bei 9-10 Stunden 1,20 M., daneben ein Deputat von 300 M. Noch schlechter sind die Stallarbeiter daran, welche von 3 Uhr morgens bis 8 Uhr abends und im Winter von 4 Uhr morgens bis 6 Uhr abends arbeiten müssen. Daß hier auch Abhilfe geschaffen werden muß, liegt auf der Hand; ob die Güter ertragsfähig sind oder nicht, ist dafür ganz gleichgültig. Auch die Rieselwärter werden nur sehr schwach bezahlt. Die Arbeiter dort wollen auch Ausschüsse haben, sie wollen ebenfalls einen Urlaub sich gewährt sehen, der ist ihnen bisher gänzlich versagt worden,
obtwohl sie doch nicht minderen Rechts sind als andere städtische Arbeiter. Die Lohnerhöhung für diejenigen Arbeiter, die auf den Gaswerken eine besonders schwere Arbeit zu berrichten haben, ist lediglich die Erfüllung eines Gebots der Gerechtigkeit. Wenn wir heute für ungelernte Arbeiter einen Anfangslohn von 4,25 M. und einen Höchstlohn von 5 M. fordern, so ist das nicht mehr, als eine große Anzahl Orte bereits gewährt, wie die vom Magistrat veranstaltete Umfrage bestätigt hat. Rigdorf gewährt einen Anfangslohn von 4,25 W., der in fünf Jahren auf 4,75 M. steigt; Char Lottenburg 4,50 m, in 10 Jahren steigend auf 5,50 M.; Schöneberg
4. die übrigen Petitionen und Anträge sind durch diese BeFlußfaffung erledigt. Alle Anträge. auf Rohnerhöhung für einzelne Arbeiter Categorien hat der Ausschuß verworfen. Insbesondere wurde auch folgender am Schluffe der Beratung eingebrachter Antrag: Die Versammlung erklärt die vorgelegte Regelung für unzureichend, zumal nur ein Teil in städtischen Betrieben Beschäftigter babei berüdsichtigt worden ist und ersucht den Magistrat, eine Revision der Arbeitsverhältnisse der städtischen Arbeiter und Angestellten anguftreben auf der Grundlage einer Verein- 4,25 M., steigend auf 5 W. nach acht Jahren. Angesichts der barung mit den Organisationen der städtischen Arbeiter"
Con der Ausschußmehrheit abgelehnt.
Referent ist Stadtv. Giese( A. B.J. Es ist ein Abänderungsantrag eid( Soz.) eingegangen; ferner liegt ein Antrag Goldschmidt vor, die Löhne der Straßenreiniger von 3,90 M. auf 4 M. zu erhöhen. Der Antrag& eid will für die Arbeitslöhne in den städtischen Betrieben vom 1. April 1911 ab folgende Bestimmungen in Geltung feßen:
1. Den ungelernten Arbeitern soll ein Tagelohn bon min destens 4,25 M., bon 2 zu 2 Jahren um 15 Bf. steigend bis zu 5 M. gewährt werden.
2. Den gelernten Handwerkern Tagelöhne von mindestens 5 M. bon 2 zu 2 Jahren um 25 Pf. steigend bis zu 6,25 m. 3. Den Betriebsarbeitern und Kohlentarrern in den Retortenhäusern der Gaswerke Schichtlöhne von 5.75 M. 4. Die Wochenfeiertage sollen mit vollem Tagelohn bezahlt werden; Arbeiter, die an solchen Feiertagen arbeiten müssen, erhalten außerdem ihren Tagelohn.
5. Die normalen Tagelöhne gelten für 6 Arbeitstage beztv. Schichten in der Woche. Ueberzeitarbeit zwischen 6 Uhr früh und 9 Uhr abends ist mit 25 Broz., in der Nacht mit 50 Proz. Aufschlag zu vergüten, ebenso find 50 Prog. für den 7. Arbeitstag oder die 7. Schicht in der Woche zu zahlen. Bestehende höhere Löhne für fleine Gruppen oder einzelne Arbeiter sollen unberührt bleiben. Als Eventualantrag haben dieselben Antragsteller den oben erwähnten, im Ausschuß abgelehnten Antrag wieder eingebracht.
Stadtv. Hinge( Soz.): Daß die Beschlüsse des Ausschusses für einen Teil der Mitglieder desselben wenig zufriedenstellend find, hat der Berichterstatter schon ausgeführt. Anträge auf Lohn erhöhung haben hauptsächlich wir gestellt und unsere Anträge sind abgelehnt worden. Gewiß haben die Ausschußbeschlüsse wegen des Urlaubs ihre Bedeutung, aber verjagt hat der Ausschuß auch hier insoweit, als der Urlaub von 1 Woche nach einjähriger Tätigkeit abgelehnt worden ist. In vielen Privatbetrieben tritt Urlaub schon nach einjähriger Tätigkeit ein. Bedürftig des Urlaubs ist der Gasarbeiter, der Straßenreinigungsarbeiter, jeder Arbeiter, der in schlechter Luft arbeiten muß, gleichbiel, ob er ein oder mehrere Jahre in Arbeit steht. Da im Plenum auch keine Aussicht auf besse= ren Erfolg für unsern Antrag besteht, werden wir den Ausschuß antrag annehmen. Den Ausschußvorschlag, betreffend die gelernten Arbeiter, nehmen wir ebenfalls an, nur daß er auch auf die dauernd angestellten Arbeiter hätte ausgedehnt werden müssen. Daß die Arbeiterausschüsse stete gehört werden müssen, erscheint als felbst verständlich, aber es hat sich gezeigt, daß die
reinste Willkür
andauernden Lebensmittelteuerung
sehen wir diesen Lohn als das Mindeste an, was dem Bedürfnis einer Arbeiterfamilie Rechnung trägt. Schöneberg gewährt befanntlich den Arbeitern mit starker Familie noch einen Zuschuß in Form einer Familienunterstützung mit monatlich bis zu 20 m. Stwas ähnliches gibt es bei uns nicht; daher kann es vorkommen, daß ein Armenkommissionsvorsteher für einen solchen Arbeiter mit starter Familie eine
Stadtrat Fischbed: Die Lohnerhöhungen im letzten Etat dürfen nicht für sich, sondern müssen mit der 1907 durchgeführten Lohnerhöhung zusammen betrachtet werden, die etwa der zehnprozentigen für die Beamten entsprach. Bezüglich der Urlaubsgewährung wird der Waagistrat die Beschlüsse der Versammlung abtvarten. Eine Magistrataverfügung, die der Direktor der Straßenreinigung übertreten haben soll, existiert nicht.
Stadtv. Stadthagen ( Soz.): Ich wollte nur dem Kollegen Goldschmidt erwidern. Der Genosse Troelstra denkt gar nicht im geringsten an kommunale Verhältnisse, die auf dem Dreiklaffenwahl. system aufgebaut sind, und was von ihm angeführt wurde, ist gar nicht in dem Sinne zu verwenden, wie es Herr Goldschmidt versteht. Troelstra hat lediglich ausgeführt, daß da, wo schon die Arbeiter. interessen in der Kommune vertreten seien, der einzelne Arbeiter nicht so vorgehen solle, wie sonst; von der Organisation ist gar nicht die Rede, und das würde ja auch widerfinnig sein. Nicht der einzelne foll vorgehen, sondern die Organisation.
Stadtv. Goldschmidt: Herr Stadthagen hat Troelstra gar nicht berstanden.( Lachen bei den Sozialdemokraten.) Selbstverständlich wünscht Troelstra Organisation und muß sie wünschen. Aber unter einer Organisation bon städtischen Arbeitern versteht er etwas ganz anderes als die Freunde des Herrn Stadthagen.( Der Vorsteher ersucht, diese Ausführungen als nicht zum Thema gehörig abzu getragen wird, so wird das weder im Interesse der städtischen Arbrechen.) Wenn der Streit über die Löhne in die Organisationen beiter noch der Organisation liegen. Wenn sich alle städtischen Arbeiter erst sozialdemokratisch organisiert haben, dann wird es ganz gewiß nicht besser; dann wird es ganz unmöglich sein, in dieser Verfammlung für ihre Wünsche Gehör zu finden. Die sozialdemokra tischen Arbeiter würden dann über die nichtsozialdemokratischen einen unerträglichen Terrorismus ausüben.( Andauernde Unruhe.) Herren, wie Herr Stadthagen, sind nicht zu belehren.
Stadtb. Hinge: Durch Herren, wie Herrn Goldschmidt, werden sozialdemokratischen Arbeitern keine Rede sein.( Lachen bei der wir uns auch nicht belehren lassen. Von Terrorismus tann bei den Mehrheit.) Von 1904, wo der Anfangslohn festgestellt wurde, haben bis 1907 feine Aufbesserungen für die Arbeiter stattgefunden; da mals wurden 3,75 Mt. festgefeßt, und jetzt ist man mit weiteren 15 Pf. gekommen. Bei den Beamtengehältern ist alle brei Jahre eine Erhöhung eingetreten.
Armenunterstütung von 25 M. beantragt.( Hört! hört!) Der Antrag wurde von mir als Armenfreisvorsteher angehalten und ich habe für eine Zuwendung aus anderweiten Fonds Sorge getragen. Die Privatindustrie zahlt im Durchschnitt ganz erheblich höhere Löhne; im Durchschnitt der Tarifverträge ergibt sich ein Wochenlohn von mindestens 26 M. Im Reichstage erklärte der Eisenbahnminister von Breitenbach, daß die Löhne für die reichsländischen Eisenbahnarbeiter feit 1904 um 22 Proz. gestiegen seien; ich habe nur den innigften Wunsch, daß wir uns diesem Vorgehen anschließen, aber mit einer Erhöhung von 3,75 M. auf 3,90 M., also mit 4 Proz., ist nichts gemacht. Bei den Beamtengehältern legte man eine Erhöhung von mindestens 10 Proz. zugrunde. Das sind die Wünsche und Klagen, die ich Ihnen vorzutragen beauftragt bin; gewähren Sie endlich den städtischen Arbeitern die Bezüge, die sie haben müssen, um sich und ihre Familien durchzubringen. Nehmen Sie unsere Anträge an, oder, wenn Sie doch zu einer Ablehnung kommen sollten, wenigstens unsern Eventualantrag. In der Gasver- Arbeitern eben für die Stadt arbeitende Leute, nicht Sozialdemo Stadtv. Dr. Nathan( soz.- fortschr.): Wir sehen in den städtischen waltung ist ja wenigstens schon ein Anfang zu einer Erörterung fraten.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) Wir haben es hier dieses Vorschlages gemacht worden. Der Antrag Goldschmidt mit einer wirtschaftlichen, nicht mit einer politischen Frage zu tun. hätte mindestens für alle Arbeiter, nicht bloß für diejengen der Damit schließt die Diskussion. Die Anträge Leid werden abStraßenreinigung, von denen ein Teil seinem Gewerkverein an- gelehnt, ebenso der Eventualantrag und der Antrag Goldschmidt. gehört, gestellt werden sollen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) Zur Annahme gelangen nur die Ausschußanträge. Stadtv. Goldschmidt( N. L.): Ich habe in dem Ausschusse auch Anträge auf Bohnerhöhung für mehrere Kategorien gestellt; fie alle sind abgelehnt worden. Die Lohnerhöhung für die Straßenreiniger allein habe ich wieder aufgenommen, weil ihre Arbeit nicht nur sehr schwer und gesundheitsschädigend, sondern heutzutage geradezu
-
lebensgefährlich
ist man dente nur an die Automobile und die Autobusse. Für die Anträge Leid kann ich stimmen. Der Eventualantrag Leid scheint mir aber nicht ohne weiteres akzeptabel, so sympathisch mir auch die damit dokumentierte Abkehr vom Prinzip des Klaffenkampfes ist. Solche Maßnahmen mag die Privatindustrie treffen, sie passen nicht für die Kommunen, wie auch ein angesehenes holländisches Mitglied der Sozialdemokratie, Troelstra, ausdrücklich zu gibt.( Burufe des Stadtv. Stadthagen .)
Arons wegen
Dem Beschluß vom 19. Januar 1911, die Beratung der Anträge Gewährung städtischer Arbeitslosenunterstügung und Errichtung eines städtischen Arbeitsnachweises der zu verstärkenden gemischten Deputation für die Arbeitslosenversicherungsfrage zu überweisen, ist der Magistrat beigetreten. Die Wahl von sechs Mitgliedern der Versammlung in die Deputation wird in der nächsten Sizung erfolgen.
Für die Feier des 50jährigen Bestehens Bes Ge. finde hospitals wird eine Vertretung der Bersammlung von fünf Mitgliedern abgeordnet, wozu auch Stadtv. Koblenzer gehört, und dem Gesindebelohnungs- und Unterstützungsfonds eine Jubi läumsgabe von 5000 m. bewilligt.
Von der Erklärung des Magistrats, daß er den Beschlüssen der Stadtv. Rettig( A. 2.) spricht sich für die Ausschußanträge und Versammlung zum Etat für 1911 auftimme, sich aber die gegen die Anträge Leid aus. Wenn man die Rieselfeldarbeiter nach Einbringung eines Nachtragsetats für den Fall borbehält, dem Antrage Leid entlohne, würde sich die Probing entböltern. Un- daß die Lustbarkeitssteuer nicht aur Annahme gelangen sollte, verständlich sei die Forderung doppelten Lohnes an Sonntagen. nimmt die Versammlung Kenntnis. Unannehmbar auch der Eventualantrag.
Schluß nach 10 Uhr.
in den einzelnen Verwaltungszweigen herrschte; nach der Manbateniederlegung der Arbeiterausschußmitglieder wurde es anders, aber einzelne Willtüratte sind noch immer au verzeichnen, so in der Straßenreinigung, wo der Direktor Stalla das Ausschußmit. glied, welches die Wünsche der Arbeiter vortrug, verfette, was die Stadtv. Leid( Soz.): Immer wieder dasselbe Schauspiel, wenn Arbeiter als wir hier Arbeiterlohnfragen behandeln! Die Redner der anderen Amtlicher Marktbericht der städtischen Markthallen- Direktion über Maßregelung Fraktionen versichern mit schönen Worten ihr Wohlwollen für die den Großbandel in den Zentral- Marktballen. Marktlage: Fleilo: ansahen. Dieser Fall hat unsern Ausschuß vornehmlich zur An- Arbeiter, lehnen dann aber mehr oder minder schroff die Forde- Bufuhr start, Geschäft schleppend, Preise für Schweinefleisch anziehend, sonst nahme seines Vorschlages hinsichtlich der Arbeiterausschüsse ver- rungen ab, die diesem Wohlwollen praktisch Ausdruck geben sollen. unverändert. Wild: Zufuhr unbedeutend, Geschäft lebhaft, Breise feft. anlaßt. Unsere Anträge auf Lohnerhöhung für die Arbeiter sind So auch heute wieder. Was der Ausschuß bringt, ist minimal. Fische: Zufuhr reichlich, Geschäft ruhig, Breise wenig verändert. Butter Geflügel: Zufuhr ausreichend, Geschäft lebhaft, Breise nachgebend. im Ausschuß durchweg abgelehnt worden. Wir hatten gewünscht, Die Erörterung der Lohnfrage schiebt sich aus einer Deputation und Käse: Geschäft ruhig, Preise unverändert. Gemüse, Obs daß den Arbeitern, die ein halbes oder ein ganzes Jahr arbeiten, und Kommission in die andere, aber herausgekommen ist immer und Sübfragte: Bufuhr genügend, Geschäft ruhig, Preife fap Wochenlöhne statt der Tage oder Stundenlöhne gezahlt werden. I nur sehr wenig. 1907/08 hat es fich bei der Aufbefferung nur um lunverändert.