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sein. Der Magistrai wolle aller_ b ermeiden, baß die KoalitionZ- freiheit mit Unterstützung der städtischen Steuerzahler zu einem Koalitionszwange wird. Deshalb müsse die Möglichkeit, sich zu der- sichern, auch für die Nichtorganisierten geschaffen werden. Daß die Parität zuungunsten der Organisierten verletzt wird, könne er nicht anerkennen. DaS stimme schon deshalb nicht, weil den Organisierten die Möglichkeit gegeben ist, außer in ihrer Gewerkschaft sich auch noch in der Zuschußkasse zu versichern. Stadtv. Richter(Soz.) drückte seine Freude über die An- erkenniing der Tätigkeit der Gewerkschaften aus. DaS berechtige ihn zu der Hoffnung, daß die Vorlage eine Ausgestaltung erfähtt, die einen wirklichen Fortschritt in sozialpolitischer Hinsicht bedeutet. Hierauf wurde die Vorlage einem Ausschuß von 15 Mitgliedern überwiesen, denen als Vertreter der Sozialdemokratie Zietsch und Richter angehören. Schönebeck . Wahlvereinsversammlung. Die kürzlich vom Freisinn und vom Zentrum bekannt gewordene Parole zur Vermeidung falscher Stichlvahlen fand in einem Vortrage des Reichstagsabgeordneten Genossen L e h m a n n- Wiesbaden über:Die Stellung der bürgerlichen Parteien zur Sozialdemokratie" treffende Wider- legung. Nach Charakterisierung der bürgerlichen Parteien und der Gegensätze, welche die Sozialdemokratie von denselben trennt, re- sümicrte der Redner unter Beifall dahin, daß unsere Partei immer grundsätzliche, keine Mandatspolitik treiben werde. Bei der Besprechung über den MaifeierfondS hielt die Ver sammlung den bestehenden Zustand aufrecht, indem die Resolution dcS Zentralvorstandes Ablehnung fand. Einer Montagsausgabe desVorlvärts" wurde nur mit der Maßgabe zugestimmt, daß keine Erhöhung des Bezugspreises eintreten dürfe. Die Vertreter zur letzten Verbands-Generalversammlung wurden zum 9. April wieder delegiert. Die für den Kreis Teltoto-Beesüow bei wichtigen Angelegen heiten, namentlich Beitragserhöhung, beantragte Urabstimmung wurde angenommen. Billetts für die TheateraufsührungKaserncnluft" am 8. April in der..Schloßbrauerei", sind, wie mitgeteilt wurde, vom 1. April ab nur noch beim Genossen Herten Grunewaldslr . 30, Erhältlich Am ersten Osterfeiertag veranstaltet der Wahlverein in den»Neuen Rathaussälen" einen Humoristischen Abend. Groh-Lichterfelde . Bei der Gemeinde-Ersatzwahl im westlichen Bezirk am Mit!- woch ist unser Kandidat den vereinigten bürgerlichen Parteien mit 51 Stimmen unterlegen. Für die Sozialdemokratie wurden ab- gegeben 590, für die Gegner 017 Stimmen. Alles, was an abhän gigen Arbeitern und Beamten in der Kadcttenanstalt, dem Kreis krankcnhauS und dem botanischen Garten aufzutreiben war und diese Zahl ist nicht gering Ivurde von bin Gegnern heran geholt. Trotzdem haben sie gegen die letzte Wahl zirka 250 Stirn men abgenommen, während die sozialdemokratischen um gerade hundert gestiegen sind. Kummersdorf bei Storkow . Zum ersten Male gelang es am letzten Sonntag auch hier in -dem für uns frei geivordenen Lokal von A. Helling eine Ver- sammlung abzuhalten. Die Versammlung war aus den umliegen- den Orten außerordentlich gut besucht. Auch mehrere Frauen waren zugegen. In fesselnder, recht verständlicher Weise wußte Genosse Störmer den Anwesenden vor Augen zu führen, wie alle Lasten und Pflichten im Staat« der arbeitenden Bevölkerung auf- gebürdet werden, wie aber derselbe Staat trotzdem der Arbeiter- schaft seine ureigensten Rechte vorenthält. Reicher Beifall lohnte dem Redner. In der folgenden Diskussion wurde namentlich auf die örtlichen Verhältnisse Bezug genommen. Unter anderem führte emer der Redner an, daß seinem alten arbeitsunfähigen Vater die Unfallrente von 5.40 M. auf 4, M. gekürzt wurde, weil der Unfall schon längere Zeit zurückliegt und sich der Betreffende an seinen Zustand gewöhnt habe. Auch einige krasse Steuerfälle wurden zur Sprache gebracht. Die Stimmung in der Aersamm- lung war für uns äußerst günstig, so daß es uns bei uimblässiger Agitation auch in dieser Gegend gelingen dürste, bei der nächsten Wahl erfreuliche Stimmenresultate zu erzielen. Reinickendorf . Von einem bissigen Hunde übel zugerichtet wurden vorgestern abends in der Königs-Allee zwei 10jährige Lehrlinge. Als sie ruhig die Straße entlang gingen, wurden sie plötzlich von einer großen Dogge angefallen, gegen die sie sich vergeblich zu wehren suchten. Beide Burschen erlitten mehrere tiefe Bißwunden an den Beinen und mußten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Erst als Straßen- Passanten hinzukamen, gelang es. das wütende Tier zu ver- scheuchen. Der Eigentümer des bissigen HundeS ist noch nicht er« mittelt worden. Pankow . Die Beerdigung des verstorbenen ehemaligen Gemeindevertreters. deS Gastwirts Genossen Winkler. findet heute nachmittag 3 Uhr nicht, wie gestern im Inseratenteil bekannt gemacht war, von der Leichenhalle, sondern vom Trauerhause aus statt. Nowawes . Wie die Kirche Häuser baut. DaS neue Pfarrhaus der Bethlehem - kirchgemrinde, welches im Sommer vorigen Jahres fertiggestellt und vom Pfarrer Schlunk bezogen wurde, hat nach dein Jahresbericht dieser Gemeinde die Summe von 43 000 M. erfordert. Dazu hat die politische Gemeinde allein 16 000 M. beigetragen, während die Kirchengemeinde aus ihren Mitteln 17 000 M. aufbrachte. Den Rest von 11000 M. leistet die königliche Regierung in Potsdam als Patronatsbeitrag. Da« ist wiederum ein Beweis dafür, daß die Kirche den Mammon nimmt, wo sie ihn bekommen kann, unbekümmert darum, ob er von ihren Gläubigen stammt oder von Ungläubigen. Dabei sagt der Bericht. daß die Kirchensteuer im Etatsjahr 1909 10 464,39 M. ergeben habe. Die zunehmende Gleichgültigkeit mancher Eltern gegenüber der Taufe ihr-" Kinder scheint d-r Kirche schweren Kummer zu bereiten und sie fragt daher besorgt:Was soll aus der Erziehung der Kinder werde», wenn die Taufe versäumt oder gar verachtet wird?' Der fortschreitenden Austrittsbewegung wird gleichfalls Erwähnung getan uitd mit Bedauern konstatiert, daß im Berichtsjahre wiederum sieb- zehn Personen aus der Landeskirche ausgetreten sind, darunter sechs Frauen. Hoffentlich ist die Zahl im nächsten Jahre noch etwas größer! Für die ihrer Obhut unterstehenden Vereine, z. B. die christlichen Jngendvereine für Jünglinge und Mädchen, bittet die Kirchengcmeindc um besondere Unterstützung. da heutzutage auch von den Gegnern der Kirche und des Staates die Jugend beiderlei Geschlecht» gesammelt und in unchristlichem und staatsfeindlichem Geiste erzogen wird". DaS Droschkenfuhrwescn wird nach einem Beschluß der Ge« meindeverlretung der Aufsicht des AmtsvorsteherS von Klein-Glienicke unterstellt. Die Droschkenbesitzer waren dahin vorstellig geworden. die Grundtaxe zu erhöhen und den Eintritt der Nachttaxe auf eine frühere Abendstunde zu verlegen. Die Gemeindevertretung stimmte analog einem Beschluß der Kleiu-Glienickcr Gemeinde nur für die letztere Forderung._ Sericbts- Leitung. Polizeiphantaste. Das Landgericht III hatte gesteril das Urteil deS Amtsgerichts Lichtenberg nachzuprüfen, das den Mechaniker Schwenk des tat- ich«» Angriffs auf einen Polizisten schuldig gesprochen und ihn zu SO Mark Geldstrafe verurteilt hatte. Genosse Schwenk soll am V. September 1910 in Lichtenberg in jener Versammlung, aus der iet Bortrageadr Schriftsteller Graf durch die Polizei weggeführt wurde, den PolizeiTachkmeister Berresheiminigefaßt und fest- gehalten" haben. Dem Genossen Graf war die Abhaltung von Bortragskursen für Jngnidliche untersagt worden, weil ihm die famoseUnt-rrichts- crlaubnis" fehlte, die er hierzu, nach der Ansicht der Regierung, haben müßte. Aber am 22. September handelte es sich um eine öffentliche unpolitische Versammlung für Erwachsene und für schul- entlassene Personen, vor denen Graf über die Entwickelungsgeschichte der Erde sprechen wollte. Daß die Polizei in die Versammlung kam, den eben begonnenen Vortrag störte, den Vortragenden zum Schweigen brachte und ihn schließlich zur Wache siftierte, erschien mit Recht den Versammelten als ein ungesetzliches Borgehe». Dem Polizeiwachtmeister Berresheim, der Graf abführte, suchte Schwenk das klarzumachen, und hierbei kann es zu einer unwillkürlichen Berührung gekommen sein, die in der offenbar sehr lebhaften Phantasie dieses Polizeibeamten zu einemtätlichen Angriff" wurde. Nur die Möglichkeit einer solchen Berührung wurde von dem Angeklagten Schwenk vor dem Amtsgericht Lichtenberg zugegeben, und in gleicher Weise erklärte er den ihm zur Last gelegtentat- lichen Angriff" auch gestern vor dem Landgericht Berlrn III, dessen Strafkammer 3(unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Liebenow) über die von Schwenk eingelegte Berufung zu entscheiden hatte. Gegen Schwenks erneute Versicherung, daß er höchstens, auf den Polizeibeamten einredend und dabei gestikulierend, ihn unbewußt berührt haben könne, setzte Wachtmeister Berresheim wiederum die sehr bestimmte Bekundung, daß Schwenk ihnan den Arm gefaßt" habe, und zwarordentlich", so daß er(Berresheim)stehen bleiben mußte".Herr Schwenk hatte," so behauptete der Zeuge,die feste Absicht hier schaltete Zeuge sogleich ein korrigierendesnach meiner Ansicht" ein, Herrn Graf unter dem Publikum verschwinden zu lassen." Charakteristisch für die Lebhaftigkeit der Phantasie dieses Zeugen war auch seine Schilderung dessen, was unmittelbar nach dem Abbruch des Vortrages sich abgespielt haben soll. Er behauptete, der VersammlungSeinbernfer Kliem und der Bortragende Graf hättendie feste Absicht" gehabt, den Vortrag doch noch stattfinden zu lassen. Als dann Graf weggeführt werden sollte, habe er erst umständlich seine Papiere eingepackt, nochgroße Toilette machen" wollen.25mal den Rock auf- und zugeknöpft" usw. Die Versainm lung habe dabei eine drohende Haltung angenommen, man habe Pfui!" gerufen, auchHaut ihn!" und ähnlich. Es waren, sagte Berresheim, damals schon die Moabiter Unruhen, die Kohlenwagen mußten schon von Beamten begleitet werden, weil schon mit Steinen geworfen worden war. Die Frage des Verteidigers Rechtsanwalt Heine, ob Zeuge das damals, am 22. September, bereits gewußt habe, wurde von diesem bejaht. Gegenüber den Bekundungen des Wachtmeisters Berresheim forderte der Verteidiger, die Sache zu vertagen und Graf zu laden. Durch Grafs Bekundungen werde erwiesen werden, daß Zeuge Berresheim eine unzutreffende Dar- stellung gegeben habe. Berresheim sei überhaupt nicht imstande, ohne Phantasie solche Vorgänge in sich aufzunehmen. Das Gericht setzte zunächst noch die Beweiserhebung fort. Polizrileutnant Mund gab an, gesehen zu haben, wie Schwenk den Wachtmeister am Arm faßte undanscheinend Graf befreien wollte". Den Eindruck machte es jedenfalls,' fügte er einschränkend hinzu. Handlungsgehilfe Kliem hat nichts derartiges gesehen, obwohl er in nächster Nähe von Schwenk war. Von einer Absicht, der Polizei Widerstand zu leisten, sei auch in der Versammlung nichts zu be- merken gewesen. Erregung sei erst durch die Polizei entstanden, besonders in dem Augenblick, wo Grafs Anerbieten, sich zu legiti- mieren, nicht beachtet wurde. Stadtverordneter Spiekermnnn be- kündete gleichfalls, nichts davon bemerkt.u haben, daß Schwenk den Wachtmeister Berresheim angefaßt hatte. Berresheim habe übrigens schon früher in Arbeiterversammlungen sich sehr sonderbar benommen. Nach erneuter Anregung des Vertetdigers, Graf zu laden, wurde noch dessen Aussage verlesen, die er für d'e VerHand- lung erster Instanz in kommissarischer Vernehmung gemacht hatte. Schriftsteller Graf hat ausgesagt. Schwenk habe in lebhaftem Ton und gestikulierend auf ihn und den Wachtmeister eingeredet, könne aber diesen nicht angefaßt haben. Der Verteidiger bestand nunmehr auf seinen Antrag, Graf zu laden, damit man durch eingehende Befragung dieses Zeugen die Aufgeregtheit Berresheim? und dessen Glaubwürdigkeit beleuchten könne. Der Vorsitzende meinte:Ach. Polizeibeamte sind doch dabei gar nicht aufgeregt!" Das Gericht gab aber dem Antrag auf Ber tngnng statt und wird Graf laden. Wegen einer Handbewegung drei Monate Gefängnis. Als im Januar die Fensterputzer der Glaserinnung streikten, rückten die Aufseher Lange und Mann im Auftrage des Streik« breche rvermittlers Oberländer mit 20 Arbeitswilligen an, um dem bestreikten Reimgungsinstitut ihre Dienste zu leisten. Diese Arbeitswilligenkolonne putzte die Fenster eines Bankgeschäfts in ider Markgrafenstraße. Sie wurde gegen abend, nachdem die Arbeit beendet war, unter Bedeckung von 10 uniformierten Schutz- leuten und einem Wachtmeister nach dem Bureau de? Reinigungs- Instituts der Glaserinnung, in der Neuen Jakobstraße, geführt. Natürlich erregte dieser ungewöhnliche Aufzug großes Aufsehen und deshalb sammelte sich ein« Menschemnenge an. die den Zug begleitete. In der Lindenstraße, an der Ecke der Feilnerstraße. wurden die Arbeitswilligen von der Menschenmenge angegriffen. Die Schutzleute zogen blank. Sofort zerstreute sich die Menge. An dem Angriff sollen sich die streikenden Fensterputzer Lauten- schliiger und Zänker beteiligt haben. Sie standen deshalb gestern als Angeklagte vor der vierten Strafkammer des Landgerichts I . Die Anklag« lautete auf gemeinschaftliche Körperverletzung, Wider. stand gegen dir Staatsgewalt, Aufforderung zu strafbaren Hand- jungen und groben Unfugs Diese schwere Anklage stützt sich auf die Angaben der beiden Streikbrecheraufseher Lange und Mann. Sie haben die Aiigeklagten während des Tages als Streikposten vor der Arbeitsstelle gesehen und wollen den Angeklagten Zänker auch bei dem Angriff auf die Arbeitswilligen bemerkt haben. Doch alle?, was sie zu seinen Ungunsten sagen konnten ist daS: Zänker habe eine Bewegung mit den Händen gemacht und mit den Füßen aufgestampft. Dadurch habe er die Menge zum Angriff aufge- fordert. Einige Leute aus der Menge sollen nach Langes An- gäbeDrauf, drauf" gerufen haben. Aber von Zänker hat er diese Worte nicht gehört. So sagte Lange mit voller Bestimmtheit vor Gericht. Nach dem Protokoll der Voruntersuchung soll er auS Zänkers Munde die WorteDrauf, drauf" gehört haben. Lange behauptet, daS habe er niemals, auch nicht im Vorverfahren, gesagt. Aber im Protokoll steht es und darauf ist es wohl zurück- zuführen, daß Zänker vom 10. bis 31. Januar in UntersuchungS- hast sah. Zänker selbst bestreitet, daß er zur Zeit des Auftritts in der Lindenstraße überhaupt an diesem Orte war. Lauten- schläger war wohl dort, er hat sich aber sofort entfernt, als er sah. daß sich wie er sagt eine Klopperei entwickelte. Wes« halb Lantcnschläger eigentlich auf die Anklagebank gekommen ist, das blieb nach dem Ergebnis oer Beweisaufnahme rätselhaft. Keiner der Zeugen konnte etwas Belastendes gegen ihn anführen. Trotzdem beantragte der Staatsanwalt, den Angeklagten Lauten- schläger wegen groben Unfugs weil er sich unter der Menschen- menge in der Lindenstraße befand mit drei Wvchen Haft zu bestrafen. Gegen Zänker beantragte der Staatsanwalt zwei Mo- nate Gefängnis wegen Aufforderung zu einer strafbaren Hand- lung. begangen durch die Handbewegung und das Aufstampfen mit dem Fuß. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, beantragte die Freisprechung der beide» Angeklagten, weil gegen Lauten- schläger gar nichts erwiesen sei und die Angaben der beiden Zeugen, die Zänker in der Menge gesehen haben wollen, doch sehr zweifelhaft sei. Uebrigens könne die Handbewegung, welche die beiden Zeugen gesehen haben wollen, doch eine ganz andere Be- deutung haben als die, welche ihr die sicherlich voreingenommenen Aufseher der Arbeitswilligen geben. Das Gericht hielt für erwiesen, daß Zänker durch die bezeich- neten Hand- und Fußbcwegungeu die Menge zum Angriff auf die Arbeitswilligen aufgefordert habe und verurteilte ihn deshalb zu drei Monaken Gefängnis. In allen Sürßen Punven S« fFnSage, auch bezüglich Lautenfchlägcrs, wurde allf Freisprechung erkannt. Der Hängeboden als Mädchemkammer, Das Reichsgericht hat am Mittwoch folgende bemerkenswerte Entscheidung getroffen: Der Beklagte v. B. hatte in der Lessingsitratze in Berlin eine Wohnung mit sechs Zimmern gemietet, zu der unter anderem auch ein Hängeboden gehörte. Der Vertrag bestand nur vom 1. Oktober 1908 bis 25. August 1909. Er wurde alsdann von dem Beklagten gelöst. Und zwar begründete der Beklagte das Recht zur Lösung des Mietvertrages damit, daß die Benutzung des Hängebodens als Schlafraum für die Dienstboten mit Gefahr für deren Gesundheit verbunden sei, besonders deshalb, weil er mit 1,90 Meter Höhe noch lange nicht die polizeilich vorgeschriebene Höhe eines Schlaf- raumes habe. Bei der Vermietung sei ihm jedoch zugesichert worden, daß der Hängeboden als Mädchenkammer zu benutzen sei. Mithin liege ein Verstoß gegen die Zg 544 und 542 des Bürger­ lichen Gesetzbuches vor, der ihm ein Recht zur Lösung des Miet- Verhältnisses gebe, denn die Versicherung, daß der Hängeboden als Mädchenkammer zu benutzen sei, stelle die Zusicherung einer de- stimmten Eigenschaft dar. Das Landgericht und Kammergericht zu Berlin erklärten jedoch, der Beklagte'sei nicht berechtigt, den Mietvertrag ohne Ein- Haltung der ausbedungenen Frist zu kündigen. Zunächst komme in Betracht, daß der§ 544 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Kündi- gung des Mietvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nur für den Fall einräume, daß mit der Benutzung eines zum Aufent- halt von Menschen bestimmten Raumes eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Das sei hier nach den Aussagen der Sachverständigen und Aerzte nicht der Fall; denn wenn auch durch den Luftschacht Luft nicht zugeführt werden könne, so ließe sich das wie das Kammergericht weiter ausführt dadurch erreichen, daß man die Korridortür öffne! Die Erklärung des Vermieters. daß alles den polizeilichen Vorschriften entspreche, sei keine Zu- sicherung, sondern ein bloßes Nrteil. In Wirklichkeit habe auch nach den älteren polizeilichen Bestimmungen die Bodenkammer als Schlafraum für die Mädchen benutzt werden können. Da» Reichsgericht hat sich diesen auffälligen, antioszialen Deduktionen des Kammergerichts nicht anschließen können. Es hat das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des Kammergerichts zur anderweitigen VerHand- lung und Entscheidung zurückverwiesen.(Akt. Z. III. 378/10.i Huö aller Melt. Der europäische Rundflug gescheitert. Der in seinen Grundzngen bereits fertig ausgearbeitete Plan eines europäischen Rundfluges ist wenige Wochen vor seiner Ber« wirklichung aufgegeben worden. Da? Riesenunternehmen, daS zweifellos die größte aviatifche Sensation des Jahres darstellte, ist zugrunde gegangen an der ch a u v i n i st i s ch e n H e tz e, die gewisse französische Kriegshetzer gegen das Pariser.Journal' veranstaltet haben. Diesem chauvinistischen Treiben. daS damit begründet wurde. daß Deutschland einen zugroßenEinblickindie EntWickelung der französischen Flugtechnik erhalte, hat daS.Journal' nachgegeben, und den von ihm gestifteten Preis für den deutschen Flug zurück- gezogen. Damit ist daS ganze groß angelegte Unternehmen in Frage gestellt, da eS sehr zweifelhast ist, ob nach der Ausschaltung Deutschlands die übrigen noch in Frage kommenden Staaten den zum Torso gewordenen.europäischen" Rundflug noch weiter Mutet« stützen werden._ Beraubung eines EisenbahnzugeS. Ein grelles Streiflicht auf die Sicherheitszustände in Rußland lvirft ein erfolgreicher räuberischer Ueberfall, den mehrere Banditen auf einen Eisenbahnzug unternahmen. Am Mittwochabend wurde aus der Eisenbahnstatton W i d z o w in Russisch-Polen ein durchfahrender Personenzug von einer An- zahl Banditen angehalten. Offenbar waren die Angreifer durch ihre Helfershelfer davon unterrichtet, daß in dem Zuge ein großer Geldbetrag, der zur Gehaltsauszahlung für Bahnbeamte bestimmt war, in dem Zuge mitgeführt würde. Zwei Passagiere, die sich zur Wehr setzten. wurden verwundet, die übrigen durch die bereit ge- haltenen Schußwaffen in Schach gehalten. So gelang eS den Räubern, mit einer Beute von 80000 Rubel abzu­ziehen. Zur Ergreifung der Banditen sind ein Husaren- regiment und zwei Kompagnien Infanterie auSgesandt worden. Kleine Notizen. Schwerer Unfall im Walzwerk. Auf dem Duisburger Eisen« und Stahlwerk zersprang gestern morgen auf Werk I an der Walzzugmaschine ein Schwungrad. Ein Arbeiter war so« fort tot. einer wurde lebensgefährlich, fünf wurden schwer und drei leicht verletzt. Mit dem Automobil verunglückt. In einem Walde in der Nähe von Brünn fuhr daS Automobil etneS Baumeisters Matejka in voller Fahrt gegen einen Baum. Die drei Insassen deS Gefährts, der Baumeister, seine Frau und ein Jnfanterieleutnant wurden herausgeschleudert und lebensgefährlich verletzt. Bei FelSsprciigungen, die französische Pioniermannschaften in der Nähe der Ortschaft La Bulette vornahmen, l ö st e sich plötzlich ein angebohrter großer Felsblock und fiel auf die Arbeitenden. Vier Soldaten wurden dabei schwer verletzt, ein Korporal wurde sterbend ins Krankenhaus gebracht._ Arbeiter-Wandervercin.Berlin '. Wanderfahrten am Sonntag, den 2. Arpcll: I. Fanalchlenje Höllengründc Münchebera. Abfahrt Uhr Schlesischer Babiihof. II. Tegel NcubrllckHermSdors. Treff« 6.23 Punkt II1/. Ühr, Haltestelle der Straßenbahn w Tegel . Arbetter.Wanderbnnd.Die Naturfreunde'. Wanderfahrten am Sonntag, den 2. April: I. Biefcnthal Bernau. Abfahrt 6 Uhr vormittag» Stettiner Fernbahnhof. II. Potsdam Wustermark . Abfahrt s-t Uhr vormittag» Bahnhof Friedrich straße. HI. Wannfee Pfaueniiijel. Abfahrt 1.14 Uhr nachmittag» Bahnhof Friedrich straße. Singegangene Druckschriften. von derNeuen Zeit'(SttUtgort, Paul Singer) ist soeben das 26. Heft de» LS. Jahrgang» erschiene». AuS dem Inhalt de» Hefte» hebe» wir hervor: Zur Gießener Wahl. Au» der Frühzeit der eng« lifchen Nationalökonomie. Von Rudolf Hllserding. Preise und Löhn«. Von K. Die bürgerliche Jugendbewegung in Deulschland. Bon Max Peter». Literarische Rundschau. DaS einzelne Hejt tostet 25 Pfennig. «itterungSnderstcht vom SO. März 1911. «tatwnen 1! Swwemd» Hamburg Berlin Zrantl.aM. München Wien ia 762 OSO 759 D 759 D 753 NO 755 SSW 760 WNW Setter Zheiter 2 wölken! 3 wolkig 1 wolkig Sbedeckt 1 halb bd. «v«! A» «>! i- Ctatlonen | M U mv Setter >| i Havaranda 755 WSW 4 bedeckt Petersburg 770 WSW 1 wolkig Sctllg Ab erde« Pari» 752 O 760 SSO 753 NW »Dunst 1 bedeckt 2 bedeckt tr -2 9 8 4 9 Wetterprognose für Freitag, de» Fl. März 1911. Ziemlich warm, vielfach wolkig mit etwas siegen und mägigm süd« lichen Winden. Berliner W e t ter b u r e a u. Verantwortlicher Nedaktettr.; Alhktt Wachs, Berlin . 2ür den Inseratenteil vergntv.: Th. Glocke, Berlin . Druck ll, Verlag; Vorwärts Luchdruckcrei u. Verlagsanstalt Paul Stöger 11.E0., BerliöSL�