Mr. 91.
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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28. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Mittwoch, den 19. April 1911.
Hermann Borgmann.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
Der Tod hält in den Reihen der führenden Genossen reiche Ernte. Kaum hat sich das Kinder und für genügende Spiel- und Erholungsgelegenheit unserer Jugend eintrat. Seine Grab über unseren unvergeßlichen Genossen Paul Singer geschlossen, und schon kommt eine Bemühungen sind nicht ohne Erfolg geblieben. Ihnen ist es zu danken, daß für die Schulneue Schmerzenskunde: Genosse Hermann Borgmann, Mitglied des preußischen Landtags finder, die nicht an die See oder ins Hochgebirge reisen können, auf den großen Plätzen in und der Berliner Stadtverordnetenversammlung, ist am 1. Osterfeiertag nachmittags 6 Uhr Buch, Blankenfelde und Treptow während der Schulferien Ferienspiele eingerichtet wurden. im Virchow- Krankenhaus gestorben.
Es gibt kaum ein kommunales Gebiet, auf dem Borgmann nicht mit Eifer und Sachfenntnis die Interessen der arbeitenden Bevölkerung wahrgenommen hätte. Troß seiner Tätigkeit auf einzelnen Spezialgebieten verlor Borgmann nicht den Blick für das große Ganze, und mehr als einmal mahnte er neben unserem Singer die Stadtverordnetenmehrheit au eine großzügige Kommunalpolitik, die, soweit Berlin in Frage käme, namentlich in einer umfassenden Eingemeindung der Vororte nach Berlin zu suchen sei. Diese Gedanken hat Borgmann auch auf den verschiedenen Konferenzen der Gemeindevertreter Groß- Berlins mit Ent
Vielen Parteigenossen wird die Nachricht vom Tode Borgmanns überraschend kommen; war doch so gut wie nichts über den Krankheitszustand unseres Parteifreundes in die breitere Deffentlichkeit gedrungen. Ms Borgmann im Dezember das Krankenbett aufsuchen mußte, da herrschte unter seinen engeren Freunden die Meinung, daß es sich um eine vorüber gehende Krankheit leichterer Natur handele. Und auch in den späteren Monaten erhielt sich die Meinung über die Gutartigkeit der Erkrankung, zumal er selbst mit jedem Tage seinen ihn besuchenden Fraktionskollegen in Aussicht stellte, in der nächsten Fraktionssikung wieder schiedenheit vertreten. feinen Posten einnehmen zu können. Auch in ärztlichen Kreisen standen anfänglich die So war es nur natürlich, daß auch die Berliner Parteigenossen erkannten, wie wertvoll Meinungen über den Charakter der Krankheit nicht fest. Dazu kam, daß Borgmann Mitte eine gute Kenntnis kommunalpolitischer Fragen für eine Vertretung im Junkerparlament sei, Februar das Krankenhaus wieder mit seiner Wohnung vertauschen könnte. Aber nach zwölf steht doch die Landesgesetzgebung mit kommunalpolitischen Angelegenheiten in engem Konner. Zagen mußte er das Krankenhaus von neuem aufsuchen. Es war inzwischen zur Gewißheit Als die Berliner Genossen im Jahre 1908 einen Sturm auf das preußische Dreiklaffenhaus geworden, daß an dem Körper unseres Parteifreundes eine innere Krankheit nagte und unternahmen, erachteten sie den Genossen Borgmann für würdig, sie im Landtage zu verbereits ein Stadium eingetreten war, in dem ärztliche Kunst versagte. Noch am Sonnabend treten. Leicht war die unseren Genossen gestellte Aufgabe nicht. Die reaktionäre Gesellversuchten zwar die Aerzte, durch eine Operation Hilfe zu bringen; es stellte sich aber leider heraus, daß jede Hoffnung vergeblich war. Am Sonntagabend ist Genosse Borgmann von seinem schmerzhaften Leiden durch den Tod erlöst worden.
schaft im Landtage betrachtete unsere Genossen als unerwünschte Eindringlinge, die nur die idyllische Ruhe in diesem den Namen einer wirklichen Volksvertretung gar nicht verdienenden Parlament störten. Und der Präsident v. Kröcher ließ es nicht an Versuchen fehlen, unseren Genosse Borgmann ist nur 55 Jahre alt geworden. Aus einer Tischlerfamilie stammend, Genossen, die er ja nur als Objekte der Gesetzgebung zu betrachten vermochte, die Arbeit erlernte er den Hutmacherberuf, und trat, sobald sich ihm die Möglichkeit bot, in die Reihen durch parteiische Ausübung der Präsidialgewalt noch besonders zu erschweren. Unsere des kämpfenden Proletariats. Sowohl gewerkschaftlich wie politisch stand er seinen Mann. Freunde, und unter ihnen Genosse Borgmann, ließen sich durch all die kleinlichen Mittel nicht Als er taum ausgelernt hatte, wurde er bereits Mitglied seiner Berufsorganisation, der er beirren, und die Junker mußten sich zähneknirschend manche bittere Wahrheit sagen lassen. bis zum heutigen Tage treu geblieben ist. As Handwerksgeselle bereiste er die verschiedensten Eifrig benutten unsere Landtagsabgeordneten die Parlamentstribüne, um bei jeder GelegenTeile Deutschlands , vor allem Süddeutschland . Nach seiner Militärzeit verlegte Borgmann heit der Masse des Volkes zu zeigen, wie entrechhtet sie unter dem heutigen Dreiklassenfein Tätigkeitsfeld nach Leipzig , wo er in der eifrigsten Weise für seine Gewerk wahlrecht ist und was das Volk von dieser Sorte Parlament zu erwarten hat. Daß unsere schaft wie für die Partei wirkte. Und wir Jüngeren danken es Borgmann besonders, daß er Landtagsabgeordneten und unser Genosse Borgmann ihre volle Pflicht und Schuldigkeit getan in einer Zeit, wo unsere Partei durch das Sozialistengesetz in der schmählichsten Weise ver- haben, hat ihnen der lekte Parteitag für Preußen ja ausdrücklich bestätigt. Der Parteitag in folgt und unterdrückt wurde, als aufrechter Mann unsere Jdeen verfocht und in weitere Magdeburg hat die Wichtigkeit des Wahlrechtskampfes in Preußen erneut hervorgehoben und Kreise zu tragen sich lebhaft bemühte. nach einem Referat unseres verstorbenen Parteifreundes Borgmann durch seine Resolution die Losung des Kampfes für die Eroberung der politischen Rechte in Preußen von neuem ins Land hinausgerufen.
Im Jahre 1883 stellten die Genossen in Gohlis bei Leipzig unseren Freund als Kandidaten für den Gemeinderat auf, er erlag jedoch bei der Wahl dem Ansturm der Gegner. Im Jahre 1888 entbrannte auf gewerkschaftlichem Gebiet zwischen den Arbeitgebern und den Genosse Borgmann hat auch sonst Zeit gefunden, sich agitatorisch für die Partei zu beArbeitern der Hutbranche in Leipzig ein lebhafter Kampf, der zu einer größeren Aussperrung tätigen. Oft war er an den Sonntagen draußen in der Provinz, um Anhänger für unsere führte und zur Folge hatte, daß Borgmann, der eifrig für Besserstellung seiner Stollegen Sache zu werben. Als Reichstagskandidat für Königsberg in der Neumark bot sich ihm oft gekämpft hatte, als Opfer der Aussperrung sein Bündel schnüren und sich anderswo eine genug Gelegenheit, nicht nur in eigenen Versammlungen, sondern häufig auch in denen der Eristenz suchen mußte. Er ging nach Berlin und setzte hier seine„ aufhebende" Tätigkeit fort. Gegner für die Ideen der Sozialdemokratie zu werben. Wiederholt finden wir ihn als VerDas Bestreben, in der Hutbranche tarifliche Löhne zu erzwingen, führte 1890 zur Gründung treter seines Wahlkreises auf Parteitagen und als Delegierten für Berlin oder die Provinz der deutschen Hutfabrit, an der Borgmann lebhaften Anteil nahm, und zur Einführung der Brandenburg auf internationalen Kongressen, wie in London und Kopenhagen . Auch der Hutkontrollmarke, um eine Kontrolle für die tarifliche Bezahlung zu schaffen. Die Tätigkeit„ Borwärts" verliert in Borgmann einen tüchtigen Mitarbeiter, der, aus der Tiefe feiner auf diesem Gebiete hat unserem verstorbenen Freund ganz besonders die Wut und den Haß kommunalen Kenntnisse schöpfend, unserem Blatte manchen wertvollen Beitrag geliefert hat. der Arbeitgeber eingetragen; das hielt ihn aber nicht ab, nach wie vor nach besten Kräften Die Parteigenossen, die Borgmann durch gemeinsame Tätigkeit in der Organisation, im für unsere Sache zu wirken, wenn er auch manche Bitternis dabei in Kauf nehmen mußte. Stadtverordnetenkollegium und im Landtag näher kennen zu lernen Gelegenheit hatten, die diese Gründung, die später besonderer Umstände wegen in Privathände überging, mit schätzten in ihm nicht nur den rüftigen Mitstreiter, sondern auch den treuen Kameraden und sich brachte. Freund, einen Mann von liebenswürdigstem Charakter. Er stand im kräftigsten Lebensalter, Im November 1891 wurde Borgmann in die Berliner Stadtverordnetenversammlung als ihn die tückische Krankheit aufs Schmerzenslager warf und aus der Arbeit riß, der er sich gewählt. Als Stadtverordneter hat Borgmann 19 Jahre lang auf den verschiedensten Gebieten mit freudigster Hingabe gewidmet hatte. Aber auch in diesen Tagen erzwungener Untätigkeit eine rührige Tätigkeit entfaltet. Außerordentlich fleißig, arbeitete sich Borgmann bald gründlich nahm er den regsten Anteil an den öffentlichen Vorgängen. Mit seinen Kollegen im roten in die einzelnen städtischen Verwaltungszweige ein und erwarb sich auf diesen Gebieten eine Hause und im Junterparlament sprach er eifrig alle Fragen durch, voll Ungeduld des Augengroße Kenntnis der städtischen Verwaltung, die ihn befähigte, mit Kraft und Energie die blicks harrend, wo er selbst wieder seinen Anteil an der ihm ans Herz gewachsenen Arbeit Interessen der Arbeiterklasse im Roten Hause wahrzunehmen. Als Mitglied der Verkehrs- übernehmen könne. Besonders schmerzlich traf ihn der Tod seines langjährigen Freundes députation ließ Borgmann im Verein mit dem verstorbenen Genossen Singer und dem und Fraktionskollegen Singer, und gar bitter empfand er es, daß er dem Dahingeschiedenen Genossen Heimann es sich besonders angelegen sein, die Rechte der Stadt gegen die Monopol nicht das letzte Geleite geben durfte. gelüfte der Großen Berliner zu wahren und die Auslieferung der Stadt an private ErwerbsNun hat ihn selbst das unerbittliche Schicksal aus dem Kreise seiner Familie, feiner gesellschaften durch die Stadtverordnetenmehrheit aufs entschiedenste zu bekämpfen. Als Freunde und Kampfgenossen gerissen. Alle, die ihm nahestanden, werden ihm ein treues AnMitglied der Kanalverwaltung und der Rieselfelder wirkte Borgmann besonders für die gedenken bewahren, und die gesamte Partei wird sein Gedächtnis als das eines wahren VorEinführung der eigenen Betriebe in der landwirtschaftlichen Verwaltung. Er hatte auch die fämpfers in Ehren halten! Genugtuung, in den letzten Jahren positive Ergebnisse seines Wirkens zu sehen. Nicht zuletzt
war Borgmann darauf bedacht, daß ein gesundes kräftiges Geschlecht heranwachse. Und so
Die Beerdigung des Genossen Borgmann findet am Sonntag mittags 12 Uhr statt,