/Gegen die antiloziale HusgeHalluprotestierte gestern abend die Arbeiterschaft von Groß-Berlin in 17bis auf den letzten Platz gefüllten Versammlungen. Ein spärlicher,aber häßlich kühler und widriger Regen, dessen Ende man gern zuHaus abgewartet hätte, hinderte in einigen Lokalen die frühzeitigeFüllung und damit den Beginn der Versammlung. Als aber derHimmel absolut kein Einsehen haben wollte, machten Männer undFrauen sich dennoch aus den Weg und füllten nun bald die Ver-sammlungsräume bis auf den letzten Platz. Wohin wir auch aufunserer Fahrt nach den verschiedenen Stadtteilen kamen, um einenBlick in die Versammlungen zu werfen, überall stießen wir aufeine dicht gedrängte Masse, welche zum großen Teil stehend denWorten der Referenten aufmerksam lauschte.Es war gewissermaßen die Elite der Berliner Arbeiterschaft,die da versammelt war. Es waren die, welche in den Organisa-tionen der Gewerkschasten und der Partei schon jene Schulung ge-nossen hatten, die sie erkennen ließ, welche über den Rahmen derSozialgesetzgebung weit ins Politische hinübergreifende Bedeutungder gegenwärtige Plan einer Neugestaltung der Reichsverstcherungs-ordnung hat. Folgt doch der schwarzblaue Block bei seinem gegen-wältigen Versuch zur Entrechtung der Arbeiterklasse nur denWünschen, welche aus Scharsmacherkrcisen so und so oft laut ge-worden sind. Findet dieser Entrechtungsversuch nicht eine Ar-deiterschaft, die sich energisch dagegen wehrt, so besteht Gefahr auchfür die übrigen Rechte des Proletariats. Dann gewinnt die Reak-tion den Mut, gegen das von den Scharfmachern nicht minderangefeindete Koalitionsrecht und gegen die wenigen vorhandenenpolitischen Rechte Sturm zu laufen. �In ihrer Beurteilung des dem Reichstage vorliegenden Eni-Wurfes waren alle Versammelten sich einig, so daß überall ein-stimmig die nachfolgende Resolution angenommen wurde:Der Entwurf der Reichsversicherungsordnung, der demwieder zusammentretenden Reichstag zur Annahme vorliegt,beschränkt die ohnehin schon recht spärlichen Rechte der ver-sicherten Arbeiter und Arbeiterinnen in der unerträglichstenArt und Weise.Große Schichten der Bevölkerung bleiben nach wie vorvon der Versicherung ausgeschlossen, die Verfolgung derRechtsansprüche Unfallverletzter sind aufs härteste erschwert,die Witwen- und Waisenrenten werden auf einen Satz nor-miert, der zur allerknappsten Lebensnotdurft niemals aus-reicht, die Witwenrente soll nur invaliden Witwen zuteilwerden und verliert damit fast jede Bedeutung für die ar-bettenden Klassen.,Neben zahllosen weiteren Verschlechterungen der be-stehenden Zustände wird die Verwaltung der Kranken-kassen und aller Versicherungsinstitutioncn den Arbeit-nehmern völlig entwunden. Die hohen Beiträge und derZweitdrittelanteil der Arbeiter bleiben, das Mitbcstim-mungsrecht der Versicherten aber wird in schnöder Weiseeskamotiert nnd an die Behörden ausgeliefert._6ewerhrcbaftUcbe�Die Niederlage der Scharfmacherin Chemnitz.Die Chemnitzer Former haben ihren Kampf nun doch siegreichveendet. Mit 1724 gegen 684 Stimmen beschlossen die Streiken-den. den Streik zu beenden. Die Arbeitsaufnahme begann amDonnerstag. Die Arbeiter werden nach Bedarf eingestellt. Maß-regelungcn sind ausgeschlossen. Gleichzeitig sind nun hiermit auchAussperrung und Sympathiestreiks aufgehoben.Die Unternehmer mußten sich zu folgenden Zugeständnissenbequemen:t. Arbeitszeit: gZ-5 Stunden für Montag bis Freitag,8M Stunden für Sonnabend; also bsstündige Arbeitswoche unterBeibehaltung der bisherigen Löhne.2. Ueberzeit- und Sonntagsarbeit: 26 Proz.Zuschlag zum Stundenlohn für Lohn, und Akkordarbeiter. Kleineredurch die Natur des Gießereibetriebes bedingte Ueberschreitungender Arbeitszeit bis zu einer halben Stunde bleiben außer Be-tracht.3. Lohnfrage: Nach l4tägiger Beschäftigung findet Lohn-festsetzung nach Leistung mit Rückwirkung auf die ersten 14 Tagestatt. Ein Vierteljahr später endgültige Lohnfestsetzung für Akkord.arbeiter in Höhe von 75 Proz. de» in der verflossenen Zeit er-zielten Akkordverdienstes.Lohnzulage für alle gelernten Lohnarbeiter(Gießereiarbeiter)über 18 Jahre und nach dreimonatlicher Tätigkeit im Berufe(Kern-macher, Schmelzer, Gußputzer usw.): bei einer bisherigen Lohn-höhe bis zu 28 Pf. pro Stunde 5 Pf. Zulage, von 29—32 Pf. 4 Pf..von 33—36 Pf. 3 Pf., von 37—40 Pf. 2 Pf. und von 41—44 Pf.1 Pf. Handarbeiter(ohne berufliche Qualifikation) über 18 Jahrebei einem Stundenlohn bis zu 34 Pf. 2 Pf.� von 3ö Pf. ab 1 Pf.Zulage pro Stunde.Diese Zulagen erfolgen unabhängig vom Lohnausgleich fürVerkürzung der Arbeitszeit.4. Akkordarbeit: ANordpreiS muß vor Beginn der Ar-beit durch Akkordzettel vereinbart werden. Abweichungen sind beiMassenartikeln nach Vereinbarung mit dem Arbeiterausschuß zu.lässig. Der festgesetzte Akkordpreis darf nur bei Aenderung derArbeitsmethode revidiert werden. Offenbare Irrtümer in derKalkulation müssen eventuell spätestens bei der dritten Wieder-holung der Arbeit berichtigt werden. Niedere Akkordpreise, beidenen bei normaler Arbeit der Durchschnittsverdienst nicht erreichtwird, sowie während der Krise herabgesetzte Akkordprcise sollenentsprechend aufgebessert werden.Die Verwiegung des Gusses soll geputzt erfolgen. Ab-weichungen nur nach Vereinbarung mit dem Arbeiterausschuß.5. Fehlguß wird, sofern nicht grobes Verschulden vor-liegt mit dreiviertel des Lohnes bezahlt. Streitfälle sollen unterHinzuziehung eines oder mehrerer unbeteiligter, erfahrener For-mcr, die beiden Parteien genehm sind, erledigt werden.6. Lohnzahlung erfolgt Freitags; ist dieser ein Feier-sag, tags zuvor. Für fünf Tage Lohn darf längstens stehen bleiben.7. Günstigere Arbeitsverhältnisse als die ver-einbarten bleiben bestehen.8. Die Vereinbarungen treten am Tage der Wieder-«aufnähme der Arbeit in Kraft.9. Die Wünsche der Arbeiter auf Betriebssicherheit undhygienische Einrichtungen will der Jndustriellenverband seinenMitgliedern zur Berücksichtigung empfehlen.Diese Zugeständnisse entsprechen zwar nicht ganz den Wün-schen der Gießereiarbeiter, bedeuten aber für die meisten Arbeiterdennoch einen großen Erfolg. Nicht zugestanden sind Mindestlöhneund vertragliche Bindung der Abmachungen. Als Aequivalent fürMindestlöhne treten Lohnzulagen für Lohnarbeiter, bestimmteNormen für Festsetzung des Stundenlohnsatzes für Mkordarbeiterein. Das ist gerade für die Akkordarbeiter, die ungefähr 73 bisBerantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Jn/eratenteil verantw.:Iig der ßelchsverncherungsordnnngMit Entrüstung protestieren die Versammelten gegenden neuen Versuch, die deutsche Arbeiterschaft noch mehr zuentrechten und zu vergewaltigen.Die Versammlung ruft alle gerecht und billig denken-den Elemente des Volkes, jeden freiheitlich Fühlenden zumnochmaligen Protest gegen den schamlosen Entwurf auf,welchen der schwarzblaue Block im Bunde mit den Scharf-machern dem deutschen Volke zu bieten wagt.Tie Anwesenden verpflichten sich insgesamt zuenergischem Kampfe gegen die jetzige volksfeindliche Reichs-tagsmehrheit, sie versprechen, nicht eher zu ruhen und zurasten, bis der Wille der Arbeitersichaft durch die Wahlsozialdemokratischer Abgeordneter zur Geltung gebrachtwird.Die Versammelten erblicken in der Stärkung der po-litischen und gewerkschaftlichen Organisationen und imLesen der Arbeiterpresse den ersten Schritt zur Durch-führung des wahren Volkswillens, sie werden unablässigwirken und agitieren, die Freunde dieses Entwurfes derReichsversicherungsordnung aus allen gesetzgebendenKörperschaften zu entfernen.»«*Die Polizei war überall vertreten, ohne jedoch durch eine großeZahl von Beamten in die Augen zu fallen. Zur polizeilichen Ab-sperrung kam es auch unseres Wissens nur in den Pharus-Sälen,wo Genosse Link vor 2669 Personen sprach. In den Germania-Sälen waren Saal und Galerie derart gefüllt, daß man etwa 3069Personen zählte. Dort sprach Genosse Eichhorn. In der Eon-cordia referierte Genossin Z i e tz vor 1299 Personen. Im Gewerk-schastshaus mußte man durch Zusammenrücken etwas gewaltsamPlatz für die Menge schaffen, die aufmerksam den Worten des Ge-nossen Koblenzer lauschte. Im 2999 Personen fassenden Saaleder Bockbrauerei sprach Genosse Brückner.Auch in den Vororten hat man anscheinend von dem sonst üb-lichen Polizeiaufgebot abgesehen. Der uns zugegangene Bericht ausCharlottenburg, wo Genosse S t ü ck l e n vor 1999 Personensprach, stellt dies für die dortige Versammlung ausdrücklich fest. Indieser Versammlung sprach auch ein Demokrat. In S ch ö n e b e r greferierte vor 739 Personen der neugewählte Abgeordnete Büch-n e r. Weitere Berichte erhielten wir aus Pankow, Lichten-berg, Rummelsburg, Treptow und Köpenick, wo dieGenossen und Genossinnen Molkenbuhr, Cohn, RobertSchmidt, Nürnberg und H a n n'a referierten. Auch in dennicht genannten Orten dürfte die Demonstration einen ähnlichenVerlauf genommen haben, so daß man die Zahl der Teilnehmer andieser Protestaktion unter Berücksichtigung der Größe der BerlinerLokale aus etwa 29 999 schätzen kann.89 Proz. aller Arbeiter ausmachen, sehr wichtig, da der Stunden-lohnsatz bisher für die Akkordkalkulation eine große Rolle spielteund auch für die Entschädigung der Ueberzeitarbeit und des Fehl-gusses in Betracht kommt.Wenn die Arbeiter das Erreichte sich zu erhalten suchen, wer-den die jetzt erhöhten Löhne ganz von selbst Mindestlöhne werden.Genau so steht es mit der vertraglichen Bindung. Der Bestandder Zugeständnisse hängt auch bei vertraglicher Bindung wesentlichvom Verhalten der Arbeiter ab.öerlin und Umgegend«Ter Arbeiter innenstreik in der Glühlampenfabrik vonBergmann.Als die Kommission der Streikenden der Firma den Beschlußder Streikversammlung am Dienstag überbrachte, kam es nochmalszu einer kurzen Besprechung mit der Direktion. Die Kommissionmachte dabei den Borschlag, man möge alle Streikenden wieder ein-stellen und dann nachträglich die Regulierung der Akkordsätze aufdem Wege der Vereinbarung mit den Arbeiterinnen in den ver-schiedenen Abteilungen vornehmen. Herr Direktor Hülsebeck notiertesich den Vorschlag. Die Antwort darauf wurde schriftlich gegebenund lautet:„Wir sind bereit, eine Anzahl erprobte Arbeiterinnen soforteinzustellen, welche nach den neuen Akkordpreisen längstens 6 Tagearbeiten. Wird hierbei der gleiche Wochenverdienst wie stühererzielt, so sind die neuen Preise angenommen. Wird der Wochen-verdienst nicht erzielt, so werden die neuen Akkordpreise entsprechenderhöht."In einer gestern vormittag abgehaltenen und wiederum voll-zählig besuchten Versammlung der Streikenden berichtete dieKommission über die Lage und verlas das Angebot der Direktion.Es fand nicht im geringsten irgendwelchen Anklang. Keine derStreikenden war dafür zu haben, daß die Direktion sich eine wahr-scheinlich sehr kleine Anzahl Arbeiterinnen heraussucht, um auf dieseWeise die Akkordsätze zu bestimmen. Bei der Abstimmung wurdedann auch das Angebot der Direktion in diesem Punkte ein-st immig abgelehnt. Ebenso einstimmig erteilte die Versamm-lung darauf der Kommission den Austrag, der Direktion folgendenVorschlag zu unterbreiten:„Die Arbeit wird mit den Löhnen und Arbeitsbedingungen,wie sie vor dem Streik bestanden, wieder aufgenommen. EineRegulierung der Akkordpreise ist binnen einer Woche zu beenden,jedoch bleibt den Arbeiterinnen der bisherige Verdienst gesichert."Es wurde hierbei betont, daß die Arbeiterinnen sich einerRegulierung der Preise durchaus nicht entgegenstellen wollen; siewünschen jedoch, daß hierüber erst eine Besprechung mit ihren Ver-treterinnen in den einzelnen Abteilungen stattfindet.Im weiteren Verlauf der Versammlung erwähnte Handle eineNotiz über„Ausschreitungen gegen Arbeitswillige",die am Mittwochnachmittag im„Lokal-Anzeiger" erschienen ist. Darinwird behauptet, daß am Abend vorher in der Oudenarder Straße eineArbeiterin Anna Wendland und mehrere andere Arbeitswillige vonstreikenden Frauen und Mädchen arg belästigt und verfolgt worden seien,so daß sie schließlich in ein Haus flüchten mußten. In der Maxstraßesoll von der Menschenmenge, die sich angesammelt hatte, einStaketeuzaun niedergerissen worden sein. Die Streikleitung hatnun, wie Handle ausführte, genaue Nachforschungen über dieseVorgänge angestellt und tst dabei zu den, Ergebnis gekommen, daßStreikende mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben. Esiammeln sich vor einer großen Fabrik, wo gestreikt wird und Schutz-leme herumstehen, in der Regel Neugierige an. und hier waren es nachden Feststellungen der Streikleitung Kinder und junge Leute, wie sieeben überall zusammenlaufen, tvo etwas los zu sein scheint,Menschen, die am Streik gar nicht beteiligt sind. Uebrigens werdendie Streikposten vor dem Fabrikgebäude regelmäßig um 4 Uhr ein-gezogen, und erst um 5 Uhr ist Feierabend in der Fabrik, so daßdie Streikenden überhaupt nicht mehr anwesend waren, als die sogenannten„Ausschreitungen" stattfanden. Es ist auch an jenem Tageund Abend nicht eine einzige Streikende sistiert worden, was dochsicher geschehen wäre, wenn Streikende wirklich Ausschreitungen begange»hätten. WaS den eingerissenen Staketzaun anbetrifft, so kann sichjeder, der in die Gegend kommt, überzeugen, daß er noch aufrechtdasteht.___.*__Th.Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u, BerlagSanstaltUebrigenS erzählt man sich, daß die Firma den paar Streck«brecherinnen, die sie gewonnen hatte, ans 14 Tage Urlaub gegebenhaben soll. Es ist ihr offenbar in ihrer Glühlampenfabrik nichtmöglich geworden, auch nur einen irgendwie nennenswerten Teil derArbeit der Streikenden fertigzustellen.Deutfehes Reich.Der Streik der Maurer und Bauhilfsarbeiter in Velten inder Mark ist am Dienstag mit vollem Erfolge für die Arbeiterbeendet worden. Der abgeschlossene Vertrag hat bis zum 31. März1912 Gültigkeit. Der Lohn der Maurer erhöht sich sofort um2Vz Pi- pro Stunde und um je weitere 2'/z Pf. am 1. Julidieses Jahres und am 1. April 1912, so daß der Lohn dann 63 Pf.beträgt. Der Lohn der Bauhilfsarbeiter wird zu den gleichenZeiten ebenfalls jedesmal um 2'/z Pf. erhöht und erreicht 32l/z Pf.Der Lohn für ständiges Kalk- und Steintragen unterliegt besondererVereinbarung.Achtung, Böttcher k Bei der Hochseefischerei„Nordsee� inNordenham sOldenburg) sind Differenzen ausgebrochen, die zurEntlassung der Böttcher geführt haben. Zuzug ist fernzuhalten.Tlusland.Gelbe Llnarchisten.In Salzburg haben sich die Anarchisten— freilich sind sienur ein Häuflein— mit den Gelben und den Bürgerlichen ver-bündet, um die Wiederwahl des gehässigsten ArbeiterfeindeS, desDr. S t ö l z e l, und des Bienerthianers Dr. Sylvester zusichern, deren Mandate von der Sozialdemokratie ernstlich bedrohtsind.— Eine nur in dem national verwüsteten Oesterreich möglicheTatsache wird aus Karlsbad gemeldet. Das dortige nationaleArbeiterblatt lobt eine bürgerliche Kandidatenrede, die sich gegendas gleiche Wahlrecht ausgesprochen hat, weil eS tief schädlichfür das„Deutschtum"(der Fabrikanten) seilVersammlungen.Zweiter Wahlkreis. Eine außerordentliche GeneralversaMm»lung des Sozialdemokratischen Wahlvereins, die am Mittwoch dengroßen Saal der Bockbrauerei füllte, beschäftigte sich mit der Frageder Spedition im Westen des Kreises, die, weil sie fort-laufend beträchtlichen Zuschuß erfordert, aufgehoben werden sollte,was den Genossen in jenem Stadtteil jedoch als ein schwerer Fehlererschien. Infolgedessen hatte sich der Vorstand mit der Angelegen-heit befaßt, und es hatte eine gemeinsame Besprechung mit derExpedition des„Vorwärts" stattgefunden, in der diese sich bereiterklärte, jene Spedition weiterhin aufrecht zu erhalten, wenn derKreis selbst jährlich 1999 M. zu den Unkosten beitragen wollte. DerWahlkreis ist auch noch insofern an der Sache interessiert, als derSpediteur, Genosse Schmidt, zugleich erster Kassierer des Wahl-Vereins ist und ein gut Teil seiner Zeit auf die tadellose Verwaltungder Kassengeschäfte verwendet. Ein großer Teil der Genossen undnamentlich die Fürsprecher der Erhaltung der Spedition im Westensind der Meinung, daß man kaum einen anderen Genossen findenwürde, der die umfangreichen Kassengeschäfte neben seiner Berufs-arbeit erledigen könnte, so daß man, wenn die Spedition auf»gehoben und der Genosse Schmidt, wie die Expedition beabsich-tigte, nach dem 6. Kreis versetzt wird, bald zur Anstellung einesbesoldeten Kassierers oder Sekretärs des Wahlvereins kommenmüßte. Die Bezirksführerkonferenz war sich dahin einig geworden,daß, wenn die Generalversammlung sich damit einverstanden er.klärte, endgültig durch Urabstimmung entschieden werden sollte,ob die Spedition in der vorgeschlagenen Weise aufrechterhaltenwerden soll.— Nachdem der Vorsitzende S ch w e m k e über die An-gelcgenheit berichtet hatte, folgte eine rege Debatte, in der ein Teilder Redner gegen, ein anderer für die Bewilligung der 1999 M.sprach. Genosse Appel stellte den Antrag, die Frage durch dieGeneralversammlung ohne Urabstimmung endgültig zu erledigen.Der Antrag wurde angenommen, und daraus wurde dann auch,allerdings nur mit einem Uebergcwicht von 12 Stimmen, be-schlössen, die Spedition durch den erwähnten Zuschuß aus der Kassedes Wahlvereins aufrechtzuerhalten.Ferner beschloß die Generalversammlung, dem jeweiligen Vor-sitzenden des Wahlvereins eine jährliche Entschädigung von 199 M.zu gewähren. Ein Vortrag des Genossen C l a j u s über das Fort-bildungsschulwescn mußte wegen der vorgeschrittenen Zeit vertagt)werden.Die Bildhauer haben in ihren verschiedenen BranchenabendenStellung zur Maifeier genommen. Die Holzbildhauer und Mo-delleure beschlossen in gewohnter Weise den 1. Mai durch Arbeits-ruhe zu begehen, die Steinbildhauer beauftragten ihre Kommissiondurch Budenrechte auf den einzelnen Plätzen für die ArbeitSruheSorge zu tragen. Es kam des weiteren noch zum Ausdruck, daßdie Maifeier als Demonstration nur dann von Wirksamkeit seinkann, wenn alle Feiernden in der Versammlung anwesend sind.Nur die Teilnahme an dieser berechtigt zum Empfang der Kon-trollmarke und entbindet von der Verpflichtung der Beisteuerunazum MaifondS.Die Zementierer, Einschaler und Hilfsarbeiter hielten amMittwoch eine Gruppenversammlung ab. um zu der bevorstehendenMaifeier Stellung zu nehmen. Die Diskussion zeigte, daß mandem„freiwillig" zu sammelnden Bezirksfonds nicht viel Sympathienentgegenbringt. Ms nachahmenswert wurde der Beschluß de»Töpferverbandes bezeichnet, der die Nichtseiernden mit dem AuS»schluß bedroht. Wenn auch ein solicher Beschluß nicht im Beton»baugewerbe durchgeführt werden könne, so müsse doch die Arbeiter.schaft dafür sorgen, daß die Arbeitsruhe diesmal allgemein durch-geführt und der 1. Mai 1911 ein Ruhmesblatt in der Geschi<chte derBauarbeiterlKivegung wird. Der Resolution des Zweigvereins(siehe„Vorwärts" von, Dienstag) trat die Versammlung, wie gck?nicht anders zu erwarten war, einstimmig bei.Hetzte ffochricbtetnAns Marokko.Köln, 27. April.(W. T. B.) Die„Kölnische Zeitung" meldetauS Tanger vom 27. d. M. Von einer Einnabme von MekineS, wokein Europäer wohnt, durch die Berber ist nicht die Rede, vielmehrhaben die Einwohner schon vor längerer Zeit im Einverständnismit den Aufständischen einen Revolutionsführer ernannt, derunliebsame Abgaben abschaffte und jetzt den Aufständischen denZutritt zu der Stadt gestattete. Dabei fand keinerlei Gemetzelstatt, nur das Judenviertel bot ein Geldgeschenk als„freiwillige"Abgabe dar. Mulay Hafid wurde wegen der Einräumung de»herrschenden Einflusses an Frankreich für abgesetzt erklärt undMulay el Sin als Khalif des abgesetzten Sultans Abdul Asis aus-gerufen.Ansteckende Krankheiten.Dortmund, 23. April.<B. H.) Im Regierungsbezirk Arnsberg waren letzte Woche insgesamt 991 Fälle von ansteckendenKrankheiten zu verzeichnen, von denen eine ganze Reihe tödlichverliefen.Ter Schutzmann als Zuhälter.München, 27. April. Wie die.Münchener Post" meldet, ist derim Januar v. I. entlassene bisherige Schutzmann Greiter wegenZuhalterei verhaftet worden.Die Pest aus Java.Amsterdam, 27. April.(W. T. B.) In der Woche vom 29. bi»27. April sind auf Java 117 Fälle von Pest, darunter 8 Fälle vonLungenpest vorgekommen. In 38 Fällen endeten die Erkrankungentödlich._Paul Singer 1- Co., Berlin LW. Hierzu 3 Beilagen m UnterhaltungSbl,